Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AL 3098/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 4822/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des gewährten Insolvenzgeldes streitig.
Der 1967 geborene Kläger war als Bauleiter bei der Firma G. H. GmbH & Co. KG ab dem 01.04.1999 beschäftigt gewesen. Über das Vermögen seines Arbeitgebers wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Neu-Ulm vom 01.06.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit dem am 20.06.2002 eingegangenen Antrag auf Gewährung von Insolvenzgeld machte der Kläger unter Vorlage einer Insolvenzgeldbescheinigung des Insolvenzverwalters ausstehendes Arbeitsentgelt für die Monate April und Mai 2002 geltend. Das Arbeitsverhältnis wurde durch die Kündigung des Klägers vom 17.05.2002 zum 30.06.2002 beendet. Ab dem 18.06.2002 war er vom Insolvenzverwalter von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt worden. Nachdem die Beklagte zunächst für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.05.2002 Insolvenzgeld in Höhe von 6.629,98 EUR bewilligt hatte (Bescheid v. 28.06.02), änderte sie diesen Bescheid auf den Widerspruch des Klägers mit Teilabhilfebescheid vom 29.08.2002 ab und bewilligte nunmehr Insolvenzgeld auch für die geltend gemachten Zuschläge für Feiertag- und Nachtarbeit unter Berücksichtigung einer berichtigten Insolvenzgeldbescheinigung des Insolvenzverwalters vom 07.08.2002 (insgesamt 6.715,82 EUR). Die erhobenen Einwendungen des Klägers im Hinblick auf die von ihm zusätzlich geltend gemachten Ansprüche auf Urlaubsabgeltung gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.11.2002 zurück. Sie verwies dabei auf § 184 Abs. 1 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), wonach der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Insolvenzgeld für Ansprüche auf Arbeitsentgelt habe, die er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe.
Mit der hiergegen am 12.12.2002 erhobenen Klage hat der Kläger seinen Anspruch weiter verfolgt. Er hat ausgeführt, dass sich aus der Gehaltsabrechnung für den Monat Mai 2002 ein Urlaubsanspruch von insgesamt 45,5 Urlaubstagen ergeben würde. Diese würden sich auf das Jahr 2001 und das gesamte Jahr 2002 beziehen. Dort seien auch noch die Resturlaubstage für das Kalenderjahr 2001 enthalten; es seien ursprünglich 22,5 Arbeitstage Resturlaub gewesen. Davon seien ihm schließlich sieben Arbeitstage als Urlaub gewährt worden. Es verblieben daher 15,5 Urlaubstage für diesen Zeitraum. Bis zum 31.05.2002 hätte er Anspruch auf weitere 2,5 Arbeitstage je Monat, also insgesamt 12,5 Urlaubstage. Für die Zeit von 2001 bis 31.05.2002 würden sich somit insgesamt 28 Urlaubstage ergeben. Er habe wie auch die anderen Arbeitskollegen schon 2001 versucht, seinen Resturlaub für das Jahr 2001 nehmen zu können. Dies sei ihm von Seiten des Arbeitgebers ebenso verwehrt worden wie mehrere weitere Versuche zwischen Januar und März 2002. Gleiches sei ihm auch wegen des Urlaubes 2002 widerfahren. Immer wieder seien die von ihm wiederholt gestellten Urlaubseingaben mit der Begründung auf anstehende Fertigstellungstermine und die starke Auftragslage des Arbeitgebers abgelehnt worden. Ergänzend hat er darauf hingewiesen, dass er nicht einmal Gelegenheit gehabt habe, im Monat Juni 2002 seinen Urlaub zu nehmen. Die Beklagte hat in ihrer Erwiderung auf den Wortlaut des § 184 Abs. 1 Nr. 1 SGB III verwiesen, der einen Anspruch auf Insolvenzgeld für eine Urlaubsabgeltung ausschließe. Dabei hat sie sich auch auf ein Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 20.02.2002 (B 11 AL 71/01 R) bezogen.
Mit Urteil vom 01.09.2004 hat das Sozialgericht Ulm (SG) die Klage abgewiesen. Das SG hat ausgeführt, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung unabhängig von der Frage, ob er dem insolvenzgeldfähigen Zeitraum zugeordnet werden könne, jedenfalls gemäß § 184 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ausgeschlossen sei. Es verwies auf § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Danach sei der Urlaub abzugelten, wenn er "wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden könne". Damit werde der Grundsatz manifestiert, dass eine Urlaubsabgeltung grundsätzlich unzulässig sei, solange die Gewährung bezahlter Freizeit möglich sei. Erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses könne sich daher der noch nicht erfüllte Urlaubsanspruch in einen Abgeltungsanspruch umwandeln. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift des § 184 SGB III und des § 7 Abs. 4 BUrlG sei daher der Urlaubsabgeltungsanspruch vom Anspruchsausschluss des § 184 SGB III erfasst. Außerdem hat das SG auf die Gesetzesmaterialien verwiesen. Daraus ergebe sich, dass der Gesetzgeber den Anspruch auf Insolvenzgeld explizit für die Urlaubsabgeltung habe ausschließen wollen.
