L 3 AS 3634/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 3116/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 3634/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Juni 2007 aufgehoben. Der Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 03. Februar 2006 sowie vom 26. und 27. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2006 verurteilt, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vom 01. Januar bis 31. August 2006 als Zuschuss zu gewähren.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger erstrebt die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.01. bis zum 31.08.2006 als Zuschuss.

Der im Jahre 1959 geborene Kläger nahm Mitte des Jahres 2005 eine selbständige Tätigkeit als Kommunikationsberater auf, die 2005 ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von EUR 438,00 erbrachte. Im Jahre 2006 erzielte er krankheits- und nachfragebedingt keinen Gewinn. Seit Oktober 2002 ist er Miteigentümer des ihm und seiner Schwester von ihren Eltern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu je 1/2 übertragenen Wohngrundstücks Flst. Nr. 322, Flur 8, auf Gemarkung Olpe dessen Wert im Übergabevertrag mit EUR 200.000,00 angegeben wurde. Das Grundstück ist mit einem im Übergabevertrag zugleich vereinbarten und im Grundbuch eingetragenen Nießbrauchsrecht zu Gunsten der dort wohnhaften, 1929 bzw. 1932 geborenen Eltern als Gesamtberechtigte belastet.

Am 23.12.2005 beantragte der Kläger beim Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Dabei gab er an, sein Miteigentumsanteil am Wohngrundstück im Olpe sei aufgrund des Nießbrauchs auf absehbare Zeit nicht verwertbar.

Mit Bescheiden vom 03.02.2006 wurden dem Kläger daraufhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung sowie von Zuschüssen zu den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.06.2006 i. H. v. monatlich EUR 1.197,42 als Darlehen bewilligt. Die Bewilligung erfolge darlehensweise, da der Kläger zwar über Vermögen in Form des Miteigentumsanteils am Hausgrundstück in Olpe verfüge, dieses aber kurzfristig nicht verwertbar sei.

Der Kläger erhob Widerspruch und wandte sich gegen die darlehensweise Bewilligung von Leistungen. Zur Begründung trug er unter Vorlage einer schriftlichen Auskunft des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis Olpe vom 19.06.2006 im Wesentlichen vor, die Verwertung seines Miteigentumsanteils am Hausgrundstück im Olpe sei nicht möglich, da er infolge der Belastung mit dem Nießbrauchsrecht seine Eltern auf dem freien Markt nicht veräußert werden könne. Eine Belastung komme ebenfalls nicht in Betracht.

Auf den Fortzahlungsantrag des Klägers vom 14.06.2006 wurden ihm vom Beklagten mit Bescheiden vom 26. und 27.07.2006 erneut darlehensweise Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung sowie von Zuschüssen zu den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung i. H. v. monatlich EUR 1.193,81 bewilligt.

Nachdem der Kläger auch gegen diese darlehensweise Bewilligung Widerspruch erhoben hatte, wies der Beklagten die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2006 zurück. Nach den vorgelegten Nachweisen lasse sich die Immobilie im Olpe nur schwerlich verkaufen bzw. sei ein Verkauf infolge des eingetragenen Nießbrauchsrechts unwirtschaftlich und gar unmöglich. Danach seien die Voraussetzungen einer besonderen Härte erfüllt und die Leistungen mithin als Darlehen zu erbringen. Diese Entscheidung wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21.08.2006 bekanntgegeben.

Am 20.09.2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Mannheim Klage erhoben und die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.01. bis zum 31.08.2006 als Zuschuss begehrt.

Mit Urteil vom 22.06.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zwar seien die Verwertung des Miteigentumsanteils des Klägers an dem Wohngrundstück in Olpe so lange ausgeschlossen, wie das Nießbrauchsrecht der Eltern fortbestehe. Denn bei diesem Rechtszustand könne der Kläger nachvollziehbar weder einen Käufer finden noch den Miteigentumsanteil beleihen und sei der sofortige Vermögenseinsatz mithin unmöglich sowie unzumutbar. Indes seien vor diesem Hintergrund Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen zu erbringen. Diese Entscheidung ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 28.06. 2007 zugestellt worden.

Am 25.07.2007 hat der Kläger Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, sein Miteigentumsanteil am Wohngrundstück in Olpe sei nicht als Vermögen zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Juni 2007 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 03. Februar 2006 sowie vom 26. und 27. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2006 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für die Zeit vom 01. Januar bis zum 31. August 2006 als Zuschuss zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, § 23 Abs. 5 SGB II sehe für den Fall des Klägers eine darlehensweise Leistungsgewährung vor.

Mit Beschluss vom 15.08.2007 hat der Senat dem Kläger für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Mannheim sowie die beigezogenen Leistungsakten des Beklagten (je ein Band) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im erklärten Einverständnis der Beteiligten sowie in Anwendung des ihm danach gesetzlich eingeräumten Ermessens ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten sind zu Lasten des Klägers rechtswidrig und daher abzuändern, soweit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts lediglich darlehensweise bewilligt worden sind. Denn der Kläger hat im zur Entscheidung des Gerichts gestellten Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.08.2006 Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss. Hierzu ist der Beklagte mithin zu verurteilen.

Dass und weshalb die - nach den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angegriffenen Urteil und darüber hinaus auch unstreitig - nicht mögliche Verwertung des Miteigentumsanteils des Klägers am Wohngrundstück in Olpe dessen Berücksichtigung als verwertbares Vermögen i. S. des § 12 Abs. 1 SGB II und damit auch eine lediglich darlehensweise Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausschließt, hat der Senat bereits im dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligenden und den Beteiligten bekannten Beschluss vom 15.08.2007 ausführlich dargelegt. Hierauf wird zu weiteren Begründung verwiesen. Dem entspricht auch die jüngste Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. die Medieninformation des BSG Nr. 42/07 zum Urteil vom 06.12.2007 - B 14/7b AS 46/06 R -). Nachdem der vom Beklagten für seinen Rechtsstandpunkt in Bezug genommene § 23 Abs. 5 SGB II berücksichtigungsfähiges und mithin verwertbares Vermögen voraussetzt, erübrigen sich weitere Ausführungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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