Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 3352/07 A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 514/08 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 18.01.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Es besteht keine Besorgnis der Befangenheit gegen den Sachverständigen Dr. B.
Nach § 60 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 42 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter - für Sachverständige gilt Gleiches (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 406 ZPO) - wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist nicht erst dann der Fall, wenn der Richter oder Sachverständige tatsächlich befangen ist, sondern schon dann, wenn ein Beteiligter bei Würdigung aller Umstände und bei vernünftigen Erwägungen Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und der objektiven Einstellung des Richters bzw. Sachverständigen zu zweifeln. Ein im Rahmen gebotener Verfahrensweise liegendes Verhalten kann keinen Ablehnungsgrund begründen.
Der Ablehnungsantrag ist nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO vor der Vernehmung des Sachverständigen zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach seiner Ernennung. Nach Satz 2 der Regelung ist die Ablehnung zu einem späteren Zeitpunkt nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist das Ablehnungsgesuch rechtzeitig gestellt worden und damit zulässig. Die vom Kläger beanstandete ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit der Aufforderung zur Stellungnahme bis 26.10.2007 zugesandt worden. Am 22.10.2007 hat dieser die Verlängerung der Frist bis 15.11.2007 beantragt und dies mit seiner bevorstehenden Urlaubsabwesenheit sowie einer erforderlichen Besprechung mit dem Kläger begründet. Das Befangenheitsgesuch ist dann am 15.11.2007 beim Sozialgericht eingegangen. Damit ist hinreichend glaubhaft gemacht, dass eine Besprechung zwischen dem Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten und die darauf zu verfassende Stellungnahme - hier in Form des Ablehnungsgesuchs - erst bis zum 15.11.2007 hat erfolgen können. Eine solche Besprechung aber hat - bei sachgerechter Prozessführung - vor der Stellung eines Ablehnungsantrages zu erfolgen. Dies ist bei der Prüfung, ob der Kläger ohne Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (§ 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO), zu berücksichtigen.
Das Ablehnungsgesuch ist jedoch nicht begründet.
Eine Äußerung des Sachverständigen zum Ablehnungsgesuch ist nicht erforderlich (BSG, Beschluss vom 29.03.2007, B 9a SB 18/06 B), weil sich die vom Kläger erhobenen Vorwürfe - soweit sachlich - unmittelbar aus den dem Senat vorliegenden Akten ergeben. Unsachliche Vorwürfe können von vornherein keine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, sodass auch insoweit eine Stellungnahme von Dr. B. entbehrlich ist.
Die vom Kläger im Ablehnungsgesuch beanstandeten Äußerungen des Sachverständigen in dessen ergänzender Stellungnahme sind - so auch vom Sachverständigen angegeben - wörtlich aus der unfallmedizinischen Standardliteratur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage) übernommen (dort Seite 312). Schon aus diesem Grund handelt es sich um keine Abwertung des Klägers. Im Übrigen lassen die Vorwürfe des Klägers die weiteren Ausführungen des Sachverständigen außer Betracht, in denen sich dieser in angemessener sachlicher Form mit der Frage auseinander setzt, ob die beim Kläger bestehenden Schmerzen bei der Bemessung der MdE (zusätzlich) zu berücksichtigen sind. Er bewertet dabei die Angaben des Klägers zu seinen Beschwerden ausdrücklich als glaubhaft und plausibel und sieht sie in Übereinstimmung mit dem klinischen Befund.
Soweit der Kläger in seiner Beschwerde behauptet, der Sachverständige würde seine Schmerzen bei der Bewertung vollkommen außer Acht lassen, trifft dies nicht zu. Vielmehr hat der Sachverständige unter ausführlicher Darstellung der unfallmedizinischen Grundsätze dargelegt, aus welchen Gründen die Schmerzen des Klägers keine Erhöhung der MdE rechtfertigen. Im Übrigen ist - hierauf hat das Sozialgericht bereits im angefochtenen Beschluss hingewiesen - die Frage der Richtigkeit eines Gutachtens keine Frage nach der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen und daher im vorliegenden Verfahren ohne Belang.
Der Verweis des Prozessbevollmächtigten in der Beschwerde auf seinen "normalen Menschenverstand" und die Überflüssigkeit, eine "Habil-Schrift" zu lesen, lässt auf eine gewisse Ignoranz des Klägers in Bezug auf die auch für ihn geltenden Grundsätze der MdE-Bewertung schließen. Auch angesichts des unsachlichen, weil durch keinerlei Tatsachen belegten Vorwurfs, der Sachverständige solle vielleicht mehr auf die Patienten schauen als auf lukrative Aufträge der Versicherungsbranche, und des ebenfalls unsachlichen Vergleichs, die Beurteilung des Sachverständigen sei ähnlich, als würde der Zahnarzt die Zahnschmerzen für glaubhaft beurteilen, aber deren medizinische Behandlung als nicht notwendig erachten (es geht um Grundsätze der MdE-Bewertung, nicht um Fragen der Behandlung), zeugt ebenfalls eher von einer durch - mit Unkenntnis oder zumindest Ablehnung der geltenden Regeln einhergehenden - Unzufriedenheit des Klägers verursachten Voreingenommenheit gegenüber dem Sachverständigen. Dies aber begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind Teil der Kosten des Klageverfahrens. Eine gesonderte Kostenentscheidung hat daher nicht zu ergehen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Es besteht keine Besorgnis der Befangenheit gegen den Sachverständigen Dr. B.