Gegen das dem Kläger am 15.09.2004 zugestellte Urteil hat er am 15.10.2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung seiner Berufung macht er geltend, dass die Urlaubsabgeltung grundsätzlich insolvenzgeldfähig sei. Für die Frage der Anwendbarkeit der Vorschrift des § 184 SGB III sei die Frage nach dem Zeitpunkt seiner Entstehung entscheidend. Er verweise auf die Rechtsprechung des BSG noch zu § 141b Arbeitsförderungsgesetz (AFG), wo es noch angenommen habe, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehe, sondern bereits als bedingter Anspruch in der Zeit vor dessen Beendigung. § 184 Abs. 1 Nr. 1 SGB III komme daher nicht zum Tragen mit der Folge, dass ihm die beantragte Entschädigung nach der Vorschrift des § 183 SGB III zustehe. Dem angefochtenen Urteil könne nicht gefolgt werden, soweit es die Urlaubsabgeltung erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses annehmen wolle. Das Urteil übersehe, dass die Urlaubsabgeltung wegen der speziellen Regelung in § 143 Abs. 2 SGB III nicht unter § 143a Abs. 1 Satz 1 SGB III falle. Damit scheide die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 184 SGB III ebenfalls aus. Mit der vom SG vorgenommenen Auslegung stünde auch die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift insgesamt auf dem Prüfstand. Es sei bereits dargelegt worden, dass er seinen streitgegenständlichen Urlaubsanspruch rechtzeitig und nachhaltig gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht habe. Der Arbeitgeber habe dies wegen der Auftragslage abgewiesen, der Urlaub sei ihm nicht gewährt worden. Das Urteil verkenne die Zwangslage, in der er sich eindeutig befunden habe. In seiner Stellung als Bauleiter sei er nicht oder zumindest nicht ohne weiteres ersetzbar gewesen. Nach Abweisung des Urlaubsgesuchs hätte er den Urlaub keinesfalls eigenmächtig antreten dürfen, er hätte vielmehr versuchen müssen, ihn im Wege einer entsprechenden arbeitsgerichtlichen Klage durchzusetzen. Angesichts der dargelegten Auftragslage und seiner Stellung als Bauleiter wäre es allerdings zweifelhaft gewesen, ob er hierbei obsiegt hätte. Denn die Erfolgsaussicht einer solchen Klage sei nur gegeben, wenn der Gewährung des Urlaubs keine dringenden betrieblichen Gründe entgegengestanden hätten. Dies sei aber gerade der Fall gewesen, weshalb ihm somit keine rechtlichen Möglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten, um seinen bestehenden Urlaubsanspruch durchzusetzen. Er sei durch das geltende Arbeitsrecht schutzlos gestellt und diese Schutzlosigkeit manifestiere sich, wenn die Rechtsauffassung des angefochtenen Urteils zutreffe, nunmehr auch auf dem Gebiet des Sozialrechts. Der Staat sei aber verpflichtet, seinen Bürgern Rechtsschutz zu gewähren; die Vorschrift des § 184 SGB III bedürfe daher einer richterlichen Korrektur. In diesem Zusammenhang hat der Kläger auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verwiesen, wo es um die Frage der Wirksamkeit von Eheverträgen im Spannungsfeld zwischen der Schutzbedürftigkeit und Unterlegenheit des einen und der Dominanz des anderen Ehepartners einerseits und dem Rechtsinstitut der Vertragsfreiheit andererseits gegangen sei. Das BVerfG habe ausgeführt, dass aus grundrechtlichen Erwägungen heraus die Vertragsautonomie durch richterliche Nachprüfbarkeit eingeschränkt werden könne. Dies gelte insbesondere dann, wenn ein sachgerechter Interessenausgleich nicht vorliege. Die Gesetzeslage nach Auffassung des angefochtenen Urteiles zementiere darüber hinaus eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmeransprüchen. Dies sei verfassungsrechtlich bedenklich. Der Normbereich des Art. 3 Grundgesetz (GG) sei nachhaltig tangiert, weil er durch die rechtliche Schutzlosigkeit gegenüber demjenigen Arbeitnehmer benachteiligt werde, der wegen seiner gegenüber ihm nicht so exponierten Position oder auch sonstigen Zufälligkeiten heraus seinen Urlaub gewährt erhalten habe. Der Arbeitnehmer werde im Grunde dadurch seines Urlaubsanspruches per Gesetz enteignet. Nach Artikel 14 GG bedürfe es aber dafür einer Rechtsgrundlage, die auch die Entschädigung einer solchen Enteignung regelt. Eine solche sei nicht erkennbar. Eine Entschädigungsregelung könne nur dadurch eintreten, dass die enge Auffassung im angefochtenen Urteil erweitert und der Urlaubsabgeltungsanspruch im vorliegenden Fall nicht der Regelung des § 184 SGB III unterworfen werde. Durch die Nichtgewährung des Urlaubs ohne die Möglichkeit der Abgeltung, wäre der Kläger im Übrigen in seinem Grundrecht nach Artikel 1 GG zumindest insoweit verletzt, als dass er durch die bestehende arbeitsrechtliche Verpflichtung nicht die Arbeit niederlegen könne, sondern zur Weiterarbeit verpflichtet sei, für die er keine Gegenleistung erhalte. Denn sein Schaden realisiere sich erst in dem Augenblick, in dem das Arbeitsverhältnis beendet sei. Würde das Ergebnis des angefochtenen Urteiles hingenommen, würde der Arbeitnehmer dem Grunde nach zur entschädigungslosen Arbeit verpflichtet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 01.September 2004 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides vom 28. Juni 2002 in Gestalt des Teil-Abhilfebescheides vom 29. August 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2002 die Beklagte zu verurteilen, ihm höheres Insolvenzgeld unter Berücksichtigung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs für 28 Tage zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist nochmals auf die Rechtsprechung des BSG in der Entscheidung vom 20.02.2002.