L 12 B 120/09 SO ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
12
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 21 SO 201/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 B 120/09 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 09.12.2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Im Streit stehen die Übernahme von Mietschulden und die Erbringung weiterer darlehensweiser Leistungen.

Die 1942 geborene Antragstellerin bezieht eine Altersrente in Höhe von derzeit netto 645,63 EUR und einen monatlichen Ehrensold des Landes Nordrhein-Westfalen in Höhe von 400,00 EUR, der vierteljährlich ausgezahlt wird. Ergänzend bezieht sie seit Jahren Sozialhilfe von der Antragsgegnerin, derzeit in Gestalt von Leistungen nach dem 4. und dem 5.-9. Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII). Sie ist Inhaberin eines Schwerbehindertenausweises mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 und den Merkzeichen "G" und "B", der auf den Namen B K ausgestellt ist. Der aktenkundige Personalausweis ist auf den Namen B1 K ausgestellt. Beide Ausweise tragen das gleiche Geburtsdatum. Die Antragstellerin ist weiterhin Inhaberin eines Vertriebenenausweises "A". Sie führt nach Aktenlage jedenfalls Girokonten bei der Postbank und bei der Citibank.

Die Antragstellerin bewohnt seit 1977 eine 80 qm große Mietwohnung. Hierfür hatte sie ausweislich einer aktenkundigen Vermieterbescheinigung vom 27.12.2008 eine monatliche Nettokaltmiete von 494,51 EUR zzgl. 52,41 EUR Nebenkosten (ohne Heizkosten) zu entrichten.

Im Juni 2009 erbrachte die Antragsgegnerin der Antragstellerin ausweislich des Bescheides vom 27.05.2009 Leistungen in Höhe von 448,86 EUR zzgl. einer einmaligen Leistung von 125,98 EUR. Letztere wurde direkt an einen dritten Zahlungsempfänger ausgekehrt, ebenso wie der laufende Heizkostenabschlag von 142,00 EUR, der direkt an den Energieversorger gezahlt wurde. Hieraus ergab sich ein Überweisungsbetrag von 306,86 EUR, der dem Postbank-Konto der Antragstellerin am 29.05.2009 gutgeschrieben wurde. In die Berechnung wurden neben der Regelleistung und einem Mehrbedarf für Schwerbehinderte Kosten der Unterkunft in Höhe von 666,88 EUR (494,51 EUR Nettokaltmiete, 37,00 EUR Nebenkosten, 142 EUR Heizkosten abzgl. eines Warmwasseranteils von 6,63 EUR) eingestellt. Dem Bedarf wurden die Renteneinkünfte der Antragstellerin gegenüber gestellt. Eine Anrechnung des Ehrensoldes erfolgte nicht. Leistungen nach dem 5. bis 9. Kapitel des SGB XII wurden in diesem Bescheid nicht berücksichtigt. Mit gesonderter Verfügung wurde der Antragstellerin für Juni 2009 am 22.06.2009 ein weiterer Betrag von 193,27 EUR überwiesen. Es handelte sich um einen Ausgleichsbetrag nach Art. 51 PflegeVG. Im Bescheid für Dezember 2008 waren insoweit noch 233,15 EUR an Leistungen nach dem 5. bis 9. Kapitel SGB XII ausgewiesen worden. Bei dem Mehrbetrag von 39,88 EUR handelte es sich um Hausnotrufkosten, die unmittelbar an das Deutsche Rote Kreuz geleistet wurden.

Mangels Deckung wurde der Dauerauftrag zur Mietzahlung im Juni 2009 nicht ausgeführt. Der Vermieter mahnte mit Schreiben vom 25.06.2009 die Zahlung an. Mit Schreiben vom 26.06.2009 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die erneute Übernahme der Mietkosten für Juni 2009.

Mit Schreiben vom gleichen Tage forderte der Vermieter die Antragstellerin auf, einer Erhöhung der zu leistenden Kaltmiete auf 580,00 EUR zuzustimmen, beginnend mit dem dritten Kalendermonat nach Zugang der Zustimmung. Eine Reaktion der Antragstellerin hierauf ist nicht aktenkundig.

