Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 4588/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1769/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 05. März 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Freistellung von den Kosten einer Rumpforthese in Höhe von 961,37 EUR streitig.
Die 1965 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. In ihrem Auftrag übersandte die Firma S. + B., Medizin- und Orthopädietechnik, der Beklagten im April 2005 einen Kostenvoranschlag für eine SofTec Dorso Rumpforthese (Gesamtpreis 961,37 EUR) vom 26.04.2005 sowie die entsprechende ärztliche Verordnung des Allgemeinmediziners Dr. D. vom 21.04.2005 (Diagnose: Spondylitis, Osteoporose). Nach Einholung einer sozialmedizinischen Beratung des MDK (Dr. R.), wonach die beantragte Orthese im Hilfsmittelverzeichnis nicht gelistet und das verfolgte therapeutische Ziel nicht erkennbar sei, wandte sich die Beklagte diesbezüglich an Dr. D ... Dieser teile mit, die Klägerin leide an einem ausgeprägten Wirbelsäulensyndrom, einer Cervicobrachialgie, Fibromyalgie, OSG-Instabilität beidseits sowie an einem Weichteilrheuma. Durch diese Erkrankungen sei es zu stärksten Schmerzen gekommen, die mittlerweile durch Morphinpräparate tolerabel seien. Die Klägerin befinde sich in neurologischer, rheumatologischer und orthopädischer Mitbetreuung. Da alle schulmedizinischen Methoden jedoch versagt hätten und auch eine Vorstellung in der Schmerzambulanz erfolglos gewesen sei, könnten keine weiteren Therapien angeboten werden. Mittlerweile nehme die Klägerin Schmerzmittel und Antidepressiva. Eine Versorgung mit einer Lumboloc-Orthese habe keine Besserung der Schmerzen vor allem im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS) erbracht. Aufgrund mangelnder Therapieoption sei bei der ausgeprägten Schmerzsymptomatik der Versuch mit der verordneten SofTec Dorso Rumpforthese angestrebt worden, um eine Besserung der Schmerzsymptomatik und Erhaltung der Selbständigkeit der alltäglichen Dinge zu erreichen.
Die Beklagte schaltete erneut den MDK ein. Dr. R. führte aus, die SofTec Dorso diene laut Herstellerangaben der konservativen Frakturbehandlung, der Behandlung bei Osteoporose, der postoperativen Stabilisierung und der konservativen Therapie bei Tumoren oder Spondylitis. Es handle sich um eine Hyperextensionsorthese zur Stabilisierung des thorakolumbalen Überganges und zur Aufrichtung der Wirbelsäule. Der vorliegende Bericht lasse die Notwendigkeit einer Stabilisierung der Wirbelsäule nicht erkennen. Im Vordergrund scheine vielmehr die Fibromyalgie zu stehen, welche Rolle ein Weichteilrheuma spiele, sei nicht zu entnehmen. Da alle Behandlungsmethoden nicht zu einer Beschwerdelinderung hätten führen können, sei nicht nachvollziehbar, warum ausgerechnet diese Orthese den Schmerzmittelgebrauch einschränken solle. Die bereits vorhandene Wirbelsäulenorthese sei ausreichend und zweckmäßig. Eine Indikation für eine nicht gelistete Orthese liege nicht vor.
Mit Bescheid vom 06.07.2005 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme einer SofTec Dorso Rumpforthese unter Hinweis auf die Ausführungen des MDK ab. Aus medizinischer Sicht sei die Notwendigkeit einer Stabilisierung der Wirbelsäule bei der Klägerin anhand der eingereichten Unterlagen nicht zu erkennen. Vielmehr sei eine psychotherapeutische Behandlung erforderlich.
Zur Begründung ihres dagegen eingelegten Widerspruchs machte die Klägerin geltend, ihre Schmerzen seien unerträglich und ohne die Orthese könne sie sich noch nicht mal zeitweise auf den Beinen halten. Dr. D. wandte sich ebenfalls an die Beklagte und führte aus, die Klägerin leide unter einer Hyperlordosierung des thorakolumbalen Übergangs mit Fehlstellung der Halswirbelsäule (HWS)/ Brustwirbelsäule (Rundrücken). Des weiteren sei bei der Klägerin aufgrund der schmerzhaft eingeschränkten Beweglichkeit eine Inaktivitätsosteoporose zu erkennen. Im Bereich des thorakolumbalen Übergangs bestehe seit längerer Zeit eine Spondylitis ankylosans sowie eine Plexis neuritis. Durch die Hyperextensionsorthese zur Stabilisierung des thorakolumbalen Übergangs und Aufrichtung der Wirbelsäule könnten die Schmerzen und damit die Bewegungseinschränkung der Klägerin deutlich gebessert werden.
Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme des MDK (Dr. W.), der zufolge bei der Klägerin ein Fibromyalgiesyndrom mit ausgeprägten Schmerzen in der Wirbelsäule im Vordergrund stehe und die Notwendigkeit einer orthetischen Versorgung auch aus den nun vorliegenden Unterlagen weiterhin nicht gesehen werden könne, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2005 den Widerspruch der Klägerin zurück: Es bleibe festzuhalten, dass aus sozialmedizinischer Sicht keine Indikation für die begehrte, nicht im Hilfsmittelverzeichnis gelistete, SofTec Dorso Rumpforthese vorliege und diese Versorgung somit dem für die gesetzliche Krankenversicherung zwingend zu beachtenden Wirtschaftlichkeitsgebot entgegen stehe. Im Hinblick auf die bestehenden Beschwerden sei die Fortsetzung der schmerztherapeutischen Behandlung unter psycho- und physiotherapeutischer Begleitung angezeigt.
Deswegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) mit der Begründung, aus den Stellungnahmen ihrer behandelnden Ärzte ergebe sich eindeutig, dass die beantragte Rumpforthese zur Behandlung der Wirbelsäulenveränderungen und der Osteoporose geeignet und notwendig sei und damit eine deutliche Verbesserung der Beweglichkeit mit einer deutlichen Verminderung der Schmerzen erreicht werden könne. Die Klägerin legte die Rechnung der Firma S. + B. vom 27.07.2005 für die selbstbeschaffte SofTec Dorso Rumpforthese über 961,37 EUR vor und teilte auf Anfrage des SG mit, dass die Rechnung nach wie vor unbezahlt sei.
Das SG hörte die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen.
Dr. M.-E., Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie, teilte mit, die Klägerin habe sich im Oktober 2002 und im Dezember 2005 vorgestellt, wobei die Diagnose eines Fibromyalgie-Syndroms und einer Perarthropathia humeroscapularis rechts gestellt und eine multimodale Therapie empfohlen worden sei. Das Beschwerdebild habe sich deutlich verschlechtert.