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Die Akten der Beklagten, des SG Ulm (S 6 Al 3098/02) und die Senatsakte haben vorgelegen. Auf diese wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden kann, bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen und entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung höheren Insolvenzgeldes hat. Die Beklagte hat nach der berichtigten Insolvenzgeldbescheinigung des Insolvenzverwalters vom 07.08.2002 insgesamt 6.715,82 EUR für die Zeit vom 01.04.2002 bis 30.04.2002 und 01.05.2002 bis 31.05.2002 bewilligt. Ein weitergehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Insbesondere erhöht sich das gewährte Insolvenzgeld nicht um die von ihm geltend gemachte Urlaubsabgeltung. Ein solcher Anspruch gegenüber seinem Arbeitgeber soll in einem Umfang von 15,5 Tagen noch für das Jahr 2001 und in einem Umfang von 12,5 Tagen für das Jahr 2002 bestanden haben. Anlass, Feststellungen zu Grund und Umfang dieses Anspruches zu treffen, besteht jedoch nicht, weil das SG zu Recht entschieden hat, dass dieser Anspruch gemäß § 184 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ausgeschlossen ist. Die Einwendungen des Klägers vermögen den Senat nicht zu überzeugen. Denn es besteht kein Zweifel, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch ein Anspruch des Klägers gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber ist, der nicht nur anlässlich sondern gerade wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht.
Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung setzt nach § 7 Abs. 4 BUrlG die Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus. Er entsteht daher auch erst mit der Beendigung. Allgemein ausgedrückt besteht ein Anspruch "wegen" der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dann, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die wesentliche Bedingung für den Anspruch ist oder der Anspruch dem Arbeitnehmer gerade nicht zustehen würde, wenn das Arbeitsverhältnis nicht beendet worden wäre (so BSG, Urt. v. 20.02.2002 - B 11 AL 71/01 R in SozR 3-4300 §184 Nr. 1). Die wesentliche Bedingung ist auch hier erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingetreten (und im Übrigen auch nicht schon zum Zeitpunkt des Eintritts des Insolvenzereignisses, weil der Kläger über dieses hinaus gearbeitet hat). Diese kausale Verknüpfung folgt bereits aus dem eindeutigen Wortlautes in § 7 Abs. 4 BUrlG, der den Rechtsgrund für einen Urlaubsabgeltungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber regelt. Ein vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eventuell bestehender bedingter Anspruch reicht dagegen nicht aus (BSG a.a.O.).
Der Kläger kann sich daher auch nicht auf die Rechtsprechung des BSG zu § 141b AFG berufen. In einer früheren Entscheidung (BSG 30.11.1977 - 12 RAr 99/76) hatte das BSG zu § 141b AFG angenommen, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht, sondern bereits als bedingter Anspruch in der Zeit vor dessen Beendigung. Diese Rechtsprechung war wieder aufgegeben worden (vgl. BSG 20.02.02, a.a.O.) und wird vom BSG zu Recht auch im Rahmen des § 184 SGB III nicht fortgeführt. Denn es kommt im Rahmen des § 184 Abs. 1 Nr. 1 SGB III nicht darauf an, wann ein Anspruch als bedingter Anspruch entsteht, maßgeblich ist vielmehr, dass der Arbeitnehmer diesen Anspruch "wegen" der Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich hat. Dieser Anspruch besteht also solange nicht, bis die aufschiebende Bedingung eingetreten ist.
An dieser Rechtsprechung hat das BSG i.Ü. in seiner Entscheidung vom 19.10.2004 (B 11 AL 179/04 B) ausdrücklich festgehalten und nochmals ausgeführt, dass eine bereits entschiedene Rechtsfrage erst dann wieder klärungsbedürftig werden könne, wenn der Rechtsauffassung des BSG in nicht geringfügigem Umfang widersprochen werde oder wesentlich neue Gesichtspunkte gegen die Auffassung des BSG vorgebracht würden. Dem diesbezüglichen Erfordernis der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde werde nicht dadurch genügt, dass die (überarbeitete) Auffassung von Autoren dargestellt werde, zu der das BSG in der vorliegenden Entscheidung bereits Stellung genommen habe. Das BSG hat sich auch ausdrücklich nicht der von Gagel vertretenen Auffassung (ZIP 2000, 257, 258) angeschlossen. Zu Recht weist es darauf hin, dass der Hinweis, die Urlaubsabgeltung falle wegen der speziellen Regelung in § 143 SGB III nicht unter § 143a Abs. 1 Satz 1 SGB III, für die Beurteilung im Rahmen des § 184 SGB III ohne Bedeutung ist, weil sowohl § 143 SGB III als auch § 143a SGB III die Formulierung "wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses" enthielten. Ist aber auf das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhanges abzustellen, so muss dies unabhängig davon gelten, so das BSG, ob sich eine Vorschrift wie z.B. § 143a SGB III wegen der Existenz einer Sonderbestimmung nicht auf die Urlaubsabgeltung bezieht. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist die wesentliche Bedingung für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass diese Auslegung dem Willen des Gesetzgebers entspricht. In der Begründung zum Entwurf des Arbeitsförderungsreformgesetzes wurde zum späteren § 184 SGB III ausgeführt, die Vorschrift entspreche "weitgehend §§ 141b Abs. 1 Satz 3, 141c Satz 1", schließe jedoch den Anspruch auf Insolvenzgeld für die Urlaubsabgeltung und die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus aus (Bundestags-Drucksache 13/4941 S. 188).