Nach § 60 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 42 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter - für Sachverständige gilt Gleiches (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 406 ZPO) - wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist nicht erst dann der Fall, wenn der Richter oder Sachverständige tatsächlich befangen ist, sondern schon dann, wenn ein Beteiligter bei Würdigung aller Umstände und bei vernünftigen Erwägungen Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und der objektiven Einstellung des Richters bzw. Sachverständigen zu zweifeln. Ein im Rahmen gebotener Verfahrensweise liegendes Verhalten kann keinen Ablehnungsgrund begründen.
Der Ablehnungsantrag ist nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO vor der Vernehmung des Sachverständigen zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach seiner Ernennung. Nach Satz 2 der Regelung ist die Ablehnung zu einem späteren Zeitpunkt nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist das Ablehnungsgesuch rechtzeitig gestellt worden und damit zulässig. Die vom Kläger beanstandete ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit der Aufforderung zur Stellungnahme bis 26.10.2007 zugesandt worden. Am 22.10.2007 hat dieser die Verlängerung der Frist bis 15.11.2007 beantragt und dies mit seiner bevorstehenden Urlaubsabwesenheit sowie einer erforderlichen Besprechung mit dem Kläger begründet. Das Befangenheitsgesuch ist dann am 15.11.2007 beim Sozialgericht eingegangen. Damit ist hinreichend glaubhaft gemacht, dass eine Besprechung zwischen dem Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten und die darauf zu verfassende Stellungnahme - hier in Form des Ablehnungsgesuchs - erst bis zum 15.11.2007 hat erfolgen können. Eine solche Besprechung aber hat - bei sachgerechter Prozessführung - vor der Stellung eines Ablehnungsantrages zu erfolgen. Dies ist bei der Prüfung, ob der Kläger ohne Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (§ 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO), zu berücksichtigen.
Das Ablehnungsgesuch ist jedoch nicht begründet.
Eine Äußerung des Sachverständigen zum Ablehnungsgesuch ist nicht erforderlich (BSG, Beschluss vom 29.03.2007, B 9a SB 18/06 B), weil sich die vom Kläger erhobenen Vorwürfe - soweit sachlich - unmittelbar aus den dem Senat vorliegenden Akten ergeben. Unsachliche Vorwürfe können von vornherein keine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, sodass auch insoweit eine Stellungnahme von Dr. B. entbehrlich ist.
Die vom Kläger im Ablehnungsgesuch beanstandeten Äußerungen des Sachverständigen in dessen ergänzender Stellungnahme sind - so auch vom Sachverständigen angegeben - wörtlich aus der unfallmedizinischen Standardliteratur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage) übernommen (dort Seite 312). Schon aus diesem Grund handelt es sich um keine Abwertung des Klägers. Im Übrigen lassen die Vorwürfe des Klägers die weiteren Ausführungen des Sachverständigen außer Betracht, in denen sich dieser in angemessener sachlicher Form mit der Frage auseinander setzt, ob die beim Kläger bestehenden Schmerzen bei der Bemessung der MdE (zusätzlich) zu berücksichtigen sind. Er bewertet dabei die Angaben des Klägers zu seinen Beschwerden ausdrücklich als glaubhaft und plausibel und sieht sie in Übereinstimmung mit dem klinischen Befund.
Soweit der Kläger in seiner Beschwerde behauptet, der Sachverständige würde seine Schmerzen bei der Bewertung vollkommen außer Acht lassen, trifft dies nicht zu. Vielmehr hat der Sachverständige unter ausführlicher Darstellung der unfallmedizinischen Grundsätze dargelegt, aus welchen Gründen die Schmerzen des Klägers keine Erhöhung der MdE rechtfertigen. Im Übrigen ist - hierauf hat das Sozialgericht bereits im angefochtenen Beschluss hingewiesen - die Frage der Richtigkeit eines Gutachtens keine Frage nach der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen und daher im vorliegenden Verfahren ohne Belang.
Der Verweis des Prozessbevollmächtigten in der Beschwerde auf seinen "normalen Menschenverstand" und die Überflüssigkeit, eine "Habil-Schrift" zu lesen, lässt auf eine gewisse Ignoranz des Klägers in Bezug auf die auch für ihn geltenden Grundsätze der MdE-Bewertung schließen. Auch angesichts des unsachlichen, weil durch keinerlei Tatsachen belegten Vorwurfs, der Sachverständige solle vielleicht mehr auf die Patienten schauen als auf lukrative Aufträge der Versicherungsbranche, und des ebenfalls unsachlichen Vergleichs, die Beurteilung des Sachverständigen sei ähnlich, als würde der Zahnarzt die Zahnschmerzen für glaubhaft beurteilen, aber deren medizinische Behandlung als nicht notwendig erachten (es geht um Grundsätze der MdE-Bewertung, nicht um Fragen der Behandlung), zeugt ebenfalls eher von einer durch - mit Unkenntnis oder zumindest Ablehnung der geltenden Regeln einhergehenden - Unzufriedenheit des Klägers verursachten Voreingenommenheit gegenüber dem Sachverständigen. Dies aber begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind Teil der Kosten des Klageverfahrens. Eine gesonderte Kostenentscheidung hat daher nicht zu ergehen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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