Mit Bescheid vom 16.07.2009 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag der Antragstellerin vom 26.06.2009 ab. Eine nochmalige Leistungsgewährung komme auch in Anwendung des § 34 SGB XII nicht in Betracht.

Mit Bescheid vom 26.10.2009 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin für November 2009 Leistungen in Höhe von 558,82 EUR. Hierbei berücksichtigte sie Mietkosten in Höhe von 580,00 EUR zzgl. Heizkosten in Höhe von 11,15 EUR. Zu dem nicht durch die Rentenleistung gedeckten Grundsicherungsbedarf von 365,55 EUR bewilligte die Antragsgegnerin den Ausgleichsbetrag nach Art. 51 PflegeVG in Höhe von 193,27 EUR. Letzterer wird, anstelle der bisher praktizierten gesonderten Anweisung, seit Oktober 2009 unmittelbar mit den Leistungen nach dem 4. Kapitel SGB XII bewilligt. Aufgrund einer Verrechnung mit überzahlten Leistungen seit der Rentenerhöhung im Juli 2009 in Höhe von 67,76 EUR und einer Auszahlung der 11,15 EUR direkt an den Energieversorger ergab sich ein Auszahlungsbetrag von 479,91 EUR, der dem Konto der Antragstellerin am 29.10.2009 gutgeschrieben wurde.

Mit Schreiben vom 10.11.2009 wies der Vermieter die Antragstellerin darauf hin, dass sie die Miete für November 2009 in Höhe von 531,51 EUR ebenfalls nicht bezahlt habe. Wegen des Mietrückstandes in Höhe von zwei Monatsmieten sowie einer vom Vermieter verauslagten weiteren Rechnung in Höhe von 100,32 EUR, betreffend die nicht erforderliche, allerdings von der Antragstellerin veranlasste Kontrolle der Heizungsanlage, werde nunmehr die fristlose Kündigung ausgesprochen. Die Wohnung sei binnen 7 Tagen zu räumen. Hilfsweise spreche er die Kündigung des Mietverhältnisses zum nächstmöglichen Zeitpunkt aus und widerspreche einer stillschweigenden Verlängerung.

Mit Bescheid vom 25.11.2009 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen für Dezember 2009. Hierbei legte sie nunmehr Heizkosten in Höhe von 98,00 EUR zugrunde, welche wiederum direkt an den Versorger ausgekehrt wurden. Bei ansonsten unveränderten Berechnungsgrößen ergab sich hieraus ein Zahlbetrag von 547,67 EUR, der dem Konto am 30.11.2009 gutgeschrieben wurde.

Am gleichen Tag wandte sich die Antragstellerin an das Sozialgericht Köln und erhob Klage gegen die fristlose Kündigung ihrer Wohnung. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen S 21 SO 197/09 geführt. Zeitgleich übersandte der die Antragstellerin damals vertretende Sozialverband Deutschland der Antragsgegnerin das Kündigungsschreiben des Vermieters mit der Bitte um Prüfung, wie der Antragstellerin geholfen werden könne. Das Sozialgericht erteilte den Hinweis, dass eine Zivilklage gegen den Vermieter vor dem Amtsgericht zu führen wäre und eine Klage gegen die Beklagte, also die Stadt L, mangels einer vorangegangenen Entscheidung der Behörde unzulässig sei.

Hierauf hat sich die Antragstellerin am 08.12.2009 erneut an das Sozialgericht gewandt und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Sie wolle als Allergikerin wegen der nach ihrer Einschätzung mit Schimmel und Formaldehyd belasteten Wohnung ohnehin seit längerer Zeit umziehen, am besten nach Spanien, hilfsweise nach Bayern in die Nähe einer Spezialklinik für Allergiker. Ihr schwebe insoweit ein kleines Haus vor, in welchem sie im Erdgeschoss ein kleines Museum mit ihren Werken einrichten könne. Allerdings fehlten ihr zu einem solchen Umzug die Mittel. Daher müsse zunächst einmal vorrangig die fristlose Kündigung aufgehoben werden. Nachdem sie vergeblich beim Vermieter und bei der Antragsgegnerin wegen der Schimmelbelastung der Wohnung um Hilfe gebeten hätte, habe sie einen Kredit für die Renovierung der Wohnung aufnehmen müssen. Ein Kunstfreund sei ihr bislang im Haushalt behilflich gewesen. Allerdings sei dieser nunmehr verstorben. Aufgrund wiederholter Notfallsituationen und ständiger Auseinandersetzungen mit verschiedenen Krankenhäusern, -kassen und Behörden bei gleichzeitiger wiederholter Kürzung ihrer Bezüge durch die Antragsgegnerin habe sie sich verschuldet. Sie habe insoweit Anspruch auf Wiedergutmachung und Entschädigung. In der beschriebenen Notlage müsse die Antragsgegnerin sie unterstützen, indem sie zumindest den Soll-Stand ihres Girokontos ausgleiche. Sie benötige als Malerin im Übrigen eine ausreichend große Wohnung, ausreichend sei insoweit die bisherige Größe, und wie bisher eine flexible Haushaltshilfe. Auch seien ihr Krankenfahrten in die bereits angesprochene Spezialklinik in O zu ermöglichen.

