Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 5757/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 134/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 04. Dezember 2007 aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und einer gegebenenfalls nachfolgenden Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Aufhebungsbescheid der Antragsgegnerin vom 25. Oktober 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13. November 2007 und des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2008 wird angeordnet, soweit diese den Zeitraum vom 01. Dezember 2007 bis zum 29. Februar 2008 betreffen. Die Aufhebung der Vollziehung der genannten Bescheide durch Auszahlung von weiteren EUR 208,00 für Dezember 2007 an die Antragstellerin wird angeordnet. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in Höhe von weiteren EUR 208,00 für Januar 2008 zu gewähren.
2. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin ist in der aus dem Tenor ersichtlichen sachlichen Fassung (§ 123 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht zunächst den auf Aussetzung des gesetzlich angeordneten Sofortvollzuges der Sanktionsentscheidungen (§ 39 Nr. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II -) der Antragsgegnerin gerichteten Antrag abgelehnt. Die gebotene Abwägung (§ 86b Abs. 1 Satz 1 SGG) ergibt, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der genannten Verwaltungsentscheidungen hinter das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin zurückzutreten hat. Denn der angegriffene Sanktionsbescheid der Antragsgegnerin vom 25.10.2007 in der Gestalt des Sanktions- und Bewilligungsänderungsbescheides vom 13.11.2007 als einheitlicher Entscheidung sowie des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2008 begegnen hinsichtlich der - die Antragstellerin allein belastenden - Regelungen für den Zeitraum vom 01.12.2007 bis zum 29.02.2008 nach derzeitigem Erkenntnisstand erheblichen rechtlichen Bedenken.
Die von der Antragsgegnerin verfügte Absenkung des der Antragstellerin gewährten Arbeitslosengeldes II um 60 v. H. der maßgebenden Regelleistung setzt gem. § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB II (i. d. während des hier maßgeblichen Zeitraums geltenden und darum anwendbaren Fassung d. Gesetzes vom 20.07.2006, BGBl. I, 1706) eine erste wiederholte Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 SGB II voraus. Eine solche Pflichtverletzung liegt u. a. dann vor, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a), eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit, ein zumutbares Angebot nach § 15a SGB II oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c), oder zumutbare Arbeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II auszuführen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. d). Derartiges ist aber nicht erkennbar:
Zwar dürfte der von der Antragsgegnerin mit den angegriffenen Bescheiden als erster wiederholter Pflichtverstoß i. S. des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c sanktionierte Nichtantritt einer angebotenen Arbeitsgelegenheit bei der "VABE e. V. Reinigungsgruppe Weingarten-Ost" am 15.05.2007 nach der bei den Leistungsakten befindlichen Fotokopie von Teilen des Anmeldebogens samt hierauf angebrachter Vermerke vorliegen. Indes lässt sich anhand der Aktenlage schon nicht klären, ob die Tätigkeit der Antragstellerin zumutbar war. Unabhängig davon lässt sich in Sonderheit nicht mit der hier erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Antragstellerin entsprechend den Anforderungen des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II über die Rechtsfolgen eines Nichtantritts der Arbeitsgelegenheit belehrt worden ist.
So ist zunächst nichts dafür erkennbar, dass dem in Rede stehenden Angebot selbst eine solche Belehrung beigefügt war. Demgemäß hat die Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid vom 19.02.2008 auch darauf abgehoben, eine hinreichende Rechtsfolgenbelehrung sei in der Eingliederungsvereinbarung vom 04.04.2007 enthalten. Allerdings lässt sich auch hieraus eine wirksame Belehrung der Antragstellerin nach bisherigem Erkenntnisstand nicht ableiten.
Zum einen bezieht sich die genannte Rechtsfolgenbelehrung nach dem Wortlaut der bei den Akten der Antragsgegnerin befindlichen Dateiausdrucke nicht auf das hier in Rede stehende konkrete Arbeitsangebot, sondern lediglich auf eine in der Vereinbarung allgemein geregelte Verpflichtung der Antragstellerin zur "Teilnahme an einer geforderten Beschäftigung (1-Euro-Job)". Eine solche abstrakt erteilte Belehrung ist aber nicht geeignet, die Sanktionierung des Nichtantritts der angebotenen konkreten Arbeitsgelegenheit zu tragen. Hierfür hätte es vielmehr einer entsprechenden gesonderten Belehrung bedurft (vgl. hierzu Münder, SGB II, 2. Aufl. 2007, Rdnr. 64 ff. zu § 31).
