L 4 KR 379/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 2911/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 379/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 27. November 2006 als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte dem Kläger Kosten für die Behandlung durch einen nicht als Vertragsarzt zugelassenen HNO-Arzt ganz oder teilweise zu erstatten hat.

Der am 1942 geborene Kläger ist bei der Beklagten als Rentner krankenversichert. Er begehrte von der Beklagten bei einer Vorsprache dort die Erstattung von Kosten für privatärztliche Behandlungen durch nicht als Vertragsärzte zugelassene Ärzte. Dazu teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 11. Juli 2005 mit, er habe vorgebracht, zur privatärztlichen Behandlung bei einem Facharzt gewesen zu sein, der derzeit nicht als Vertragspartner der Krankenkassen tätig sei. Nach § 13 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) dürften die gesetzlichen Krankenkassen bei freiwilligen Mitgliedern die Kosten privatärztlicher Behandlungen bei als Vertragspartnern der Krankenkassen tätigen Ärzte teilweise erstatten. Der den Kläger behandelnden Arzt sei derzeit lediglich ein Privatarzt, somit nicht als Vertragspartner der gesetzlichen Krankenkassen tätig. Es sei ihr, der Beklagten, daher aus rechtlichen Gründen nicht möglich, sich an den Kosten der privatärztlichen Behandlung zu beteiligen.

Dagegen erhob der Kläger am 15. Juli 2005 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Er machte geltend, die Beklagte sei nicht bereit, ihm wenigstens teilweise die Kosten für privatärztliche Leistungen zu erstatten. Er könne nicht einsehen, warum die Beklagte schlechtere ärztliche Leistungen finanziell übernehme, bessere aber nicht wenigstens anteilmäßig honoriere.

Die Beklagte wertete den Klageschriftsatz formell als Widerspruch. Der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2006 zurück.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der Kläger habe am 11. Juli 2005 im Kundencenter in Freiburg vorgesprochen und sich erkundigt, ob sie, die Beklagte, die Kosten einer Behandlung bei einem Privatarzt übernehmen würde. Dem Kläger sei daraufhin die Auskunft mit Schreiben vom 11. Juli 2005 erteilt worden; insoweit handle es sich an sich um ein schlichtes Verwaltungshandeln, nicht jedoch um einen Verwaltungsakt. Ein konkreter Leistungsantrag auf Kostenerstattung für eine privatärztliche Behandlung sei vom Kläger bisher nicht gestellt worden; es sei nur um eine grundsätzliche Frage des Klägers gegangen. Insoweit habe der Kläger auch keine Rechnungen vorgelegt und auch keine detaillierten Angaben zu der Person des behandelnden Arztes gemacht. Im Übrigen wurde auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.

Den gleichzeitig gestellten Antrag des Klägers, ihm für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, lehnte das SG mit Beschluss vom 20. Dezember 2005 (S 11 KR 3158/05 PKH-A) ab. Die dagegen eingelegte Beschwerde wies das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) mit Beschluss vom 08. Mai 2006 zurück (L 5 KR 5566/06 PKH-B).

Mit Gerichtsbescheid vom 21. November 2006 wies das SG die Klage ab. Nach § 2 Abs. 2 SGB V erhielten die Versicherten Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) nichts Abweichendes vorsähen. Anstelle der Sach- und Dienstleistungen dürfe die Krankenkasse Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das SGB IX vorsehe (§ 13 Abs. 1 SGB V). § 13 Abs. 2 SGB V räume Versicherten das Recht ein, anstelle der Sach- und Dienstleistungen Kostenerstattung zu wählen. Von diesem Wahlrecht habe der Kläger jedoch keinen Gebrauch gemacht. Im Übrigen habe die Krankenkasse, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig habe erbringen können oder wenn sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe und wenn Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden seien, diese in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig gewesen sei (§ 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Im Falle des Klägers hätten sich die für einen Kostenerstattungsanspruch ergebenen Voraussetzungen nicht feststellen lassen. Nach der Rechtsmittelbelehrung des Gerichtsbescheids konnte der Gerichtsbescheid mit der Berufung angefochten werden.