Das Sozialgericht hat das Vorbringen der Antragstellerin dahingehend ausgelegt, dass sie schriftsätzlich sinngemäß beantragt hat,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ein Darlehen zur Sicherstellung ihres Lebensunterhalts zu gewähren sowie Mietrückstände zwecks Vermeidung von Obdachlosigkeit zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antrag sei unzulässig, da die Antragstellerin ihr keine Möglichkeit eingeräumt habe, vor der Eilantragstellung bei Gericht über das Begehren eine Entscheidung zu treffen. Zudem fehle es hinsichtlich der begehrten Übernahme der Mietkosten an einem Anordnungsgrund. Eine Räumungsklage sei noch nicht anhängig und selbst dann müsse ein solches Verfahren erst noch rechtskräftig zu Lasten der Antragstellerin zum Abschluss gebracht werden, bevor ihr konkrete Wohnungslosigkeit drohe.

Mit Beschluss vom 09.12.2009, der Antragstellerin zugestellt am 11.12.2009, hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Dieser sei aus den von der Antragsgegnerin bezeichneten Gründen unzulässig. Nach Erhebung einer Räumungsklage habe die Antragstellerin immer noch die Möglichkeit, nach etwaiger ablehnender Entscheidung der Antragsgegnerin um gerichtlichen Eilrechtschutz nachzusuchen. Nach Rechtshängigkeit der Räumungsklage werde insoweit die Kündigung des Mietverhältnisses nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) unwirksam, wenn der Vermieter hinsichtlich der fälligen Miete befriedigt werde oder sich eine öffentliche Stelle hierzu verpflichte.

Mit Bescheid vom 10.12.2009 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 16.07.2009, betreffend die nochmalige Übernahme der Miete für Juni 2009, zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin berücksichtige die Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe. Eine nochmalige Übernahme der Miete für Juni 2009 komme allenfalls nach § 34 SGB XII in Betracht. Eine solche Leistung stehe im Ermessen der Behörde. Dies setze grundsätzlich voraus, dass der Wohnraum angemessen und damit erhaltungswürdig sei. Dies sei bei der Antragstellerin nicht der Fall. Für eine einzelne Person sei eine Wohnungsgröße von 45 qm bei einem Kaltmietpreis von maximal 6,90 EUR angemessen. Hinsichtlich beider Berechnungsfaktoren sei die Wohnung der Antragstellerin daher unangemessen groß. Zudem habe es die Antragstellerin vorgezogen, mit den ihr - unter Einschluss der tatsächlichen Kosten der Unterkunft - bewilligten Leistungen private Schulden zu bedienen. Sie habe damit den Aufbau weiterer Mietschulden bewusst in Kauf genommen. Die Übernahme der Mietschulden sei daher nicht gerechtfertigt. Ohnehin stünden der Antragstellerin Selbsthilfemöglichkeiten zur Verfügung. Sie habe die Möglich-keit, mit dem Vermieter die Tilgung der Mietrückstände im Wege der Ratenzahlung aus dem anrechnungsfreien Ehrensold zu vereinbaren.

