Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 1013/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 1553/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 28.02.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Lendenwirbelsäulenerkrankung des Klägers als Berufskrankheit festzustellen ist.
Der 1954 geborene Kläger war von 1977 bis 1999 bei verschiedenen Arbeitgebern als Facharbeiter bzw. Vorarbeiter im Tiefbau/Straßenbau beschäftigt. Im November 2003 wandte er sich an die W. B.-Berufsgenossenschaft, eine Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden nur noch Beklagte), wegen seiner Auffassung nach berufsbedingt aufgetretenen Rückenschmerzen. Die Beklagte trat in ein Feststellungsverfahren ein. Sie holte von der Innungskrankenkasse L. die Vorerkrankungsverzeichnisse vom 26.03. und 13.05.2004 ein, zog von denen behandelnden Ärzten Arztunterlagen bei und veranlasste die Stellungnahme ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 11.03.2004, in dem auf die Dokumentation des Belastungsumfangs der Helfer im Tiefbau sowie Straßenbau verwiesen wurde.
Auf der Grundlage der beratungsärztlichen Äußerung von Dr. K. vom 23.06.2004, der den beigezogenen ärztlichen Befundberichten keine vorauseilenden degenerativen Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule (LWS) entnehmen konnte, lehnte die sich für zuständig erklärende T.-Berufsgenossenschaft, ebenfalls eine Rechtsvorgängerin der Beklagten, mit Bescheid vom 10.09.2004 die Gewährung von Leistungen wegen der geltend gemachten Berufskrankheit ab, denn eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 (Bandscheibenerkrankung der LWS nach langjährigem Heben und Tragen bzw. extremer Rumpfbeugehaltung) der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) liege nicht vor.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2004 zurückgewiesen.
Der Kläger hat beim Sozialgericht H. Klage hiergegen erhoben, das mit Urteil vom 25.02.2005 den angefochtenen Ablehnungsbescheid aufhob. Es seien nach Art und Umfang noch erhebliche Ermittlungen erforderlich, die die Beklagte bislang noch nicht vorgenommen habe. Im TAD-Bericht vom 11.03.2004 bleibe offen, ob die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit erfüllt seien, insbesondere eine Berechnung nach dem Mainz-Dortmunder-Dosis Model (MDD) sei nicht durchgeführt worden. Weshalb die beigezogenen Arztbefunde mit Hinweisen auf eine leichte Spinalkanalstenose und ausgeprägten Protrusionen der Wirbelkörpersegmente L 3/4 und L 4/5 keine chronisch rezidivierenden Beschwerden, wie im angefochtenen Bescheid behauptet, rechtfertigten, beruhe nach Aktenlage nicht auf der nachprüfbaren Aussage eines medizinisches Gutachtens.
Die Beklagte veranlasste die weiteren Angaben des Klägers vom 09.08.2005 zu seinen Beschäftigungsverhältnissen und die Angaben des Arbeitgebers zum letzten Beschäftigungsverhältnis des Klägers vom 03.06.1998 bis Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit am 06.10.1999 (Angaben vom 24.08.2005). Der Technische Aufsichtsbeamte Dipl.-Ing. A. ermittelte nach seiner Dosisberechnung entsprechend dem MDD eine Gesamt-Dosisbelastung von ca. 18.000.000 Newton-Stunden (Nh) für die Belastungen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108.
Mit Bescheid vom 25.11.2005 lehnte die Beklagte erneut Leistungen ab, denn eine Berufskrankheiten nach Nr. 2108 liege nicht vor. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen werde der Lebensdosiswert von mindestens 25.000.000 Nh nicht erreicht.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2006 zurückgewiesen.
Der Kläger hat am 15.03.2006 beim Sozialgericht H. Klage erhoben.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen das orthopädische Gutachten vom 21.09.2006 eingeholt. Darin hat der Sachverständige Prof. Dr. C. eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 verneint. Im Bereich der LWS bestehe eine eingeschränkte Möglichkeit der Rückneigung bei freier Beweglichkeit in den übrigen Bewegungsebenen. Hinweise auf eine Reizung der ausgehenden Nervenwurzeln seien nicht zu erheben gewesen. Gefühlsstörungen in den Beinen seien keinem eindeutigen Versorgungsgebiet einer oder mehrerer ausgehenden Nervenwurzeln der Lendenwirbelsäule zuzuordnen gewesen. Der Befund entspreche der kernspintomografisch gesicherten Vorwölbung der Bandscheibe im Segment L 3/4 und L 4/5. Nach dem gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Diskussion gehe das jahrzehntelange Heben und Tragen von schweren Lasten oder das Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung mit entsprechenden Anpassungserscheinungen einher. Hinweise auf solche belastungsadaptive Veränderungen und ein hieraus resultierendes belastungskonformes Schadensbild läge bei der Wirbelsäule des Klägers nicht vor. Die LWS zeige eher altersunterdurchschnittliche Veränderungen. Auch die Hals- und Brustwirbelsäule (HWS, BWS) zeigten keine altersvorauseilenden degenerativen Veränderungen. Eine im Jahre 1999 diagnostizierte ausgeprägte Vorwölbung des LWS-Segments L 3/4 und ein kleiner Vorfall bei L 4/5 sei bei dem damals 45 Jahre alten Kläger nicht unbedingt als der altersgemäßen Norm vorauseilend zu bezeichnen. Die beim Kläger diagnostizierte Wurzelreizsymptomatik beruhe auch nicht allein auf der Vorwölbung der Bandscheibe, sondern auch auf einer Verdickung der gelben Bänder, die zusätzlich zu einer Einengung der Nervenwurzelaustrittslöcher führten. Zusammenfassend spreche für eine bandscheibenbedingte Erkrankung i. S. der Nr. 2108 der 1999 diagnostizierte Bandscheibenvorfall, dagegen spreche aber die fehlenden belastungsadaptiven Veränderungen, das fehlende belastungskonforme Schadensbild, die eher altersdurchschnittlichen degenerativen Veränderungen und das Auftreten der Beschwerden in der 5. Lebensdekade sowie die konkurrierenden Faktor wie die Verdickung der gelben Bänder und eine knöcherne Wucherung der Wirbelbogengelenke im Segment L 5/S 1 als Hinweis für eine anlagebedingte Komponente der Einengung des Rückenmarkskanals.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 28.02.2007 die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf das Gutachten von Prof. Dr. C. gestützt.
