L 7 SO 2688/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SO 691/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2688/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten Ziffer 1 wird das Urteil des Sozialgerichts M. vom 17.04.2007 aufgehoben, soweit die Bescheide des Beklagten Ziffer 1 aufgehoben und dieser zur Zahlung verurteilt wurde, und die Klage auch insoweit abgewiesen.

Der Kläger trägt die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Beklagten Ziffer 1 in erster und die Kosten des Rechtsstreites in zweiter Instanz. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Verpflichtung des örtlichen Trägers der Sozialhilfe, des Beklagten Ziffer 1, dem Kläger die Aufwendungen zu erstatten, die durch den Aufenthalt und die Behandlung des Beigeladenen Ziffer 1 im Psychiatrischen Zentrum in der Zeit vom 18. April bis 2. Mai 2005 entstanden sind.

Der 1975 geborene Beigeladene Ziffer 1 war seit 1993 drogenabhängig. Bis zum 5. März 2004 wohnte er bei seinen Eltern in R.; sein anschließender Aufenthalt war unbekannt. Der Beigeladene Ziffer 1 befand sich bereits vier Mal in stationärer Behandlung im Psychiatrischen Zentrum, wobei die Kosten jeweils von der AOK Baden-Württemberg, der Beigeladenen Ziffer 2, getragen worden waren. Bis zum 4. April 2005 befand sich der Beigeladene Ziffer 1 in der Justizvollzugsanstalt M. in Haft; während der Haftzeit erfolgte wegen der Drogenabhängigkeit eine Substitutionsbehandlung. Nach der Haftentlassung blieb der Beigeladene Ziffer 1 ohne festen Wohnsitz; nach eigenen Angaben hielt er sich im Raum W., Wa., S. und O. auf. Er verfiel in einen exzessiven Alkoholmissbrauch (täglich etwa zwei Flaschen Wodka und eine unbekannte Menge Bier).

Nachdem der Beigeladene Ziffer 1 von der Polizei alkoholintoxiert auf der Straße aufgegriffen worden war, erfolgte zunächst eine Aufnahme in der Universitätsklinik H., wo bei einem initialen Promillewert von 3,3 eine Entgiftung vorgenommen wurde. Von dort erfolgte am 18. April 2005 (Montag) um 12.30 Uhr eine Einweisung in das Psychiatrische Zentrum mit der Einweisungs-/Aufnahmediagnose Polytoxikomanie. Die aufnehmenden Ärzte diagnostizierten weiterhin ein Entzugssyndrom bei anamnestisch bekannten Grand-Mal Entzugsanfällen, emotional instabile Persönlichkeit, Zustand nach Hepatitis C-Infektion und Hepatitis B, Zustand nach Schnittverletzung am linken Oberarm, chirurgisch versorgt. Bei der Aufnahme war der Beigeladene Ziffer 1 wach, mit 0,00 Promille nicht alkoholisiert und in allen Qualitäten orientiert, der formale Gedankengang war geordnet; Anhaltspunkte für inhaltliche Denkstörungen, Wahrnehmungs- oder Ich-Störungen bestanden ebenso wenig wie für mnestische und kognitive Defizite. Bei Aufnahme bestand kein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Eigen- oder Fremdgefährdung. Die Aufnahme erfolgte zunächst auf der geschlossenen Drogenentgiftungsstation des Psychiatrischen Zentrums. Eine Entlassung zu diesem Zeitpunkt war nach Einschätzung der behandelnden Ärzte medizinisch nicht vertretbar, da sich der Beigeladene Ziffer 1 in akutem Alkohol- und Opiatentzug bei anamnestisch bekannten epileptischen Anfällen und Delirien befand; aufgrund dessen wurde eine Entzugsbehandlung für notwendig erachtet. Aufgrund der Vorgeschichte habe eine akute Gefährdung für Leib und Leben des Beigeladenen Ziffer 1 nicht ausgeschlossen werden können. Am 27. April 2005 wurde der Beigeladene Ziffer 1 auf eine offene suchttherapeutisch orientierte Psychotherapiestation verlegt.

Bei Aufnahme am 18. April 2005 wurde im Grundblatt der Verwaltung des Psychiatrischen Zentrums (Bl. 22 der SG-Akten) unter der Rubrik "Kostenträger Krankenkasse/Sozialamt" aufgrund der vom Beigeladenen Ziffer 1 gemachten Angaben handschriftlich "AOK BW" eingetragen. Noch am selben Tag erfolgte eine Datenmitteilung nach § 301 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) an die genannte Krankenkasse, die Beigeladene Ziffer 2. Am 20. April 2005 wurde nach dem auf dem Grundblatt vorgestempelten und handschriftlich ausgefüllten Vermerk der Leistungsanspruch des Beigeladenen Ziffer 1 geprüft, wobei sich herausstellte, dass dieser seit 12. März 2004 keinen Krankenversicherungsschutz über die angegebene Krankenkasse mehr genoss. Vor Verlegung am 27. April 2005 hatte der Beigeladene Ziffer 1 noch einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld II (Alg II) ausgefüllt, der nach nochmaliger Prüfung erst am 3. Mai 2005 per Fax bei der Beklagten Ziffer 2 einging. Die Beklagte Ziffer II bewilligte dem Beigeladenen Ziffer 1 auf diesen Antrag hin ab 3. Mai 2003 Alg II; der Beigeladene Ziffer 1 wurde bei der Beigeladenen Ziffer 2 krankenversichert, die die Behandlungskosten ab 3. Mai 2005 trug.