Zum anderen lässt sich derzeit nicht feststellen, dass und mit welchen Inhalt die Beteiligten am 04.04.2007 tatsächlich eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen haben. Denn bei den bislang vorliegenden Exemplaren der Vereinbarung handelt es sich um von der Antragsgegnerin nachträglich gefertigte Ausdrucke ohne Unterschrift, denen für das vorliegende Verfahren kein Beweiswert zukommt.
Ist nach alledem der Sofortvollzug der Sanktionsentscheidungen einschließlich des Bewilligungsänderungsbescheides vom 13.11.2007 hinsichtlich des Absenkungszeitraums vom 01.12.2007 bis zum 29.02.2008 gem. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auszusetzen, so ist die Antragsgegnerin vorläufig zur Auszahlung der zuvor bewilligten ungeminderten Leistungen bis zum Ablauf des Bewilligungszeitraums am 31.12.2007 verpflichtet. Nachdem die Minderung insoweit bereits vollzogen ist, sieht der Senat in Anwendung des ihm nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG eingeräumten Ermessens Anlass, antragsgemäß die Aufhebung der Vollziehung durch Auszahlung des Minderungsbetrages von EUR 208,00 für Dezember 2007 an die Antragstellerin anzuordnen.
Zwar scheidet eine solche Aufhebung der Vollziehung hinsichtlich der darüber hinaus beantragten Verpflichtung der Antragsgegnerin zu vorläufigen Auszahlung des Minderungsbetrages in gleicher Höhe für Januar 2008 aus. Denn insoweit liegt der verminderten Auszahlung kein der aufschiebenden Wirkung zugänglicher Bewilligungsänderungsbescheid zu Grunde. Vielmehr sind der Antragstellerin nach Ablauf des vorangegangenen Bewilligungsabschnitts mit Bescheid vom 28.01.2008 ab dem 01.01.2008 Leistungen neu bewilligt worden. Indes ist ihr vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz durch Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG zu gewähren. Nachdem die Antragsgegnerin in dem genannten Bewilligungsbescheid Leistungen für Januar 2008 unter Abzug der - nach den oben gemachten Ausführungen - vorläufig zu Unrecht erfolgten Sanktion i. H. v. EUR 208,00 bewilligt hat, liegt nämlich neben dem unter Berücksichtigung der Höhe des Sanktionsbetrages ohne weiteres bestehenden Anordnungsgrund auch ein hierfür erforderlicher Anordnungsanspruch vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
2. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin ist in der aus dem Tenor ersichtlichen sachlichen Fassung (§ 123 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht zunächst den auf Aussetzung des gesetzlich angeordneten Sofortvollzuges der Sanktionsentscheidungen (§ 39 Nr. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II -) der Antragsgegnerin gerichteten Antrag abgelehnt. Die gebotene Abwägung (§ 86b Abs. 1 Satz 1 SGG) ergibt, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der genannten Verwaltungsentscheidungen hinter das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin zurückzutreten hat. Denn der angegriffene Sanktionsbescheid der Antragsgegnerin vom 25.10.2007 in der Gestalt des Sanktions- und Bewilligungsänderungsbescheides vom 13.11.2007 als einheitlicher Entscheidung sowie des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2008 begegnen hinsichtlich der - die Antragstellerin allein belastenden - Regelungen für den Zeitraum vom 01.12.2007 bis zum 29.02.2008 nach derzeitigem Erkenntnisstand erheblichen rechtlichen Bedenken.
Die von der Antragsgegnerin verfügte Absenkung des der Antragstellerin gewährten Arbeitslosengeldes II um 60 v. H. der maßgebenden Regelleistung setzt gem. § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB II (i. d. während des hier maßgeblichen Zeitraums geltenden und darum anwendbaren Fassung d. Gesetzes vom 20.07.2006, BGBl. I, 1706) eine erste wiederholte Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 SGB II voraus. Eine solche Pflichtverletzung liegt u. a. dann vor, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a), eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit, ein zumutbares Angebot nach § 15a SGB II oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c), oder zumutbare Arbeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II auszuführen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. d). Derartiges ist aber nicht erkennbar:
Zwar dürfte der von der Antragsgegnerin mit den angegriffenen Bescheiden als erster wiederholter Pflichtverstoß i. S. des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c sanktionierte Nichtantritt einer angebotenen Arbeitsgelegenheit bei der "VABE e. V. Reinigungsgruppe Weingarten-Ost" am 15.05.2007 nach der bei den Leistungsakten befindlichen Fotokopie von Teilen des Anmeldebogens samt hierauf angebrachter Vermerke vorliegen. Indes lässt sich anhand der Aktenlage schon nicht klären, ob die Tätigkeit der Antragstellerin zumutbar war. Unabhängig davon lässt sich in Sonderheit nicht mit der hier erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Antragstellerin entsprechend den Anforderungen des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II über die Rechtsfolgen eines Nichtantritts der Arbeitsgelegenheit belehrt worden ist.
