Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 923/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4984/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.09.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1982 geborene Kläger hat im Juli 2002 eine Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker erfolgreich abgeschlossen. Anschließend war er von August 2002 bis November 2004 in diesem Beruf tätig. Seitdem ist der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Am 21.05.2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Hierbei machte er geltend, er sei seit einem Verkehrsunfall im Mai 1999 (mit Verletzung des rechten Kniegelenks) erwerbsgemindert. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.08.2006 und Widerspruchsbescheid vom 19.01.2007 ab. Grundlage hierfür waren ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 02.02.2005 (Chondromalazie des medialen Femurcondylus am rechten Kniegelenk und angedeutete dorsolaterale, maximal erstgradige Instabilität des rechten Kniegelenks; weiterhin arbeitsunfähig, weil Heben und Tragen von Lasten über 15 kg sowie Tätigkeiten in der Hocke oder im Knien nicht zumutbar seien), ein Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. St. vom 04.04.2005 (Chondromalazie mediales Kniegelenk rechts mit eingeschränkter Belastbarkeit bei posttraumatischem Knorpelschaden), ein Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. Sch. nach Aktenlage (Belastbarkeitseinschränkung des rechten Kniegelenks bei Knorpelschaden am medialen Femurcondylus und verzögerter Anspannung des Kreuzbandapparates; Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne langes Knien/Hocken und häufiges Tragen über 15 kg), ein Operationsbericht von Prof. R. von Oktober 2006 (arthroskopische Absaugung chondraler Flakes im rechten Knie) und eine ergänzende ärztliche Stellungnahme von Dr. Sch. (Belastungseinschränkung des rechten Kniegelenks bei viertgradigem Knorpelschaden am medialen Femurcondylus, Zustand nach Teilruptur des hinteren Kreuzbandes ohne nachweisbare Instabilität; Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich für mittelschwere Arbeiten überwiegend stehend/gehend bzw. ständig sitzend mit dem Ausschluss von langem Knien/Hocken, häufigem Klettern/Steigen sowie häufigem Tragen von Lasten über 15 kg; keine Einschränkung der Wegefähigkeit).
Der Kläger hat am 23.02.2007 zum Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, das Gutachten von Dr. Sch. sei ohne persönliche Untersuchung erstellt worden, im rechten Kniegelenk komme es zu ständigen abakteriellen Entzündungen und Schwellungen, außerdem sei die Gehfähigkeit eingeschränkt. Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte Dr. G. und Sch. schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. hat angegeben, es bestehe ein Zustand nach hinterer Kreuzbandruptur rechts mit Distorsion des vorderen Kreuzbandes mit Knorpelabsplitterung, eine Schwellung und Überwärmung des rechten Knie sowie ein diffuser Druckschmerz und eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Kniegelenks in alle Richtungen. Die behandelnde Fachärztin für Orthopädie Sch. hat ein rechts hinkendes Gangbild mit Druckschmerz beschrieben, eindeutige Meniskuszeichen bestünden nicht, der Bandapparat sei stabil, nach drei Kilometer Gehstrecke träten Schmerzen und Schwellungen am rechten Knie auf.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.09.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI seien nicht erfüllt; der Kläger könne eine leichte körperliche Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr als sechs Stunden täglich ausüben, die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.
Gegen den am 18.09.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.10.2007 Berufung eingelegt. Er macht geltend, das Gutachten des Dr. Sch. sei fehlerhaft, er habe wegen der Unfallfolgen am rechten Kniegelenk einen Rentenanspruch gegen die Beklagte, insbesondere könne er nicht mehr in seinem Beruf arbeiten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.09.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2007 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne der oben genannten Vorschriften. Der Kläger leidet ausschließlich - dies hat der Gutachter Dr. Sch. unter Berücksichtigung des MDK-Gutachtens vom 02.02.2005, des Befundberichts von Dr. St. und des Operationsberichts von Prof. R. schlüssig dargelegt - unter einer Belastungseinschränkung des rechten Kniegelenks bei viertgradigem Knorpelschaden am medialen Femurcondylus und einem Zustand nach Teilruptur des hinteren Kreuzbandes ohne nachweisbare Instabilität. Weitere Gesundheitsstörungen haben auch die im sozialgerichtlichen Verfahren schriftlich gehörten sachverständigen Zeugen Dr. G. und Sch. nicht angegeben. Infolge der Schädigung des rechten Kniegelenks ergibt sich - so nachvollziehbar Dr. Sch. - eine Belastbarkeitsminderung desselben und daraus resultierend qualitative Einschränkungen hinsichtlich Arbeiten im Knien und Hocken, mit häufigem Klettern oder Steigen, ausschließlichem Gehen und Stehen und häufigem Tragen von Lasten über 15 kg. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen kann der Kläger jedoch weiterhin leichte und auch mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Er ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Weitere Einschränkungen ergeben sich auch nicht aus den sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte Dr. G. und Schmidt. Dr. G. hat eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit des Kniegelenks in alle Richtungen angegeben, die Fachärztin für Orthopädie Sch. hat ein rechts hinkendes Gangbild und einen Druckschmerz im Kniegelenksbereich bei stabilem Bandapparat sowie Schmerzen und eine Schwellung des Kniegelenks nach drei Kilometern Gehstrecke beschrieben. Diesen Beschwerden wird durch die von Dr. Sch. angegebenen qualitativen Einschränkungen hinreichend Rechnung getragen. Eine weitere Sachaufklärung, insbesondere die Einholung eines Gutachtens hält der Senat angesichts der Beschränkung der gesundheitlichen Beschwerden auf das rechte Kniegelenk einerseits und der hierzu vorliegenden klaren Angaben der behandelnden Ärzte über die Beschwerden und den Funktionszustand andererseits nicht für erforderlich.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist.
Allerdings kann nur das Leistungspotenzial, das auf dem Arbeitsmarkt konkret einsetzbar ist, als Maßstab für die Fähigkeit eines Versicherten, Einkommen zu erzielen, herangezogen werden. Folglich gehört nach der Rechtsprechung des BSG zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N.). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Risikos, das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung.
Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach dem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten (insbes. die zumutbare Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeugs) zu berücksichtigen.
Eine so wesentliche Belastbarkeitseinschränkung des rechten Kniegelenkes, dass der Kläger Wege von mehr als 500 m in weniger als 20 Minuten nicht mehr zurücklegen könnte, liegt nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Dr. Sch. nicht vor. Eine derartige Einschränkung ergibt sich auch nicht aus der sachverständigen Zeugenaussage der behandelnden Fachärztin für Orthopädie Schmidt; diese beschreibt vielmehr Schmerzen und Schwellungen am Kniegelenk erst nach einer Gehstrecke von drei Kilometern.
Auf die Frage, ob der Kläger seinen erlernten Beruf und die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kraftfahrzeugmechaniker weiterhin ausüben kann, kommt es bei dem geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI nicht an, da hierfür sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes heranzuziehen sind.
Allerdings haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie berufsunfähig sind, also ihren Beruf und einen zumutbaren anderen Beruf nicht mehr ausüben können. Weitere Voraussetzung ist aber - unter anderem -, dass der Versicherte vor dem 02.01.1961 geboren ist. Der Kläger ist jedoch nach diesem Tag, nämlich am 22.01.1982 geboren, sodass schon aus diesem Grund eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 SGB VI ausscheidet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1982 geborene Kläger hat im Juli 2002 eine Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker erfolgreich abgeschlossen. Anschließend war er von August 2002 bis November 2004 in diesem Beruf tätig. Seitdem ist der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Am 21.05.2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Hierbei machte er geltend, er sei seit einem Verkehrsunfall im Mai 1999 (mit Verletzung des rechten Kniegelenks) erwerbsgemindert. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.08.2006 und Widerspruchsbescheid vom 19.01.2007 ab. Grundlage hierfür waren ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 02.02.2005 (Chondromalazie des medialen Femurcondylus am rechten Kniegelenk und angedeutete dorsolaterale, maximal erstgradige Instabilität des rechten Kniegelenks; weiterhin arbeitsunfähig, weil Heben und Tragen von Lasten über 15 kg sowie Tätigkeiten in der Hocke oder im Knien nicht zumutbar seien), ein Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. St. vom 04.04.2005 (Chondromalazie mediales Kniegelenk rechts mit eingeschränkter Belastbarkeit bei posttraumatischem Knorpelschaden), ein Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. Sch. nach Aktenlage (Belastbarkeitseinschränkung des rechten Kniegelenks bei Knorpelschaden am medialen Femurcondylus und verzögerter Anspannung des Kreuzbandapparates; Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne langes Knien/Hocken und häufiges Tragen über 15 kg), ein Operationsbericht von Prof. R. von Oktober 2006 (arthroskopische Absaugung chondraler Flakes im rechten Knie) und eine ergänzende ärztliche Stellungnahme von Dr. Sch. (Belastungseinschränkung des rechten Kniegelenks bei viertgradigem Knorpelschaden am medialen Femurcondylus, Zustand nach Teilruptur des hinteren Kreuzbandes ohne nachweisbare Instabilität; Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich für mittelschwere Arbeiten überwiegend stehend/gehend bzw. ständig sitzend mit dem Ausschluss von langem Knien/Hocken, häufigem Klettern/Steigen sowie häufigem Tragen von Lasten über 15 kg; keine Einschränkung der Wegefähigkeit).
Der Kläger hat am 23.02.2007 zum Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, das Gutachten von Dr. Sch. sei ohne persönliche Untersuchung erstellt worden, im rechten Kniegelenk komme es zu ständigen abakteriellen Entzündungen und Schwellungen, außerdem sei die Gehfähigkeit eingeschränkt. Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte Dr. G. und Sch. schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. hat angegeben, es bestehe ein Zustand nach hinterer Kreuzbandruptur rechts mit Distorsion des vorderen Kreuzbandes mit Knorpelabsplitterung, eine Schwellung und Überwärmung des rechten Knie sowie ein diffuser Druckschmerz und eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Kniegelenks in alle Richtungen. Die behandelnde Fachärztin für Orthopädie Sch. hat ein rechts hinkendes Gangbild mit Druckschmerz beschrieben, eindeutige Meniskuszeichen bestünden nicht, der Bandapparat sei stabil, nach drei Kilometer Gehstrecke träten Schmerzen und Schwellungen am rechten Knie auf.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.09.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI seien nicht erfüllt; der Kläger könne eine leichte körperliche Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr als sechs Stunden täglich ausüben, die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.
Gegen den am 18.09.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.10.2007 Berufung eingelegt. Er macht geltend, das Gutachten des Dr. Sch. sei fehlerhaft, er habe wegen der Unfallfolgen am rechten Kniegelenk einen Rentenanspruch gegen die Beklagte, insbesondere könne er nicht mehr in seinem Beruf arbeiten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.09.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2007 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne der oben genannten Vorschriften. Der Kläger leidet ausschließlich - dies hat der Gutachter Dr. Sch. unter Berücksichtigung des MDK-Gutachtens vom 02.02.2005, des Befundberichts von Dr. St. und des Operationsberichts von Prof. R. schlüssig dargelegt - unter einer Belastungseinschränkung des rechten Kniegelenks bei viertgradigem Knorpelschaden am medialen Femurcondylus und einem Zustand nach Teilruptur des hinteren Kreuzbandes ohne nachweisbare Instabilität. Weitere Gesundheitsstörungen haben auch die im sozialgerichtlichen Verfahren schriftlich gehörten sachverständigen Zeugen Dr. G. und Sch. nicht angegeben. Infolge der Schädigung des rechten Kniegelenks ergibt sich - so nachvollziehbar Dr. Sch. - eine Belastbarkeitsminderung desselben und daraus resultierend qualitative Einschränkungen hinsichtlich Arbeiten im Knien und Hocken, mit häufigem Klettern oder Steigen, ausschließlichem Gehen und Stehen und häufigem Tragen von Lasten über 15 kg. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen kann der Kläger jedoch weiterhin leichte und auch mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Er ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Weitere Einschränkungen ergeben sich auch nicht aus den sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte Dr. G. und Schmidt. Dr. G. hat eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit des Kniegelenks in alle Richtungen angegeben, die Fachärztin für Orthopädie Sch. hat ein rechts hinkendes Gangbild und einen Druckschmerz im Kniegelenksbereich bei stabilem Bandapparat sowie Schmerzen und eine Schwellung des Kniegelenks nach drei Kilometern Gehstrecke beschrieben. Diesen Beschwerden wird durch die von Dr. Sch. angegebenen qualitativen Einschränkungen hinreichend Rechnung getragen. Eine weitere Sachaufklärung, insbesondere die Einholung eines Gutachtens hält der Senat angesichts der Beschränkung der gesundheitlichen Beschwerden auf das rechte Kniegelenk einerseits und der hierzu vorliegenden klaren Angaben der behandelnden Ärzte über die Beschwerden und den Funktionszustand andererseits nicht für erforderlich.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist.
Allerdings kann nur das Leistungspotenzial, das auf dem Arbeitsmarkt konkret einsetzbar ist, als Maßstab für die Fähigkeit eines Versicherten, Einkommen zu erzielen, herangezogen werden. Folglich gehört nach der Rechtsprechung des BSG zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N.). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Risikos, das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung.
Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach dem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten (insbes. die zumutbare Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeugs) zu berücksichtigen.
Eine so wesentliche Belastbarkeitseinschränkung des rechten Kniegelenkes, dass der Kläger Wege von mehr als 500 m in weniger als 20 Minuten nicht mehr zurücklegen könnte, liegt nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Dr. Sch. nicht vor. Eine derartige Einschränkung ergibt sich auch nicht aus der sachverständigen Zeugenaussage der behandelnden Fachärztin für Orthopädie Schmidt; diese beschreibt vielmehr Schmerzen und Schwellungen am Kniegelenk erst nach einer Gehstrecke von drei Kilometern.
Auf die Frage, ob der Kläger seinen erlernten Beruf und die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kraftfahrzeugmechaniker weiterhin ausüben kann, kommt es bei dem geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI nicht an, da hierfür sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes heranzuziehen sind.
Allerdings haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie berufsunfähig sind, also ihren Beruf und einen zumutbaren anderen Beruf nicht mehr ausüben können. Weitere Voraussetzung ist aber - unter anderem -, dass der Versicherte vor dem 02.01.1961 geboren ist. Der Kläger ist jedoch nach diesem Tag, nämlich am 22.01.1982 geboren, sodass schon aus diesem Grund eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 SGB VI ausscheidet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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