Nachdem der Beklagte Ziffer 1 Anfang Mai 2005 durch Rechnungen des Deutschen Roten Kreuz zunächst nur von einem Krankentransport des Beigeladenen Ziffer 1 am 15. April 2005 erfahren hatte, erhielt er am 30. Mai 2005 erstmals Kenntnis vom stationären Aufenthalt des Beigeladenen Ziffer 1 im Psychiatrischen Zentrum des Klägers bei ungeklärter Kostenträgerschaft. Am 20. Juni 2005 wurde der Beigeladene Ziffer 1 entlassen. Die Kosten seiner Behandlung in der Zeit vom 18. April bis 2. Mai 2005 beliefen sich auf EUR 2.851,60 (Selbstzahlerrechnung des Psychiatrischen Zentrums vom 5. September 2005, Bl. 63 der SG-Akten).

Am 13. Juni 2005 ging beim Beklagten Ziffer 1 ein formloser Antrag nach § 25 SGB XII des Klägers auf Erstattung von Krankenhausbehandlungskosten ab 18. April 2005 ein. Im ausführlichen Formularantrag, der am 8. August 2005 einging, wurde der Bezug von Alg II ab 3. Mai 2005 und die Anmeldung bei der Beigeladenen Ziffer 2 angegeben.

Mit Bescheid vom 23. August 2005 lehnte der Beklagte Ziffer 1 die Erstattung ab; der Beigeladene Ziffer 1 habe einen vorrangigen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der entsprechende Antrag sei schon ab 18. April 2005 möglich gewesen, wobei etwaige Versäumnisse bezüglich der rechtzeitigen Antragstellung nicht zu Lasten des Beklagten Ziffer 1 gehen könnten. Sozialhilfe sei daher dem Beigeladenen Ziffer 1 nicht zu gewähren gewesen. Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches führte der Kläger aus, Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II seien von der Beklagten Ziffer 2 erst ab 3. Mai 2005 zuerkannt worden. Grundsätzlich habe der Kläger keinen Einblick in die persönlichen bzw. sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse seiner Patienten. Gerade in Notfallsituationen sei die Überprüfung der Angaben nicht immer möglich. Auch ein etwaiger Anspruch nach dem SGB II könne im Aufnahmeverfahren nicht immer abgeklärt werden. Im übrigen habe der Beigeladene Ziffer 1 bei den Vorbehandlungen stets unter dem Krankenversicherungsschutz der gesetzlichen Krankenversicherung gestanden. Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2006 wies der Beklagte Ziffer 1 den Widerspruch als unbegründet zurück. Da der Beigeladene Ziffer 1 erwerbsfähig gewesen sei, seien vorrangig Ansprüche nach dem SGB II zu berücksichtigen. Daneben schieden Ansprüche nach dem Sozialhilferecht in aller Regel aus. Der Krankenhausträger sei gehalten, sich bei Aufnahme von Personen, die keinen Krankenversicherungsschutz nachweisen könnten oder nicht offensichtlich aus dem Anwendungsbereich des SGB II herausfielen (beispielweise bei offensichtlicher Erwerbsunfähigkeit oder nach Vollendung des 65. Lebensjahres) noch am Aufnahmetag die erforderliche Antragstellung nach dem SGB II zu veranlassen. Im übrigen sei auch die örtliche Zuständigkeit des Beklagten Ziffer 1 höchst zweifelhaft. Ein Erstattungsanspruch bestehe daher nicht.

Am 27. Februar 2006 hat der Kläger hiergegen Klage beim Sozialgericht (SG) M. erhoben (S 9 SO 691/06) und die Beiladung der Beklagten Ziffer 2 gemäß § 75 Abs. 2 SGG beantragt.

Mit Bescheid vom 5. Mai 2006 hatte die Beklagte Ziffer 2 einen Anspruch des Beigeladenen Ziffer 1 auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 20. April bis 2. Mai 2005 abgelehnt, da ein Leistungsantrag erstmals am 24. August 2005 gestellt worden sei; für die Zeit davor sei die örtliche Zuständigkeit nicht gegeben gewesen. Hiergegen hatte der Kläger Widerspruch eingelegt, der mit Widerspruchsbescheid vom 22. August 2006 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die seitens des Klägers vorgetragene Antragstellung beim unzuständigen Leistungsträger am 20. April 2005 sei von der AOK Baden-Württemberg nicht bestätigt worden.

Hiergegen hatte der Kläger am 11. September 2006 Klage beim SG M. erhoben (S 9 AS 2987/06), mit der die Verurteilung der Beklagten Ziffer 2 zur Erstattung der Krankenbehandlungskosten für den stationären Aufenthalt des Beigeladenen Ziffer 1 für die Zeit vom 18. April bis 2. Mai 2005 begehrt wurde.