Die geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht. Dies gilt zunächst für die geltend gemachte (arbeitsrechtliche) Schutzlosigkeit des Klägers, die dazu führen müsse, dass die Rechtsprechung zu § 184 SGB III restriktiv auszulegen habe. Eine solche Schutzlosigkeit besteht nicht. Denn wie der Kläger selbst ausgeführt hat, bestehen durchaus arbeitsgerichtliche Möglichkeiten der Durchsetzung des Anspruches auf Erholungsurlaub. Dabei steht es ihm arbeitsrechtlich grundsätzlich offen, den Zeitraum der Urlaubsgewährung konkret einzuklagen, oder - wenn es ihm nur darum gehen sollte, überhaupt seinen Urlaubsanspruch durchsetzen zu wollen - eine Klage auf Urlaubsgewährung ohne bestimmte Zeitangabe zu erheben. Darüber hinaus steht ihm zur Durchsetzung eines Urlaubsanspruches auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach §§ 935, 940 Zivilprozessordnung (ZPO) offen (vgl. hierzu Kittner/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 68 Rz. 168 ff.). Der Kläger behauptet lediglich, eine entsprechende Klage sei wegen der Auftragslage und seiner Stellung im Betrieb nicht erfolgversprechend gewesen. Eine sich daraus zwingend ergebende Schutzlosigkeit kann der Senat jedoch nicht erkennen, zumal der Kläger offensichtlich einen konkreten Versuch der ernsthaften Durchsetzung seines Anspruches auf Freistellung nicht unternommen hat. Dies gilt umso mehr für einen Zeitraum, als der Kläger sein Arbeitsverhältnis bereits gekündigt hatte. Die Kündigung wurde von ihm bereits vor Eintritt des Insolvenzereignisses ausgesprochen. Ohne seinen zu diesem Zeitpunkt bestehenden Anspruch auf Erholungsurlaub zu verwirklichen, hat er jedoch nach seiner Kündigung und auch nach Eintritt des Insolvenzereignisses mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1.06.2001 bis zu seiner Freistellung weitergearbeitet.
Schon aus diesen Gründen sieht der Senat weder Veranlassung für eine einschränkende Auslegung der Vorschrift, noch, nach Art. 100 GG zu verfahren. Der geltend gemachte Verstoß gegen Art. 3, 6 und 14 GG liegt nicht vor. Die Regelungen über das Insolvenzgeld haben nicht zum Ziel, dem Arbeitnehmer einen Ausgleich für jede im Zusammenhang mit der Insolvenz nicht erfüllte Forderung aus dem Arbeitsverhältnis zu verschaffen. Das Insolvenzgeld umfasst vielmehr nur einen Teil der denkbaren Ansprüche, weil es auf Arbeitentgeltansprüche in Höhe des Nettoentgelts der letzte drei Monate vor Eintritt des Insolvenzgeldereignisses beschränkt ist. Auch Ansprüche nach Eintritt des Insolvenzereignisses sind grundsätzlich ausgenommen und für die Geltendmachung von Insolvenzgeld sind enge Fristen (vgl. die materielle Ausschlussfrist in § 324 Abs. 3 SGB III) gesetzt. Dem Gesetzgeber steht es im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes frei zu entscheiden, welche Forderungen dem Insolvenzgeldzeitraum zuzurechnen sind und welche nicht. Er ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gehalten, jedweden nicht erfüllten Anspruch aus dem privatrechtlichen Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber sozialrechtlich auszugleichen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der zitierten Rechtsprechung des BVerfG vom 06.02.2001 (1 BvR 12/92), da Inhalt der Entscheidung des BVerfG die Prüfung privatrechtlicher Vereinbarungen im Rahmen eines Ehevertrages und die Frage war, inwieweit Abreden zu Lasten eines der Vertragspartner und zu Lasten Dritter der richterlichen Überprüfung und Einschränkung unterliegen. In diesem Rahmen wurden Kriterien richterlicher Nachprüfbarkeit entsprechender Abreden und deren Auswirkungen erörtert. Dies ist mit dem vorliegenden Fall jedoch nicht vergleichbar, weil hier privatrechtliche Vereinbarungen nicht im Streit stehen, sondern die Auslegung einer Norm.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des gewährten Insolvenzgeldes streitig.