Gegen den dem Kläger am 05.03.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 23.03.2007 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, er leide unstreitig an einem degenerativen Lumbalsyndrom mit segmentaler Spinalkanalstenose bei L 4/5. Entgegen dem Gutachten von Prof. Dr. C. bestehe ein klarer zeitlicher und situativer Zusammenhang mit seiner Berufstätigkeit als Bauarbeiter. Dies werde augenscheinlich in dem Umstand, dass er Ende der 90er Jahre einen Bandscheibenvorfall erlitten habe und deshalb seine Berufstätigkeit habe aufgeben müssen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts H. vom 28.02.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 25.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.02.2006 aufzuheben und seine Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Anerkennung der geltendgemachten Berufskrankheit scheitere sowohl an den fehlenden arbeitstechnischen wie auch an den fehlenden medizinischen Voraussetzungen. Aus der Stellungnahme des TAD vom 18.11.2005 ergebe sich, dass die beim Kläger errechnete Gesamtbelastungsdosis von 18.060.090 Nh erheblich unter dem Richtwert von 25.000.000 Nh liege. Außerdem seien nach Prof. Dr. C. die bildgebend dargestellten Bandscheibenveränderungen ihrer Ausprägung nach eher als altersunterdurchschnittlich zu bewerten.
Der Senat hat von Prof. Dr. Dr. K. das arbeitsmedizinische Gutachten vom 01.09.2007 eingeholt. Prof. Dr. Dr. K. hat ausgeführt, dass die 22-jährige Tätigkeit des Klägers als Bauhelfer und Baufacharbeiter mit dem für den Kläger ermittelten Wert von 18 x 106 Nh aus biomechanischer Sicht durchaus in der Lage gewesen sei, einen Bandscheibenschaden der LWS zu verursachen. Der Richtwert für eine wirbelsäulengefährdende Tätigkeit nach dem MDD von 25 x 106 Nh, der auch kein Abschnittskriterium darstelle, sei in der kürzlich abgeschlossenen, noch nicht veröffentlichten Deutschen Wirbelsäulenstudie überprüft worden und eine erste orientierende Durchsicht habe Zweifel an einer derartigen Dosis-Wirkungsbeziehung aufkommen lassen. Die medizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit lägen aber nicht vor. Unter Berücksichtigung der Konsensempfehlungen der interdisziplinären Arbeitsgruppe "Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der LWS" sei von der die Berufskrankheit Nr. 2108 ausschließenden Konstellation A 1 auszugehen, da die Exposition zwar ausreichend gewesen sei, eine dem Alter des Klägers vorauseilende bandscheibenbedingte Erkrankung jedoch nicht nachzuweisen sei. Belastungskonforme Veränderungen der LWS seien unter Heranziehung der Tabellenwerte der Konsensempfehlungen nicht zu ermitteln gewesen. Chondrosen und Spondylosen der LWS-Wirbelkörper seien nur im alterstypischen Grad ausgebildet. Umformende Veränderungen der Bandscheiben im Sinne der Protrusion in den Segmenten L 3/4 und L 4/5 stünden im Zusammenhang mit den bildtechnisch nachweisbaren Schmorl schen Knötchen als Äquivalent eines in der Jugend häufig vorkommenden Morbus Scheuermann. Die Schmorl schen Knötchen stellten das Residium eines beim Kläger vorliegenden lokalisierten Reifungs- und Entwicklungsschadens der Gefäße in den Röhrenknochen dar, welches neben den normalen Alterungsvorgängen die Bandscheibendegeneration in diesem Gebiet begünstigt habe. Bei diesen Bandscheibenveränderungen handele es sich nicht um dem Lebensalter des Versicherten vorauseilende Schäden, sondern um alterskonforme Veränderungen innerhalb der Streubreite der Norm. Vorliegend bestehe noch die Besonderheit einer Verdickung eines sich im Wirbelkanal befindlichen Längsbandes (Ligamentum flavum). Das LWS-Syndrom sei durch die Spinalkanal-Stenose infolge der Hypertrophie der gelben Bänder hervorgerufen, zudem durch eine Einengung der seitlichen Ausläufer des Rückenmarkskanals in der Höhe von L 5/S 1 sowie durch eine Spondylarthrose bei L 5. Eine Bandscheibenerkrankung im Rechtssinne liege nicht vor. Die geklagten LWS-Beschwerden beruhten auf einem schicksalsmäßigen Zusammentreffen altersentsprechender dorsaler Bandscheibenvorwölbungen und der genannten anlagebedingten Besonderheiten. Eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 liege nicht vor.