Dr. D. übersandte weitere Arztunterlagen (u.a. Bescheinigung der Fachärztin für Rehabilitation Dr. B. vom Januar 2006, Berichte des W.-Klinikums K. über die stationären Behandlungen vom 16.02. bis 18.02. und vom 25.04. bis 27.04.2006, Bericht der P.-Klinik K. vom Januar 2006, MRT der Lendenwirbelsäule (LWS) vom Mai 2005 und September 2005) und teilte die seit 2003 erhobenen Krankheitsäußerungen und Befunde mit. Auch wenn einzelne Aspekte der umfangreichen Erkrankungen nach Therapiemaßnahmen wie Operationen eine Besserung erfahren hätten (vor allem abdominelle Beschwerden bei Colon elongatum), hätten sich doch vor allem die starken Rückenschmerzen der Klägerin, verbunden mit der Fibromyalgie und dem Restless-Legs-Syndrom kontinuierlich verschlechtert. Neben der Schmerzmedikation seien auch nichtmedikamentöse Maßnahmen wie KG, Massagen und vor allem ein "Spezialkorsett" eine deutliche Hilfe. Ohne Korsett wäre eine wesentlich höhere Schmerzmitteldosis erforderlich.
Dr. R., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, führte aus, die Klägerin leide an einem schwergradigen Restless-Legs-Syndrom und auch an einer Fibromyalgie, welche die Symptome des Restless-Legs-Syndroms teilweise überlagere.
Als gerichtlicher Sachverständiger erstattete sodann Dr. H. ein fachorthopädisches Gutachten. Dr. H. kam zusammenfassend zu dem Ergebnis, vor Anschaffung der streitigen SofTec Orthese im Juli 2005 hätten bei der Klägerin neben internistischen Erkrankungen, einer Hypakusis beidseits und einem Z.n. Hysterektomie 1993 auf orthopädischem Fachgebiet eine Fibromyalgie, ein Restless-Legs-Syndrom, ein Wirbelsäulensyndrom, eine Cervicobrachialgie, ein chronisch rezidivierendes LWS-Syndrom, eine OSG-Instabilität beidseits und ein Weichteilrheuma vorgelegen. Im Vordergrund stehe ein sog. Fibromyalgie-Syndrom bzw. ein somatoformes Schmerzsyndrom. Die Fibromyalgie betreffe sämtliche Muskelgruppen des Bewegungsapparates, so dass unter Umständen, wie im Falle der Klägerin, auch das aufrechte Gehen oder Stehen beeinträchtigt werde. Eine korrekturbedürftige Fehlstellung oder Fehlhaltung im Bereich der Wirbelsäule bestehe bei der Klägerin nicht. Andererseits sei eine stützende Orthese eindeutig geeignet, die schmerzhaften Muskelansätze insbesondere im Bereich der Wirbelsäule zu entlasten und somit ein schmerzfreieres Gehen, Stehen zu ermöglichen. Somit werde die gesamte körperliche Leistungsfähigkeit verbessert. Unter diesem Gesichtspunkt sei die Vorsorgung der Klägerin mit einer Rumpforthese - halbelastisch, eindeutig indiziert. Durch die verordnete SofTec Dorso Rumpforthese habe der Behinderungszustand der Klägerin zumindest deutlich gebessert werden können. Eine Lumboloc-Orthese fixiere lediglich im Sinne eines breiten Gürtels die LWS, indem sie gleichzeitig die Bauchmuskulatur verstärke, eine Fixierung der angrenzenden Abschnitte des Bewegungsapparates (Becken nach unten bzw. BWS nach oben) könne so nicht erreicht werden. Die Versorgung einer multimorbiden Patientin mit einem Fibromyalgie-Syndrom mit einer stützenden Orthese sei geeignet, Schmerzen zu lindern und die körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern bzw. zu erhalten. Dr. H. legte ein Schreiben der Firma B. vom November 2006 an ein Sanitätshaus hinsichtlich der Indikation einer SofTec Dorso und zur Kostenübernahme von Hilfsmitteln vor.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage einer Stellungnahme des MDK entgegen. Dr. R. legte dar, bei der SofTec Dorso handle es sich um eine Hyperextensionsorthese zur Stabilisierung des thorakalen Überganges (L2 bis TH8) und zur Aufrichtung der Wirbelsäule. Laut Firmenprospekt sei die Firmenorthese indiziert zur konservativen Frakturbehandlung, bei Osteoporose, zur postoperativen Stabilisierung und zur konservativen Therapie bei Tumoren oder Spondylitis. Die Orthese sei gedacht zur Teilentlastung und Stabilisierung der LWS. Einer Kyphosierung werde durch die Konstruktion entgegen gewirkt. Die SofTec-Lumbo habe die Funktion eines Rahmenstützkorsetts. Es handle sich entgegen der Auffassung von Dr. H. keineswegs um eine halbelastische Orthese und auch nicht um eine Orthese, die einen hohen Aufwand an individueller Handwerksleistung beinhalte. Dr. H. gehe auf die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Chirurgie und des Berufsverbandes der Ärzte für Orthopäden zur Behandlung der Fibromyalgie nicht ein und befürworte entgegen der Empfehlung der Leitlinie die Versorgung mit dem begehrten Korsett. Das vom Gutachter beschriebene Therapieziel einer Fixierung der gesamten Wirbelsäule sei nicht leitliniengerecht. Dieses Therapieziel könne aber mit der SofTec Dorso auch gar nicht erreicht werden.
Mit Urteil vom 05.03.2007, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 09.03.2007, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im wesentlichen aus, das streitige Hilfsmittel, die Rumpforthese des Typs SofTec Dorso, sei nicht geeignet, den in § 33 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) genannten Zwecken zu dienen. Keine der vom Hersteller genannten Indikationen liege bei der Klägerin vor. Eine Osteoporose sei von Dr. H. ausgeschlossen worden. Auch eine Spondylitis (Wirbelentzündung) habe Dr. H. bei der Klägerin nicht feststellen können. Bei der Klägerin bestehe auch keine Hyperlordose (extreme Krümmung der HWS und LWS), die eine Aufrichtung der Wirbelsäule mittels Rumpforthese erfordern würde. Dr. H. habe aufgrund der persönlichen Untersuchung und der von ihm gefertigten Röntgenaufnahmen allenfalls eine diskrete Hyperlordose der LWS festgestellt und die (geringe) Fehlstellung der Wirbelsäule als nicht korrekturbedürftig bezeichnet. Hinsichtlich der vom Sachverständigen und den behandelnden Ärzten übereinstimmend diagnostizierten Fibromyalgie der Klägerin habe die Rumpforthese des Typs SofTec Dorso keinen therapeutischen Effekt. Sie sei auch nicht geeignet, eine durch diese Krankheit verursachte Behinderung auszugleichen. Soweit Dr. H. ausgeführt habe, durch eine Rumpforthese könnten die schmerzhaften Muskelansätze im Bereich der Wirbelsäule entlastet werden, vermöge dies die Kammer nicht zu überzeugen. Denn die Feststellungen des Sachverständigen stünden im Widerspruch zu seinen eigenen Untersuchungsergebnissen, wonach bei der Klägerin die Beweglichkeit im Bereich der LWS nicht und im Bereich der HWS nur leicht eingeschränkt sei. Ihre Wirbelsäulenmuskulatur sei gut ausgebildet. Zutreffend weise zudem der MDK darauf hin, dass die Ruhigstellung, wie sie durch die Rumpforthese des Typs SofTec Dorso erfolge, nicht der Behandlung einer Fibromyalgie diene. Zum therapeutischen Konzept gehöre bei diesem Krankheitsbild vielmehr die Erhaltung der Beweglichkeit durch Krankengymnastik oder leichtes Gerätetraining sowie eine systematische Belastungssteigerung durch Sporttherapie. Bezeichnenderweise habe der Hersteller der Rumpforthese des Typs SofTec Dorso davon abgesehen, die Fibromyalgie als Indikation für dieses Hilfsmittel anzugeben.