Der 1967 geborene Kläger war als Bauleiter bei der Firma G. H. GmbH & Co. KG ab dem 01.04.1999 beschäftigt gewesen. Über das Vermögen seines Arbeitgebers wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Neu-Ulm vom 01.06.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit dem am 20.06.2002 eingegangenen Antrag auf Gewährung von Insolvenzgeld machte der Kläger unter Vorlage einer Insolvenzgeldbescheinigung des Insolvenzverwalters ausstehendes Arbeitsentgelt für die Monate April und Mai 2002 geltend. Das Arbeitsverhältnis wurde durch die Kündigung des Klägers vom 17.05.2002 zum 30.06.2002 beendet. Ab dem 18.06.2002 war er vom Insolvenzverwalter von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt worden. Nachdem die Beklagte zunächst für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.05.2002 Insolvenzgeld in Höhe von 6.629,98 EUR bewilligt hatte (Bescheid v. 28.06.02), änderte sie diesen Bescheid auf den Widerspruch des Klägers mit Teilabhilfebescheid vom 29.08.2002 ab und bewilligte nunmehr Insolvenzgeld auch für die geltend gemachten Zuschläge für Feiertag- und Nachtarbeit unter Berücksichtigung einer berichtigten Insolvenzgeldbescheinigung des Insolvenzverwalters vom 07.08.2002 (insgesamt 6.715,82 EUR). Die erhobenen Einwendungen des Klägers im Hinblick auf die von ihm zusätzlich geltend gemachten Ansprüche auf Urlaubsabgeltung gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.11.2002 zurück. Sie verwies dabei auf § 184 Abs. 1 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), wonach der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Insolvenzgeld für Ansprüche auf Arbeitsentgelt habe, die er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe.
Mit der hiergegen am 12.12.2002 erhobenen Klage hat der Kläger seinen Anspruch weiter verfolgt. Er hat ausgeführt, dass sich aus der Gehaltsabrechnung für den Monat Mai 2002 ein Urlaubsanspruch von insgesamt 45,5 Urlaubstagen ergeben würde. Diese würden sich auf das Jahr 2001 und das gesamte Jahr 2002 beziehen. Dort seien auch noch die Resturlaubstage für das Kalenderjahr 2001 enthalten; es seien ursprünglich 22,5 Arbeitstage Resturlaub gewesen. Davon seien ihm schließlich sieben Arbeitstage als Urlaub gewährt worden. Es verblieben daher 15,5 Urlaubstage für diesen Zeitraum. Bis zum 31.05.2002 hätte er Anspruch auf weitere 2,5 Arbeitstage je Monat, also insgesamt 12,5 Urlaubstage. Für die Zeit von 2001 bis 31.05.2002 würden sich somit insgesamt 28 Urlaubstage ergeben. Er habe wie auch die anderen Arbeitskollegen schon 2001 versucht, seinen Resturlaub für das Jahr 2001 nehmen zu können. Dies sei ihm von Seiten des Arbeitgebers ebenso verwehrt worden wie mehrere weitere Versuche zwischen Januar und März 2002. Gleiches sei ihm auch wegen des Urlaubes 2002 widerfahren. Immer wieder seien die von ihm wiederholt gestellten Urlaubseingaben mit der Begründung auf anstehende Fertigstellungstermine und die starke Auftragslage des Arbeitgebers abgelehnt worden. Ergänzend hat er darauf hingewiesen, dass er nicht einmal Gelegenheit gehabt habe, im Monat Juni 2002 seinen Urlaub zu nehmen. Die Beklagte hat in ihrer Erwiderung auf den Wortlaut des § 184 Abs. 1 Nr. 1 SGB III verwiesen, der einen Anspruch auf Insolvenzgeld für eine Urlaubsabgeltung ausschließe. Dabei hat sie sich auch auf ein Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 20.02.2002 (B 11 AL 71/01 R) bezogen.
Mit Urteil vom 01.09.2004 hat das Sozialgericht Ulm (SG) die Klage abgewiesen. Das SG hat ausgeführt, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung unabhängig von der Frage, ob er dem insolvenzgeldfähigen Zeitraum zugeordnet werden könne, jedenfalls gemäß § 184 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ausgeschlossen sei. Es verwies auf § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Danach sei der Urlaub abzugelten, wenn er "wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden könne". Damit werde der Grundsatz manifestiert, dass eine Urlaubsabgeltung grundsätzlich unzulässig sei, solange die Gewährung bezahlter Freizeit möglich sei. Erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses könne sich daher der noch nicht erfüllte Urlaubsanspruch in einen Abgeltungsanspruch umwandeln. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift des § 184 SGB III und des § 7 Abs. 4 BUrlG sei daher der Urlaubsabgeltungsanspruch vom Anspruchsausschluss des § 184 SGB III erfasst. Außerdem hat das SG auf die Gesetzesmaterialien verwiesen. Daraus ergebe sich, dass der Gesetzgeber den Anspruch auf Insolvenzgeld explizit für die Urlaubsabgeltung habe ausschließen wollen.