Gegen den ihm mit Postzustellungsurkunde am 28. November 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 04. Dezember 2006 schriftlich Berufung beim LSG eingelegt. Der Kläger hat gleichzeitig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren beantragt. Diesen Antrag lehnte der Senat mit Beschluss vom 18. April 2007 ab (L 4 KR 380/07 PKH-A). In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger erklärt, er sei bei einem HNO-Arzt in Behandlung gewesen, der nicht Vertragsarzt gewesen sei. Den Namen wisse er im Augenblick nicht. Er habe zu Hause Unterlagen darüber, auch eine Rechnung, die er bezahlt habe. Bisher habe ihn niemand nach solchen Unterlagen gefragt. Es habe sich um das Spülen des linken Ohrs gehandelt, wofür er dem Privatarzt 20,00 EUR gezahlt habe. Wenn er diese Untersuchung in jedem Quartal durch einen Vertragsarzt auf Versichertenkarte durchführen lassen würde, müsse er jeweils die Quartalsgebühr (Praxisgebühr) von 10,00 EUR zahlen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 27. November 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juli 2006 zu verurteilen, Kosten privatärztlicher Behandlungen durch einen HNO-Arzt zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten, auf die Akten des SG S 11 KR 3158/05 PKH-A und S 11 KR 2911/05 sowie auf die Akten des Senats L 4 KR 4356/07 PKH-B und L 4 KR 379/07, ferner die Akte des LSG Baden-Württemberg L 5 KR 5566/05 PKH-B Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsschutzbegehren des Klägers vom 29. November 2006 (Eingang am 04. Dezember 2006) ist als (entsprechend der Rechtsmittelbelehrung des Gerichtsbescheids eingelegte) Berufung gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht erhoben.

Im Hinblick auf das erstmalige Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geht der Senat davon aus, dass der Kläger die Erstattung von Kosten für die Durchführung einer Behandlung (Spülung des linken Ohres) durch einen nicht als Vertragsarzt zugelassenen HNO-Arzt begehrt, für die er 20,00 EUR aufgewendet hat. Insoweit ist die Berufung nicht statthaft, denn sie bedarf nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG der Zulassung im Urteil bzw. Gerichtsbescheid oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung betrifft, 500,00 EUR nicht übersteigt. Ersichtlich ist mit dem vom Kläger genannten Betrag von 20,00 EUR für die einmalige privatärztliche Behandlung der Wert von 500,00 EUR nicht überschritten. Das SG hat die Berufung auch nicht im Gerichtsbescheid ausdrücklich zugelassen. Die Rechtsmittelbelehrung, wonach von der Statthaftigkeit der Berufung ausgegangen wird, erweist sich erst im Lichte der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zum Erstattungsbetrag von 20,00 EUR, den der Kläger bisher nicht konkretisiert hatte, als unrichtig. Insoweit hätte der Kläger im Hinblick auf diesen Erstattungsbetrag von 20,00 EUR im Gerichtsbescheid nach § 105 Abs. 2 SGG alternativ über die Möglichkeit eines Antrags auf mündliche Verhandlung beim SG bzw. einer Nichtzulassungsbeschwerde wegen der Nichtzulassung der Berufung an das LSG belehrt werden müssen. Die (irrtümlich) falsche Rechtsmittelbelehrung des Gerichtsbescheids bedeutet keine Berufungszulassung.

Danach ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, ohne in eine Sachprüfung nach Vorlage der Rechnung über den Erstattungsbetrag einzutreten.

Soweit der Kläger das am 29. November 2006 formulierte Rechtsschutzbegehren (auf Zahlung von 20,00 EUR) als an sich statthaftes Rechtsmittel aufgefasst wissen wollte, käme alternativ, wie oben dargelegt, ein Antrag auf mündliche Verhandlung an das SG oder aber eine Nichtzulassungsbeschwerde an das LSG nach § 145 SGG in Betracht. Kraft Nichtzulassungsbeschwerde käme allerdings nach § 144 Abs. 2 SGG die Zulassung der Berufung durch das LSG nur dann in Betracht, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des LSG, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung ruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgericht unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Mit der Ablehnung einer solchen Beschwerde würde der Gerichtsbescheid rechtskräftig werden (vgl. § 145 Abs. 4 Satz 5 SGG). Eine Auslegung des Rechtsschutzbegehrens als an sich statthafte Nichtzulassungsbeschwerden, über die der Senat durch Beschluss zu entscheiden hätte, kommt derzeit deswegen nicht in Betracht, weil der Kläger sich noch nicht dahin erklärt hat, ob sein Rechtsschutzbegehren vom 29. November 2006 als Antrag auf mündliche Verhandlung an das SG verstanden werden soll.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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