Mit Bescheid vom 14.12.2009 hat es die Antragsgegnerin abgelehnt, die rückständige Miete für Juni und November 2009 zu tragen. Seit Januar 2010 zahle sie die bewilligten Leistungen in Höhe von 547,67 EUR an den Vermieter und in Höhe von 98,00 EUR an den Energieversorger aus. Die Antragstellerin müsse daher nur die Differenz von 547,67 EUR zu den mietvertraglich geschuldeten 580,00 EUR, mithin also monatlich 32,33 EUR selbst an den Vermieter zahlen.

Am 23.12.2009 hat die Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 09.12.2009 Beschwerde eingelegt.

Am 28.12.2009 hat die Antragstellerin zudem Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.12.2009 erhoben. Einen Widerspruch gegen denselben Bescheid hat mit Schreiben vom 21.01.2010 die Rechtsanwaltskanzlei U u.a. erhoben. Die Antragstellerin hat insoweit darauf verwiesen, dass das Beschwerdeverfahren auch durch diese Kanzlei geführt werde. Die Kanzlei hat darauf hingewiesen, dass sie in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht mandatiert sei. Sie vertrete die Antragstellerin ausschließlich in dem nunmehr anhängigen Räumungsrechtsstreit vor dem Amtsgericht Köln. Nach Mitteilung der Antragstellerin wird dieser Rechtsstreit unter dem Aktenzeichen 217 C 542/09 geführt. Dort seien auch ärztliche Atteste zur Untermauerung des Vortrags vorgelegt worden, dass es ihr aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar sei, die Mietwohnung zu räumen.

Zur Begründung ihrer Beschwerde hat sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags unter anderem darauf hingewiesen, dass bei der Bemessung ihrer Leistungen die tatsächlich anfallenden Kosten für Medikamente, Haushaltshilfe, Kurbeiträge, Vereinsmitgliedsbeiträge, Sicherheiten, Postgebühren und Erleichterungen wegen Krankheit berücksichtigt werden müssten. Bei ihr liege ein besonderer Härtefall vor, da sie an vielfältigen chronischen Erkrankungen, u.a. an einem Fibromyalgie- und Erschöpfungssyndrom, an Osteoporose mit Rückenschmerzen, Wirbelsäulenverkrümmung und Nervenschmerzen, leide. Sie benötige daher Zusatzmittel für Arzneien, für eine behindertengerechte Badeinrichtung sowie für die Bezahlung einer flexiblen Haushaltshilfe, die - wie ihr verstorbener Kunstfreund - auf ihre Anweisung hin arbeite. Zusätzliche Aufwendungen seien ihr durch einen Unfall in Spanien, Auseinandersetzungen mit der Telekom, mehrere Notfälle und den Verlust ihrer Handtasche mit Geld und Papieren entstanden. Als erbberechtigte Tochter einer - ehemals wohlhabenden - vertriebenen Mutter, als Hochbegabte und chronisch Kranke habe sie eigentlich Anspruch auf Rente und Entschädigung gehabt. Man habe sie über die Jahre hinweg systematisch während des Sozialhilfebezuges ungerecht behandelt. Man könne sie nicht darauf verweisen, den Ehrensold zur Abwendung der Notlage zu verwenden, denn dieser sei für die Kosten der Kunst zu verwenden.

Sie habe zwischenzeitlich einen Dauerauftrag eingerichtet, um mit monatlichen Zahlungen von 50,00 EUR den Mietrückstand zu tilgen. Sie sei nicht damit einverstanden, dass die Antragsgegnerin die bewilligten Leistungen nunmehr direkt an den Vermieter auskehre. Die Leistungen seien auf ihr Konto bei der Postbank zu überweisen, damit sie ihre Pläne besser und selbst bestimmt verfolgen könne.

Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Antragsgegnerin unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Köln vom 09.12.2009 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
a) bestehende Mietrückstände zur Vermeidung von Obdachlosigkeit zu übernehmen,
b) ihr Leistungen unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Aufwendungen zur Lebenshaltung darlehensweise zu gewähren sowie
c) die bereits bewilligten Leistungen vollständig an sie auszuzahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass die Antragstellerin mit ihren Renteneinkünften, dem Ehrensold und den nach dem SGB XII erbrachten Leistungen in der Lage war und ist, ihren notwendigen Lebensunterhalt einschließlich der Kosten der Unterkunft zu decken. Darüber hinaus gehende Leistungen kämen nicht in Betracht. Die Antragstellerin habe durch die von ihr selbst berichtete Aufnahme einer Ratenzahlung von ihren Selbsthilfemöglichkeiten Gebrauch gemacht. Hierauf sei sie im einstweiligen Rechtschutzverfahren zu verweisen.