Hiergegen richtet sich die am 05.04.2007 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, die ursprünglich vom behandelnden Hausarzt Dr. D. festgestellte Hyperlordose sei durch medizinische Befunde gesichert, wie sich aus dem Gutachten von Dr. H. ergebe. Die Tatsache, dass der Sachverständige bei seiner Untersuchung im Jahr 2006 lediglich eine diskrete Hyperlordose habe feststellen können, sei mit Sicherheit darauf zurückzuführen, dass die verordnete streitgegenständliche Rumpforthese auch in diesem Punkt offensichtlich hilfreich gewesen sei. Das SG habe auch nicht gewürdigt, dass der behandelnde Hausarzt Dr. D. eindeutig ausgeführt habe, dass die Dosierung der Schmerzmittel lediglich deshalb so habe gewählt werden können, da die Rumpforthese eine deutliche Verminderung der Schmerzen und damit eine Reduzierung der Schmerzmittel erlaubt habe. Es sei also belegt, dass ohne Rumpforthese eine erhebliche höhere Dosierung der Schmerzmittel notwendig wäre. Dadurch würden sich erhebliche, von ihr nicht hinzunehmende Beeinträchtigungen im täglichen Leben ergeben. Die streitgegenständliche Rumpforthese sei bei ihr daher sehr wohl medizinisch indiziert.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. März 2007 sowie den Bescheid vom 6. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie von einer Kostenbelastung gegenüber der Firma S. + B. + C. GmbH in Höhe von 961,37 EUR freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat die Gerichtsakten des SG in dem Rentenverfahren der Klägerin (S 2 R 136/06) und insbesondere die darin enthaltenden medizinischen Unterlagen beigezogen (u.a. Aussagen des Dr. R. und des Dr. D. vom Januar 2006 und Mai 2006, Berichte des W.-Klinikums vom Februar, März und April 2006, MRT-Befunde der LWS vom Mai und September 2005, Arztbrief des Chirurgen Dr. B. vom März 2005, Aussage der Fachärztin für Anästhesie und spezielle Schmerztherapie S. vom Oktober 2006, fachorthopädisches Gutachten des Dr. M. vom Januar 2007 (Diagnosen: chronisch therapieresistentes Schmerzsyndrom der gesamten Wirbelsäule ohne objektivierbares körperliches Korrelat, ohne Nervenwurzelreiz; Teilsteife des rechten Schultergelenks nach einem Sturz 1994, therapieresistente Steißbeinschmerzen (Coccygodynie) nach erfolgloser Steißbeinresektion, Außenknöchelbandinsuffizienz, rechts ausgeprägter als links, mit habituellen Umknicktraumen, Fibromyalgie-Syndrom); neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. B. vom März 2007 (Diagnosen: medikamentös schwer beeinflussbares Restless-Legs-Syndrom, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, leichtes Karpaltunnel-Syndrom rechts)).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft, da die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten wird. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.
Der Senat hat vorliegend von einer Beiladung anderer Rehabilitationsträger abgesehen, da die beklagte Krankenkasse den Antrag der Klägerin nach § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) nicht weitergeleitet, sondern den Anspruch in eigener Zuständigkeit geprüft und die Leistung wegen fehlender Erforderlichkeit des Hilfsmittels abgelehnt hat, so dass eine der Entscheidung des Bundessozialgerichts - BSG - (Urteil vom 26.10.2004 - B 7 AL 16/04 R - SozR 4 - 3250 § 14 Nr. 1) vergleichbare Konstellation nicht vorliegt. Vielmehr muss in einem solchen Fall die sich für zuständig für den Leistungsanspruch erachtende Beklagte das Begehren der Klägerin unter allen denkbaren Gesichtspunkten prüfen und ggfs. in eigener Zuständigkeit die Leistung erbringen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 05.04.2005 - L 11 KR 2161/04 -).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Freistellung von den Kosten für die Rumpforthese des Typs SofTec Dorso.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Danach sind, sofern die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Diese Vorschrift ist auch dann als Rechtsgrundlage heranzuziehen, wenn der Versicherte - wie hier - keine Kostenerstattung begehrt, sondern die Freistellung von einer Forderung für eine selbstbeschaffte Leistung, die in Rechnung gestellt, aber noch nicht bezahlt wurde (vgl. Bundessozialgericht (BSG) in SozR 3 - 2500 § 13 Nr. 1; Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26.04.2006 - L 4 KR 273/04 -).
Ein Anspruch auf Gewährung der Rumpforthese richtet sich nach § 33 SGB V. Danach besteht Anspruch auf Hilfsmittelversorgung, wenn das Hilfsmittel im Einzelfall erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine drohende Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V von der Leistungspflicht ausgeschlossen sind.
Ein Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist dann erforderlich, wenn es dazu dient, natürliche Funktionen auszugleichen, fehlende Körperteile und Funktionen wieder herzustellen, zu ermöglichen, zu ersetzen, zu erleichtern oder zu ergänzen. Dabei genügt eine nur unwesentliche Verbesserung nicht. Das Hilfsmittel muss aber unentbehrlich oder unvermeidlich sein, die Ziele bzw. Zwecke der Krankenbehandlung zu erreichen (so bereits BSG SozR 2200 § 182 b Nr. 25, 26, 30, 33). Maßgeblich sind die individuellen Verhältnisse beim Behinderten bzw. Erkrankten, wobei insoweit auch eine Abwägung von Kosten und Nutzen anzustellen ist. Im Rahmen der Krankenversicherung hat die Klägerin nur Anspruch auf eine ausreichende Versorgung nach dem jeweiligen Stand der Medizin und Technik, soweit Grundbedürfnisse betroffen sind, nicht aber auf eine optimale Ausstattung zum umfassenderen Ausgleich in allen Lebensbereichen (BSG SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 34). Im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit ist auch das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) zu beachten.
In Ansehung dieser rechtlichen Gegebenheiten hat das SG in seinem Urteil rechtsfehlerfrei und in der Sache zutreffend dargelegt, weshalb die Voraussetzungen für einen Freistellungsanspruch (§ 13 Abs. 3 SGB V) nicht erfüllt sind. Der Senat macht sich die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nach Überprüfung zu eigen und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung seiner Entscheidungsgründe ab.
Ergänzend ist auszuführen, dass der Leistungspflicht der Beklagten nicht entgegensteht, dass die Rumpforthese des Typs SofTec Dorso nicht im von den Spitzenverbänden der Krankenkassen erstellten Hilfsmittelverzeichnis (§ 128 SGB V) aufgeführt ist, weil es sich dabei nicht um eine abschließende, die Leistungspflicht der Krankenkasse im Sinne einer "Positivliste" beschränkende Regelung handelt (BSG, Urteile vom 24.05.2006 - B 3 KR 16/05 R - und vom 03.08.2006 - B 3 KR 25/05 R -; st. Rspr.).