So ist zunächst nichts dafür erkennbar, dass dem in Rede stehenden Angebot selbst eine solche Belehrung beigefügt war. Demgemäß hat die Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid vom 19.02.2008 auch darauf abgehoben, eine hinreichende Rechtsfolgenbelehrung sei in der Eingliederungsvereinbarung vom 04.04.2007 enthalten. Allerdings lässt sich auch hieraus eine wirksame Belehrung der Antragstellerin nach bisherigem Erkenntnisstand nicht ableiten.
Zum einen bezieht sich die genannte Rechtsfolgenbelehrung nach dem Wortlaut der bei den Akten der Antragsgegnerin befindlichen Dateiausdrucke nicht auf das hier in Rede stehende konkrete Arbeitsangebot, sondern lediglich auf eine in der Vereinbarung allgemein geregelte Verpflichtung der Antragstellerin zur "Teilnahme an einer geforderten Beschäftigung (1-Euro-Job)". Eine solche abstrakt erteilte Belehrung ist aber nicht geeignet, die Sanktionierung des Nichtantritts der angebotenen konkreten Arbeitsgelegenheit zu tragen. Hierfür hätte es vielmehr einer entsprechenden gesonderten Belehrung bedurft (vgl. hierzu Münder, SGB II, 2. Aufl. 2007, Rdnr. 64 ff. zu § 31).
Zum anderen lässt sich derzeit nicht feststellen, dass und mit welchen Inhalt die Beteiligten am 04.04.2007 tatsächlich eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen haben. Denn bei den bislang vorliegenden Exemplaren der Vereinbarung handelt es sich um von der Antragsgegnerin nachträglich gefertigte Ausdrucke ohne Unterschrift, denen für das vorliegende Verfahren kein Beweiswert zukommt.
Ist nach alledem der Sofortvollzug der Sanktionsentscheidungen einschließlich des Bewilligungsänderungsbescheides vom 13.11.2007 hinsichtlich des Absenkungszeitraums vom 01.12.2007 bis zum 29.02.2008 gem. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auszusetzen, so ist die Antragsgegnerin vorläufig zur Auszahlung der zuvor bewilligten ungeminderten Leistungen bis zum Ablauf des Bewilligungszeitraums am 31.12.2007 verpflichtet. Nachdem die Minderung insoweit bereits vollzogen ist, sieht der Senat in Anwendung des ihm nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG eingeräumten Ermessens Anlass, antragsgemäß die Aufhebung der Vollziehung durch Auszahlung des Minderungsbetrages von EUR 208,00 für Dezember 2007 an die Antragstellerin anzuordnen.
Zwar scheidet eine solche Aufhebung der Vollziehung hinsichtlich der darüber hinaus beantragten Verpflichtung der Antragsgegnerin zu vorläufigen Auszahlung des Minderungsbetrages in gleicher Höhe für Januar 2008 aus. Denn insoweit liegt der verminderten Auszahlung kein der aufschiebenden Wirkung zugänglicher Bewilligungsänderungsbescheid zu Grunde. Vielmehr sind der Antragstellerin nach Ablauf des vorangegangenen Bewilligungsabschnitts mit Bescheid vom 28.01.2008 ab dem 01.01.2008 Leistungen neu bewilligt worden. Indes ist ihr vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz durch Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG zu gewähren. Nachdem die Antragsgegnerin in dem genannten Bewilligungsbescheid Leistungen für Januar 2008 unter Abzug der - nach den oben gemachten Ausführungen - vorläufig zu Unrecht erfolgten Sanktion i. H. v. EUR 208,00 bewilligt hat, liegt nämlich neben dem unter Berücksichtigung der Höhe des Sanktionsbetrages ohne weiteres bestehenden Anordnungsgrund auch ein hierfür erforderlicher Anordnungsanspruch vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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