Mit Beschluss vom 9. Oktober 2006 hat das Sozialgericht die beiden Klageverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Az: S 9 SO 691/06 verbunden und Herrn Eugen Flat oder die sowie die AOK Baden-Württemberg beigeladen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger hinsichtlich der Erstattung der Krankenhausbehandlungskosten für die Zeit vom 18. April bis 2. Mai 2005 in Höhe von 2.851,60 EUR "zunächst" eine Verurteilung der Beigeladenen Ziffer 2 beantragt, "hilfsweise" der Beklagten Ziffer 2 sowie wiederum "hilfsweise" des Beklagten Ziffer 1, hinsichtlich der Beklagten Ziffer 2 und 1 mit dem weiteren Antrag auf Zinszahlung. Zur Begründung der gegen den Beklagten Ziffer 1 erhobenen Klage trug der Kläger vor, der Beigeladene Ziffer 1 habe bei Beginn der stationären Behandlung angegeben, bei der Beigeladenen Ziffer 2 versichert zu sein. Nachdem von dort am 20. April 2005 mitgeteilt worden sei, dass dies nicht zutreffe, sei eine interne Mitteilung an den Sozialdienst des Klägers zur Erörterung und Klärung des Sachverhalts erfolgt. Nachdem der Beigeladene Ziffer 1 auch in diesem Zusammenhang unvollständige bzw. unrichtige Angaben gemacht habe, die nochmals hätten abgeklärt werden müssen, sei der erforderliche Antrag auf Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende erst am 3. Mai 2005 bei der Beklagten Ziffer 2 eingereicht worden. Alle Versuche, mit dem zwischenzeitlich entlassenen Beigeladenen Ziffer 1 Kontakt aufzunehmen, seien fehl geschlagen.

Mit Urteil vom 17. April 2007 hat das SG den Beklagten Ziffer 1 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Kosten für die stationäre Behandlung des Beigeladenen Ziffer 1 vom 18. April bis 2. Mai 2005 in Höhe von 2.851,60 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszins seit 27. Februar 2006 zu übernehmen. Im übrigen hat es "die Klage" abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Leistungspflicht der Beigeladenen Ziffer 2 scheide aus, weil der Beigeladene Ziffer 1 im streitigen Zeitraum nicht zum versicherten Personenkreis gehört habe. Erst durch die Gewährung von Alg II ab dem 3. Mai 2005 sei der Pflichtversicherungstatbestand nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V erfüllt gewesen, der den Krankenversicherungsschutz auslöse. Die Gewährung von Alg II vor dem 3. Mai 2005 sei mangels früherer Antragstellung nicht möglich gewesen (§ 37 SGB II ). Die Datenübermittlung nach § 301 SGB V durch den Kläger an die Beigeladene Ziffer 2 stellte keinen Antrag in diesem Sinne dar und sei auch nicht entsprechend auszulegen. Eine Verurteilung der Beklagten Ziffer 2 als Leistungsträger nach dem SGB II scheide aus, da das SGB II keine Anspruchsgrundlage für die Gewährung von Behandlungskosten enthalte; der Krankenversicherungsschutz der Leistungsbezieher werde über § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V sichergestellt. Anspruchsgrundlage für den Erstattungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten Ziffer 1 sei § 25 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Ein danach vorausgesetzter Eilfall liege vor. Der Beigeladene Ziffer 1 sei nach exzessivem Alkoholmissbrauch mit einer Blutalkoholkonzentration von 3,3 Promille in die Klinik des Klägers eingewiesen worden. Auch wenn in der medizinischen Klinik der Universität H. die Entgiftung bereits abgeschlossen gewesen sei, habe die Notlage fortbestanden. Der Beigeladene Ziffer 1 habe in ungeordneten sozialen Verhältnissen gelebt, weder über Wohnung noch Arbeit verfügt. Daher wäre eine Verweigerung der Behandlung bzw. der vorzeitige Abbruch in hohem Maße unverantwortlich gewesen. Aus den Stellungnahmen der Ärzte ergebe sich, dass der Beigeladene Ziffer 1 seinerzeit noch nicht hinreichend stabilisiert gewesen sei; bei einer Verweigerung der stationären Behandlung bzw. bei deren vorzeitigem Abbruch wäre es entweder zu einem sofortigen Rückfall oder zu einer erneuten Straffälligkeit gekommen. Die Notlage im Sinne des § 25 SGB XII dauere so lange fort, bis gewährleistet sei, dass eine gefahrlose Entlassung des Patienten möglich sei. In diesem Zusammenhang müsse besonders auf die Situation des ärztlichen Nothelfers eingegangen werden. Ärzte seien aufgrund ihres Berufsethos in besonderer Weise verpflichtet, in medizinischen Notfällen Hilfe zu leisten. Es sei keinem Arzt zuzumuten, eine bereits begonnene und weiterhin erforderliche Behandlung nur deshalb abzubrechen, weil die Kostenfolge ungeklärt sei; dies wäre auch mit § 323 c Strafgesetzbuch (StGB; unterlassene Hilfeleistung) nur schwerlich zu vereinbaren. Unter Berücksichtigung des Sozialstaatsprinzips sei bei Anwendung des § 25 SGB XII sicherzustellen, dass den sozialen Rechten der betroffenen Patienten zum Durchbruch verholfen werden könne; daher scheide eine enge Auslegung dieser Norm aus, die zur Folge hätte, dass gerade im ärztlichen Bereich notwendige Hilfeleistungen unterbleiben müssten. Der Beklagte Ziffer 1 könne seine Leistungspflicht auch nicht unter Berufung auf den sog. Nachranggrundsatz verweigern. Der Nachrang der Sozialhilfe greife nur dann ein, wenn der Hilfebedürftige tatsächlich in der Lage sei, sich selbst zu helfen bzw. wenn er tatsächlich die hierfür erforderlichen Mittel von anderen erhalte. Hypothetische Überlegungen müssten von vornherein außer Betracht bleiben. Ansprüche auf Krankenversicherungsleistungen, die erst noch begründet werden müssten, stellten zumindest bei einer unaufschiebbaren und dringend notwendigen ärztlichen Behandlung grundsätzlich keine "bereiten Mittel" dar, die den Nachrang begründen könnten. Aus dem Umstand, dass der Leistungsbezug nach dem SGB II den Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung eröffnet, lasse sich zwar im Sinne einer "Schadensminderungspflicht" die Obliegenheit des Klägers ableiten, dafür zu sorgen, dass diejenigen Patienten, die ohne Krankenversicherungsschutz seien, aber nach summarischer Prüfung die Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II erfüllten, möglichst bald einen entsprechenden Antrag stellten, damit der Beklagte Ziffer 1 als Sozialhilfeträger entlastet werde. Nach Auffassung des Gerichts könne jedoch nur ein gröblicher Verstoß gegen diese Obliegenheit Ansprüche des Klägers ausschließen, der als Verstoß gegen Treu und Glauben angesehen werden könnte. Der Kläger habe hier im vorliegenden Fall alles ihm Zumutbare getan, um eine baldige Antragstellung nach dem SGB II zu veranlassen.