§ 31 SGB IX definiert Hilfsmittel als solche Gegenstände, die von den Leistungsempfängern getragen oder mitgeführt oder bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um 1. einer drohenden Behinderung vorzubeugen, 2. den Erfolg einer Heilbehandlung zu sichern oder 3. eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind. Dieser Hilfsmittelbegriff, der die bis dahin ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zusammenfasst, ist auch im Rahmen des § 33 SGB V maßgebend. Entscheidend ist, ob das Hilfsmittel im Einzelfall der behinderten Person dadurch zugute kommt, dass die Auswirkungen ihrer Behinderungen behoben oder gemildert werden. Das gleiche gilt im Rahmen der Krankenbehandlung (BSG, Urteil vom 03.08.2006 - B 3 KR 25/05 R m.w.N.). Nach § 1 Abs. 1 SGB IX ist es Aufgabe der Versorgung behinderter Menschen mit Hilfsmitteln, ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu fördern (§ 1 Satz 1 SGB IX), wobei dies im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nur innerhalb deren Aufgabengebietes (Krankenhilfe und medizinische Rehabilitation) und unter deren besonderen Voraussetzungen (§ 7 SGB IX) gelten kann (BSG, Urteil vom 06.06.2002 - B 3 KR 68/01 R -).
Auch nach Auffassung des Senats scheitert der Anspruch der Klägerin hier daran, dass in ihrem Fall die Rumpforthese des Typs SofTec Dorso weder notwendig noch zweckmäßig ist. Zu Recht hat das SG darauf hingewiesen, dass die streitige Rumpforthese, bei der es sich nach den Herstellerangaben um eine multifunktionale Hyperextensionsorthese zur Aufrichtung der Wirbelsäule und Entlastung des thorakolumbalen Übergangs handelt, zur konservativen Frakturbehandlung, bei Osteoporose, zur postoperativen Stabilisierung und zur konservativen Therapie bei Tumoren oder Spondylitis indiziert ist, und bei der Klägerin keine dieser Indikationen vorliegt. Eine Spondylitis und Osteoporose ist bei der Klägerin nicht nachgewiesen. Die Knochendichtemessung durch Dr. H. ergab altersentsprechende Werte, auch war eine Spondylitis nicht feststellbar. Ebenso wenig fand sich eine Hyperlordose, die eine Aufrichtung der Rumpfwirbelsäule mittels Rumpforthese erfordern würde. Angesichts der nachgewiesenen nur diskreten Hyperlordose der LWS ist die von der Klägerin begehrte Rumpforthese jedenfalls nicht erforderlich. Laut MRT der LWS vom 23.05.2005 zeigte sich nur eine leichte Fehlhaltung, initial Spondylose und ansonsten ein unauffälliger LWS-Status, insbesondere keine Foramina- oder Spinalstenose und keinen intraspinalen raumfordernden Prozess. Dem beigezogenen orthopädischen Gutachten von Dr. M. ist ebenfalls keine Hyperlordose zu entnehmen. Beschrieben wird vielmehr eine normale Lordosierung der LWS. Die Untersuchung der Gesamtwirbelsäule ergab im Grunde keine fassbaren krankhaften Befunde. So war die Beweglichkeit der HWS frei und auch die Brustwirbelsäule zeigte sich global und segmentär frei beweglich. Bei der Untersuchung der LWS fiel auf, dass die Rumpfbeuge flüssig bis zu einem Fingerspitzen-Boden-Abstand von unter zehn Zentimeter vorgeführt werden konnte, wobei sich die LWS gemäß Schober-Index normal von 10 cm auf 16 cm entfaltete. Die Seitneige war frei, lediglich die Rückbeuge war geringfügig eingeschränkt. Die klinische Untersuchung ergab auch keine Hinweise auf einen Nervenwurzelreiz. Bei fehlendem objektivierbaren körperlichen Korrelat ordnete Dr. M. die im Vordergrund des Beschwerdebildes stehenden Wirbelsäulenbeschwerden einem chronisch therapieresistenten Schmerzsyndrom und einem Fibromyalgiesyndrom zu und wies darauf hin, dass es sich hierbei um eine psycho-somatische Erkrankung handle. Neurologisch-psychiatrisch wurde im Rentenverfahren insoweit eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei der Klägerin bestätigt. Neben einem Restless-Legs-Syndrom bestand bei der Klägerin ein ausgeprägtes chronisches Schmerzsyndrom mit Kopfschmerzen, Kreuz- und Steißbeinschmerzen sowie diffusen Muskel- und Gelenkschmerzen.
Diese im Rentenverfahren festgestellten erheblichen Gesundheitsstörungen erhellen deutlich, dass die streitbefangene Rumpforthese bei der Klägerin keinen therapeutischen Effekt hat. Sie ist nicht geeignet, das Beschwerdebild des chronischen Schmerzsyndroms positiv zu beeinflussen. Selbst die schmerztherapeutische Behandlung durch die Schmerztherapeutin S. blieb erfolglos. Mit dem MDK sieht daher auch der Senat keine Indikation für die Rumpforthese des Typs SofTec Dorso, denn bei dem Krankheitsbild der Fibromyalgie ist vielmehr eine Bewegungs- und Sporttherapie angezeigt und die Ruhigstellung der Wirbelsäule contraindiziert. Die diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung bedarf psychotherapeutischer Behandlung. Eine Besserung der Beschwerdesymptomatik ist nach der Versorgung mit der Rumpforthese ausweislich der aus den Rentenverfahren beigezogenen ärztlichen Unterlagen auch nicht eingetreten. Bezeichnend ist insoweit, dass die Klägerin bei der Begutachtung durch Dr. M. im Januar 2007 an Hilfsmitteln lediglich eine Passeinlage in den Stiefeln, jedoch nicht die Rumpforthese trug und diese auch anamnestisch nicht erwähnte. Selbst wenn die Klägerin subjektiv durch das Tragen der Rumpforthese eine gewisse Entlastung und Linderung der Kreuzschmerzen verspürte, so ist das unbeachtlich. Denn die streitbefangene Orthese ist angesichts der vorliegenden anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, d.h. chronischer, therapieresistenter Schmerzen vor allem an der LWS, für die bisher kein organisches Korrelat nachgewiesen werden konnte, weder indiziert noch gar erforderlich. Die Klägerin hat mithin weder nach § 33 Abs. 1 SGB V noch nach § 31 Abs. 1 SGB IX einen Anspruch auf das Hilfsmittel, da es an der Erforderlichkeit des Hilfsmittels fehlt, und damit auch keinen Kostenfreistellungsanspruch. Bei dem umfangreich dokumentierten Krankheitsbild der Klägerin waren auch keine weiteren medizinischen Ermittlungen von Amts wegen geboten.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das durch Art. 1 und 2 GG geschützt wird, und das Sozialstaatsprinzip räumen Versicherten keinen subjektiven Anspruch auf die Gewährung konkreter Leistungen durch die gesetzliche Krankenversicherung ein.
Schließlich folgt zugunsten der Klägerin auch nichts aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 - NZS 2006, 84 = NJW 2006, 891), denn das BVerfG hat eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass aus dem Grundgesetz keine konkreten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsansprüche hergeleitet werden können, nur für lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankungen, für die eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, gemacht. Um einen vergleichbaren Sachverhalt geht es bei der Klägerin jedoch nicht.
