Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 88 SO 3734/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 30/08 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
keine Meldepflicht des Sozialhilfeträgers im Rahmen des § 264 SGB V bei Kassenwahl durch den Hilfebedürftigen
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 09. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Dem Antragsteller wurden bis 31. Oktober 2007 vom Antragsgegner Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gewährt, er war zumindest bis einschließlich Oktober 2007 bei der T Krankenkasse Berlin-Brandenburg - – als Leistungsbezieher gemeldet. Für November 2007 wurden dem Antragsteller keine Leistungen nach dem SGB XII bewilligt. Seit Dezember 2007 bezieht er wiederum Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von dem Antragsgegner, die bis 31. März 2008 bewilligt worden sind. Am 20. Dezember 2007 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Berlin beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, unverzüglich bei der T Krankenkasse anzumelden und dem Antragsteller hierüber eine verbindliche Erklärung abzugeben. Weiterhin hat der Antragsteller die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das sozialgerichtliche Verfahren beantragt.
Mit Beschluss vom 09. Januar 2008 hat das Sozialgericht Berlin die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Zur Begründung hat das Sozialgericht u. a. ausgeführt, der Antragsgegner sei nicht verpflichtet, den Antragsteller bei der T anzumelden. Eine Pflicht des Sozialhilfeträgers zur Anmeldung des Hilfesuchenden ergebe sich nicht aus dem Gesetz.
Mit seiner hiergegen am 25. Januar 2008 erhobenen sofortigen Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Entscheidung vom 29. Januar 2008), verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 09. Januar 2008 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller unverzüglich bei der T Krankenkasse anzumelden und dem Antragsteller hierüber eine verbindliche Erklärung abzugeben.
Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er vertritt, nachdem er dem Antragsteller Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Monate Januar bis März 2008 bewilligt hat, die Auffassung, durch die Einstellung der Sozialhilfe zum 01. November 2007 bestehe ein Anspruch auf Krankenbehandlung gegenüber der Krankenkasse aus einer Pflichtmitgliedschaft nach § 5 SGB V. Eine Anmeldung nach § 264 SGB V sei daher ausgeschlossen.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Gerichtsakten zu den Rechtsstreiten des Antragstellers vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 23 B 277/07 SO ER, L 23 B 244/ 07 SO ER, L 23 SO 238/07 SO ER und L 9 KR 441/07 sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Die eingelegte Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Im vorliegenden Fall ist ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Wie schon das Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich aus dem Gesetz keine Verpflichtung des Antragsgegners, den Antragsteller bei der T (oder einer anderen gesetzlichen Krankenkasse) anzumelden. Eine solche "Meldepflicht" ergibt sich insbesondere nicht aus § 264 Abs. 2 SGB V. Danach wird die Krankenbehandlung von Empfängern von Leistungen nach dem dritten bis neunten Kapitel des SGB XII und damit auch von Empfängern von Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von der Krankenkasse übernommen. Voraussetzung hierfür ist, dass eine Meldung des Leistungsempfängers zur gesetzlichen Krankenkasse vorliegt. Der Antragsteller hat gegenüber der von ihm gewählten Krankenkasse, der T, angezeigt, dass er diese als seine gesetzliche Krankenkasse gewählt hat. Somit liegt eine Kassenwahl vor, der Antragsteller hat entsprechend § 264 Abs. 3 Satz 1 SGB V die T gewählt. Damit kann eine Krankenbehandlung über § 264 Abs. 2 SGB V von der gewählten Krankenkasse grundsätzlich beansprucht werden, einer weiteren Meldung durch den Antragsgegners bedarf es nach dem Gesetz nicht (so auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg vom 07. November 2007, L 9 B 519/07 KR ER, juris Rd. Nr. 6). Nur wenn von dem bestehenden Wahlrecht nach § 264 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB V kein Gebrauch gemacht wird, ist der Sozialhilfeträger zu einer Meldung bei der letzten gesetzlichen Krankenkasse verpflichtet (§ 264 Abs. 3 Satz 3 SGB V i.V.m. § 175 Abs. 3 Satz 2 SGB V). So liegt der Fall hier jedoch nicht vor, so dass es an einem Anordnungsanspruch für den begehrten Erlass einer einstweiligen Anordnung fehlt. Auch für einen - vor dem Sozialgericht offenbar nicht gestellten – Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen der Krankenhilfe fehlt es an einem Anordnungsanspruch gegen den Antragsgegner.
Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt besteht ein Anspruch auf Krankenhilfe nach §§ 48 ff SGB XII gegen den Antragsgegner. Dabei konnte der Senat letztlich offenlassen, ob der Antragsteller Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 264 Abs. 2 SGB V hat oder ein Anspruch auf Krankenbehandlung aus einer Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 SGB V folgt, wovon offenbar der Antragsgegner ausgeht. Jedenfalls hat der Antragsteller, sollte eine Pflichtmitgliedschaft von der von dem Antragsteller gewählten Krankenkasse, der T, nicht angenommen werden, aufgrund seines Leistungsbezuges nach dem SGB XII jedenfalls gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Krankenbehandlung aus § 264 Abs. 2 SGB V. Geht ein aus einer Pflichtmitgliedschaft resultierender Anspruch auf Krankenbehandlung bereits nach § 2 Abs. 1 SGB XII den Hilfen bei Krankheit nach dem SGB XII vor, ergibt sich der Vorrang der Leistungen bei Krankheit nach § 264 SGB V bereits aus § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Hierauf hat der Senat bereits mit seinem Beschluss vom 07. Dezember 2007 in dem Rechtsstreit L 23 B 244/07 SO ER hingewiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Dem Antragsteller wurden bis 31. Oktober 2007 vom Antragsgegner Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gewährt, er war zumindest bis einschließlich Oktober 2007 bei der T Krankenkasse Berlin-Brandenburg - – als Leistungsbezieher gemeldet. Für November 2007 wurden dem Antragsteller keine Leistungen nach dem SGB XII bewilligt. Seit Dezember 2007 bezieht er wiederum Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von dem Antragsgegner, die bis 31. März 2008 bewilligt worden sind. Am 20. Dezember 2007 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Berlin beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, unverzüglich bei der T Krankenkasse anzumelden und dem Antragsteller hierüber eine verbindliche Erklärung abzugeben. Weiterhin hat der Antragsteller die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das sozialgerichtliche Verfahren beantragt.