Der Kläger hat die gutachtliche Stellungnahme von Dr. H. vom 01.10.2007 vorgelegt, der zum Gutachten von Prof. Dr. Dr. K. einwandte, es fehle eine Begründung für die Annahme, die Verdickung der Ligamenta flava sei anlagebedingt. Vielmehr sei nach der medizinischen Literatur eine Verdickung der gelben Bänder erst im siebten Lebensjahrzehnt eines Mannes zu erwarten. Beim Kläger sei daher der Befund eine dem Alter vorauseilende Veränderung, der nach der Literatur als Folge einer vermehrten Beanspruchung und Beweglichkeit im betroffenen Bewegungssegment anzusehen sei.
Prof. Dr. Dr. K. hat in seiner Gutachtensergänzung vom 03.11.2007 zu weiteren Beweisfragen des Senats in der Beweisanordnung vom 22.10.2007, auf die Bezug genommen wird, Stellung genommen. Die beim Kläger vorliegende Spondylarthrose im Segment L 3/4 und L 4/5 habe zur Hypertrophie des dortigen gelben Bandes geführt. Eine Verengung des Spinalkanals beginne im Allgemeinen früh, selten jedoch vor der dritten Lebensdekade, gehäuft träten Beschwerden in der 5. und 6. Dekade auf. Nach dem Vorerkrankungsverzeichnis seien erste Lumbalgien beim Kläger ab seinem 40. Lebensjahr aufgetreten, was keine altersüberschreitende unübliche Manifestation der Symptomatik sei. Die Ursache für die Verengung des Spinalkanals sei vorliegend in den anlagebedingten degenerativen Veränderungen, wofür die Schmorl schen Knötchen sprächen, zu sehen. Die Bandhypertrophie stelle somit die Folge der beschriebenen degenerativen Veränderung dar, die sich radiomorphologisch auch nur im Bereich dieser Bewegungssegmente nachweisen lasse. Die Durchsicht der von Dr. H. aufgeführten Literaturstellen habe im Übrigen auch keinen Beleg dafür ergeben, dass berufliche Belastungen zu einer isolierten Bandhypertrophie führe. Der im Dezember 1999 computertomografisch gesicherte Bandscheibenvorfall bei L 4/5 sei nicht als alterstypische Veränderung anzusehen, in nachfolgenden computertomografischen und kernspintomografischen Aufnahmen sei der Prolaps aber nicht mehr aufzufinden. Dies sei dadurch zu erklären, dass häufig Bandscheibenvorfälle durch resorptive Abbauvorgänge zumindest teilweise beseitigt würden. Es habe daher zwar im Dezember 1999 eine Bandscheibenerkrankung des Segmentes L 4/5 bestanden, da in den Krankenlistenauszügen für diesen Zeitpunkt Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit wegen rezidivierender Lumbalgien und eines Wirbelsäulensyndroms dokumentiert seien. Eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 habe aber nicht vorgelegen, da diese Erkrankung unter Berücksichtigung des Vorbestehens der anlagebedingten degenerativen Wirbelsäulenveränderungen nicht ungewöhnlich sei. Die Konsensempfehlungen definierten zwar die radiologischen Kriterien hinsichtlich ihrer Alterstypik, dies bedeute aber nicht, dass im Einzelfall eine danach zwar altersvorauseilende Veränderung bei insbesondere anlagebedingten Vorschäden dennoch nicht auf einer übermäßige berufliche Belastung beruhen müsse.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akten des Sozialgerichts einschließlich der Akten der Kammern eins und sechs zu den dort anhängig gewesenen Renten- und Schwerbehindertenverfahren (S 1 R 3083/05 und S 6 SB 313/04) beigezogen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Unterlagen und die beim Senat angefallene Akte des Berufungsverfahrens verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit.
Der Kläger kann mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage die Feststellung seiner Erkrankung als Berufskrankheit verfolgen (§ 55 Abs. 1 Nr.2 SGG).
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der derzeit u.a. folgende als Berufskrankheiten anerkannte Krankheit aufgeführt ist:
Nr. 2108 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Eine Berufskrankheit liegt nur dann vor, wenn die Gefährdung durch schädigende Einwirkungen ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen ist (haftungsbegründende Kausalität) und durch die schädigende Einwirkung die Krankheit verursacht oder wesentlich verschlimmert worden ist (haftungsausfüllende Kausalität). Wie bei einem Arbeitsunfall müssen auch hier die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u.a. neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen, die Schädigung und die Krankheit gehören, erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (BSGE 19, 52; 32, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287; 58, 80, 83). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9/A 26). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist.