Die Berufung der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Freistellung von den Kosten einer Rumpforthese in Höhe von 961,37 EUR streitig.
Die 1965 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. In ihrem Auftrag übersandte die Firma S. + B., Medizin- und Orthopädietechnik, der Beklagten im April 2005 einen Kostenvoranschlag für eine SofTec Dorso Rumpforthese (Gesamtpreis 961,37 EUR) vom 26.04.2005 sowie die entsprechende ärztliche Verordnung des Allgemeinmediziners Dr. D. vom 21.04.2005 (Diagnose: Spondylitis, Osteoporose). Nach Einholung einer sozialmedizinischen Beratung des MDK (Dr. R.), wonach die beantragte Orthese im Hilfsmittelverzeichnis nicht gelistet und das verfolgte therapeutische Ziel nicht erkennbar sei, wandte sich die Beklagte diesbezüglich an Dr. D ... Dieser teile mit, die Klägerin leide an einem ausgeprägten Wirbelsäulensyndrom, einer Cervicobrachialgie, Fibromyalgie, OSG-Instabilität beidseits sowie an einem Weichteilrheuma. Durch diese Erkrankungen sei es zu stärksten Schmerzen gekommen, die mittlerweile durch Morphinpräparate tolerabel seien. Die Klägerin befinde sich in neurologischer, rheumatologischer und orthopädischer Mitbetreuung. Da alle schulmedizinischen Methoden jedoch versagt hätten und auch eine Vorstellung in der Schmerzambulanz erfolglos gewesen sei, könnten keine weiteren Therapien angeboten werden. Mittlerweile nehme die Klägerin Schmerzmittel und Antidepressiva. Eine Versorgung mit einer Lumboloc-Orthese habe keine Besserung der Schmerzen vor allem im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS) erbracht. Aufgrund mangelnder Therapieoption sei bei der ausgeprägten Schmerzsymptomatik der Versuch mit der verordneten SofTec Dorso Rumpforthese angestrebt worden, um eine Besserung der Schmerzsymptomatik und Erhaltung der Selbständigkeit der alltäglichen Dinge zu erreichen.
Die Beklagte schaltete erneut den MDK ein. Dr. R. führte aus, die SofTec Dorso diene laut Herstellerangaben der konservativen Frakturbehandlung, der Behandlung bei Osteoporose, der postoperativen Stabilisierung und der konservativen Therapie bei Tumoren oder Spondylitis. Es handle sich um eine Hyperextensionsorthese zur Stabilisierung des thorakolumbalen Überganges und zur Aufrichtung der Wirbelsäule. Der vorliegende Bericht lasse die Notwendigkeit einer Stabilisierung der Wirbelsäule nicht erkennen. Im Vordergrund scheine vielmehr die Fibromyalgie zu stehen, welche Rolle ein Weichteilrheuma spiele, sei nicht zu entnehmen. Da alle Behandlungsmethoden nicht zu einer Beschwerdelinderung hätten führen können, sei nicht nachvollziehbar, warum ausgerechnet diese Orthese den Schmerzmittelgebrauch einschränken solle. Die bereits vorhandene Wirbelsäulenorthese sei ausreichend und zweckmäßig. Eine Indikation für eine nicht gelistete Orthese liege nicht vor.
Mit Bescheid vom 06.07.2005 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme einer SofTec Dorso Rumpforthese unter Hinweis auf die Ausführungen des MDK ab. Aus medizinischer Sicht sei die Notwendigkeit einer Stabilisierung der Wirbelsäule bei der Klägerin anhand der eingereichten Unterlagen nicht zu erkennen. Vielmehr sei eine psychotherapeutische Behandlung erforderlich.
Zur Begründung ihres dagegen eingelegten Widerspruchs machte die Klägerin geltend, ihre Schmerzen seien unerträglich und ohne die Orthese könne sie sich noch nicht mal zeitweise auf den Beinen halten. Dr. D. wandte sich ebenfalls an die Beklagte und führte aus, die Klägerin leide unter einer Hyperlordosierung des thorakolumbalen Übergangs mit Fehlstellung der Halswirbelsäule (HWS)/ Brustwirbelsäule (Rundrücken). Des weiteren sei bei der Klägerin aufgrund der schmerzhaft eingeschränkten Beweglichkeit eine Inaktivitätsosteoporose zu erkennen. Im Bereich des thorakolumbalen Übergangs bestehe seit längerer Zeit eine Spondylitis ankylosans sowie eine Plexis neuritis. Durch die Hyperextensionsorthese zur Stabilisierung des thorakolumbalen Übergangs und Aufrichtung der Wirbelsäule könnten die Schmerzen und damit die Bewegungseinschränkung der Klägerin deutlich gebessert werden.
Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme des MDK (Dr. W.), der zufolge bei der Klägerin ein Fibromyalgiesyndrom mit ausgeprägten Schmerzen in der Wirbelsäule im Vordergrund stehe und die Notwendigkeit einer orthetischen Versorgung auch aus den nun vorliegenden Unterlagen weiterhin nicht gesehen werden könne, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2005 den Widerspruch der Klägerin zurück: Es bleibe festzuhalten, dass aus sozialmedizinischer Sicht keine Indikation für die begehrte, nicht im Hilfsmittelverzeichnis gelistete, SofTec Dorso Rumpforthese vorliege und diese Versorgung somit dem für die gesetzliche Krankenversicherung zwingend zu beachtenden Wirtschaftlichkeitsgebot entgegen stehe. Im Hinblick auf die bestehenden Beschwerden sei die Fortsetzung der schmerztherapeutischen Behandlung unter psycho- und physiotherapeutischer Begleitung angezeigt.
Deswegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) mit der Begründung, aus den Stellungnahmen ihrer behandelnden Ärzte ergebe sich eindeutig, dass die beantragte Rumpforthese zur Behandlung der Wirbelsäulenveränderungen und der Osteoporose geeignet und notwendig sei und damit eine deutliche Verbesserung der Beweglichkeit mit einer deutlichen Verminderung der Schmerzen erreicht werden könne. Die Klägerin legte die Rechnung der Firma S. + B. vom 27.07.2005 für die selbstbeschaffte SofTec Dorso Rumpforthese über 961,37 EUR vor und teilte auf Anfrage des SG mit, dass die Rechnung nach wie vor unbezahlt sei.
Das SG hörte die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen.
Dr. M.-E., Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie, teilte mit, die Klägerin habe sich im Oktober 2002 und im Dezember 2005 vorgestellt, wobei die Diagnose eines Fibromyalgie-Syndroms und einer Perarthropathia humeroscapularis rechts gestellt und eine multimodale Therapie empfohlen worden sei. Das Beschwerdebild habe sich deutlich verschlechtert.