Mit Beschluss vom 09. Januar 2008 hat das Sozialgericht Berlin die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Zur Begründung hat das Sozialgericht u. a. ausgeführt, der Antragsgegner sei nicht verpflichtet, den Antragsteller bei der T anzumelden. Eine Pflicht des Sozialhilfeträgers zur Anmeldung des Hilfesuchenden ergebe sich nicht aus dem Gesetz.
Mit seiner hiergegen am 25. Januar 2008 erhobenen sofortigen Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Entscheidung vom 29. Januar 2008), verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 09. Januar 2008 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller unverzüglich bei der T Krankenkasse anzumelden und dem Antragsteller hierüber eine verbindliche Erklärung abzugeben.
Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er vertritt, nachdem er dem Antragsteller Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Monate Januar bis März 2008 bewilligt hat, die Auffassung, durch die Einstellung der Sozialhilfe zum 01. November 2007 bestehe ein Anspruch auf Krankenbehandlung gegenüber der Krankenkasse aus einer Pflichtmitgliedschaft nach § 5 SGB V. Eine Anmeldung nach § 264 SGB V sei daher ausgeschlossen.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Gerichtsakten zu den Rechtsstreiten des Antragstellers vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 23 B 277/07 SO ER, L 23 B 244/ 07 SO ER, L 23 SO 238/07 SO ER und L 9 KR 441/07 sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Die eingelegte Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Im vorliegenden Fall ist ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Wie schon das Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich aus dem Gesetz keine Verpflichtung des Antragsgegners, den Antragsteller bei der T (oder einer anderen gesetzlichen Krankenkasse) anzumelden. Eine solche "Meldepflicht" ergibt sich insbesondere nicht aus § 264 Abs. 2 SGB V. Danach wird die Krankenbehandlung von Empfängern von Leistungen nach dem dritten bis neunten Kapitel des SGB XII und damit auch von Empfängern von Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von der Krankenkasse übernommen. Voraussetzung hierfür ist, dass eine Meldung des Leistungsempfängers zur gesetzlichen Krankenkasse vorliegt. Der Antragsteller hat gegenüber der von ihm gewählten Krankenkasse, der T, angezeigt, dass er diese als seine gesetzliche Krankenkasse gewählt hat. Somit liegt eine Kassenwahl vor, der Antragsteller hat entsprechend § 264 Abs. 3 Satz 1 SGB V die T gewählt. Damit kann eine Krankenbehandlung über § 264 Abs. 2 SGB V von der gewählten Krankenkasse grundsätzlich beansprucht werden, einer weiteren Meldung durch den Antragsgegners bedarf es nach dem Gesetz nicht (so auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg vom 07. November 2007, L 9 B 519/07 KR ER, juris Rd. Nr. 6). Nur wenn von dem bestehenden Wahlrecht nach § 264 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB V kein Gebrauch gemacht wird, ist der Sozialhilfeträger zu einer Meldung bei der letzten gesetzlichen Krankenkasse verpflichtet (§ 264 Abs. 3 Satz 3 SGB V i.V.m. § 175 Abs. 3 Satz 2 SGB V). So liegt der Fall hier jedoch nicht vor, so dass es an einem Anordnungsanspruch für den begehrten Erlass einer einstweiligen Anordnung fehlt. Auch für einen - vor dem Sozialgericht offenbar nicht gestellten – Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen der Krankenhilfe fehlt es an einem Anordnungsanspruch gegen den Antragsgegner.
Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt besteht ein Anspruch auf Krankenhilfe nach §§ 48 ff SGB XII gegen den Antragsgegner. Dabei konnte der Senat letztlich offenlassen, ob der Antragsteller Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 264 Abs. 2 SGB V hat oder ein Anspruch auf Krankenbehandlung aus einer Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 SGB V folgt, wovon offenbar der Antragsgegner ausgeht. Jedenfalls hat der Antragsteller, sollte eine Pflichtmitgliedschaft von der von dem Antragsteller gewählten Krankenkasse, der T, nicht angenommen werden, aufgrund seines Leistungsbezuges nach dem SGB XII jedenfalls gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Krankenbehandlung aus § 264 Abs. 2 SGB V. Geht ein aus einer Pflichtmitgliedschaft resultierender Anspruch auf Krankenbehandlung bereits nach § 2 Abs. 1 SGB XII den Hilfen bei Krankheit nach dem SGB XII vor, ergibt sich der Vorrang der Leistungen bei Krankheit nach § 264 SGB V bereits aus § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Hierauf hat der Senat bereits mit seinem Beschluss vom 07. Dezember 2007 in dem Rechtsstreit L 23 B 244/07 SO ER hingewiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
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