L 28 B 244/08 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 26 AS 93/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 244/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 10. Oktober 2007 wird aufgehoben. Der Klägerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Potsdam Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt W K, Hstr., N, beigeordnet. Beträge aus dem Vermögen oder Raten sind nicht zu zahlen. Kosten dieses Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 SGG), der das Sozialgericht Potsdam nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist begründet. Der Klägerin ist für das Verfahren vor dem Sozialgericht Potsdam nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten zu gewähren.

Die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist nach den genannten Vorschriften davon abhängig, dass die von der bedürftigen Klägerin beabsichtigte Rechtswahrnehmung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Die Klägerin hat am 11. Januar 2007 bei dem Sozialgericht Potsdam Untätigkeitsklage mit dem Ziel erhoben, den Beklagten zu verurteilen, über ihren Antrag auf Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) "vom 7. Dezember 2006 per sofort zu entscheiden". Im vorliegenden Fall ist es ohne Bedeutung, ob dieser Fortzahlungsantrag am 7. Dezember 2006 oder, wie es der Eingangsstempel auf dem Antragsformular belegt, nicht bereits am 30. November 2006 gestellt worden ist. Denn der Beklagte hat jedenfalls mit Bescheid vom 15. Januar 2007 die Gewährung von Leistungen ab dem 1. Januar 2007 versagt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Klägerin "die fehlenden Unterlagen/Nachweise für ihren Lebenspartner (Zusatzblatt 5) trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vorgelegt" habe. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 19. Februar 2007 Widerspruch erhoben. Diesem Widerspruch hat der Beklagte abgeholfen und der Klägerin mit Bescheid vom 22. August 2007 für den Bewilligungszeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 30 Juni 2007 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II in Höhe von 529,14 Euro monatlich gewährt.

Vor diesem Hintergrund waren die Prozessvoraussetzungen für eine Untätigkeitsklage nach § 88 SGG spätestes Ende Mai 2007 gegeben. Hiernach ist eine Klage, sofern ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig (Abs. 1 Satz 1). Nach § 88 Abs. 2 SGG gilt das gleiche, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

Im vorliegenden Fall sah sich der Beklagte an einer abschließenden Entscheidung über den Fortzahlungsantrag der Klägerin gehindert, weil die Klägerin seines Erachtens ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist. In einem solchen Fall kann der Leistungsträger einer Untätigkeitsklage nach § 88 SGG nur dadurch die Grundlage entziehen, dass er sich die für eine Bescheiderteilung erforderlichen Angaben auf andere Weise beschafft oder unter Beachtung der Voraussetzungen des § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) einen Versagungsbescheid erlässt (Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 26. August 1994 - 13 RJ 17/94 -, BSGE 75, 56). Mit Erlass des Versagungsbescheides vom 15. Januar 2007 hat der Beklagte genau diesen Weg beschritten. Insoweit ist es aber nicht richtig, wenn der Beklagte in dem Klageerwiderungsschriftsatz vom 22. Februar 2007 vorträgt, sie habe mit diesem Bescheid über den Fortzahlungsantrag entschieden. Mit dem Bescheid vom 15. Januar 2007 hat der Beklagte lediglich die Leistung wegen fehlender Mitwirkung (bis zur Nachholung der Mitwirkung) gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I versagt. Zur Rechtmäßigkeit dieses Versagungsbescheides hat der Senat bereits im Übrigen in seinem Beschluss vom 5. April 2007 - L 28 B 295/07 AS ER - Stellung genommen.

Jedenfalls war nach Erlass dieses Versagungsbescheides das Begehren der Klägerin bei sachdienlicher Auslegung ihres Rechtsschutzziels darauf gerichtet, nunmehr eine Entscheidung des Beklagten über ihren Widerspruch gegen den Versagungsbescheid vom 15. Januar 2007 herbeizuführen. Die so verstandene Untätigkeitsklage war zwar unmittelbar nach Erhebung des Widerspruchs gegen den Versagungsbescheid vom 15. Januar 2007 noch unzulässig, weil die Wartefrist des § 88 Abs. 2 SGG von drei Monaten noch nicht abgelaufen war, es reicht aber aus, dass die Wartefrist im Laufe des Gerichtsverfahrens verstreicht (BSG, a. a. O.).

Ein solcher Fall ist hier gegeben. Nach Erhebung des Widerspruchs mit Schriftsatz vom 19. Februar 2007 war die Wartezeit von drei Monaten nach § 88 Abs. 2 SGG spätestens Ende Mai 2007 verstrichen, ohne dass der Beklagte über diesen Widerspruch entschieden hat. Der Untätigkeitsklage war mithin von diesem Zeitpunkt an zulässig und eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht abzusprechen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 a SGG in Verbindung mit §§ 118 Abs. 1 Satz 4, 127 Abs. 4 der Zivilprozessordnung.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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