Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 2933/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 877/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Januar 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Minderung des Arbeitslosengeldes (Alg) wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung der Klägerin streitig.
Die 1979 geborene Klägerin bezog Alg bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 10.10.2003 sowie Anschluss-Arbeitslosenhilfe (Alhi) bis zur Arbeitsaufnahme am 01.12.2003. Sowohl bei der Arbeitslosmeldung am 06.08.2003 als auch bei der erneuten Beantragung von Alhi am 02.02.2004 bestätigte die Klägerin jeweils durch ihre Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen zu haben.
In der Zeit vom 18.05.2004 bis 17.05.2005 stand die Klägerin in einem bei Abschluss des Arbeitsvertrages befristeten Arbeitsverhältnis als Verkäuferin bei der Fa. S. Deutschland GmbH in Metzingen. Am 06.05.2005 meldete sie sich mit Wirkung zum 16.05.2005 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg.
Mit Bescheid vom 01.06.2005 bewilligte ihr die Beklagte Alg ab dem 18.05.2005 in Höhe von kalendertäglich 24,74 EUR (Bemessungsentgelt ungerundet 62,21 EUR). Unter Zugrundelegung eines Minderungsbetrag in Höhe von 1.050,00 EUR minderte sie die tägliche Leistung ab dem 18.05.2005 um 12,37 EUR für 85 Leistungstage. In der Erläuterung zum Bewilligungsbescheid führte sie aus, die Klägerin habe sich entgegen der in § 37b Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) normierten Obliegenheit nicht spätestens 3 Monate vor dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses am 18.02.2005, sondern erst am 06.05.2005 arbeitsuchend gemeldet. Die Meldung sei um 77 Tage zu spät erfolgt. Deshalb mindere sich ihr Anspruch auf Leistungen nach § 140 SGB III um 35 EUR für jeden Tag der verspäteten Meldung, längstens jedoch für 30 Tage.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein mit der Begründung, ihr Arbeitgeber habe ihr gesagt, sie könne weiter beschäftigt werden. Ihr Personalleiter sei zu einem Ende April vereinbarten Termin nicht erschienen. Sie habe dann erst Anfang Mai erfahren, dass sie nicht übernommen werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.08.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 31.08.2005 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und vorgetragen, ihr Store-Manager habe ihr immer wieder versichert, dass ihr Arbeitsverhältnis über den 17.05.2005 hinaus verlängert werde. Dies sei ihr auch vom Personalleiter Herrn Uwe Meyer bei einem Gespräch Ende April 2005 bestätigt worden. Sie sei auch weder von der Beklagten noch sonst jemals darauf hingewiesen worden, dass man sich bei einem befristeten Arbeitsverhältnis spätestens 3 Monate vor dem vereinbarten Ende arbeitslos melden müsse.
Nachdem die Klägerin ihren Arbeitsvertrag vorgelegt hatte, hat das SG mit Urteil vom 26.01.2006 den Bescheid der Beklagten vom 31.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2005 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe zu Unrecht eine Minderung des Alg-Anspruchs festgestellt. Die Regelung in § 37b Satz 2 SGB III, wonach die Arbeitssuchendmeldung im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses frühestens 3 Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen habe, sei inhaltlich so widersprüchlich bzw. so unbestimmt, dass sie den rechtsstaatlichen Erfordernissen an eine Sanktionsandrohung nicht genüge. Selbst wenn § 37b SGB III inhaltlich ausreichend bestimmt sei, stehe einer Leistungskürzung entgegen, dass die Klägerin unter Zugrundelegung eines subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstabs die Verpflichtung zur frühzeitigen Arbeitssuchendmeldung nicht gekannt habe und auch glaubhaft davon ausgegangen sei, weiterbeschäftigt zu werden.
Gegen das der Beklagten am 06.02.2006 zugestellte Urteil hat diese am 22.02.2006 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) genüge die Regelung in § 37b Satz 2 SGB III den rechtsstaatlichen Erfordernissen an eine Sanktionsandrohung. Die Klägerin habe die Obliegenheit des § 37b SGB III auch schuldhaft verletzt. Sie habe sich nach Inkrafttreten der Regelung bereits einmal arbeitslos gemeldet und das Merkblatt für Arbeitslose erhalten, das die Information über die entsprechende Obliegenheit enthalte.