Dr. D. übersandte weitere Arztunterlagen (u.a. Bescheinigung der Fachärztin für Rehabilitation Dr. B. vom Januar 2006, Berichte des W.-Klinikums K. über die stationären Behandlungen vom 16.02. bis 18.02. und vom 25.04. bis 27.04.2006, Bericht der P.-Klinik K. vom Januar 2006, MRT der Lendenwirbelsäule (LWS) vom Mai 2005 und September 2005) und teilte die seit 2003 erhobenen Krankheitsäußerungen und Befunde mit. Auch wenn einzelne Aspekte der umfangreichen Erkrankungen nach Therapiemaßnahmen wie Operationen eine Besserung erfahren hätten (vor allem abdominelle Beschwerden bei Colon elongatum), hätten sich doch vor allem die starken Rückenschmerzen der Klägerin, verbunden mit der Fibromyalgie und dem Restless-Legs-Syndrom kontinuierlich verschlechtert. Neben der Schmerzmedikation seien auch nichtmedikamentöse Maßnahmen wie KG, Massagen und vor allem ein "Spezialkorsett" eine deutliche Hilfe. Ohne Korsett wäre eine wesentlich höhere Schmerzmitteldosis erforderlich.
Dr. R., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, führte aus, die Klägerin leide an einem schwergradigen Restless-Legs-Syndrom und auch an einer Fibromyalgie, welche die Symptome des Restless-Legs-Syndroms teilweise überlagere.
Als gerichtlicher Sachverständiger erstattete sodann Dr. H. ein fachorthopädisches Gutachten. Dr. H. kam zusammenfassend zu dem Ergebnis, vor Anschaffung der streitigen SofTec Orthese im Juli 2005 hätten bei der Klägerin neben internistischen Erkrankungen, einer Hypakusis beidseits und einem Z.n. Hysterektomie 1993 auf orthopädischem Fachgebiet eine Fibromyalgie, ein Restless-Legs-Syndrom, ein Wirbelsäulensyndrom, eine Cervicobrachialgie, ein chronisch rezidivierendes LWS-Syndrom, eine OSG-Instabilität beidseits und ein Weichteilrheuma vorgelegen. Im Vordergrund stehe ein sog. Fibromyalgie-Syndrom bzw. ein somatoformes Schmerzsyndrom. Die Fibromyalgie betreffe sämtliche Muskelgruppen des Bewegungsapparates, so dass unter Umständen, wie im Falle der Klägerin, auch das aufrechte Gehen oder Stehen beeinträchtigt werde. Eine korrekturbedürftige Fehlstellung oder Fehlhaltung im Bereich der Wirbelsäule bestehe bei der Klägerin nicht. Andererseits sei eine stützende Orthese eindeutig geeignet, die schmerzhaften Muskelansätze insbesondere im Bereich der Wirbelsäule zu entlasten und somit ein schmerzfreieres Gehen, Stehen zu ermöglichen. Somit werde die gesamte körperliche Leistungsfähigkeit verbessert. Unter diesem Gesichtspunkt sei die Vorsorgung der Klägerin mit einer Rumpforthese - halbelastisch, eindeutig indiziert. Durch die verordnete SofTec Dorso Rumpforthese habe der Behinderungszustand der Klägerin zumindest deutlich gebessert werden können. Eine Lumboloc-Orthese fixiere lediglich im Sinne eines breiten Gürtels die LWS, indem sie gleichzeitig die Bauchmuskulatur verstärke, eine Fixierung der angrenzenden Abschnitte des Bewegungsapparates (Becken nach unten bzw. BWS nach oben) könne so nicht erreicht werden. Die Versorgung einer multimorbiden Patientin mit einem Fibromyalgie-Syndrom mit einer stützenden Orthese sei geeignet, Schmerzen zu lindern und die körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern bzw. zu erhalten. Dr. H. legte ein Schreiben der Firma B. vom November 2006 an ein Sanitätshaus hinsichtlich der Indikation einer SofTec Dorso und zur Kostenübernahme von Hilfsmitteln vor.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage einer Stellungnahme des MDK entgegen. Dr. R. legte dar, bei der SofTec Dorso handle es sich um eine Hyperextensionsorthese zur Stabilisierung des thorakalen Überganges (L2 bis TH8) und zur Aufrichtung der Wirbelsäule. Laut Firmenprospekt sei die Firmenorthese indiziert zur konservativen Frakturbehandlung, bei Osteoporose, zur postoperativen Stabilisierung und zur konservativen Therapie bei Tumoren oder Spondylitis. Die Orthese sei gedacht zur Teilentlastung und Stabilisierung der LWS. Einer Kyphosierung werde durch die Konstruktion entgegen gewirkt. Die SofTec-Lumbo habe die Funktion eines Rahmenstützkorsetts. Es handle sich entgegen der Auffassung von Dr. H. keineswegs um eine halbelastische Orthese und auch nicht um eine Orthese, die einen hohen Aufwand an individueller Handwerksleistung beinhalte. Dr. H. gehe auf die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Chirurgie und des Berufsverbandes der Ärzte für Orthopäden zur Behandlung der Fibromyalgie nicht ein und befürworte entgegen der Empfehlung der Leitlinie die Versorgung mit dem begehrten Korsett. Das vom Gutachter beschriebene Therapieziel einer Fixierung der gesamten Wirbelsäule sei nicht leitliniengerecht. Dieses Therapieziel könne aber mit der SofTec Dorso auch gar nicht erreicht werden.
Mit Urteil vom 05.03.2007, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 09.03.2007, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im wesentlichen aus, das streitige Hilfsmittel, die Rumpforthese des Typs SofTec Dorso, sei nicht geeignet, den in § 33 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) genannten Zwecken zu dienen. Keine der vom Hersteller genannten Indikationen liege bei der Klägerin vor. Eine Osteoporose sei von Dr. H. ausgeschlossen worden. Auch eine Spondylitis (Wirbelentzündung) habe Dr. H. bei der Klägerin nicht feststellen können. Bei der Klägerin bestehe auch keine Hyperlordose (extreme Krümmung der HWS und LWS), die eine Aufrichtung der Wirbelsäule mittels Rumpforthese erfordern würde. Dr. H. habe aufgrund der persönlichen Untersuchung und der von ihm gefertigten Röntgenaufnahmen allenfalls eine diskrete Hyperlordose der LWS festgestellt und die (geringe) Fehlstellung der Wirbelsäule als nicht korrekturbedürftig bezeichnet. Hinsichtlich der vom Sachverständigen und den behandelnden Ärzten übereinstimmend diagnostizierten Fibromyalgie der Klägerin habe die Rumpforthese des Typs SofTec Dorso keinen therapeutischen Effekt. Sie sei auch nicht geeignet, eine durch diese Krankheit verursachte Behinderung auszugleichen. Soweit Dr. H. ausgeführt habe, durch eine Rumpforthese könnten die schmerzhaften Muskelansätze im Bereich der Wirbelsäule entlastet werden, vermöge dies die Kammer nicht zu überzeugen. Denn die Feststellungen des Sachverständigen stünden im Widerspruch zu seinen eigenen Untersuchungsergebnissen, wonach bei der Klägerin die Beweglichkeit im Bereich der LWS nicht und im Bereich der HWS nur leicht eingeschränkt sei. Ihre Wirbelsäulenmuskulatur sei gut ausgebildet. Zutreffend weise zudem der MDK darauf hin, dass die Ruhigstellung, wie sie durch die Rumpforthese des Typs SofTec Dorso erfolge, nicht der Behandlung einer Fibromyalgie diene. Zum therapeutischen Konzept gehöre bei diesem Krankheitsbild vielmehr die Erhaltung der Beweglichkeit durch Krankengymnastik oder leichtes Gerätetraining sowie eine systematische Belastungssteigerung durch Sporttherapie. Bezeichnenderweise habe der Hersteller der Rumpforthese des Typs SofTec Dorso davon abgesehen, die Fibromyalgie als Indikation für dieses Hilfsmittel anzugeben.