Gegen das dem Kläger am 15.09.2004 zugestellte Urteil hat er am 15.10.2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung seiner Berufung macht er geltend, dass die Urlaubsabgeltung grundsätzlich insolvenzgeldfähig sei. Für die Frage der Anwendbarkeit der Vorschrift des § 184 SGB III sei die Frage nach dem Zeitpunkt seiner Entstehung entscheidend. Er verweise auf die Rechtsprechung des BSG noch zu § 141b Arbeitsförderungsgesetz (AFG), wo es noch angenommen habe, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehe, sondern bereits als bedingter Anspruch in der Zeit vor dessen Beendigung. § 184 Abs. 1 Nr. 1 SGB III komme daher nicht zum Tragen mit der Folge, dass ihm die beantragte Entschädigung nach der Vorschrift des § 183 SGB III zustehe. Dem angefochtenen Urteil könne nicht gefolgt werden, soweit es die Urlaubsabgeltung erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses annehmen wolle. Das Urteil übersehe, dass die Urlaubsabgeltung wegen der speziellen Regelung in § 143 Abs. 2 SGB III nicht unter § 143a Abs. 1 Satz 1 SGB III falle. Damit scheide die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 184 SGB III ebenfalls aus. Mit der vom SG vorgenommenen Auslegung stünde auch die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift insgesamt auf dem Prüfstand. Es sei bereits dargelegt worden, dass er seinen streitgegenständlichen Urlaubsanspruch rechtzeitig und nachhaltig gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht habe. Der Arbeitgeber habe dies wegen der Auftragslage abgewiesen, der Urlaub sei ihm nicht gewährt worden. Das Urteil verkenne die Zwangslage, in der er sich eindeutig befunden habe. In seiner Stellung als Bauleiter sei er nicht oder zumindest nicht ohne weiteres ersetzbar gewesen. Nach Abweisung des Urlaubsgesuchs hätte er den Urlaub keinesfalls eigenmächtig antreten dürfen, er hätte vielmehr versuchen müssen, ihn im Wege einer entsprechenden arbeitsgerichtlichen Klage durchzusetzen. Angesichts der dargelegten Auftragslage und seiner Stellung als Bauleiter wäre es allerdings zweifelhaft gewesen, ob er hierbei obsiegt hätte. Denn die Erfolgsaussicht einer solchen Klage sei nur gegeben, wenn der Gewährung des Urlaubs keine dringenden betrieblichen Gründe entgegengestanden hätten. Dies sei aber gerade der Fall gewesen, weshalb ihm somit keine rechtlichen Möglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten, um seinen bestehenden Urlaubsanspruch durchzusetzen. Er sei durch das geltende Arbeitsrecht schutzlos gestellt und diese Schutzlosigkeit manifestiere sich, wenn die Rechtsauffassung des angefochtenen Urteils zutreffe, nunmehr auch auf dem Gebiet des Sozialrechts. Der Staat sei aber verpflichtet, seinen Bürgern Rechtsschutz zu gewähren; die Vorschrift des § 184 SGB III bedürfe daher einer richterlichen Korrektur. In diesem Zusammenhang hat der Kläger auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verwiesen, wo es um die Frage der Wirksamkeit von Eheverträgen im Spannungsfeld zwischen der Schutzbedürftigkeit und Unterlegenheit des einen und der Dominanz des anderen Ehepartners einerseits und dem Rechtsinstitut der Vertragsfreiheit andererseits gegangen sei. Das BVerfG habe ausgeführt, dass aus grundrechtlichen Erwägungen heraus die Vertragsautonomie durch richterliche Nachprüfbarkeit eingeschränkt werden könne. Dies gelte insbesondere dann, wenn ein sachgerechter Interessenausgleich nicht vorliege. Die Gesetzeslage nach Auffassung des angefochtenen Urteiles zementiere darüber hinaus eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmeransprüchen. Dies sei verfassungsrechtlich bedenklich. Der Normbereich des Art. 3 Grundgesetz (GG) sei nachhaltig tangiert, weil er durch die rechtliche Schutzlosigkeit gegenüber demjenigen Arbeitnehmer benachteiligt werde, der wegen seiner gegenüber ihm nicht so exponierten Position oder auch sonstigen Zufälligkeiten heraus seinen Urlaub gewährt erhalten habe. Der Arbeitnehmer werde im Grunde dadurch seines Urlaubsanspruches per Gesetz enteignet. Nach Artikel 14 GG bedürfe es aber dafür einer Rechtsgrundlage, die auch die Entschädigung einer solchen Enteignung regelt. Eine solche sei nicht erkennbar. Eine Entschädigungsregelung könne nur dadurch eintreten, dass die enge Auffassung im angefochtenen Urteil erweitert und der Urlaubsabgeltungsanspruch im vorliegenden Fall nicht der Regelung des § 184 SGB III unterworfen werde. Durch die Nichtgewährung des Urlaubs ohne die Möglichkeit der Abgeltung, wäre der Kläger im Übrigen in seinem Grundrecht nach Artikel 1 GG zumindest insoweit verletzt, als dass er durch die bestehende arbeitsrechtliche Verpflichtung nicht die Arbeit niederlegen könne, sondern zur Weiterarbeit verpflichtet sei, für die er keine Gegenleistung erhalte. Denn sein Schaden realisiere sich erst in dem Augenblick, in dem das Arbeitsverhältnis beendet sei. Würde das Ergebnis des angefochtenen Urteiles hingenommen, würde der Arbeitnehmer dem Grunde nach zur entschädigungslosen Arbeit verpflichtet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 01.September 2004 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides vom 28. Juni 2002 in Gestalt des Teil-Abhilfebescheides vom 29. August 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2002 die Beklagte zu verurteilen, ihm höheres Insolvenzgeld unter Berücksichtigung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs für 28 Tage zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist nochmals auf die Rechtsprechung des BSG in der Entscheidung vom 20.02.2002.