Der Vermieter hat auf Nachfrage des Senats mitgeteilt, dass die Mieten in Höhe von je 531,51 EUR (einschließlich Nebenkosten) für die Monate Juni, November und Dezember 2009 offen stehen würden. Hinzu käme eine ungedeckte Rechnung von 100,32 EUR.

Die Antragsgegnerin habe für Januar und Februar 2010 einen Betrag von je 547,67 EUR überwiesen. Die Antragstellerin selber habe am 05.01.2010 einen Betrag von 580,00 EUR sowie im Dezember 2009, Januar 2010 und Februar 2010 zusätzlich je 50,00 EUR überwiesen. An der Kündigung des Mietverhältnisses werde festgehalten. Die Ratenzahlung von 50,00 EUR beruhe nicht auf einer Vereinbarung mit der Antragstellerin, sondern werde einseitig von dieser vorgenommen.

Ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge hat die Antragstellerin jedenfalls seit Mai 2009 versucht, gegenüber einer Vielzahl von Personen und Firmen bestehende Schulden durch Ratenzahlungen zu tilgen. Am 14.12.2009 ist der Klägerin eine Weihnachtszuwendung der Ehrensoldstelle in Höhe von 1.000 EUR überwiesen worden.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin, die der Entscheidungsfindung ebenfalls zugrunde gelegen haben, verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Im Ergebnis zu Recht hat es das Sozialgericht abgelehnt, eine einstweilige Anordnung zugunsten der Antragstellerin zu treffen.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiell-rechtlichen Leistungsanspruchs, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile und die damit verbundene Unzumutbarkeit, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern dass eine Wechselwirkung derart besteht, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteiles zu verringern sind und umgekehrt. Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Ausgehend von diesen Grundsätzen war den Anträgen der Antragstellerin nicht zu entsprechen.

a) Die Antragstellerin hat hinsichtlich der noch offenen Mietrückstände keinen Anspruch auf Übernahme durch die Antragsgegnerin. Insoweit fehlt es bereits an einem Anordnungsanspruch. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII können Schulden übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen nach Satz 2 der Vorschrift übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die Übernahme der Mietschulden ist weder notwendig noch gerechtfertigt.

Hinsichtlich der Notwendigkeit ist zunächst festzustellen, dass die Wohnung der Antragstellerin nicht erhaltungswürdig ist. Es ist der Antragsgegnerin zuzustimmen, dass die Wohnung sowohl zu groß als auch zu teuer ist. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen der Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid vom 10.12.2009. Die Erwägungen zur Wohnungsgröße treffen im Ergebnis auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Antragstellerin zu. Es kommt zwar grundsätzlich bei Vorliegen einer Schwerbehinderung mit dem Merkzeichen "G" für gehbehindert in Betracht, einen größeren Wohnraumbedarf zu berücksichtigen. Selbst bei Rollstuhlfahrern ist allerdings maximal ein um 15 qm erhöhter Wohnraumbedarf zu berücksichtigen. Selbst wenn ab 2010 ein Wohnraumbedarf von 50 qm zugrunde zu legen und der Antragstellerin 15 zusätzliche Quadratmeter zuzubilligen wären, wäre die Wohnung der Antragstellerin noch um 15 qm zu groß. Ein noch darüber hinaus gehender Raumbedarf zur Berufsausübung ist nicht glaubhaft gemacht. Es ist für den Senat nicht erkennbar, dass die Antragstellerin eine Tätigkeit als Künstlerin tatsächlich in einem mehr als geringfügigen Umfang und mit Gewinnerzielungsabsicht ausübt. Auch der tatsächlich zu leistende Mietpreis pro Quadratmeter erweist sich bei kursorischer Prüfung als zu teuer.

Was aber noch schwerer wiegt, ist der von der Antragstellerin selbst vorgebrachte Umstand, dass die Wohnung eigentlich für sie gesundheitlich ungeeignet sei und sie daher kurzfristig einen Umzug anstrebe.