Hiergegen richtet sich die am 05.04.2007 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, die ursprünglich vom behandelnden Hausarzt Dr. D. festgestellte Hyperlordose sei durch medizinische Befunde gesichert, wie sich aus dem Gutachten von Dr. H. ergebe. Die Tatsache, dass der Sachverständige bei seiner Untersuchung im Jahr 2006 lediglich eine diskrete Hyperlordose habe feststellen können, sei mit Sicherheit darauf zurückzuführen, dass die verordnete streitgegenständliche Rumpforthese auch in diesem Punkt offensichtlich hilfreich gewesen sei. Das SG habe auch nicht gewürdigt, dass der behandelnde Hausarzt Dr. D. eindeutig ausgeführt habe, dass die Dosierung der Schmerzmittel lediglich deshalb so habe gewählt werden können, da die Rumpforthese eine deutliche Verminderung der Schmerzen und damit eine Reduzierung der Schmerzmittel erlaubt habe. Es sei also belegt, dass ohne Rumpforthese eine erhebliche höhere Dosierung der Schmerzmittel notwendig wäre. Dadurch würden sich erhebliche, von ihr nicht hinzunehmende Beeinträchtigungen im täglichen Leben ergeben. Die streitgegenständliche Rumpforthese sei bei ihr daher sehr wohl medizinisch indiziert.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. März 2007 sowie den Bescheid vom 6. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie von einer Kostenbelastung gegenüber der Firma S. + B. + C. GmbH in Höhe von 961,37 EUR freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat die Gerichtsakten des SG in dem Rentenverfahren der Klägerin (S 2 R 136/06) und insbesondere die darin enthaltenden medizinischen Unterlagen beigezogen (u.a. Aussagen des Dr. R. und des Dr. D. vom Januar 2006 und Mai 2006, Berichte des W.-Klinikums vom Februar, März und April 2006, MRT-Befunde der LWS vom Mai und September 2005, Arztbrief des Chirurgen Dr. B. vom März 2005, Aussage der Fachärztin für Anästhesie und spezielle Schmerztherapie S. vom Oktober 2006, fachorthopädisches Gutachten des Dr. M. vom Januar 2007 (Diagnosen: chronisch therapieresistentes Schmerzsyndrom der gesamten Wirbelsäule ohne objektivierbares körperliches Korrelat, ohne Nervenwurzelreiz; Teilsteife des rechten Schultergelenks nach einem Sturz 1994, therapieresistente Steißbeinschmerzen (Coccygodynie) nach erfolgloser Steißbeinresektion, Außenknöchelbandinsuffizienz, rechts ausgeprägter als links, mit habituellen Umknicktraumen, Fibromyalgie-Syndrom); neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. B. vom März 2007 (Diagnosen: medikamentös schwer beeinflussbares Restless-Legs-Syndrom, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, leichtes Karpaltunnel-Syndrom rechts)).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft, da die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten wird. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.
Der Senat hat vorliegend von einer Beiladung anderer Rehabilitationsträger abgesehen, da die beklagte Krankenkasse den Antrag der Klägerin nach § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) nicht weitergeleitet, sondern den Anspruch in eigener Zuständigkeit geprüft und die Leistung wegen fehlender Erforderlichkeit des Hilfsmittels abgelehnt hat, so dass eine der Entscheidung des Bundessozialgerichts - BSG - (Urteil vom 26.10.2004 - B 7 AL 16/04 R - SozR 4 - 3250 § 14 Nr. 1) vergleichbare Konstellation nicht vorliegt. Vielmehr muss in einem solchen Fall die sich für zuständig für den Leistungsanspruch erachtende Beklagte das Begehren der Klägerin unter allen denkbaren Gesichtspunkten prüfen und ggfs. in eigener Zuständigkeit die Leistung erbringen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 05.04.2005 - L 11 KR 2161/04 -).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Freistellung von den Kosten für die Rumpforthese des Typs SofTec Dorso.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Danach sind, sofern die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Diese Vorschrift ist auch dann als Rechtsgrundlage heranzuziehen, wenn der Versicherte - wie hier - keine Kostenerstattung begehrt, sondern die Freistellung von einer Forderung für eine selbstbeschaffte Leistung, die in Rechnung gestellt, aber noch nicht bezahlt wurde (vgl. Bundessozialgericht (BSG) in SozR 3 - 2500 § 13 Nr. 1; Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26.04.2006 - L 4 KR 273/04 -).
Ein Anspruch auf Gewährung der Rumpforthese richtet sich nach § 33 SGB V. Danach besteht Anspruch auf Hilfsmittelversorgung, wenn das Hilfsmittel im Einzelfall erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine drohende Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V von der Leistungspflicht ausgeschlossen sind.
Ein Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist dann erforderlich, wenn es dazu dient, natürliche Funktionen auszugleichen, fehlende Körperteile und Funktionen wieder herzustellen, zu ermöglichen, zu ersetzen, zu erleichtern oder zu ergänzen. Dabei genügt eine nur unwesentliche Verbesserung nicht. Das Hilfsmittel muss aber unentbehrlich oder unvermeidlich sein, die Ziele bzw. Zwecke der Krankenbehandlung zu erreichen (so bereits BSG SozR 2200 § 182 b Nr. 25, 26, 30, 33). Maßgeblich sind die individuellen Verhältnisse beim Behinderten bzw. Erkrankten, wobei insoweit auch eine Abwägung von Kosten und Nutzen anzustellen ist. Im Rahmen der Krankenversicherung hat die Klägerin nur Anspruch auf eine ausreichende Versorgung nach dem jeweiligen Stand der Medizin und Technik, soweit Grundbedürfnisse betroffen sind, nicht aber auf eine optimale Ausstattung zum umfassenderen Ausgleich in allen Lebensbereichen (BSG SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 34). Im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit ist auch das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) zu beachten.
In Ansehung dieser rechtlichen Gegebenheiten hat das SG in seinem Urteil rechtsfehlerfrei und in der Sache zutreffend dargelegt, weshalb die Voraussetzungen für einen Freistellungsanspruch (§ 13 Abs. 3 SGB V) nicht erfüllt sind. Der Senat macht sich die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nach Überprüfung zu eigen und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung seiner Entscheidungsgründe ab.
Ergänzend ist auszuführen, dass der Leistungspflicht der Beklagten nicht entgegensteht, dass die Rumpforthese des Typs SofTec Dorso nicht im von den Spitzenverbänden der Krankenkassen erstellten Hilfsmittelverzeichnis (§ 128 SGB V) aufgeführt ist, weil es sich dabei nicht um eine abschließende, die Leistungspflicht der Krankenkasse im Sinne einer "Positivliste" beschränkende Regelung handelt (BSG, Urteile vom 24.05.2006 - B 3 KR 16/05 R - und vom 03.08.2006 - B 3 KR 25/05 R -; st. Rspr.).
