L 10 B 195/08 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 121 AS 333243/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 B 195/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 07. Januar 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das bereits erstinstanzlich von der 1989 geborenen Antragstellerin (erstinstanzlich vertreten durch ihren Vater - § 73 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) verfolgte Begehren (§ 123 SGG) ist darauf gerichtet, einstweilen von den Wirkungen des Sanktionsbescheides vom 04. Dezember 2007 verschont zu werden. Mit Bescheid vom 04. Dezember 2007 beschränkte die Antragsgegnerin (Agin) den der Antragstellerin (Astin) zustehenden Anteil des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 01. Januar 2008 bis 31. März 2008 auf die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Die Agin hatte mit an ihre Mutter adressiertem Bescheid vom 30. Juli 2007 auch der Astin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) u.a. für Januar 2008 (Kosten der Unterkunft und Heizung von 200,75 Euro, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von 124,00 Euro) gewährt. Mit Bewilligungsbescheid vom 01. Februar 2008 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 08. Februar 2008 hat die Agin der Astin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende u.a. für Februar und März 2008 in Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung (200,75 Euro) bewilligt.

Die Beschwerde der Ast ist zurückzuweisen, ohne dass ihr Anliegen in der Sache geprüft wird, da das beim Sozialgericht gestellte Rechtsschutzbegehren bereits unzulässig war. Soweit mit dem Bescheid vom 04. Dezember 2007 bereits bewilligte Leistungen für die Zeit vom 01. Januar bis 31. Januar 2008 abgesenkt werden, richtet sich der einstweilige Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Nach dieser Regelung kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Mit diesem Ziel ist der Antrag auch erhoben worden ("Beschluss des JobCenters auszusetzen") und war geeignet, im Erfolgsfalle das Anliegen der Astin durchzusetzen, weiterhin die bewilligte Leistung zu erhalten, denn ohne wirksame Sanktions- und Aufhebungsentscheidung – diese beiden auf § 31 Abs. 1 und 5 SGB II iVm § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestützte Entscheidungen (Verfügungssätze) verlautbart der Bescheid vom 04. Dezember 2007 – wäre die Agin aus dem Bescheid vom 30. Juli 2007 zur Erfüllung von Ansprüchen der Astin im Umfang von 324,75 Euro für die Zeit vom 01. Januar bis 31. Januar 2008 verpflichtet. Eines gerichtlichen Verfahrens hätte es bedurft, da aufgrund der Bestimmung des § 39 SGB II ein Widerspruch gegen einen Bescheid, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung hätte. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung setzt indes zwingend voraus, dass überhaupt ein Widerspruch in der Hauptsache eingelegt worden ist, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden konnte, woran es vorliegend fehlt. Ein schriftlich gefasstes Begehren der Antragstellerin auf Überprüfung des Verwaltungsaktes (vgl. § 84 SGG) ist nicht festzustellen. Vielmehr hat der im Verwaltungsverfahren von der Astin bevollmächtigte Vater auf die Einlegung eines Widerspruchs mündlich ausdrücklich verzichtet und sich stattdessen sofort an das Sozialgericht gewandt.

Der Astin ist durch den weiteren Bescheid der Agin vom 01. Februar 2008/08. Februar 2008 kein in diesem Verfahren zulässiger Rechtsbehelf eröffnet. Zwar ist zu erwägen, dass der Bewilligungsbescheid vom 01. Februar 2008/08. Februar 2008 mit dem Bescheid vom 04. Dezember 2007, soweit dort eine Sanktion/Anspruchssenkung (auch) für die Zeit vom 01. Februar bis 31. März 2008 verfügt wurde, eine Bescheidenheit bildet (so für rechtsähnliche Sperrzeit- und Minderungsfälle nach dem Arbeitsförderungsgesetz Bundessozialgericht (BSG) Urteil vom 15. Dezember 2005 – B 7a AL 46/05 R = SozR 4 – 4300 § 144 Nr. 2 und BSG Urteil vom 18. August 2005 – B 7a AL 4/05 R = SozR 4 – 1500 § 95 Nr. 1) und die Astin mit ihrer Beschwerde den Antrag auf über die im Bescheid vom 01. Februar 2008/08. Februar 2008 bestimmte Leistungshöhe hinausgehende Zahlung gestellt hat. Ob aus dieser Bescheideinheit folgt, dass, solange gegen den Bescheid vom 01. Februar 2008/08. Februar 2008 noch zulässig Widerspruch erhoben werden kann, - unbeschadet des bindend gewordenen Sanktionsbescheides (entsprechend der der Entscheidung des BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 23 zu Grunde liegenden Überlegungen) - Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 2 S 2 SGG (Regelungsanordnung) zu gewähren ist, kann hier indes offen blieben. Denn insoweit wird kein Beschwerdeverfahren geführt, da es an einer vorangegangenen Entscheidung des Sozialgerichts fehlt. Der Erlass einer Regelungsanordnung durch den erkennenden Senat ohne vorhergehende (ablehnende) Entscheidung des Sozialgerichts ist nicht zulässig, da dass Landessozialgericht nur für Berufungen und Beschwerden, nicht aber (von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen) für erstmalige Entscheidungen über die im Hauptsache- oder im einstweiligen Verfahren erhobene Ansprüche zuständig ist (vgl § 29 SGG, dazu für das Klageverfahren BSG SozR 3-1500 § 29 Nr. 1).

Ein erneuter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an das Sozialgericht könnte danach zulässig sein. Es dürfte aber jedenfalls am Anordnungsgrund, der Dringlichkeit, fehlen, da die Sanktion zeitlich begrenzt ist und die Antragstellerin während ihrer Dauer eine Mehraufwandsentschädigung in einem Umfang erzielt, der den Kürzungsbetrag übersteigt. Ihr Lebensunterhalt ist damit derzeit in dem Umfang gesichert, der der in ihrem Fall höchstmöglichen Leistung nach dem SGB II entspricht.

Zur Rechtmäßigkeit der Sanktion sei angemerkt, dass sie nach dem Zeitpunkt der Bescheidung Bedenken unterliegt (dazu Beschluss des Senats vom 20. Februar 2008, L 10 B 193/08 AS ER). Darüber hinaus entspricht die Arbeitsstelle nicht der von der Agin in der Eingliederungsvereinbarung vom 18. September 2007 übernommenen Verpflichtung, der Antragstellerin ein Angebot einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung im künstlerischen Bereich (!) zu machen; das künstlerische Element dürfte bei der der Astin angebotene Stelle als Küchenhilfe nicht sehr ausgeprägt sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwen¬dung.

Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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