Die Übernahme der Schulden ist auch nicht gerechtfertigt.

Es ist bereits erkennbar den besonderen Umständen des Einzelfalls geschuldet, dass die Antragsgegnerin die vollständigen Kosten der Unterkunft - unter Einschluss der von dem Vermieter möglicherweise noch gar nicht durchgesetzten Mieterhöhung - bei der Berechnung der laufenden Leistungen einbezieht. Eine Rechtfertigung der Übernahme der rückständigen Mieten durch die Antragsgegnerin ist aber hieraus nicht abzuleiten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es der Antragstellerin nach Aktenlage wichtiger war, gegenüber Dritten bestehende Schulden zu tilgen, als die ihr zur Verfügung stehenden Mittel zunächst für die Tragung ihrer grundlegenden Lebenshaltungskosten und der Miete einzusetzen. Die Antragstellerin muss insoweit auch anrechnungsfreie Leistungen, hier in Gestalt ihres Ehrensoldes, einsetzen, bevor eine steuerfinanzierte Tragung ihrer Mietschulden in Betracht kommt. Dies gilt umso mehr, als ihr durch die Auszahlung eines zusätzlichen Weihnachtsehrensoldes von 1.000 EUR beinahe der gesamte für die Tilgung der Mietschulden erforderliche Betrag im Dezember 2009 noch einmal zusätzlich zur Verfügung stand.

Nach den vorstehenden Erwägungen kommt es nicht darauf an, ob die Antragstellerin möglicherweise in dem anhängigen Räumungsklageverfahren unterliegt. Dessen Ausgang ist ohnehin ungewiss. Sollte die Antragstellerin dort tatsächlich unterliegen, wäre gegebenenfalls auf ihren Antrag hin durch die Antragsgegnerin zu prüfen, ob und in welchem Umfang Hilfe bei einem Umzug geleistet werden kann.

b) Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf einstweilige darlehensweise Tragung ihrer Lebenshaltungskosten in tatsächlicher, den Regelsatz übersteigender Höhe. Hierbei ist für den Senat nicht eindeutig ersichtlich, ob die Antragstellerin lediglich begehrt, dass die Antragsgegnerin ihren ausgeschöpften Dispositionskredit (bzw. mehrere solche Kredite) ausgleicht, also weitere Schulden trägt, oder ob die Antragstellerin auch für künftige Zeiträume höhere Leistungen begehrt. Die Frage kann allerdings offenbleiben, weil ein Anspruch auf ersteres nicht besteht und dem letzteren Begehren jedenfalls die Eilbedürftigkeit fehlt.

aa) Ein Ausgleich des Dispositionskredits kommt weder nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII noch nach § 37 Abs. 1 SGB XII in Betracht. Das Bestehen eines im Soll stehenden Girokontos stellt keine dem drohenden Verlust der Unterkunft gleichartige Notlage dar und bildet auch keinen im Einzelfall von den Regelsätzen umfassten und nach den Umständen unabweisbar gebotenen, anders nicht deckbaren Bedarf ab.

Die Antragstellerin ist im Übrigen erneut darauf zu verweisen, dass ihr mit dem Ehrensold Mittel zur Verfügung stehen, die sie bei geschickter Verteilung zur anteiligen Rückführung aller privaten Verbindlichkeiten einsetzen kann. Ihr ist in diesem Zusammenhang die Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens möglich und zumutbar.

bb) Soweit ein höherer laufender Bedarf geltend gemacht wird, ist dem Senat ein solcher nicht ersichtlich. Es ist insbesondere kein krankheitsbedingter Bedarf erkennbar, der über die Leistungen der Krankenversicherung, den in der Regelleistung enthaltenen Betrag an sonstigen Gesundheitsaufwendungen, den bewilligten Mehrbedarf wegen Behinderung und den Ausgleichsbetrag nach dem PflegeVG hinaus geht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin mit den letztgenannten Leistungen Hilfestellungen bei der Haushaltsführung nicht in einem ausreichenden Umfang einkaufen kann.