§ 31 SGB IX definiert Hilfsmittel als solche Gegenstände, die von den Leistungsempfängern getragen oder mitgeführt oder bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um 1. einer drohenden Behinderung vorzubeugen, 2. den Erfolg einer Heilbehandlung zu sichern oder 3. eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind. Dieser Hilfsmittelbegriff, der die bis dahin ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zusammenfasst, ist auch im Rahmen des § 33 SGB V maßgebend. Entscheidend ist, ob das Hilfsmittel im Einzelfall der behinderten Person dadurch zugute kommt, dass die Auswirkungen ihrer Behinderungen behoben oder gemildert werden. Das gleiche gilt im Rahmen der Krankenbehandlung (BSG, Urteil vom 03.08.2006 - B 3 KR 25/05 R m.w.N.). Nach § 1 Abs. 1 SGB IX ist es Aufgabe der Versorgung behinderter Menschen mit Hilfsmitteln, ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu fördern (§ 1 Satz 1 SGB IX), wobei dies im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nur innerhalb deren Aufgabengebietes (Krankenhilfe und medizinische Rehabilitation) und unter deren besonderen Voraussetzungen (§ 7 SGB IX) gelten kann (BSG, Urteil vom 06.06.2002 - B 3 KR 68/01 R -).
Auch nach Auffassung des Senats scheitert der Anspruch der Klägerin hier daran, dass in ihrem Fall die Rumpforthese des Typs SofTec Dorso weder notwendig noch zweckmäßig ist. Zu Recht hat das SG darauf hingewiesen, dass die streitige Rumpforthese, bei der es sich nach den Herstellerangaben um eine multifunktionale Hyperextensionsorthese zur Aufrichtung der Wirbelsäule und Entlastung des thorakolumbalen Übergangs handelt, zur konservativen Frakturbehandlung, bei Osteoporose, zur postoperativen Stabilisierung und zur konservativen Therapie bei Tumoren oder Spondylitis indiziert ist, und bei der Klägerin keine dieser Indikationen vorliegt. Eine Spondylitis und Osteoporose ist bei der Klägerin nicht nachgewiesen. Die Knochendichtemessung durch Dr. H. ergab altersentsprechende Werte, auch war eine Spondylitis nicht feststellbar. Ebenso wenig fand sich eine Hyperlordose, die eine Aufrichtung der Rumpfwirbelsäule mittels Rumpforthese erfordern würde. Angesichts der nachgewiesenen nur diskreten Hyperlordose der LWS ist die von der Klägerin begehrte Rumpforthese jedenfalls nicht erforderlich. Laut MRT der LWS vom 23.05.2005 zeigte sich nur eine leichte Fehlhaltung, initial Spondylose und ansonsten ein unauffälliger LWS-Status, insbesondere keine Foramina- oder Spinalstenose und keinen intraspinalen raumfordernden Prozess. Dem beigezogenen orthopädischen Gutachten von Dr. M. ist ebenfalls keine Hyperlordose zu entnehmen. Beschrieben wird vielmehr eine normale Lordosierung der LWS. Die Untersuchung der Gesamtwirbelsäule ergab im Grunde keine fassbaren krankhaften Befunde. So war die Beweglichkeit der HWS frei und auch die Brustwirbelsäule zeigte sich global und segmentär frei beweglich. Bei der Untersuchung der LWS fiel auf, dass die Rumpfbeuge flüssig bis zu einem Fingerspitzen-Boden-Abstand von unter zehn Zentimeter vorgeführt werden konnte, wobei sich die LWS gemäß Schober-Index normal von 10 cm auf 16 cm entfaltete. Die Seitneige war frei, lediglich die Rückbeuge war geringfügig eingeschränkt. Die klinische Untersuchung ergab auch keine Hinweise auf einen Nervenwurzelreiz. Bei fehlendem objektivierbaren körperlichen Korrelat ordnete Dr. M. die im Vordergrund des Beschwerdebildes stehenden Wirbelsäulenbeschwerden einem chronisch therapieresistenten Schmerzsyndrom und einem Fibromyalgiesyndrom zu und wies darauf hin, dass es sich hierbei um eine psycho-somatische Erkrankung handle. Neurologisch-psychiatrisch wurde im Rentenverfahren insoweit eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei der Klägerin bestätigt. Neben einem Restless-Legs-Syndrom bestand bei der Klägerin ein ausgeprägtes chronisches Schmerzsyndrom mit Kopfschmerzen, Kreuz- und Steißbeinschmerzen sowie diffusen Muskel- und Gelenkschmerzen.
Diese im Rentenverfahren festgestellten erheblichen Gesundheitsstörungen erhellen deutlich, dass die streitbefangene Rumpforthese bei der Klägerin keinen therapeutischen Effekt hat. Sie ist nicht geeignet, das Beschwerdebild des chronischen Schmerzsyndroms positiv zu beeinflussen. Selbst die schmerztherapeutische Behandlung durch die Schmerztherapeutin S. blieb erfolglos. Mit dem MDK sieht daher auch der Senat keine Indikation für die Rumpforthese des Typs SofTec Dorso, denn bei dem Krankheitsbild der Fibromyalgie ist vielmehr eine Bewegungs- und Sporttherapie angezeigt und die Ruhigstellung der Wirbelsäule contraindiziert. Die diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung bedarf psychotherapeutischer Behandlung. Eine Besserung der Beschwerdesymptomatik ist nach der Versorgung mit der Rumpforthese ausweislich der aus den Rentenverfahren beigezogenen ärztlichen Unterlagen auch nicht eingetreten. Bezeichnend ist insoweit, dass die Klägerin bei der Begutachtung durch Dr. M. im Januar 2007 an Hilfsmitteln lediglich eine Passeinlage in den Stiefeln, jedoch nicht die Rumpforthese trug und diese auch anamnestisch nicht erwähnte. Selbst wenn die Klägerin subjektiv durch das Tragen der Rumpforthese eine gewisse Entlastung und Linderung der Kreuzschmerzen verspürte, so ist das unbeachtlich. Denn die streitbefangene Orthese ist angesichts der vorliegenden anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, d.h. chronischer, therapieresistenter Schmerzen vor allem an der LWS, für die bisher kein organisches Korrelat nachgewiesen werden konnte, weder indiziert noch gar erforderlich. Die Klägerin hat mithin weder nach § 33 Abs. 1 SGB V noch nach § 31 Abs. 1 SGB IX einen Anspruch auf das Hilfsmittel, da es an der Erforderlichkeit des Hilfsmittels fehlt, und damit auch keinen Kostenfreistellungsanspruch. Bei dem umfangreich dokumentierten Krankheitsbild der Klägerin waren auch keine weiteren medizinischen Ermittlungen von Amts wegen geboten.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das durch Art. 1 und 2 GG geschützt wird, und das Sozialstaatsprinzip räumen Versicherten keinen subjektiven Anspruch auf die Gewährung konkreter Leistungen durch die gesetzliche Krankenversicherung ein.
Schließlich folgt zugunsten der Klägerin auch nichts aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 - NZS 2006, 84 = NJW 2006, 891), denn das BVerfG hat eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass aus dem Grundgesetz keine konkreten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsansprüche hergeleitet werden können, nur für lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankungen, für die eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, gemacht. Um einen vergleichbaren Sachverhalt geht es bei der Klägerin jedoch nicht.
Die Berufung der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved