L 1 SF 35/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 SF 35/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Gesuch des Antragstellers die Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen wird zurückgewiesen.

Gründe:

Gemäß § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei objektiver und vernünftiger Betrachtung davon ausgehen darf, dass der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Die nur subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, ist dagegen nicht Maßstab der Prüfung. Dies zugrunde gelegt hat der Antragsteller hier keinen Grund glaubhaft gemacht, der Anlass bieten könnte, an der Unparteilichkeit der Richterin zu zweifeln.

Der Antragsteller wendet sich im Wesentlichen gegen das Hinweisschreiben der Richterin vom 17. Januar 08 mit dem die Richterin ihm mitgeteilt hat, dass seine Klage keine Erfolgsaussichten haben dürfte, weil der Kläger mit Schreiben vom 10. Dezember 2007 erklärt habe, er erkläre den Rechtsstreit insgesamt für erledigt. In diesem Zusammenhang bemängelt der Antragsteller auch, dass die Richterin ein neues Aktenzeichen habe vergeben lassen und die Ausdrücke "könnte und dürfte" verwandt habe, was auf die eigene Unsicherheit der Richterin schließen lasse. Diese Einwendungen lassen bei objektiver Betrachtung nicht die Besorgnis der Befangenheit der Richterin aufkommen.

Für richterliche Hinweise gilt, dass Meinungsäußerungen eines Richters nicht gegen dessen Unvoreingenommenheit und Objektivität sprechen. Solche Hinweise eines Richters liegen im Allgemeinen im wohlverstandenen Interesse der Beteiligten. Diesen ist gewöhnlich daran gelegen, die Einstellung des Richters zu den für den Prozessausgang maßgeblichen rechtlichen Problemen zu erfahren. Auf diese Weise erhalten sie Gelegenheit, ihre eigene, von der des Richters abweichende Ansicht näher zu erläutern und dabei zusätzliche entscheidungserhebliche Gesichtspunkte stärker hervorzuheben. Eine verständige Partei wird diesem Verfahren den Vorzug geben vor einer eher passiven richterlichen Prozessleitung, welche die Beteiligten auf sich allein gestellt lässt. Eine Besorgnis der Befangenheit kann sich allenfalls aus der Art und Weise ergeben, wie ein Richter seine Meinung vorträgt. Ein Grund kann bestehen, wenn der Richter in ungewöhnlicher, nach der Prozesslage nicht verständlicher Weise subjektive Gewissheit erkennen lässt, so dass die Beteiligten Anlass haben können zu befürchten, er sei ihren Argumenten gegenüber nicht mehr aufgeschlossen und habe sich seine Auffassung schon abschließend gebildet. Ein solcher Sachverhalt liegt nicht vor. Im Gegenteil hat die Richterin gerade durch die von dem Kläger gerügte Wortwahl " könnte" bzw. "dürfte" zu erkennen gegeben, dass es sich um eine vorläufige Einschätzung der Rechtslage handelt und dass sie den Argumenten des Antragstellers gegenüber aufgeschlossen bleiben will. Auch die Vergabe eines neuen Aktenzeichens für das Schreiben der Richterin vom 17. Januar 08 war der Sache nach gerechtfertigt und begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit. Die Erklärung des Antragstellers vom 10. Dezember 2007, die zweifelsohne im Widerspruch zu seinem letzten Schreiben an das Gericht vom 09. November 2007 steht, war aus sich heraus eindeutig und konnte als Sinneswandel des Klägers interpretiert werden. Aus dieser Sicht war die Erledigung des ursprünglichen Verfahrens sachlich geboten. Der Schriftsatz des Antragstellers vom 15. Dezember 07 konnte nur als Wiederaufnahmeantrag gewertet werden, der nach der derzeitigen Praxis des Sozialgerichts ein neues Aktenzeichen mit dem aktuellen Jahrgang erhalten muss. Die Tatsache der Wiederaufnahme ist auf dem Aktendeckel durch die Buchstaben: "WA" vermerkt und erkenntlich. Ob die Erklärung des Antragstellers vom 10. Dezember 2007 zurückgenommen, widerrufen oder angefochten werden kann, ist nicht im Rahmen eines Befangenheitsgesuchs zu erörtern. Hierüber muss im Klagewege sowie ggf. im Rahmen einer Berufung entschieden werden. Die Tatsache, dass die Richterin hierzu bereits eine vorläufige Meinung unter Bezugnahme auf Rechtsprechungsbeispiele geäußert hat, kann nicht als Anlass zur Besorgnis der Befangenheit gewertet werden. Selbst wenn diese Meinung falsch sein sollte, wäre dies ggf. nach erfolgter Entscheidung mit dem Rechtsmittel zu rügen (BayObLG MDR 1988, 1063; OLG Köln NJW-RR 1988, 694; OLG Schleswig OLGR 2002, 327; OLG Braunschweig OLGR 1995, 155; OLG Bamberg OLGR 1998, 289; KGR 1998, 33; OLG Brandenburg OLGR 1998, 465; OLG München OLGR 1995, 107; OLG Köln OLGR 1998, 36; 281).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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