S 16 U 123/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 123/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 50/08
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist zwischen den Beteiligten die Bewilligung von Hinterbliebenenleistungen. Die Klägerin ist die Witwe des am 00.00.1952 geborenen und am 14.05.1983 an den Folgen einer Krebserkrankung (Chorion-karzinom des linken Hodens) verstorbenen F (Versicherter). Nach den Angaben der Klägerin hatte der Versicherte in der Zeit von 1974 bis 1977 im Bereich der Stadt I als Flugzeugführer eines Agrarflugzeuges Düngemittel und Schädlingsbekämpfungsmittel zu versprühen. Nach den Feststellungen des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten hatte der Versicherte dabei Kontakt zu giftigen, gesundheitsschädlichen, die Atemwege reizenden Noxen. Die Bewilligung von Leistungen wegen einer Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.09.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.1998 ab. In dem anschließenden Klageverfahren, das beim Sozialgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen S 3 (18) U 123/98 geführt wurde, holte das Gericht ein Zusammenhangsgutachten von dem Diplom-Chemiker Q ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, ein Zusammenhang zwischen der Exposition des Versicherten gegenüber Pflanzenschutzmitteln und der zum Tode führende Erkrankung sei auszuschließen, da es sich bei einem Chorion-Karzinom um eine Fehlanlage von Keimzellen handele, die in der embryonalen Entwicklungsphase begründet sei und eine exogene Ursache für solche Karzinome nicht bekannt sei. Auf dieser Grundlage wies das Sozialgericht Düsseldorf die Klage durch Urteil vom 11.12.2001 ab. Die Berufung nahm die Klägerin am 26.03.2003 zurück, nachdem der Sachverständige X die Zusammenhangsbeurteilung von Q bestätigt hatte. Ihren Neufeststellungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.06.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2003 ab. Nach erfolglosem Klageverfahren beim Sozialgericht Düsseldorf (S 3 (6) U 200/03) wies das Landessozialgericht die Berufung der Klägerin durch Beschluss vom 13.04.2006 zurück. Mit Schreiben vom 25.06.2006 ersuchte die Klägerin die Beklagte ihr Leistungen wegen einer Berufskrankheit des Versicherten nach Nr. 4105 der Anlage zur BKV zu gewähren. Die Beklagte schaltete daraufhin ihren Technischen Aufsichtsdienst ein, der unter dem 30.08.2006 bezüglich einer etwaigen Asbestexposition des Versicherten äußerte, dieser sei im Beschäftigungszeitraum von 1974 bis 1983 ein Luftfahrzeug Z-37 geflogen. An diesem, wie an den anderen Typen seien an zwei Stellen Asbestmaterialien verwendet worden. Zum einen sei vom Hersteller im Brandschott - der Wand zwischen Triebwerksraum und Cockpit - Asbest gegen Feuer eingearbeitet worden. Dieser Raum sei allerdings verschlossen gewesen, dass keine Faser nach außen hätten dringen können. Zum anderen seien zu jeder Winterumstellung im Triebwerksraum die Gummimuffen der Ventilstangenhüllrohre mit Asbestschnüren umwickelt und mit Wasserglas gebunden worden. Der ordnungsgemäße Schutzanstrich mit Wasserglas sei nach der Technischen Maßnahmen "Winterumstellung" durch den technischen Prüfer auf ordentliche Ausführung kontrolliert und in den Laufakten abgezeichnet worden. Eine Asbestexposition der Piloten sei daher nicht möglich gewesen. Nachdem die Fachärztin für Arbeitsmedizin U die Auffassung von Q bestätigt hatte, lehnte die Beklagte die Bewilligung von Leistungen wegen einer Berufskrankheit nach Nr. 4105 der Anlage zur BKV sowie die Bewilligung von Leistungen nach § 9 Abs. 2 SGB VII ab (Bescheid vom 11.12.2006). Der Widerspruch der Klägerin war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 08.05.2007).

Mit ihrer am 11.06.2007 bei Gericht eingegangenen Klage macht die Klägerin geltend, als Agrar- und Verkehrspilot habe der Versicherte eine Asbestbelastung nicht entgehen können, wobei bereits eine kurzzeitige Asbestbelastung ausreichend gewesen sei eine Mesotheliom zu erzeugen. Außerdem könne eine Beschädigung des Hodengewebes auch durch Chemikalien verursacht worden sein. Es läge nah, hier einen Zusammenhang mit den versprühten Schädlingsbekämpfungsmitteln zu sehen.

Schriftsätzlich begehrt die Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom 11.12.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2007 die Beklagte zu verurteilen, die Hodenkrebserkrankung ihres verstorbenen Ehemannes als Berufskrankheit nach Nr. 4105 hilfsweise als Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII anzuerkennen und nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu entschädigen, insbesondere in Form der Hinterbliebenenleistungen.

Die Beklagte begehrt schriftsätzlich,

die Klageabweisung.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten, die Akten der Beklagten und die Vorprozessakten Bezug genommen.

Das Gericht hat die Beteiligten darauf hingewiesen, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 11.12.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2007 ist rechtmäßig. Das zum Tode des Versicherten führende metastasierende Chorion-Karzinom des linken Hodens ist weder Folge einer Berufskrankheit nach Nr. 4105 der Anlage zur BKV noch ist es Folge besonderer Einwirkungen, denen der Versicherte in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt gewesen war (vgl. § 9 Abs. 2 SGB VII). Auf die fehlende berufliche Asbeststaubbelastung des Versicherten war bereits in den Vorverfahren hingewiesen worden. In seinen ergänzenden Ausführungen vom 30.08.2006 hat der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten diese Auffassung bestätigt: In der vom Versicherten geflogen Z-37 war - wie auch bei anderen Flugzeugtypen - herstellerseitig im Brandschutz - der Wand zwischen Triebwerkraum und Cockpit - Asbest gegen Feuer eingearbeitet worden. Da dieser Raum jedoch verschlossen war, konnten keine Fasern nach außen dringen. Im Hinblick darauf, dass im Winterhalbjahr die Triebwerke vor dem Anlassen vorgewärmt werden mussten und die Heißluft die Gummimuffen zerstört hätten, waren diese bei jeder Winterumstellung mit Asbestschnüren umwickelt worden, die jedoch durch einen Schutzanstrich mit Wasserglas überzogen worden waren, so dass sich die Asbestfasern nicht lösen konnten. Darüber hinaus bleibt festzuhalten, dass auch die medizinischen Voraussetzungen der geltend gemachten Berufskrankheit fehlen. Bereits in dem Vorverfahren S 3 (18) U 123/98 hat der Sachverständige Q darauf hingewiesen, dass es sich bei einem Chorion-Karzinom um einen Tumor handelt, der aus der Embryonalentwicklung resultiert und dessen Ursache eindeutig in einer fehlerhaften Anlage bereits während der Entwicklungsphase liegt. Exogene Ursachen sind für solche Tumore nicht bekannt, so dass ein ursächlicher Zusammenhang mit etwaigen berufsbedingten Belastungen auszuschließen ist. Diese Auffassung von Q ist durch den Sachverständigen X bestätigt worden. Damit steht fest, dass nach derzeitigem medizinischen Erkenntnisstand sich eine berufliche Ursache für die zum Tode führende Erkrankung Versicherten nicht wahrscheinlich machen lässt. Darauf ist die Klägerin bereits in den Vorverfahren hingewiesen worden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die in den Vorverfahren ergangenen Entscheidungen Bezug genommen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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