Nach den Ausführungen von Prof. Dr. Dr. K. ist die haftungsbegründende Kausalität einer Berufskrankheiten nach Nr. 2108 im Falle des Klägers zu bejahen. Bei dem bisher geltenden Gesamtdosiswert des MDD von 25 MNh handelt es sich um keinen Grenzwert, sondern allenfalls um einen Orientierungswert, weshalb bei einem Unterschreiten des Orientierungswertes noch nicht zwingend die arbeitstechnischen Voraussetzungen zu verneinen sind (vgl. BSG Urt. vom 19.08.2003 – B 2 U 1/02 R, veröffentlicht in Juris). Nach der bislang nur durch Pressemeldung bekannten, noch nicht mit Entscheidungstext veröffentlichten Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.10.2007 ist auf Grund der durch die Deutsche Wirbelsäulenstudie bekannt gewordenen Schwächen des MDD der Orientierungswert um die Hälfte zu reduzieren (vgl. BSG-Pressemitteilung, Terminbericht Nr. 55/07 zum Urteil vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R). Der vom TAD errechnete Dosiswert von 18 MNh wäre danach ausreichend, was durch die arbeitsmedizinische Einschätzung von Prof. Dr. Dr. K. bestätigt wird.
Dagegen ist die haftungsausfüllende Kausalität der geltend gemachten Berufskrankheit nicht im rechtlich gebotenen Grade wahrscheinlich. Eine Feststellung als Berufskrankheit scheidet somit aus.
Dies ergibt sich aus den überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. C. und Prof. Dr. Dr. K., welche die Bewertungskriterien für die Zusammenhangsbeurteilung für den Senat nachvollziehbar dargelegt haben. Prof. Dr. Dr. K. hat die orthopädischen Befunde von Prof. Dr. C., die er in seiner eigenen Untersuchung des Klägers auch bestätigt fand, berücksichtigt und nach arbeitsmedizinischen Bewertungskriterien beurteilt. Diese Kriterien der unter dem 04.08.2005 veröffentlichten Konsensempfehlungen der interdisziplinären Arbeitsgruppe "Medizinischen Beurteilungskriterien bei den Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule"(Trauma und Berufskrankheit 3, 2005, S. 211 ff) entsprechen zur Überzeugung des Senats der gegenwärtigen herrschenden Meinung der Wissenschaft. Darin wird, worauf Prof. Dr. Dr. K. auch maßgeblich abgestellt hat, als Grundvoraussetzung für die Anerkennung eines Ursachenzusammenhangs eine nachgewiesene bandscheibenbedingte Erkrankung, die ihrer Ausprägung nach alters-untypisch sein muss, gefordert (vgl. Konsensempfehlungen a. a. O., S. 216) und - bei Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen - eine Betonung der Bandscheibenschäden an den unteren drei Segmenten der Lendenwirbelsäule als eher für einen Ursachenzusammenhang der beruflichen Belastung sprechend beurteilt (Konsensempfehlungen a. a. O.).
Die im Tatbestand des Urteils wiedergegebenen übereinstimmenden Untersuchungsbefunde und Schlussfolgerungen der Sachverständigen Prof. Dr. C. und Prof. Dr. Dr. K. waren für den Senat überzeugend. Hinweise auf eine altersvorauseilende Degeneration fanden die Sachverständigen nicht. Prof. Dr. Dr. K. hat nach Maßgabe der Konsensempfehlungen den Grad der Ausprägung der Wirbelsäulenveränderungen anhand der Verlaufserie der röntgenologischen Befunde in der zeitlichen Entwicklung beurteilt und ist danach überzeugend zu dem Ergebnis gekommen, dass die umformenden Veränderungen (Chondrosen und Spondylosen) an den Wirbelkörpern der LWS sowie die Bandscheibenvorwölbungen bei L 3/4 und L 4/5 altersentsprechend sind und keinen Hinweis auf eine belastungsbedingte vorauseilende Wirbelkörperdegeneration ergeben. Allein den 1999 eingetretenen Bandscheibenvorfall im Segment L 4/5, den Prof. Dr. Dr. K. in seiner gutachtlichen ergänzenden Stellungnahme vom 03.11.2007 auch für eine Ende 1999 manifest gewordene Bandscheibenerkrankung mitverantwortlich gemacht hat, hat er nicht als altersentsprechend beurteilt. Er hat für den Senat aber überzeugend dargelegt, dass der Bandscheibenvorfall im Rahmen der von ihm beschriebenen anlagebedingten Entwicklung aufgetreten ist. Damit stimmt im Ergebnis auch die Beurteilung von Prof. Dr. C. überein, der den Bandscheibenvorfall zwar als noch alterstypisch bezeichnet, aber ebenso wie Prof. Dr. Dr. K. den Zusammenhang mit der beruflichen Belastung im Hinblick auf die konkurrierenden Ursachen verneint hat. Der auf die gutachtliche Äußerung des Allgemeinmediziner Dr. H. gestützte Einwand des Klägers, die Verdickung der gelben Bänder sei auf die berufliche Belastung zurückzuführen, hat den Senat nicht zu einer anderen Beurteilung veranlasst. Diesem Einwand hat Professor Dr. Dr. K. in seiner ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar unter Auswertung der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur widersprochen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Lendenwirbelsäulenerkrankung des Klägers als Berufskrankheit festzustellen ist.