Ob die tatsächlichen gesundheitlichen Einschränkungen einen höheren Bedarf an Pflege und hauswirtschaftlicher Versorgung rechtfertigen können, wäre gegebenenfalls zunächst einmal mit der zuständigen Pflegeversicherung zu klären. Gleiches gilt für die Frage einer behindertengerechten Badeinrichtung mit der Maßgabe, dass dies gegebenenfalls von dem zuständigen Rehabilitationsträger zu prüfen wäre. Dass die Antragstellerin dringend an ein Hausnotrufsystem angeschlossen werden muss, ist nicht ersichtlich. Zwar hat die Antragsgegnerin nach Aktenlage früher die Kosten hierfür getragen. Es ist aber nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin nicht zumutbar wäre, eine diesbezügliche erneute Prüfung der Antragsgegnerin abzuwarten. Insoweit fehlt es jedenfalls an der Eilbedürftigkeit.

Soweit die Antragstellerin zusätzliche Aufwendungen durch einen Unfall in Spanien, Auseinandersetzungen mit der Telekom, mehrere Notfälle und den Verlust ihrer Handtasche mit Geld und Papieren geltend macht, ist nicht einmal ansatzweise ersichtlich, welche konkreten Leistungen von der Antragsgegnerin begehrt werden. Ansprüche sind insoweit nicht erkennbar. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin derzeit ihre Lebenshaltungskosten aufgrund des Verlustes der Handtasche nicht bestreiten kann. Es ist noch nicht einmal ersichtlich, wann der Verlust der Tasche stattgefunden hat und wieviel Geld konkret verloren gegangen ist.

Sonstige von der Antragstellerin benannte Begehren, insbesondere Entschädigungsleistungen aufgrund des erlittenen Verfolgungsschicksals, sind gegebenenfalls gegenüber den zuständigen Behörden geltend zu machen. Der Senat geht allerdings nach dem insoweit nur eingeschränkt verständlichen Vorbringen der Antragstellerin davon aus, dass solche Ansprüche bereits erfolglos geltend gemacht worden sind. Die Antragsgegnerin haftet insoweit nicht als Ausfallbürge.

c) Soweit die Antragstellerin schließlich die Auszahlung der bereits bewilligten Leistungen an sie selbst statt an den Vermieter einfordert, ist die abweichende Entscheidung der Antragsgegnerin - jedenfalls im Rahmen des Eilverfahrens - nicht zu beanstanden. Nach § 17 Abs. 2 SGB XII hat der Sozialhilfeträger im Rahmen seines Ermessens die Möglichkeit, über die Art und Weise der Erbringung der Sozialleistung zu entscheiden. Vorliegend hat die Antragstellerin mehrfach gezeigt, dass sie bereit ist, zunächst Schulden gegenüber Dritten zu begleichen, anstatt der regelmäßigen Zahlung des Mietzinses den Vorrang einzuräumen. Durch die Formulierung im Beschwerdeverfahren, dass sie die Auszahlung an sich begehre, damit sie ihre Pläne besser und selbst bestimmt verfolgen könne, wird diese Sichtweise erneut deutlich. Vor diesem Hintergrund stellt es - jedenfalls während des laufenden Räumungsklageverfahrens - eine die Antragstellerin durchaus schützende Entscheidung dar, die bewilligte Leistung vollständig an den Vermieter auszukehren. Durch den Bezug der laufenden Altersrente und des Ehrensoldes ist die Deckung der laufenden Lebenshaltungskosten der Antragstellerin durch diese Handhabung ungefährdet.

Sofern die Antragstellerin mit ihrem Vortrag zusätzlich zum Ausdruck bringen möchte, dass in der Vergangenheit bereits bewilligte Leistungen nicht vollständig an sie ausgezahlt wurden, weist der Senat ausdrücklich darauf hin, dass nach Aktenlage alle Leistungen auch gezahlt wurden, teilweise jedoch unmittelbar an den Drittgläubiger, also z.B. den Energieversorger. Insoweit ist ergänzend auf die ausführliche Darstellung der Antragsgegnerin im Schreiben vom 22.01.2010 zu verweisen. Es ist für den Senat nach stichprobenartiger Kontrolle nicht ersichtlich, dass die dortigen Erläuterungen unzutreffend sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 172 SGG.
Rechtskraft
Aus
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