Demgegenüber hat die Klägerin vorgetragen, Herr Uwe Meyer, Personalchef ihres früheren Arbeitgebers, habe ihr Ende April 2005 bei einem Gespräch wörtlich bestätigt, dass sie sich keine Sorgen machen müsse und man mit ihrer Arbeit zufrieden sei. Erst Anfang Juni habe dann ihr Filialleiter mitgeteilt, der Vertrag sei nicht verlängert worden.
Die Firma S. Deutschland GmbH teilte auf Anfrage des Senats mit, Herr Meyer sei nicht mehr für ihr Unternehmen als Personalleiter tätig. Ende April sei kein Personalgespräch geführt worden. Die Klägerin sei in der Zeit vom 18. bis 21.04.2005 arbeitsunfähig gewesen. Im März sei der Personalleiter in Metzingen zur Durchführung eines Personalgesprächs gewesen, dessen Hintergrund jedoch nicht die Weiterbeschäftigung der Klägerin gewesen sei. Dieser sei am 14.02.2005 schriftlich mitgeteilt worden, dass ihr Arbeitsverhältnis über die Befristung hinaus nicht fortgesetzt werde. Hierzu wurde die Kopie des Schreibens vom 14.02.2005, das mit diesem Datum von der Klägerin unterzeichnet worden war, vorgelegt, auf das Bezug genommen wird.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 15.12.2006 hat die Klägerin vorgetragen, Sie sei Ende Januar 2005 erkrankt gewesen und habe ihre Krankmeldung zu spät abgegeben. Als sie wieder zur Arbeit erschienen sei, habe sie eine Abmahnung erhalten, die sie unterschrieben habe. Das von der Firma S. vorgelegte Schreiben vom 14.02.2005 trage zwar ihre Unterschrift, sie habe dieses Schreiben jedoch nicht unterschrieben. Wenn sie ein Schreiben unterschreibe, setze sie selbst das Datum dazu. Das Datum auf dem Schreiben stamme nicht von ihr. Die Firma S. hat daraufhin eine Kopie der Abmahnung vom 31.01.2005 vorgelegt, die gleichfalls am 14.02.2005 von der Klägerin unterschrieben worden ist. Bei den Unterschriften der Klägerin auf der Mitteilung der Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses und der Abmahnung handelt es sich erkennbar um zwei verschiedene Unterschriften der Klägerin.
Der Senat hat schließlich eine schriftliche Auskunft von Herrn Meyer vom 31.07.2007 eingeholt, auf die Bezug genommen wird.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Januar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, den Bescheid der Beklagten vom 1. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld ab dem 18. Mai 2005 in gesetzlicher Höhe ohne Minderung zu gewähren.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor, insbesondere ist die Berufungssumme erreicht.
Die Berufung ist auch begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht eine Minderung des Anspruchs auf Alg wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung festgesetzt.
Nach § 37b SGB III in der vom 01.07.2003 bis zum 31.12.2005 geltenden Fassung sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens 3 Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht wird.
Hat sich der Arbeitslose entgegen § 37b nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet, so mindert sich nach § 140 SGB III in der bis zum 31.12.2005 geltenden Fassung das Arbeitslosengeld, das dem Arbeitslosen aufgrund des Anspruchs zusteht, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist. Die Minderung beträgt 1. bei einem Bemessungsentgelt bis zu 60 EUR 7 EUR 2. bei einem Bemessungsentgelt bis zu 100 EUR 35 EUR und 3. bei einem Bemessungsentgelt über 100 EUR 50 EUR für jeden Tag der verspäteten Meldung.
Die Minderung ist auf den Betrag begrenzt, der sich bei einer Verspätung von 30 Tagen errechnet. Die Minderung erfolgt, indem der Minderungsbetrag, der sich nach den Sätzen 2 und 3 ergibt, auf das halbe Arbeitslosengeld angerechnet wird.
Die Klägerin hat sich verspätet arbeitsuchend gemeldet.
Die Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung ist auch bei von vornherein befristeten Arbeitsverhältnissen durch § 37 b SGB III ausreichend inhaltlich bestimmt. Richtigerweise ist § 37 b Satz 2 SGB III als unselbständige Begrenzung des § 37 b Satz 1 SGB III anzusehen. Dies bedeutet, dass "an sich" auch der befristet Beschäftigte unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zur Meldung angehalten ist, er sich jedoch erst drei Monate vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses melden muss, auch wenn ihm bereits vorher der Zeitpunkt der Beendigung bekannt ist (BSG Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 28/05 R).
Die Klägerin wusste auch, dass sie sich 3 Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend melden musste. Gegen den Vortrag der Klägerin, ihr sei die Fortsetzung ihres befristeten Arbeitsverhältnisses in Aussicht gestellt worden, spricht bereits, dass sie unterschiedliche Angaben bezüglich der Auskünfte des Personalleiters Herrn Meyer gemacht hat. Während sie in der Widerspruchsbegründung noch angegeben hatte, dieser sei zu einem auf Ende April 2005 festgesetzten Gespräch nicht erschienen, führte sie in der Klagebegründung aus, der Personalleiter habe ihr bei einem Gespräch Ende April 2005 bestätigt, dass ihr Arbeitsverhältnis über den 17.05.2005 hinaus verlängert werde. Demgegenüber hat Herr Meyer in seiner schriftlichen Auskunft angegeben, der Klägerin Mitte/Ende März 2005 mitgeteilt zu haben, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Befristung enden werde.
Darüber hinaus hatte sie am 14.02.2005 den Erhalt eines Schreibens ihres Arbeitgebers bestätigt, in welchem ihr mitgeteilt worden war, dass ihr Arbeitsverhältnis über die Befristung zum 17.05.2005 hinaus nicht verlängert werde und sie sich deshalb zur Aufrechterhaltung ungekürzter Ansprüche auf Alg 3 Monate vor Ablauf des Vertragsverhältnisses persönlich beim Arbeitsamt arbeitsuchend zu melden habe. Wörtlich heißt es darin: "Laut § 1 Abs. 2 ihres Arbeitsvertrages ist ihr Arbeitsverhältnis bis zum 17. Mai 2005 befristet. Wir haben uns dazu entschlossen, dieses Arbeitsverhältnis über die Befristung hinaus nicht zu verlängern. Somit endet das Arbeitsverhältnis am 17. Mai 2005. Zur Aufrechterhaltung ungekürzter Ansprüche auf Arbeitslosengeld sind sie verpflichtet, sich drei Monate vor Ablauf des Vertragsverhältnisses persönlich beim Arbeitsamt arbeitsuchend zu melden. Weiterhin sind sie verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen."
Die Klägerin hat den Erhalt dieses Schreibens auch durch ihre Unterschrift bestätigt. Sie hat selbst angegeben, die Unterschrift auf dem Hinweisschreiben des Arbeitgebers vom 14.02.2005 stamme von ihr. Unbeachtlich ist demgegenüber, von wem die Datumsangabe "14.02.2005" stammt. Denn auch das Abmahnungsschreiben vom 31.01.2005 trägt die gleiche Datumsangabe in identischer Schrift. Bei den Unterschriften der Klägerin auf der Mitteilung über die Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses und der Abmahnung handelt es sich dagegen erkennbar um zwei verschiedene Unterschriften der Klägerin. Darüber hinaus ist die Abmahnung nicht, wie von der Klägerin vorgetragen, wegen der verspäteten Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, sondern wegen eines verspäteten Arbeitsbeginns und dadurch bedingter verspäteter Öffnung des Ladengeschäfts erfolgt.
Aufgrund dieser Mitteilung des Arbeitgebers und zudem aufgrund der unmissverständlichen Formulierung im Merkblatt wusste die Klägerin, dass sie sich drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses, somit zum 17.02.2005, arbeitssuchend melden müsse. Zum Zeitpunkt des Erhalts dieses Schreibens wäre es der Klägerin auch möglich gewesen, sich drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend zu melden.
Die Beklagte hat schließlich den Minderungsbetrag zutreffend berechnet. Sie hat zur Bestimmung des Bemessungsentgelts zutreffend nicht das von der Klägerin im letzten Arbeitsverhältnis erzielte Entgelt, sondern das Bemessungsentgelt zugrunde gelegt, nach dem der Klägerin bis zum 10.10.2003 Alg gewährt worden war. Hat gem. § 131 Abs. 4 SGB III der Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist. Die Beklagte hat ein Bemessungsentgelt des Vorbezugs in Höhe von 62,14 EUR täglich zugrunde gelegt und dementsprechend gem. § 140 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III für jeden Tag der verspäteten Meldung eine Minderung von 35,00 EUR festgesetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Minderung des Arbeitslosengeldes (Alg) wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung der Klägerin streitig.
Die 1979 geborene Klägerin bezog Alg bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 10.10.2003 sowie Anschluss-Arbeitslosenhilfe (Alhi) bis zur Arbeitsaufnahme am 01.12.2003. Sowohl bei der Arbeitslosmeldung am 06.08.2003 als auch bei der erneuten Beantragung von Alhi am 02.02.2004 bestätigte die Klägerin jeweils durch ihre Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen zu haben.
In der Zeit vom 18.05.2004 bis 17.05.2005 stand die Klägerin in einem bei Abschluss des Arbeitsvertrages befristeten Arbeitsverhältnis als Verkäuferin bei der Fa. S. Deutschland GmbH in Metzingen. Am 06.05.2005 meldete sie sich mit Wirkung zum 16.05.2005 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg.
Mit Bescheid vom 01.06.2005 bewilligte ihr die Beklagte Alg ab dem 18.05.2005 in Höhe von kalendertäglich 24,74 EUR (Bemessungsentgelt ungerundet 62,21 EUR). Unter Zugrundelegung eines Minderungsbetrag in Höhe von 1.050,00 EUR minderte sie die tägliche Leistung ab dem 18.05.2005 um 12,37 EUR für 85 Leistungstage. In der Erläuterung zum Bewilligungsbescheid führte sie aus, die Klägerin habe sich entgegen der in § 37b Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) normierten Obliegenheit nicht spätestens 3 Monate vor dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses am 18.02.2005, sondern erst am 06.05.2005 arbeitsuchend gemeldet. Die Meldung sei um 77 Tage zu spät erfolgt. Deshalb mindere sich ihr Anspruch auf Leistungen nach § 140 SGB III um 35 EUR für jeden Tag der verspäteten Meldung, längstens jedoch für 30 Tage.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein mit der Begründung, ihr Arbeitgeber habe ihr gesagt, sie könne weiter beschäftigt werden. Ihr Personalleiter sei zu einem Ende April vereinbarten Termin nicht erschienen. Sie habe dann erst Anfang Mai erfahren, dass sie nicht übernommen werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.08.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 31.08.2005 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und vorgetragen, ihr Store-Manager habe ihr immer wieder versichert, dass ihr Arbeitsverhältnis über den 17.05.2005 hinaus verlängert werde. Dies sei ihr auch vom Personalleiter Herrn Uwe Meyer bei einem Gespräch Ende April 2005 bestätigt worden. Sie sei auch weder von der Beklagten noch sonst jemals darauf hingewiesen worden, dass man sich bei einem befristeten Arbeitsverhältnis spätestens 3 Monate vor dem vereinbarten Ende arbeitslos melden müsse.
Nachdem die Klägerin ihren Arbeitsvertrag vorgelegt hatte, hat das SG mit Urteil vom 26.01.2006 den Bescheid der Beklagten vom 31.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2005 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe zu Unrecht eine Minderung des Alg-Anspruchs festgestellt. Die Regelung in § 37b Satz 2 SGB III, wonach die Arbeitssuchendmeldung im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses frühestens 3 Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen habe, sei inhaltlich so widersprüchlich bzw. so unbestimmt, dass sie den rechtsstaatlichen Erfordernissen an eine Sanktionsandrohung nicht genüge. Selbst wenn § 37b SGB III inhaltlich ausreichend bestimmt sei, stehe einer Leistungskürzung entgegen, dass die Klägerin unter Zugrundelegung eines subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstabs die Verpflichtung zur frühzeitigen Arbeitssuchendmeldung nicht gekannt habe und auch glaubhaft davon ausgegangen sei, weiterbeschäftigt zu werden.
Gegen das der Beklagten am 06.02.2006 zugestellte Urteil hat diese am 22.02.2006 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) genüge die Regelung in § 37b Satz 2 SGB III den rechtsstaatlichen Erfordernissen an eine Sanktionsandrohung. Die Klägerin habe die Obliegenheit des § 37b SGB III auch schuldhaft verletzt. Sie habe sich nach Inkrafttreten der Regelung bereits einmal arbeitslos gemeldet und das Merkblatt für Arbeitslose erhalten, das die Information über die entsprechende Obliegenheit enthalte.
Demgegenüber hat die Klägerin vorgetragen, Herr Uwe Meyer, Personalchef ihres früheren Arbeitgebers, habe ihr Ende April 2005 bei einem Gespräch wörtlich bestätigt, dass sie sich keine Sorgen machen müsse und man mit ihrer Arbeit zufrieden sei. Erst Anfang Juni habe dann ihr Filialleiter mitgeteilt, der Vertrag sei nicht verlängert worden.
Die Firma S. Deutschland GmbH teilte auf Anfrage des Senats mit, Herr Meyer sei nicht mehr für ihr Unternehmen als Personalleiter tätig. Ende April sei kein Personalgespräch geführt worden. Die Klägerin sei in der Zeit vom 18. bis 21.04.2005 arbeitsunfähig gewesen. Im März sei der Personalleiter in Metzingen zur Durchführung eines Personalgesprächs gewesen, dessen Hintergrund jedoch nicht die Weiterbeschäftigung der Klägerin gewesen sei. Dieser sei am 14.02.2005 schriftlich mitgeteilt worden, dass ihr Arbeitsverhältnis über die Befristung hinaus nicht fortgesetzt werde. Hierzu wurde die Kopie des Schreibens vom 14.02.2005, das mit diesem Datum von der Klägerin unterzeichnet worden war, vorgelegt, auf das Bezug genommen wird.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 15.12.2006 hat die Klägerin vorgetragen, Sie sei Ende Januar 2005 erkrankt gewesen und habe ihre Krankmeldung zu spät abgegeben. Als sie wieder zur Arbeit erschienen sei, habe sie eine Abmahnung erhalten, die sie unterschrieben habe. Das von der Firma S. vorgelegte Schreiben vom 14.02.2005 trage zwar ihre Unterschrift, sie habe dieses Schreiben jedoch nicht unterschrieben. Wenn sie ein Schreiben unterschreibe, setze sie selbst das Datum dazu. Das Datum auf dem Schreiben stamme nicht von ihr. Die Firma S. hat daraufhin eine Kopie der Abmahnung vom 31.01.2005 vorgelegt, die gleichfalls am 14.02.2005 von der Klägerin unterschrieben worden ist. Bei den Unterschriften der Klägerin auf der Mitteilung der Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses und der Abmahnung handelt es sich erkennbar um zwei verschiedene Unterschriften der Klägerin.
Der Senat hat schließlich eine schriftliche Auskunft von Herrn Meyer vom 31.07.2007 eingeholt, auf die Bezug genommen wird.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Januar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, den Bescheid der Beklagten vom 1. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld ab dem 18. Mai 2005 in gesetzlicher Höhe ohne Minderung zu gewähren.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor, insbesondere ist die Berufungssumme erreicht.
Die Berufung ist auch begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht eine Minderung des Anspruchs auf Alg wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung festgesetzt.
Nach § 37b SGB III in der vom 01.07.2003 bis zum 31.12.2005 geltenden Fassung sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens 3 Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht wird.
Hat sich der Arbeitslose entgegen § 37b nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet, so mindert sich nach § 140 SGB III in der bis zum 31.12.2005 geltenden Fassung das Arbeitslosengeld, das dem Arbeitslosen aufgrund des Anspruchs zusteht, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist. Die Minderung beträgt 1. bei einem Bemessungsentgelt bis zu 60 EUR 7 EUR 2. bei einem Bemessungsentgelt bis zu 100 EUR 35 EUR und 3. bei einem Bemessungsentgelt über 100 EUR 50 EUR für jeden Tag der verspäteten Meldung.
Die Minderung ist auf den Betrag begrenzt, der sich bei einer Verspätung von 30 Tagen errechnet. Die Minderung erfolgt, indem der Minderungsbetrag, der sich nach den Sätzen 2 und 3 ergibt, auf das halbe Arbeitslosengeld angerechnet wird.
Die Klägerin hat sich verspätet arbeitsuchend gemeldet.
Die Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung ist auch bei von vornherein befristeten Arbeitsverhältnissen durch § 37 b SGB III ausreichend inhaltlich bestimmt. Richtigerweise ist § 37 b Satz 2 SGB III als unselbständige Begrenzung des § 37 b Satz 1 SGB III anzusehen. Dies bedeutet, dass "an sich" auch der befristet Beschäftigte unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zur Meldung angehalten ist, er sich jedoch erst drei Monate vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses melden muss, auch wenn ihm bereits vorher der Zeitpunkt der Beendigung bekannt ist (BSG Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 28/05 R).
Die Klägerin wusste auch, dass sie sich 3 Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend melden musste. Gegen den Vortrag der Klägerin, ihr sei die Fortsetzung ihres befristeten Arbeitsverhältnisses in Aussicht gestellt worden, spricht bereits, dass sie unterschiedliche Angaben bezüglich der Auskünfte des Personalleiters Herrn Meyer gemacht hat. Während sie in der Widerspruchsbegründung noch angegeben hatte, dieser sei zu einem auf Ende April 2005 festgesetzten Gespräch nicht erschienen, führte sie in der Klagebegründung aus, der Personalleiter habe ihr bei einem Gespräch Ende April 2005 bestätigt, dass ihr Arbeitsverhältnis über den 17.05.2005 hinaus verlängert werde. Demgegenüber hat Herr Meyer in seiner schriftlichen Auskunft angegeben, der Klägerin Mitte/Ende März 2005 mitgeteilt zu haben, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Befristung enden werde.
Darüber hinaus hatte sie am 14.02.2005 den Erhalt eines Schreibens ihres Arbeitgebers bestätigt, in welchem ihr mitgeteilt worden war, dass ihr Arbeitsverhältnis über die Befristung zum 17.05.2005 hinaus nicht verlängert werde und sie sich deshalb zur Aufrechterhaltung ungekürzter Ansprüche auf Alg 3 Monate vor Ablauf des Vertragsverhältnisses persönlich beim Arbeitsamt arbeitsuchend zu melden habe. Wörtlich heißt es darin: "Laut § 1 Abs. 2 ihres Arbeitsvertrages ist ihr Arbeitsverhältnis bis zum 17. Mai 2005 befristet. Wir haben uns dazu entschlossen, dieses Arbeitsverhältnis über die Befristung hinaus nicht zu verlängern. Somit endet das Arbeitsverhältnis am 17. Mai 2005. Zur Aufrechterhaltung ungekürzter Ansprüche auf Arbeitslosengeld sind sie verpflichtet, sich drei Monate vor Ablauf des Vertragsverhältnisses persönlich beim Arbeitsamt arbeitsuchend zu melden. Weiterhin sind sie verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen."
Die Klägerin hat den Erhalt dieses Schreibens auch durch ihre Unterschrift bestätigt. Sie hat selbst angegeben, die Unterschrift auf dem Hinweisschreiben des Arbeitgebers vom 14.02.2005 stamme von ihr. Unbeachtlich ist demgegenüber, von wem die Datumsangabe "14.02.2005" stammt. Denn auch das Abmahnungsschreiben vom 31.01.2005 trägt die gleiche Datumsangabe in identischer Schrift. Bei den Unterschriften der Klägerin auf der Mitteilung über die Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses und der Abmahnung handelt es sich dagegen erkennbar um zwei verschiedene Unterschriften der Klägerin. Darüber hinaus ist die Abmahnung nicht, wie von der Klägerin vorgetragen, wegen der verspäteten Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, sondern wegen eines verspäteten Arbeitsbeginns und dadurch bedingter verspäteter Öffnung des Ladengeschäfts erfolgt.
Aufgrund dieser Mitteilung des Arbeitgebers und zudem aufgrund der unmissverständlichen Formulierung im Merkblatt wusste die Klägerin, dass sie sich drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses, somit zum 17.02.2005, arbeitssuchend melden müsse. Zum Zeitpunkt des Erhalts dieses Schreibens wäre es der Klägerin auch möglich gewesen, sich drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend zu melden.
Die Beklagte hat schließlich den Minderungsbetrag zutreffend berechnet. Sie hat zur Bestimmung des Bemessungsentgelts zutreffend nicht das von der Klägerin im letzten Arbeitsverhältnis erzielte Entgelt, sondern das Bemessungsentgelt zugrunde gelegt, nach dem der Klägerin bis zum 10.10.2003 Alg gewährt worden war. Hat gem. § 131 Abs. 4 SGB III der Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist. Die Beklagte hat ein Bemessungsentgelt des Vorbezugs in Höhe von 62,14 EUR täglich zugrunde gelegt und dementsprechend gem. § 140 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III für jeden Tag der verspäteten Meldung eine Minderung von 35,00 EUR festgesetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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