Der 1954 geborene Kläger war von 1977 bis 1999 bei verschiedenen Arbeitgebern als Facharbeiter bzw. Vorarbeiter im Tiefbau/Straßenbau beschäftigt. Im November 2003 wandte er sich an die W. B.-Berufsgenossenschaft, eine Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden nur noch Beklagte), wegen seiner Auffassung nach berufsbedingt aufgetretenen Rückenschmerzen. Die Beklagte trat in ein Feststellungsverfahren ein. Sie holte von der Innungskrankenkasse L. die Vorerkrankungsverzeichnisse vom 26.03. und 13.05.2004 ein, zog von denen behandelnden Ärzten Arztunterlagen bei und veranlasste die Stellungnahme ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 11.03.2004, in dem auf die Dokumentation des Belastungsumfangs der Helfer im Tiefbau sowie Straßenbau verwiesen wurde.
Auf der Grundlage der beratungsärztlichen Äußerung von Dr. K. vom 23.06.2004, der den beigezogenen ärztlichen Befundberichten keine vorauseilenden degenerativen Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule (LWS) entnehmen konnte, lehnte die sich für zuständig erklärende T.-Berufsgenossenschaft, ebenfalls eine Rechtsvorgängerin der Beklagten, mit Bescheid vom 10.09.2004 die Gewährung von Leistungen wegen der geltend gemachten Berufskrankheit ab, denn eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 (Bandscheibenerkrankung der LWS nach langjährigem Heben und Tragen bzw. extremer Rumpfbeugehaltung) der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) liege nicht vor.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2004 zurückgewiesen.
Der Kläger hat beim Sozialgericht H. Klage hiergegen erhoben, das mit Urteil vom 25.02.2005 den angefochtenen Ablehnungsbescheid aufhob. Es seien nach Art und Umfang noch erhebliche Ermittlungen erforderlich, die die Beklagte bislang noch nicht vorgenommen habe. Im TAD-Bericht vom 11.03.2004 bleibe offen, ob die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit erfüllt seien, insbesondere eine Berechnung nach dem Mainz-Dortmunder-Dosis Model (MDD) sei nicht durchgeführt worden. Weshalb die beigezogenen Arztbefunde mit Hinweisen auf eine leichte Spinalkanalstenose und ausgeprägten Protrusionen der Wirbelkörpersegmente L 3/4 und L 4/5 keine chronisch rezidivierenden Beschwerden, wie im angefochtenen Bescheid behauptet, rechtfertigten, beruhe nach Aktenlage nicht auf der nachprüfbaren Aussage eines medizinisches Gutachtens.
Die Beklagte veranlasste die weiteren Angaben des Klägers vom 09.08.2005 zu seinen Beschäftigungsverhältnissen und die Angaben des Arbeitgebers zum letzten Beschäftigungsverhältnis des Klägers vom 03.06.1998 bis Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit am 06.10.1999 (Angaben vom 24.08.2005). Der Technische Aufsichtsbeamte Dipl.-Ing. A. ermittelte nach seiner Dosisberechnung entsprechend dem MDD eine Gesamt-Dosisbelastung von ca. 18.000.000 Newton-Stunden (Nh) für die Belastungen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108.
Mit Bescheid vom 25.11.2005 lehnte die Beklagte erneut Leistungen ab, denn eine Berufskrankheiten nach Nr. 2108 liege nicht vor. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen werde der Lebensdosiswert von mindestens 25.000.000 Nh nicht erreicht.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2006 zurückgewiesen.
Der Kläger hat am 15.03.2006 beim Sozialgericht H. Klage erhoben.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen das orthopädische Gutachten vom 21.09.2006 eingeholt. Darin hat der Sachverständige Prof. Dr. C. eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 verneint. Im Bereich der LWS bestehe eine eingeschränkte Möglichkeit der Rückneigung bei freier Beweglichkeit in den übrigen Bewegungsebenen. Hinweise auf eine Reizung der ausgehenden Nervenwurzeln seien nicht zu erheben gewesen. Gefühlsstörungen in den Beinen seien keinem eindeutigen Versorgungsgebiet einer oder mehrerer ausgehenden Nervenwurzeln der Lendenwirbelsäule zuzuordnen gewesen. Der Befund entspreche der kernspintomografisch gesicherten Vorwölbung der Bandscheibe im Segment L 3/4 und L 4/5. Nach dem gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Diskussion gehe das jahrzehntelange Heben und Tragen von schweren Lasten oder das Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung mit entsprechenden Anpassungserscheinungen einher. Hinweise auf solche belastungsadaptive Veränderungen und ein hieraus resultierendes belastungskonformes Schadensbild läge bei der Wirbelsäule des Klägers nicht vor. Die LWS zeige eher altersunterdurchschnittliche Veränderungen. Auch die Hals- und Brustwirbelsäule (HWS, BWS) zeigten keine altersvorauseilenden degenerativen Veränderungen. Eine im Jahre 1999 diagnostizierte ausgeprägte Vorwölbung des LWS-Segments L 3/4 und ein kleiner Vorfall bei L 4/5 sei bei dem damals 45 Jahre alten Kläger nicht unbedingt als der altersgemäßen Norm vorauseilend zu bezeichnen. Die beim Kläger diagnostizierte Wurzelreizsymptomatik beruhe auch nicht allein auf der Vorwölbung der Bandscheibe, sondern auch auf einer Verdickung der gelben Bänder, die zusätzlich zu einer Einengung der Nervenwurzelaustrittslöcher führten. Zusammenfassend spreche für eine bandscheibenbedingte Erkrankung i. S. der Nr. 2108 der 1999 diagnostizierte Bandscheibenvorfall, dagegen spreche aber die fehlenden belastungsadaptiven Veränderungen, das fehlende belastungskonforme Schadensbild, die eher altersdurchschnittlichen degenerativen Veränderungen und das Auftreten der Beschwerden in der 5. Lebensdekade sowie die konkurrierenden Faktor wie die Verdickung der gelben Bänder und eine knöcherne Wucherung der Wirbelbogengelenke im Segment L 5/S 1 als Hinweis für eine anlagebedingte Komponente der Einengung des Rückenmarkskanals.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 28.02.2007 die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf das Gutachten von Prof. Dr. C. gestützt.
Gegen den dem Kläger am 05.03.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 23.03.2007 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, er leide unstreitig an einem degenerativen Lumbalsyndrom mit segmentaler Spinalkanalstenose bei L 4/5. Entgegen dem Gutachten von Prof. Dr. C. bestehe ein klarer zeitlicher und situativer Zusammenhang mit seiner Berufstätigkeit als Bauarbeiter. Dies werde augenscheinlich in dem Umstand, dass er Ende der 90er Jahre einen Bandscheibenvorfall erlitten habe und deshalb seine Berufstätigkeit habe aufgeben müssen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts H. vom 28.02.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 25.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.02.2006 aufzuheben und seine Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Anerkennung der geltendgemachten Berufskrankheit scheitere sowohl an den fehlenden arbeitstechnischen wie auch an den fehlenden medizinischen Voraussetzungen. Aus der Stellungnahme des TAD vom 18.11.2005 ergebe sich, dass die beim Kläger errechnete Gesamtbelastungsdosis von 18.060.090 Nh erheblich unter dem Richtwert von 25.000.000 Nh liege. Außerdem seien nach Prof. Dr. C. die bildgebend dargestellten Bandscheibenveränderungen ihrer Ausprägung nach eher als altersunterdurchschnittlich zu bewerten.
Der Senat hat von Prof. Dr. Dr. K. das arbeitsmedizinische Gutachten vom 01.09.2007 eingeholt. Prof. Dr. Dr. K. hat ausgeführt, dass die 22-jährige Tätigkeit des Klägers als Bauhelfer und Baufacharbeiter mit dem für den Kläger ermittelten Wert von 18 x 106 Nh aus biomechanischer Sicht durchaus in der Lage gewesen sei, einen Bandscheibenschaden der LWS zu verursachen. Der Richtwert für eine wirbelsäulengefährdende Tätigkeit nach dem MDD von 25 x 106 Nh, der auch kein Abschnittskriterium darstelle, sei in der kürzlich abgeschlossenen, noch nicht veröffentlichten Deutschen Wirbelsäulenstudie überprüft worden und eine erste orientierende Durchsicht habe Zweifel an einer derartigen Dosis-Wirkungsbeziehung aufkommen lassen. Die medizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit lägen aber nicht vor. Unter Berücksichtigung der Konsensempfehlungen der interdisziplinären Arbeitsgruppe "Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der LWS" sei von der die Berufskrankheit Nr. 2108 ausschließenden Konstellation A 1 auszugehen, da die Exposition zwar ausreichend gewesen sei, eine dem Alter des Klägers vorauseilende bandscheibenbedingte Erkrankung jedoch nicht nachzuweisen sei. Belastungskonforme Veränderungen der LWS seien unter Heranziehung der Tabellenwerte der Konsensempfehlungen nicht zu ermitteln gewesen. Chondrosen und Spondylosen der LWS-Wirbelkörper seien nur im alterstypischen Grad ausgebildet. Umformende Veränderungen der Bandscheiben im Sinne der Protrusion in den Segmenten L 3/4 und L 4/5 stünden im Zusammenhang mit den bildtechnisch nachweisbaren Schmorl schen Knötchen als Äquivalent eines in der Jugend häufig vorkommenden Morbus Scheuermann. Die Schmorl schen Knötchen stellten das Residium eines beim Kläger vorliegenden lokalisierten Reifungs- und Entwicklungsschadens der Gefäße in den Röhrenknochen dar, welches neben den normalen Alterungsvorgängen die Bandscheibendegeneration in diesem Gebiet begünstigt habe. Bei diesen Bandscheibenveränderungen handele es sich nicht um dem Lebensalter des Versicherten vorauseilende Schäden, sondern um alterskonforme Veränderungen innerhalb der Streubreite der Norm. Vorliegend bestehe noch die Besonderheit einer Verdickung eines sich im Wirbelkanal befindlichen Längsbandes (Ligamentum flavum). Das LWS-Syndrom sei durch die Spinalkanal-Stenose infolge der Hypertrophie der gelben Bänder hervorgerufen, zudem durch eine Einengung der seitlichen Ausläufer des Rückenmarkskanals in der Höhe von L 5/S 1 sowie durch eine Spondylarthrose bei L 5. Eine Bandscheibenerkrankung im Rechtssinne liege nicht vor. Die geklagten LWS-Beschwerden beruhten auf einem schicksalsmäßigen Zusammentreffen altersentsprechender dorsaler Bandscheibenvorwölbungen und der genannten anlagebedingten Besonderheiten. Eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 liege nicht vor.
Der Kläger hat die gutachtliche Stellungnahme von Dr. H. vom 01.10.2007 vorgelegt, der zum Gutachten von Prof. Dr. Dr. K. einwandte, es fehle eine Begründung für die Annahme, die Verdickung der Ligamenta flava sei anlagebedingt. Vielmehr sei nach der medizinischen Literatur eine Verdickung der gelben Bänder erst im siebten Lebensjahrzehnt eines Mannes zu erwarten. Beim Kläger sei daher der Befund eine dem Alter vorauseilende Veränderung, der nach der Literatur als Folge einer vermehrten Beanspruchung und Beweglichkeit im betroffenen Bewegungssegment anzusehen sei.
Prof. Dr. Dr. K. hat in seiner Gutachtensergänzung vom 03.11.2007 zu weiteren Beweisfragen des Senats in der Beweisanordnung vom 22.10.2007, auf die Bezug genommen wird, Stellung genommen. Die beim Kläger vorliegende Spondylarthrose im Segment L 3/4 und L 4/5 habe zur Hypertrophie des dortigen gelben Bandes geführt. Eine Verengung des Spinalkanals beginne im Allgemeinen früh, selten jedoch vor der dritten Lebensdekade, gehäuft träten Beschwerden in der 5. und 6. Dekade auf. Nach dem Vorerkrankungsverzeichnis seien erste Lumbalgien beim Kläger ab seinem 40. Lebensjahr aufgetreten, was keine altersüberschreitende unübliche Manifestation der Symptomatik sei. Die Ursache für die Verengung des Spinalkanals sei vorliegend in den anlagebedingten degenerativen Veränderungen, wofür die Schmorl schen Knötchen sprächen, zu sehen. Die Bandhypertrophie stelle somit die Folge der beschriebenen degenerativen Veränderung dar, die sich radiomorphologisch auch nur im Bereich dieser Bewegungssegmente nachweisen lasse. Die Durchsicht der von Dr. H. aufgeführten Literaturstellen habe im Übrigen auch keinen Beleg dafür ergeben, dass berufliche Belastungen zu einer isolierten Bandhypertrophie führe. Der im Dezember 1999 computertomografisch gesicherte Bandscheibenvorfall bei L 4/5 sei nicht als alterstypische Veränderung anzusehen, in nachfolgenden computertomografischen und kernspintomografischen Aufnahmen sei der Prolaps aber nicht mehr aufzufinden. Dies sei dadurch zu erklären, dass häufig Bandscheibenvorfälle durch resorptive Abbauvorgänge zumindest teilweise beseitigt würden. Es habe daher zwar im Dezember 1999 eine Bandscheibenerkrankung des Segmentes L 4/5 bestanden, da in den Krankenlistenauszügen für diesen Zeitpunkt Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit wegen rezidivierender Lumbalgien und eines Wirbelsäulensyndroms dokumentiert seien. Eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 habe aber nicht vorgelegen, da diese Erkrankung unter Berücksichtigung des Vorbestehens der anlagebedingten degenerativen Wirbelsäulenveränderungen nicht ungewöhnlich sei. Die Konsensempfehlungen definierten zwar die radiologischen Kriterien hinsichtlich ihrer Alterstypik, dies bedeute aber nicht, dass im Einzelfall eine danach zwar altersvorauseilende Veränderung bei insbesondere anlagebedingten Vorschäden dennoch nicht auf einer übermäßige berufliche Belastung beruhen müsse.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akten des Sozialgerichts einschließlich der Akten der Kammern eins und sechs zu den dort anhängig gewesenen Renten- und Schwerbehindertenverfahren (S 1 R 3083/05 und S 6 SB 313/04) beigezogen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Unterlagen und die beim Senat angefallene Akte des Berufungsverfahrens verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit.
Der Kläger kann mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage die Feststellung seiner Erkrankung als Berufskrankheit verfolgen (§ 55 Abs. 1 Nr.2 SGG).
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der derzeit u.a. folgende als Berufskrankheiten anerkannte Krankheit aufgeführt ist:
Nr. 2108 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Eine Berufskrankheit liegt nur dann vor, wenn die Gefährdung durch schädigende Einwirkungen ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen ist (haftungsbegründende Kausalität) und durch die schädigende Einwirkung die Krankheit verursacht oder wesentlich verschlimmert worden ist (haftungsausfüllende Kausalität). Wie bei einem Arbeitsunfall müssen auch hier die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u.a. neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen, die Schädigung und die Krankheit gehören, erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (BSGE 19, 52; 32, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287; 58, 80, 83). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9/A 26). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist.
Nach den Ausführungen von Prof. Dr. Dr. K. ist die haftungsbegründende Kausalität einer Berufskrankheiten nach Nr. 2108 im Falle des Klägers zu bejahen. Bei dem bisher geltenden Gesamtdosiswert des MDD von 25 MNh handelt es sich um keinen Grenzwert, sondern allenfalls um einen Orientierungswert, weshalb bei einem Unterschreiten des Orientierungswertes noch nicht zwingend die arbeitstechnischen Voraussetzungen zu verneinen sind (vgl. BSG Urt. vom 19.08.2003 – B 2 U 1/02 R, veröffentlicht in Juris). Nach der bislang nur durch Pressemeldung bekannten, noch nicht mit Entscheidungstext veröffentlichten Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.10.2007 ist auf Grund der durch die Deutsche Wirbelsäulenstudie bekannt gewordenen Schwächen des MDD der Orientierungswert um die Hälfte zu reduzieren (vgl. BSG-Pressemitteilung, Terminbericht Nr. 55/07 zum Urteil vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R). Der vom TAD errechnete Dosiswert von 18 MNh wäre danach ausreichend, was durch die arbeitsmedizinische Einschätzung von Prof. Dr. Dr. K. bestätigt wird.
Dagegen ist die haftungsausfüllende Kausalität der geltend gemachten Berufskrankheit nicht im rechtlich gebotenen Grade wahrscheinlich. Eine Feststellung als Berufskrankheit scheidet somit aus.
Dies ergibt sich aus den überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. C. und Prof. Dr. Dr. K., welche die Bewertungskriterien für die Zusammenhangsbeurteilung für den Senat nachvollziehbar dargelegt haben. Prof. Dr. Dr. K. hat die orthopädischen Befunde von Prof. Dr. C., die er in seiner eigenen Untersuchung des Klägers auch bestätigt fand, berücksichtigt und nach arbeitsmedizinischen Bewertungskriterien beurteilt. Diese Kriterien der unter dem 04.08.2005 veröffentlichten Konsensempfehlungen der interdisziplinären Arbeitsgruppe "Medizinischen Beurteilungskriterien bei den Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule"(Trauma und Berufskrankheit 3, 2005, S. 211 ff) entsprechen zur Überzeugung des Senats der gegenwärtigen herrschenden Meinung der Wissenschaft. Darin wird, worauf Prof. Dr. Dr. K. auch maßgeblich abgestellt hat, als Grundvoraussetzung für die Anerkennung eines Ursachenzusammenhangs eine nachgewiesene bandscheibenbedingte Erkrankung, die ihrer Ausprägung nach alters-untypisch sein muss, gefordert (vgl. Konsensempfehlungen a. a. O., S. 216) und - bei Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen - eine Betonung der Bandscheibenschäden an den unteren drei Segmenten der Lendenwirbelsäule als eher für einen Ursachenzusammenhang der beruflichen Belastung sprechend beurteilt (Konsensempfehlungen a. a. O.).
Die im Tatbestand des Urteils wiedergegebenen übereinstimmenden Untersuchungsbefunde und Schlussfolgerungen der Sachverständigen Prof. Dr. C. und Prof. Dr. Dr. K. waren für den Senat überzeugend. Hinweise auf eine altersvorauseilende Degeneration fanden die Sachverständigen nicht. Prof. Dr. Dr. K. hat nach Maßgabe der Konsensempfehlungen den Grad der Ausprägung der Wirbelsäulenveränderungen anhand der Verlaufserie der röntgenologischen Befunde in der zeitlichen Entwicklung beurteilt und ist danach überzeugend zu dem Ergebnis gekommen, dass die umformenden Veränderungen (Chondrosen und Spondylosen) an den Wirbelkörpern der LWS sowie die Bandscheibenvorwölbungen bei L 3/4 und L 4/5 altersentsprechend sind und keinen Hinweis auf eine belastungsbedingte vorauseilende Wirbelkörperdegeneration ergeben. Allein den 1999 eingetretenen Bandscheibenvorfall im Segment L 4/5, den Prof. Dr. Dr. K. in seiner gutachtlichen ergänzenden Stellungnahme vom 03.11.2007 auch für eine Ende 1999 manifest gewordene Bandscheibenerkrankung mitverantwortlich gemacht hat, hat er nicht als altersentsprechend beurteilt. Er hat für den Senat aber überzeugend dargelegt, dass der Bandscheibenvorfall im Rahmen der von ihm beschriebenen anlagebedingten Entwicklung aufgetreten ist. Damit stimmt im Ergebnis auch die Beurteilung von Prof. Dr. C. überein, der den Bandscheibenvorfall zwar als noch alterstypisch bezeichnet, aber ebenso wie Prof. Dr. Dr. K. den Zusammenhang mit der beruflichen Belastung im Hinblick auf die konkurrierenden Ursachen verneint hat. Der auf die gutachtliche Äußerung des Allgemeinmediziner Dr. H. gestützte Einwand des Klägers, die Verdickung der gelben Bänder sei auf die berufliche Belastung zurückzuführen, hat den Senat nicht zu einer anderen Beurteilung veranlasst. Diesem Einwand hat Professor Dr. Dr. K. in seiner ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar unter Auswertung der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur widersprochen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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