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Die Akten der Beklagten, des SG Ulm (S 6 Al 3098/02) und die Senatsakte haben vorgelegen. Auf diese wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden kann, bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen und entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung höheren Insolvenzgeldes hat. Die Beklagte hat nach der berichtigten Insolvenzgeldbescheinigung des Insolvenzverwalters vom 07.08.2002 insgesamt 6.715,82 EUR für die Zeit vom 01.04.2002 bis 30.04.2002 und 01.05.2002 bis 31.05.2002 bewilligt. Ein weitergehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Insbesondere erhöht sich das gewährte Insolvenzgeld nicht um die von ihm geltend gemachte Urlaubsabgeltung. Ein solcher Anspruch gegenüber seinem Arbeitgeber soll in einem Umfang von 15,5 Tagen noch für das Jahr 2001 und in einem Umfang von 12,5 Tagen für das Jahr 2002 bestanden haben. Anlass, Feststellungen zu Grund und Umfang dieses Anspruches zu treffen, besteht jedoch nicht, weil das SG zu Recht entschieden hat, dass dieser Anspruch gemäß § 184 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ausgeschlossen ist. Die Einwendungen des Klägers vermögen den Senat nicht zu überzeugen. Denn es besteht kein Zweifel, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch ein Anspruch des Klägers gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber ist, der nicht nur anlässlich sondern gerade wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht.
Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung setzt nach § 7 Abs. 4 BUrlG die Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus. Er entsteht daher auch erst mit der Beendigung. Allgemein ausgedrückt besteht ein Anspruch "wegen" der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dann, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die wesentliche Bedingung für den Anspruch ist oder der Anspruch dem Arbeitnehmer gerade nicht zustehen würde, wenn das Arbeitsverhältnis nicht beendet worden wäre (so BSG, Urt. v. 20.02.2002 - B 11 AL 71/01 R in SozR 3-4300 §184 Nr. 1). Die wesentliche Bedingung ist auch hier erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingetreten (und im Übrigen auch nicht schon zum Zeitpunkt des Eintritts des Insolvenzereignisses, weil der Kläger über dieses hinaus gearbeitet hat). Diese kausale Verknüpfung folgt bereits aus dem eindeutigen Wortlautes in § 7 Abs. 4 BUrlG, der den Rechtsgrund für einen Urlaubsabgeltungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber regelt. Ein vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eventuell bestehender bedingter Anspruch reicht dagegen nicht aus (BSG a.a.O.).
Der Kläger kann sich daher auch nicht auf die Rechtsprechung des BSG zu § 141b AFG berufen. In einer früheren Entscheidung (BSG 30.11.1977 - 12 RAr 99/76) hatte das BSG zu § 141b AFG angenommen, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht, sondern bereits als bedingter Anspruch in der Zeit vor dessen Beendigung. Diese Rechtsprechung war wieder aufgegeben worden (vgl. BSG 20.02.02, a.a.O.) und wird vom BSG zu Recht auch im Rahmen des § 184 SGB III nicht fortgeführt. Denn es kommt im Rahmen des § 184 Abs. 1 Nr. 1 SGB III nicht darauf an, wann ein Anspruch als bedingter Anspruch entsteht, maßgeblich ist vielmehr, dass der Arbeitnehmer diesen Anspruch "wegen" der Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich hat. Dieser Anspruch besteht also solange nicht, bis die aufschiebende Bedingung eingetreten ist.
An dieser Rechtsprechung hat das BSG i.Ü. in seiner Entscheidung vom 19.10.2004 (B 11 AL 179/04 B) ausdrücklich festgehalten und nochmals ausgeführt, dass eine bereits entschiedene Rechtsfrage erst dann wieder klärungsbedürftig werden könne, wenn der Rechtsauffassung des BSG in nicht geringfügigem Umfang widersprochen werde oder wesentlich neue Gesichtspunkte gegen die Auffassung des BSG vorgebracht würden. Dem diesbezüglichen Erfordernis der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde werde nicht dadurch genügt, dass die (überarbeitete) Auffassung von Autoren dargestellt werde, zu der das BSG in der vorliegenden Entscheidung bereits Stellung genommen habe. Das BSG hat sich auch ausdrücklich nicht der von Gagel vertretenen Auffassung (ZIP 2000, 257, 258) angeschlossen. Zu Recht weist es darauf hin, dass der Hinweis, die Urlaubsabgeltung falle wegen der speziellen Regelung in § 143 SGB III nicht unter § 143a Abs. 1 Satz 1 SGB III, für die Beurteilung im Rahmen des § 184 SGB III ohne Bedeutung ist, weil sowohl § 143 SGB III als auch § 143a SGB III die Formulierung "wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses" enthielten. Ist aber auf das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhanges abzustellen, so muss dies unabhängig davon gelten, so das BSG, ob sich eine Vorschrift wie z.B. § 143a SGB III wegen der Existenz einer Sonderbestimmung nicht auf die Urlaubsabgeltung bezieht. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist die wesentliche Bedingung für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass diese Auslegung dem Willen des Gesetzgebers entspricht. In der Begründung zum Entwurf des Arbeitsförderungsreformgesetzes wurde zum späteren § 184 SGB III ausgeführt, die Vorschrift entspreche "weitgehend §§ 141b Abs. 1 Satz 3, 141c Satz 1", schließe jedoch den Anspruch auf Insolvenzgeld für die Urlaubsabgeltung und die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus aus (Bundestags-Drucksache 13/4941 S. 188).