Gegen das ihm am 4. Mai 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 29. Mai 2007 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung des Beklagten Ziffer 1. Zu deren Begründung führte er aus, vorliegend fehle es im Rahmen des § 25 SGB XII an der hypothetischen Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers und damit einer entsprechenden Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch. § 25 SGB XII setze voraus, dass es sich um Leistungen handle, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären. Ein Nothelferanspruch könne daher nur bestehen, wenn der Patient - hätte er sofort einen Antrag auf Gewährung von SGB XII-Leistungen gestellt - entsprechende Leistungen erhalten hätte. Die im Eilfall entstandenen Aufwendungen müssten mit der Leistung übereinstimmen, die der Sozialhilfeträger bei rechtzeitigem Einsetzen nach dem SGB XII gewährt hätte. Der Sozialhilfeträger müsse also im Rahmen seiner Erstattungspflicht auf keinen Fall mehr leisten, als er an Hilfe gewährt hätte, wenn er rechtzeitig hätte entscheiden können. Da der Beigeladene Ziffer 1 auch schon vor dem 3. Mai 2005 Leistungen nach dem SGB II bezogen hätte, wenn der entsprechende Antrag früher gestellt worden wäre, wäre der Sozialhilfeträger keinesfalls verpflichtet gewesen, Leistungen nach dem SGB XII zu erbringen. Dass § 25 SGB XII auf "Sozialhilfe" abstelle, spreche dafür, dass die Vorschrift im Bereich des SGB II keine Anwendung finde. Die Regelung stelle eine restriktiv auszulegende Ausnahmevorschrift dar, die einen besonderen Fall der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag erfasse. Dies setze voraus, dass der Nothelfer ein Geschäft des Sozialhilfeträgers führe, was nicht in Betracht komme, wenn keine SGB XII-Leistungen zu erbringen seien. Der Sozialhilfeträger sei auch im Rahmen des § 25 SGB XII kein "Ausfallbürge", der immer dann eingreife, wenn Behandlungskosten entstünden und diese beim Patienten zivilrechtlich nur schwer zu realisieren seien. Auch wenn man eine analoge Anwendung des § 25 SGB XII für möglich hielte, führe dies nicht zu einem Anspruch gegen den Sozialhilfeträger, in Betracht komme auch der SGB II-Leistungsträger. Dass es an einer entsprechenden Regelung und damit einer Anspruchsgrundlage im SGB II für Fälle der vorliegenden Art fehle, habe auch die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft erkannt und ihre Mitglieder am 5. April 2005 und 28. Februar 2006 hiervon unterrichtet. Allein die aus medizinischer Sicht bestehende Behandlungsbedürftigkeit des Beigeladenen Ziffer 1 biete noch keinen Anhaltspunkt dafür, dass er nicht erwerbsfähig im Sinne des § 8 SGB II gewesen sei. Eine solche Erwerbsfähigkeit bestehe nur dann nicht, wenn der Hilfebedürftige wegen Krankheit auf nicht absehbare Zeit außerstande sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, wobei eine zeitliche Grenze von sechs Monaten ausschlaggebend sei. Auch die Beklagte Ziffer 2 sei von einer Erwerbsfähigkeit des Beigeladenen Ziffer 1 ausgegangen, was sich aus der Bewilligung von Alg II ergebe. Darüber hinaus sei auch das Vorliegen eines Eilfalls im Sinne des § 25 SGB XII zweifelhaft. Das SG habe diesen Begriff unzulässig weit ausgedehnt. Ein Eilfall sei als plötzlich auftretende Notlage definiert, die beispielweise bei einer so akuten Erkrankung vorliege, die ein sofortiges ärztliches Eingreifen erforderlich mache. Die Verpflichtung aus § 25 SGB XII bestehe nur, wenn und so lange der Krankenhausaufenthalt zur Genesung oder zur Linderung der Krankheitsfolgen erforderlich und eine Unterrichtung des Sozialhilfeträgers über den Hilfefall nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Die Überprüfung der für die Kostensicherheit wesentlichen Umstände gehöre, soweit nach den Umständen möglich, auch bei Aufnahme von Notfallpatienten zu den Obliegenheiten eines ordnungsgemäßen Krankenhausbetriebes; das Irrtums- und Fehleinschätzungsrisiko werde insoweit dem Nothelfer nicht abgenommen. Der Kläger habe bereits am 20. April 2005 erfahren, dass ein Krankenversicherungsschutz nicht bestehe. Gleichwohl sei ein Antrag auf Alg II erst am 3. Mai 2005 gestellt worden, so dass auch der Krankenversicherungsschutz erst zu diesem Zeitpunkt habe beginnen können. Spätestens am 27. April 2005 sei auch die Entgiftung des Beigeladenen Ziffer 1 vollständig abgeschlossen gewesen.

Der Beklagte Ziffer 1 beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts M. vom 17. April 2007 (Az: S 9 SO 691/06) aufzuheben, soweit der Beklagte Ziffer 1 zur Zahlung verurteilt wurde, und die Klage auch insoweit abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend führt er aus, der Beigeladene Ziffer 1 sei zum Zeitpunkt seiner Einlieferung und während seines gesamten Aufenthalts beim Kläger nicht erwerbsfähig im Sinne des § 8 SGB II gewesen. Dies ergebe sich aus dem Zustand bei der Einlieferung, der Behandlungsdauer sowie der Art der Behandlung. Ein vorrangiger Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II habe daher im streitigen Zeitraum nicht bestanden. Ein Eilfall liege vor, weil das Psychiatrische Zentrum die Aufnahme des Beigeladenen Ziffer 1 nicht habe ablehnen können. Ein hilfebedürftiger Mensch, der zuletzt täglich zwei Flaschen Wodka und eine unbekannte Menge Bier getrunken habe, könne nicht einfach auf die Straße gesetzt werden. Aus straf-, sozial- und haftungsrechtlichen Gründen sei dem Psychiatrischen Zentrum eine Ablehnung der Behandlung verwehrt gewesen. Bei rechtzeitigem Einsetzen der Sozialhilfe wären diese Behandlungsleistungen zu Lasten des Sozialhilfeträgers erbracht worden. Der Kläger sei seinerseits nicht "Ausfallbürge" für die Behandlungskosten solcher Hilfebedürftiger, die aufgrund ihrer Erkrankung nicht in der Lage seien, rechtzeitig Anträge auf Leistungen nach dem SGB II zu stellen oder einen Vertreter entsprechend zu instruieren. Der Kläger sei weder selbst noch als Vertreter in der Lage, für den Hilfebedürftigen einen Krankenversicherungsschutz zu begründen. Ein solcher sei nur mittelbare Folge der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Damit sei aber kein Automatismus verbunden. Der Kläger sei gegenwärtig mit Fällen konfrontiert, bei denen die Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung für Hilfebedürftige - insbesondere wegen früherer Beitragsrückstände - auf Schwierigkeiten stoße oder gar verweigert werde; auch daher sei die Auffassung des SG zutreffend, dass die Möglichkeit der Herbeiführung eines Krankenversicherungsschutzes durch Inanspruchnahme von SGB II Leistungen kein "bereites Mittel" sei, das den Anspruch auf Krankenhilfe nach dem SGB XII in der konkreten Notsituation ausschließe.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten, die Klageakten des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist auch begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten Ziffer 1 keinen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen in Höhe von 2.851,60 EUR für den Klinikaufenthalt des Beigeladenen Ziffer 1 in der Zeit vom 18. April bis 2. Mai 2005. Ansprüche des Klägers gegen die Beigeladene Ziffer 2 und gegen die Beklagte Ziffer 2 sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens, nachdem das die hierauf gerichteten Klaganträge abweisende Urteil insoweit nicht angefochten worden war.

Die Berufung hat allerdings nicht bereits wegen Unzulässigkeit der gegen den Beklagten Ziffer 1 gerichteten Klage Erfolg. Nach dem in der mündlichen Verhandlung vor dem SG gestellten Antrag, wurde die Verurteilung des Beklagten Ziffer 1 nur "hilfeweise" beantragt. In der Sitzungsniederschrift wurde für den Kläger "zunächst" die Verurteilung der Krankenkasse beantragt, "hilfsweise" die der Beklagten Ziffer 2 und wiederum "hilfsweise" die des Beklagten Ziffer 1. Nach Auffassung des Senats ergibt die Auslegung dieser Anträge, dass ein Eventualverhältnis zwischen diesen Anträgen nicht begründet werden sollte. Die Verwendung der Formulierung "hilfsweise" insbesondere durch einen Rechtsanwalt lässt zwar in der Regel den Schluss auf ein Eventualverhältnis zu. Zu berücksichtigen sind aber auch die weiteren Umstände des Verfahrens. Der Kläger hatte die Ansprüche gegen den Beklagten Ziffer 1 und gegen die Beklagte Ziffer 2 zunächst durch zwei getrennte Klagen verfolgt, die unbedingt erhoben worden waren. Der Kläger hatte im Verfahren gegen den Beklagten Ziffer 1 die Beiladung der Beklagten Ziffer 2 beantragt. In der Klage gegen die Beklagte Ziffer 2 wies der Kläger darauf hin, dass im Verfahren gegen den Beklagten Ziffer 1 eine Beiladung der Beklagten Ziffer 2 erfolgen sollte. Dies zeigt, dass eine Bedingung in den jeweiligen Klageverfahren nicht eingeführt worden war. Erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem SG wurden die Anträge "hilfeweise" gestellt. Dabei wurde allerdings bereits der zuerst gestellte Antrag nicht ausdrücklich als Hauptantrag bezeichnet; vielmehr wurde "zunächst beantragt", die Krankenkasse zu verurteilen. Durch die Verbindung der Begriffe "zunächst" und "hilfsweise" hat der Kläger - unter Berücksichtung der unbedingten Klageerhebungen - lediglich zum Ausdruck gebracht, dass er die Entscheidung gegen die Beigeladene Ziffer 2 und die frühere Beklagte Ziffer 2 sinnvoll als vorrangig ansah (vgl. auch Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 28. Dezember 1988 - 2 AZR 294/88 - (juris)).

Selbst wenn man dieser Auslegung nicht folgte, läge im Ergebnis keine unzulässige Klage vor. Die eventuelle subjektive Klagehäufung ist zwar grundsätzlich unzulässig (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG § 56 Rn. 4; BAG NJW 1994, 1084). Die Annahme der Unzulässigkeit einer solchen Klagehäufung beruht auf der darin enthaltenen Bedingung. Die Klageerhebung in einem Prozessrechtsverhältnis wird abhängig gemacht von der Entscheidung in einem anderen, gegenüber diesem selbständigen. Es handelt sich also um eine außerprozessuale Bedingung, unter die Prozesshandlungen nicht gestellt werden dürfen. Im vorliegenden Verfahren hatte der Kläger die Klage gegen den Beklagten Ziffer 1 und die Beklagte Ziffer 2 getrennt voneinander und unbedingt erhoben sowie in der Klage gegen den Beklagten Ziffer 1 die Beiladung der Beklagten Ziffer 2 beantragt. Erst nach dem das SG die beiden Klageverfahren nach § 113 Abs. 1 SGG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hatte, wurden die bislang selbständigen Klaganträge in ein "hilfsweises" Verhältnis gestellt. Durch die Verbindung nach § 113 Abs. 1 SGG werden die Verfahren zwar nicht zu einer Klage zusammengefasst, die Klagen werden aber gemeinsam verhandelt und entschieden. Da eine einheitliche Entscheidung ergeht, liegt nur noch eine innerprozessuale - und damit zulässige - Bedingung vor. Es besteht im Ergebnis dieselbe Situation, die bei einer Beiladung nach § 75 Abs. 5 SGG entsteht. Hier kann der Hauptantrag gegen den Beklagten mit einer hilfsweisen Verurteilung eines anderen - alternativ zuständigen - Trägers verknüpft werden. Insoweit sieht das SGG also bereits eine zulässige eventuale subjektive Klagehäufung vor. Unter Berücksichtigung auch dieses Gesichtspunktes hatte das Bundessozialgericht ((BSG), BSGE 49, 143, 146) eine eventuale subjektive Klagehäufung im Einzelfall bereits für zulässig erachtet.

Das SG hat jedoch der gegen den Beklagten Ziffer 1 gerichteten Klage zu Unrecht stattgegeben, da die Voraussetzungen des § 25 SGB XII nicht erfüllt sind.

Hat jemand in einem Eilfall einem anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat (§ 25 Satz 1 SGB XII). Nach Satz 2 gilt dies nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird.

Der Senat kann offenlassen, ob und ggf. wie § 25 SGB XII Anwendung findet, wenn die in Notlage geratene Person dem Grunde nach anspruchsberechtigt nach dem SGB II ist. Denn die Krankenhausbehandlung des Beigeladenen Ziffer 1 ab dem 18. April 2005 im Psychiatrischen Zentrum erfüllt nicht die Voraussetzungen eines sozialhilferechtlichen Eilfalles im Sinne des § 25 SGB XII. Das Tatbestandsmerkmal eines "Eilfalles" ist im Gesetz nicht weiter definiert und daher nach dem Zweck der Regelung zu bestimmen. Sinn der Regelung ist es, die spontane Hilfsbereitschaft Dritter im Interesse in Not geratener Menschen zu erhalten und zu stärken (BT-Drucks. III/1799 S. 61 zur entsprechenden Vorgängervorschrift des § 121 Bundessozialhilfegesetz (BSGH)). Auf diese Weise soll Hilfe in Fällen sichergestellt werden, in denen Leistungen des Sozialhilfeträgers zu spät kämen oder wegen Zeitablaufs in Leere gingen. § 25 SGB XII erfasst somit eine spezielle sozialhilferechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag, in deren Rahmen der Nothelfer ein Geschäft des Sozialhilfeträgers führt, der bei rechtzeitiger Kenntnis die Hilfen zu erbringen hätte (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) NDV 1971, 141). Ist jedoch die Einschaltung des Sozialhilfeträgers objektiv möglich, entfällt die Rechtfertigung für eine solche Geschäftsführung ohne Auftrag; der Sozialhilfeträger wird in die Lage versetzt, die Hilfe selbst - ggf. durch den anderenfalls als Nothelfer handelnden Arzt - zu erbringen. Ein Eilfall im Sinne des § 25 SGB XII setzt daher voraus, dass nach den Umständen des Einzelfalles sofort geholfen werden muss und eine rechtzeitige Einschaltung des Sozialhilfeträgers objektiv nicht möglich ist. Dass heißt, die Notwendigkeit sofortiger Hilfe lässt in der Regel keine Zeit, den zuständigen Soziahilfeträger zu unterrichten und zunächst dessen Entschließung über die Gewährung der erforderlichen Hilfe als Sozialhilfe abzuwarten. Wie das BVerwG bereits zu § 121 BSGH entschieden hatte (BVerwGE 114, 298) reicht daher eine Notfallsituation im medizinischen Sinne nicht aus, um das Vorliegen eines sozialhilferechtlichen Eilfalles anzunehmen. Nötig ist vielmehr weiter, dass nach Lage der Dinge eine rechtzeitige Hilfe des Sozialhilfeträgers objektiv nicht zu erlangen gewesen wäre. Die Überprüfung der für die Kostenfreiheit wesentlichen Umstände gehört dabei, soweit nach den Umständen möglich und zumutbar, auch bei der Aufnahme von Notfallpatienten zu den Obliegenheiten eines ordnungsgemäßen Krankenhausbetriebes; das Irrtums- und Fehleinschätzungsrisiko insoweit wird dem Nothelfer durch § 25 SGB XII nicht abgenommen. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des BVerwG auch für die Regelung des § 25 SGB XII an. Zwar weicht dieser im Wortlaut leicht von der Vorgängerregelung des § 121 BSGH ab; dies gilt jedoch gerade nicht für das Tatbestandsmerkmal Eilfall. Nach der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf des SGB XII (BT-Drucksache 15/1514 S. 58) sollte die Regelung inhaltsgleich den bisherigen § 121 BSGH übertragen. Eine Änderung in der Systematik des Nothelferanspruches im Rahmen der Sozialhilfe war daher nicht vorgesehen. Ein Eilfall ist somit ausgeschlossen, wenn es dem Nothelfer oder dem in Notlage befindlichen möglich ist, den Sozialhilfeträger von der Notlage zu unterrichten, so dass dieser selbst rechtzeitig helfen oder jedenfalls eine Hilfemöglichkeit prüfen kann. Dies folgt auch aus dem weiteren Inhalt der Vorschriften, dass eine Erstattung nur von Leistungen vorgesehen ist, die bei rechtzeitigem Einsetzen nicht zu erbringen gewesen wären. Darüber hinaus wird es dem Sozialhilfeträger auf diese Weise ermöglicht, den Hilfefall ständig unter Kontrolle zu halten. Bei stationärer Krankenbehandlung liegt daher nur so lange ein Eilfall vor, wie es der hilfebedürftigen Person oder dem Krankenhausträger nicht möglich oder zumutbar ist, den zuständigen Sozialhilfeträger über den Hilfefall zu unterrichten (Schoenfeld in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl., § 25 Rdnr. 7, wonach bei Einlieferung am Wochenende der Eilfall in der Regel mit dem nächsten Werktag endet, an dem die Unterrichtung des Sozialhilfeträgers durch den Hilfebedürftigen oder den Krankenhausträger möglich ist; s.a. Schoch in LPK-SGB XII, 7. Aufl., § 25 Rdnr. 9).

Zur Annahme eines sozialhilferechtlichen Eilfalls genügt es daher nicht, dass die Ärzte des Psychiatrischen Zentrums des Klägers am 18. April 2005 von der medizinischen Notwendigkeit ausgegangen sind, den Beigeladenen Ziffer 1 stationär aufzunehmen und zu behandeln. Im vorliegenden Fall fehlt es an der weiteren Voraussetzung der objektiven Unmöglichkeit, den Sozialhilfeträger einzuschalten. Die Aufnahme erfolgte an einem Montag um 12.30 Uhr, also zu Zeiten der Dienstbereitschaft des Sozialamtes. Die Einschaltung des Sozialhilfeträgers unterblieb nicht wegen objektiver Unmöglichkeit, sondern aufgrund einer subjektiven Einschätzung, dass eine solche Einschaltung nicht nötig sei, da Krankenversicherungsschutz bestehe. Damit liegt ein Irrtum bzw. eine Fehleinschätzung über den Status des Beigeladenen Ziffer 1 als gesetzlich Krankenversicherter vor; d.h., der Kläger ging davon aus, dass die Kosten der einzuleitenden Behandlung von der Krankenkasse übernommen würden. Dieser Irrtum unterscheidet sich nicht von einem Irrtum über die Bonität des zu Behandelnden (zu dessen Unbeachtlichkeit BVerwGE 114, 298). Er verhindert subjektiv, nicht objektiv die Einschaltung des Sozialhilfeträgers. Die Überprüfung der für die Kostensicherheit wesentlichen Umstände war dem Psychiatrischen Zentrum am Aufnahmetag objektiv möglich und zumutbar. Die medizinische Situation des Beigeladenen Ziffer 1 hat diese Prüfung nicht verhindert. Vielmehr ist sie nach dem Ergebnis des vorgelegten Grundblattes der Verwaltung tatsächlich - allerdings mit falschem Ergebnis - erfolgt. Der Kläger war noch in der Lage, den Beigeladenen Ziffer 1 nach seinem Versicherungsstatus zu befragen; bei Aufnahme im Psychiatrischen Zentrum war der Beigeladene Ziffer 1 bereits entgiftet; die Blutalkoholkonzentration lag bei 0,00 Promille; der Beigeladene Ziffer 1 war in allen Dimensionen orientiert. Die Abklärung der für die Kostensicherheit wesentlichen Umstände scheiterte somit nicht an dem Gesundheitszustand des Beigeladenen Ziffer 1. Vielmehr hatte sich der Kläger auf die Angaben des Beigeladenen Ziffer 1 verlassen, ohne diese weiter zu prüfen. Die Prüfung der Kostenträgerschaft war somit nicht unmöglich, sondern ist tatsächlich - allerdings mit falschem Ergebnis - erfolgt. Dafür spricht auch, dass der Kläger selbst vorgetragen hat, dass noch am Aufnahmetag eine Datenübertragung nach § 301 SGB V an die vermeidlich zuständige Krankenkasse vorgenommen worden sei. Dass die tatsächliche Situation bei Aufnahme auch in organisatorischer Hinsicht eine Prüfung unmöglich gemacht hätte, hat auch der Kläger nicht konkret dargelegt. Der Kläger war daher nicht objektiv gehindert, bereits am Aufnahmetag den Sozialhilfeträger einzuschalten.

Eine andere Auslegung des § 25 SGB XII ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers und des SG auch nicht daraus, dass der Kläger bzw. Ärzte in medizinischen Notfällen zur Hilfe verpflichtet sind, wie sich auch aus § 323 c StGB ergibt. Dem Kläger ist zuzugestehen, dass seine zivilrechtlichen Ansprüche gegen schwer suchtkranke, obdach- und mittellose Patienten kaum durchzusetzen sind. Ein enteignungsgleicher Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb im Sinne des Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz liegt nicht vor. Entsprechend hat dies der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden für die Konstellation, dass die Hilfebedürftigkeit des Patienten wegen fehlender Einsicht in dessen Vermögensverhältnisse nicht festzustellen war und der Krankenhausträger deshalb auf seinen Kosten sitzen blieb (BGH, VersR 2005, 798). Insoweit bleibt dem Kläger nur, den Sozialhilfeträger rechtzeitig über den Hilfefall zu informieren und auf seine Patienten hinsichtlich der Durchsetzung von Sozialhilfeansprüchen einzuwirken. Denkbar ist insoweit auch, die Patienten Einverständniserklärungen unterschreiben zu lassen, dass die Auszahlung eventueller Sozialhilfeansprüche für die Zeit der stationären Behandlung durch Direktauszahlung an den Kläger befriedigt werden (vgl. Urteil des Senats vom 22. November 2007 - L 7 SO 5195/06 - (juris)).

Da der Kläger somit keinen Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten in der streitigen Zeit hat, kann auch der davon abhängige Zinsanspruch nicht bestehen.

Das angefochtene Urteil war nach alledem aufzuheben, soweit der Beklagte Ziffer 1 verurteilt worden war, und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 und 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Senat kann insoweit auch die Kostenentscheidung zu Ungunsten des Klägers ändern, denn das Verbot der reformatio in peius gilt hier nicht (vgl. BSGE 62, 131, 136). Vorliegend handelt es sich um ein kostenpflichtiges Verfahren nach § 197 a SGG, denn weder der Kläger noch der Beklagte gehören zu den im § 183 Satz 1 SGG genannten Personenkreis, für den das Verfahren vor den Sozialgerichten kostenfrei ist. Dort sind enumerativ aufgezählt Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), soweit sie in dieser Eigenschaft als Kläger oder Beklagter beteiligt sind. Der Kläger ist insbesondere nicht als Leistungsempfänger beteiligt, vielmehr macht er einen Anspruch auf Erstattungen von Aufwendungen geltend. Es handelt sich insoweit um einen Sozialhilfeanspruch eigener Art, auf den gerade ein anderer als der Leistungsberechtigte Anspruch hat (vgl. Schoch in LPK - SGB XII, a.a.O., § 25 Rdnr. 3). Eine Bereichsausnahme wie in § 188 Satz 2 VwGO für sämtliche Angelegenheiten der Sozialhilfe sieht § 183 SGG nicht vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 197 a Abs. 3 SGG. Diese Regelung soll lediglich klarstellen, dass die Träger der Sozialhilfe grundsätzlich weiter gemäß § 64 Abs. 3 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) von Gerichtskosten freigestellt sind, dies aber ausnahmsweise nicht in Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern gilt (Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O. § 197 a Rdnr 2 a). Keineswegs ist der Umkehrschluss gerechtfertigt, dass Verfahren, in denen Sozialhilfeträger als Kläger oder Beklagte beteiligt sind, und die in nicht Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Sozialhilfeträgern zum Gegenstand haben, gerichtskostenfreie Verfahren sind, für die die Kostenentscheidung nach § 193 SGG und nicht nach § 197 a SGG zu erfolgen hat (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.01.2007 - L 20 B 137/06 SO - (juris) m.w.N.; Senatsurteil vom 18.10.2007 - L 7 SO 2737/06).

Billigkeitsgründe, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die keine Sachanträge gestellt haben, dem Kläger oder der Staatskasse aufzuerlegen (§ 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO), liegen nicht vor.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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