Die geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht. Dies gilt zunächst für die geltend gemachte (arbeitsrechtliche) Schutzlosigkeit des Klägers, die dazu führen müsse, dass die Rechtsprechung zu § 184 SGB III restriktiv auszulegen habe. Eine solche Schutzlosigkeit besteht nicht. Denn wie der Kläger selbst ausgeführt hat, bestehen durchaus arbeitsgerichtliche Möglichkeiten der Durchsetzung des Anspruches auf Erholungsurlaub. Dabei steht es ihm arbeitsrechtlich grundsätzlich offen, den Zeitraum der Urlaubsgewährung konkret einzuklagen, oder - wenn es ihm nur darum gehen sollte, überhaupt seinen Urlaubsanspruch durchsetzen zu wollen - eine Klage auf Urlaubsgewährung ohne bestimmte Zeitangabe zu erheben. Darüber hinaus steht ihm zur Durchsetzung eines Urlaubsanspruches auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach §§ 935, 940 Zivilprozessordnung (ZPO) offen (vgl. hierzu Kittner/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 68 Rz. 168 ff.). Der Kläger behauptet lediglich, eine entsprechende Klage sei wegen der Auftragslage und seiner Stellung im Betrieb nicht erfolgversprechend gewesen. Eine sich daraus zwingend ergebende Schutzlosigkeit kann der Senat jedoch nicht erkennen, zumal der Kläger offensichtlich einen konkreten Versuch der ernsthaften Durchsetzung seines Anspruches auf Freistellung nicht unternommen hat. Dies gilt umso mehr für einen Zeitraum, als der Kläger sein Arbeitsverhältnis bereits gekündigt hatte. Die Kündigung wurde von ihm bereits vor Eintritt des Insolvenzereignisses ausgesprochen. Ohne seinen zu diesem Zeitpunkt bestehenden Anspruch auf Erholungsurlaub zu verwirklichen, hat er jedoch nach seiner Kündigung und auch nach Eintritt des Insolvenzereignisses mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1.06.2001 bis zu seiner Freistellung weitergearbeitet.
Schon aus diesen Gründen sieht der Senat weder Veranlassung für eine einschränkende Auslegung der Vorschrift, noch, nach Art. 100 GG zu verfahren. Der geltend gemachte Verstoß gegen Art. 3, 6 und 14 GG liegt nicht vor. Die Regelungen über das Insolvenzgeld haben nicht zum Ziel, dem Arbeitnehmer einen Ausgleich für jede im Zusammenhang mit der Insolvenz nicht erfüllte Forderung aus dem Arbeitsverhältnis zu verschaffen. Das Insolvenzgeld umfasst vielmehr nur einen Teil der denkbaren Ansprüche, weil es auf Arbeitentgeltansprüche in Höhe des Nettoentgelts der letzte drei Monate vor Eintritt des Insolvenzgeldereignisses beschränkt ist. Auch Ansprüche nach Eintritt des Insolvenzereignisses sind grundsätzlich ausgenommen und für die Geltendmachung von Insolvenzgeld sind enge Fristen (vgl. die materielle Ausschlussfrist in § 324 Abs. 3 SGB III) gesetzt. Dem Gesetzgeber steht es im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes frei zu entscheiden, welche Forderungen dem Insolvenzgeldzeitraum zuzurechnen sind und welche nicht. Er ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gehalten, jedweden nicht erfüllten Anspruch aus dem privatrechtlichen Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber sozialrechtlich auszugleichen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der zitierten Rechtsprechung des BVerfG vom 06.02.2001 (1 BvR 12/92), da Inhalt der Entscheidung des BVerfG die Prüfung privatrechtlicher Vereinbarungen im Rahmen eines Ehevertrages und die Frage war, inwieweit Abreden zu Lasten eines der Vertragspartner und zu Lasten Dritter der richterlichen Überprüfung und Einschränkung unterliegen. In diesem Rahmen wurden Kriterien richterlicher Nachprüfbarkeit entsprechender Abreden und deren Auswirkungen erörtert. Dies ist mit dem vorliegenden Fall jedoch nicht vergleichbar, weil hier privatrechtliche Vereinbarungen nicht im Streit stehen, sondern die Auslegung einer Norm.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved