Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 5 AL 177/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 152/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 160/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 12. August 2008 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander für beide Instanzen keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Es geht in dem Rechtsstreit um die Höhe des Arbeitslosengeldes, dabei insbesondere um die Höhe des Bemessungsentgeltes und dabei um die Frage, ob der letzte Monat des Beschäftigungsverhältnisses (Dezember 2005) bereits abgerechnet war.
Der 1952 geborene Kläger war von 1968 bis zum 31. Dezember 2005 als Personalsachbearbeiter versicherungspflichtig beschäftigt bei C. AG, Werk A-Stadt. Auf der Lohnsteuerkarte des Klägers für das Jahr 2006 war die Steuerklasse 3 eingetragen. Mit am 29. Juni 2005 dem Kläger ausgehändigten Schreiben kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2005 aus betriebsbedingten Gründen. Am 21. November 2005 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos zum 1. Januar 2006 und beantragte Arbeitslosengeld. Im Antragsformular gab er an, dass ein zu berücksichtigendes Kind (geboren 1986) vorhanden sei, für das er Kindergeld erhalte. In der Arbeitsbescheinigung vom 6. Januar 2006 waren folgende Bruttoarbeitsentgelte bestätigt:
Dezember 2004 4.054,75 EUR
Januar 2005 3.201,07 EUR
Februar 2005 3.458,95 EUR
März 2005 4.381,39 EUR
April 2005 3.586,57 EUR
Mai 2005 3.788,09 EUR
Juni 2005 3.874,20 EUR
Juli 2005 3.615,87 EUR
August 2005 3.615,87 EUR
September 2005 4.046,42 EUR
Oktober 2005 4.550,07 EUR
November 2005 4.096,60 EUR
Zunächst mit Bescheid vom 31. Januar 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 28. Januar 2006 (Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen vom 1. bis 27. Januar 2006 liegen vor) in Höhe von 50,13 EUR unter Berücksichtigung des allgemeinen Leistungssatzes von 60 % (§ 129 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB 3). Mit Änderungs-Bescheid vom 10. Februar 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 28. Januar 2006 für 780 Kalendertage in Höhe von nunmehr 55,98 EUR täglich unter Berücksichtigung des erhöhten Leistungssatzes von 67 % (§ 129 Nr. 1 SGB 3). Dabei hatte sie im Bemessungsrahmen (1. Januar bis 31. Dezember 2005) die Entgeltabrechnungszeiträume vom 1. Januar 2005 bis zum 30. November 2005 (bei 4 Fehltagen) mit 330 Kalendertagen und einem Entgelt in Höhe von 42.214,10 EUR berücksichtigt, entsprechend einem täglichen Bemessungsentgelt in Höhe von 127,92 EUR.
Hiergegen hat der Kläger am 6. März 2008 Widerspruch eingelegt und beanstandet, dass der Monat Dezember 2005 fehle. Dieser Monat sei am 20. Dezember 2005 abgerechnet worden und deshalb in das Bemessungsentgelt einzubeziehen. Der Kläger hat die Entgeltabrechnung vom 20. Dezember 2005 mit einem Bruttolohn in Höhe von 8.323,30 EUR beigefügt, sowie einen Kontoauszug, aus dem sich ergibt, dass der Dezemberlohn mit Wert vom 30. Dezember 2005 gutgeschrieben wurde. Mit am 23. Mai 2006 zur Post gegebenem Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2006 hat die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Eine vollständige Abrechnung des Gehaltsmonats Dezember 2005 sei erst durch eine Rückrechnung von im Dezember 2005 geleisteten Stunden erfolgt. Dies sei von der Arbeitgeberin bestätigt worden. Deshalb habe das Dezembergehalt 2005 nicht gemäß § 131 Abs. 1 SGB 3 in die Berechnung des Bemessungsentgeltes einbezogen werden können. In den Akten der Beklagten befindet sich noch eine von der Arbeitgeberin nachträglich übersandte Nachberechnung "R Dezember 2005" über 7.318,15 EUR brutto (netto 4.035,49 EUR).
Der Kläger hat am 26. Juni 2006 Klage erhoben mit dem Ziel, dass das ab 28. Januar 2006 gewährte Arbeitslosengeld in Höhe von 60,24 EUR täglich gewährt wird. Der Kläger hat vorgetragen, es müsse ein Jahresverdienst in Höhe von 50.537,40 EUR bei 360 Tagen berücksichtigt werden, woraus sich ein tägliches Bemessungsentgelt von 140,38 EUR ergebe. Nach Abzug der Sozialversicherungspauschale (21 %) in Höhe von 29,48 EUR, der Lohnsteuer in Höhe von 19,90 EUR und des Solidaritätszuschlages in Höhe von 1,09 EUR ergebe sich damit ein Leistungsentgelt in Höhe von 89,91 EUR. Unter Berücksichtigung eines Prozentsatzes von 67 % ergebe sich somit ein Leistungssatz von täglich 60,24 EUR. Die Beklagte hat vorgetragen, das Dezembergehalt sei gerade nicht vollständig abgerechnet gewesen, da noch eine Nachverrechnung in Höhe von 4.035,49 EUR stattgefunden habe.
Das Sozialgericht hat die Auskunft der Arbeitgeberin vom 20. November 2006 (aus einem Parallelverfahren) sowie deren Betriebsordnung vom 1. Juli 1964 und die Betriebsvereinbarungen vom 25. August 1976 und vom 1. Juli 1994 beigezogen.
Mit Urteil vom 12. August 2008 hat das Sozialgericht Wiesbaden die angefochtenen Bescheide geändert und die Beklagte verurteilt, das dem Kläger ab 28. Januar 2006 gewährte Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 60,24 EUR zu zahlen. In der Begründung hat es unter anderem ausgeführt, die Entgeltabrechnung vom 20. Dezember 2005 erfülle für Dezember 2005 die Voraussetzungen eines abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraumes, wie sich maßgeblich aus Form und Inhalt der Abrechnung ergebe. Es handele sich nicht um eine vorläufige Abrechnung oder einen Vorschuss oder eine Abschlagszahlung; auch gebe es keine Verbindlichkeitsbeschränkung oder einen Vorläufigkeitsvorbehalt. Es sei auch für Dezember 2005 keine komplett neue Dezember-2005-Abrechnung erteilt worden, sondern lediglich die Berechnung der Aufrollungsdifferenz, welche dann Bestandteil der Abrechnung des Folgemonats Januar 2006 geworden sei. Dies entspreche dem Willen von Arbeitgeberin und Arbeitnehmerschaft, die Zahlung des Gehalts am letzten Werktag für den abgelaufenen Monat zu gewährleisten.
Gegen das am 26. August 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24. September 2008 Berufung eingelegt. Die Beklagte wiederholt und vertieft das bisherige Vorbringen und trägt ergänzend vor, nach § 12 Abs. 5 des hier anwendbaren Manteltarifvertrages für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Hessen setze sich das monatliche Arbeitsentgelt aus einem konstanten und einem variablen Teil zusammen, wobei der konstante Teil den Stundenlohn und die monatsbezogenen Zulagen und Zuschläge beinhalte, während der variable Teil leistungsabhängige Bestandteile wie die Vergütung für Mehrarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit, Nachtarbeit mit den Zuschlägen, sowie evtl. unregelmäßig anfallende Schmutz-, Gefahren- und Erschwerniszulagen beinhalte. Bei der Dezemberabrechnung vom 20. Dezember 2005 sei lediglich der konstante Teil des Arbeitsentgelts abgerechnet worden, während die endgültige Abrechnung des Monats erst mit Datum vom 21. Juli 2006 erfolgt sei. Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB 3 werde die vollständige Abrechnung eines Entgeltabrechnungszeitraumes verlangt (vgl. BSG 22. März 1989 – 7 RAr 96/87). Damit könne der Monat Dezember 2005 bei der Bemessung nicht berücksichtigt werden. Es habe bei der ursprünglichen Berechnung zu verbleiben.
Die Beklagte hat noch den Bewilligungs-Bescheid vom 31. Januar 2006 und den Änderungs-Bescheid vom 10. Februar 2006 vorgelegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 12. August 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger bezieht sich auf die erstinstanzliche Entscheidung und trägt ergänzend vor, zum Zeitpunkt der Abrechnung der Vergütung für den Monat Dezember 2005 seien bis zum Jahresende keine Arbeiten mehr auszuführen gewesen. Die Weihnachtsfeiertage und der Jahreswechsel hätten dazwischen gelegen. Die von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmer seien von der Arbeitsleistung freigestellt gewesen. Variable Vergütungsbestandteile hätten nicht mehr anfallen können. Dies sei auch zwischen den Arbeitsvertragsparteien so vereinbart gewesen. Evtl. Korrekturen, die sich später ergeben hätten und nicht mit einer vollständigen Neuberechnung des Gehalts einhergegangen seien, seien nicht mehr zu berücksichtigen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) sowie auch ansonsten statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) Berufung der Beklagten ist zulässig. Insbesondere ist der Beschwerdewert gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung) von über 750 EUR erreicht unter Berücksichtigung des streitbefangenen täglichen Differenzbetrages und der Gesamtanspruchsdauer von 780 Tagen.
Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die angegriffenen Bescheide zu Unrecht geändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 28. Januar 2006 ein höheres Arbeitslosengeld (täglich 60,24 EUR statt 55,98 EUR) zu zahlen unter Berücksichtigung eines Bemessungszeitraumes vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2005 und eines in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgeltes in Höhe von 50.537,40 EUR. Vielmehr erweisen sich die von dem Kläger angegriffenen Bescheide als rechtmäßig, denn der Kläger hat nur Anspruch auf Arbeitslosengeld nach einem täglichen Bemessungsentgelt in Höhe von 127,92 EUR entsprechend einem Leistungssatz in Höhe von 55,98 EUR täglich. Gemäß § 130 Abs. 1 SGB 3 umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Gemäß § 130 Abs. 2 SGB 3 umfasst der Bemessungsrahmen ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Der Bemessungsrahmen reichte somit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2005, da das Versicherungspflichtverhältnis des Klägers bei C. am 31. Dezember 2005 endete. Innerhalb dieses Bemessungsrahmens hat die Beklagte zutreffend die Entgeltabrechnungszeiträume vom 1. Januar 2005 bis zum 30. November 2005 (bei 4 Fehltagen) mit 330 Kalendertagen und einem Entgelt in Höhe von 42.214,10 EUR berücksichtigt, woraus sich ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 127,92 EUR errechnet. Gemäß § 133 SGB 3 errechnet sich daraus das Leistungsentgelt in Höhe von 83,55 EUR durch Absetzung der pauschalierten Abzüge, und zwar 21 % als Sozialversicherungspauschale (hier 26,86 EUR), die Lohnsteuer nach der Lohnsteuertabelle (hier Steuerklasse 3 – 16,60 EUR) und Solidaritätszuschlag (hier 0,91 EUR). Gemäß § 129 Nr. 1 SGB 3 beträgt das Arbeitslosengeld im Falle des Klägers mit einem zu berücksichtigenden Kind 67 % (erhöhter Leistungssatz) entsprechend der Bewilligung durch die Beklagte im angefochtenen und somit streitbefangenen Änderungs-Bescheid vom 10. Februar 2006 in Höhe von 55,98 EUR.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und des Klägers umfasst der Bemessungszeitraum nicht den Dezember 2005, denn dieser Monat war beim Ausscheiden des Klägers aus dem Beschäftigungsverhältnis (31. Dezember 2005) noch nicht (vollständig) abgerechnet. Dabei sind nur die Entgeltabrechnungszeiträume zugrunde zu legen, die vollständig innerhalb des Bemessungsrahmens liegen und abgerechnet waren. Teilabrechnungszeiträume sind nicht zu berücksichtigen, auch nicht, wenn sie in den Bemessungsrahmen hineinragen (BSG, Urteil vom 01.06.2006 - B 7a AL 86/05 R -, SozR 4-4300 § 133 Nr. 3). Berücksichtigt werden dürfen auch nur vollständig abgerechnete Abrechnungszeiträume. Abgerechnet ist ein Lohnabrechnungszeitraum, wenn der Arbeitgeber das für diesen Zeitraum erarbeitete Arbeitsentgelt vollständig errechnet hat, so daß das Arbeitsentgelt nunmehr ohne weitere Rechenoperationen an den Arbeitnehmer ausgezahlt oder überwiesen werden kann (BSGE 64, 179, 180 f = SozR 4100 § 112 Nr 43 mwN). Werden neben festen Bezügen von Lohnabrechnungszeitraum zu Lohnabrechnungszeitraum unterschiedlich hohe Vergütungen gewährt, zB Provision vom erzielten Umsatz, Vergütungen für besondere Arbeiten oder für Mehrarbeit, liegt eine Abrechnung erst vor, wenn auch diese Vergütungen errechnet sind (so schon Urteil des BSG vom 15. Februar 1990 - 7 RAr 82/89 zu § 112 Abs. 3 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz – AFG, vgl. auch Urteil des BSG vom 22. März 1989 – 7 RAr 96/87 –-). Dies trifft für Dezember 2005 nicht zu. Denn mit der vom Sozialgericht zugrunde gelegten Dezemberabrechnung war nur das nach dem Manteltarifvertrag der hessischen Eisen-, Metall- und Elektroindustrie geregelte gleichmäßige Monatsentgelt (Grundentgelt und die in jedem Monat wiederkehrenden Zuschläge und Zulagen) und nicht die auch zu einer vollständigen Abrechnung erforderlichen variablen Entgeltbestandteile (unmittelbar leistungsabhängige und zeitabhängige Entgeltbestandteile, z. B. Vergütungen für Mehrarbeit, Zuschläge für Spät-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit, Erschwerniszulagen und –zuschläge) abgerechnet. Dem entspricht auch die Auskunft der Arbeitgeberin vom 20. November 2006 sowie die nachträglich vorgelegte Nachberechnung für Dezember 2005 vom 21. Juli 2006 "Entgeltabrechnung für R Dezember 2005" über brutto 7.318,15 EUR (netto 4.035,49 EUR), die sich zusammensetzte aus Mehrarbeit Grundvergütung (44 Stunden), Zuschlag Mehrarbeit 25 % (248,41 Stunden) und Ausbezahlung Stunden (204,41 Stunden). Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist die Abrechnung der variablen Entgeltbestandteile nicht jeweils Bestandteil der Abrechnung des Folgemonats geworden, sondern war jeweils eindeutig nach den Regeln des Manteltarifvertrages und auch der Bezeichnung der Abrechnung durch die Arbeitgeberin noch dem Vormonat zuzuordnen. Dem entspricht auch die ursprüngliche Arbeitsbescheinigung der Arbeitgeberin. Soweit der Kläger behauptet hat, es hätten bei ihm keine variablen Vergütungsbestandteile mehr für Dezember 2005 anfallen können, so übersieht er dabei, dass die Abrechnung der variablen Entgeltbestandteile nicht die letzten Tage des Monats (nach der Abrechnung des gleichmäßigen Monatsentgelts), sondern den jeweiligen gesamten Monat umfasst, falls solche Bestandteile im jeweiligen Monat angefallen sind, wie es bei dem Kläger im Dezember 2005 der Fall war.
Die Klage war daher auf die Berufung der Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Wiesbaden vom 12. August 2008 abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Die Beteiligten haben einander für beide Instanzen keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Es geht in dem Rechtsstreit um die Höhe des Arbeitslosengeldes, dabei insbesondere um die Höhe des Bemessungsentgeltes und dabei um die Frage, ob der letzte Monat des Beschäftigungsverhältnisses (Dezember 2005) bereits abgerechnet war.
Der 1952 geborene Kläger war von 1968 bis zum 31. Dezember 2005 als Personalsachbearbeiter versicherungspflichtig beschäftigt bei C. AG, Werk A-Stadt. Auf der Lohnsteuerkarte des Klägers für das Jahr 2006 war die Steuerklasse 3 eingetragen. Mit am 29. Juni 2005 dem Kläger ausgehändigten Schreiben kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2005 aus betriebsbedingten Gründen. Am 21. November 2005 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos zum 1. Januar 2006 und beantragte Arbeitslosengeld. Im Antragsformular gab er an, dass ein zu berücksichtigendes Kind (geboren 1986) vorhanden sei, für das er Kindergeld erhalte. In der Arbeitsbescheinigung vom 6. Januar 2006 waren folgende Bruttoarbeitsentgelte bestätigt:
Dezember 2004 4.054,75 EUR
Januar 2005 3.201,07 EUR
Februar 2005 3.458,95 EUR
März 2005 4.381,39 EUR
April 2005 3.586,57 EUR
Mai 2005 3.788,09 EUR
Juni 2005 3.874,20 EUR
Juli 2005 3.615,87 EUR
August 2005 3.615,87 EUR
September 2005 4.046,42 EUR
Oktober 2005 4.550,07 EUR
November 2005 4.096,60 EUR
Zunächst mit Bescheid vom 31. Januar 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 28. Januar 2006 (Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen vom 1. bis 27. Januar 2006 liegen vor) in Höhe von 50,13 EUR unter Berücksichtigung des allgemeinen Leistungssatzes von 60 % (§ 129 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB 3). Mit Änderungs-Bescheid vom 10. Februar 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 28. Januar 2006 für 780 Kalendertage in Höhe von nunmehr 55,98 EUR täglich unter Berücksichtigung des erhöhten Leistungssatzes von 67 % (§ 129 Nr. 1 SGB 3). Dabei hatte sie im Bemessungsrahmen (1. Januar bis 31. Dezember 2005) die Entgeltabrechnungszeiträume vom 1. Januar 2005 bis zum 30. November 2005 (bei 4 Fehltagen) mit 330 Kalendertagen und einem Entgelt in Höhe von 42.214,10 EUR berücksichtigt, entsprechend einem täglichen Bemessungsentgelt in Höhe von 127,92 EUR.
Hiergegen hat der Kläger am 6. März 2008 Widerspruch eingelegt und beanstandet, dass der Monat Dezember 2005 fehle. Dieser Monat sei am 20. Dezember 2005 abgerechnet worden und deshalb in das Bemessungsentgelt einzubeziehen. Der Kläger hat die Entgeltabrechnung vom 20. Dezember 2005 mit einem Bruttolohn in Höhe von 8.323,30 EUR beigefügt, sowie einen Kontoauszug, aus dem sich ergibt, dass der Dezemberlohn mit Wert vom 30. Dezember 2005 gutgeschrieben wurde. Mit am 23. Mai 2006 zur Post gegebenem Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2006 hat die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Eine vollständige Abrechnung des Gehaltsmonats Dezember 2005 sei erst durch eine Rückrechnung von im Dezember 2005 geleisteten Stunden erfolgt. Dies sei von der Arbeitgeberin bestätigt worden. Deshalb habe das Dezembergehalt 2005 nicht gemäß § 131 Abs. 1 SGB 3 in die Berechnung des Bemessungsentgeltes einbezogen werden können. In den Akten der Beklagten befindet sich noch eine von der Arbeitgeberin nachträglich übersandte Nachberechnung "R Dezember 2005" über 7.318,15 EUR brutto (netto 4.035,49 EUR).
Der Kläger hat am 26. Juni 2006 Klage erhoben mit dem Ziel, dass das ab 28. Januar 2006 gewährte Arbeitslosengeld in Höhe von 60,24 EUR täglich gewährt wird. Der Kläger hat vorgetragen, es müsse ein Jahresverdienst in Höhe von 50.537,40 EUR bei 360 Tagen berücksichtigt werden, woraus sich ein tägliches Bemessungsentgelt von 140,38 EUR ergebe. Nach Abzug der Sozialversicherungspauschale (21 %) in Höhe von 29,48 EUR, der Lohnsteuer in Höhe von 19,90 EUR und des Solidaritätszuschlages in Höhe von 1,09 EUR ergebe sich damit ein Leistungsentgelt in Höhe von 89,91 EUR. Unter Berücksichtigung eines Prozentsatzes von 67 % ergebe sich somit ein Leistungssatz von täglich 60,24 EUR. Die Beklagte hat vorgetragen, das Dezembergehalt sei gerade nicht vollständig abgerechnet gewesen, da noch eine Nachverrechnung in Höhe von 4.035,49 EUR stattgefunden habe.
Das Sozialgericht hat die Auskunft der Arbeitgeberin vom 20. November 2006 (aus einem Parallelverfahren) sowie deren Betriebsordnung vom 1. Juli 1964 und die Betriebsvereinbarungen vom 25. August 1976 und vom 1. Juli 1994 beigezogen.
Mit Urteil vom 12. August 2008 hat das Sozialgericht Wiesbaden die angefochtenen Bescheide geändert und die Beklagte verurteilt, das dem Kläger ab 28. Januar 2006 gewährte Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 60,24 EUR zu zahlen. In der Begründung hat es unter anderem ausgeführt, die Entgeltabrechnung vom 20. Dezember 2005 erfülle für Dezember 2005 die Voraussetzungen eines abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraumes, wie sich maßgeblich aus Form und Inhalt der Abrechnung ergebe. Es handele sich nicht um eine vorläufige Abrechnung oder einen Vorschuss oder eine Abschlagszahlung; auch gebe es keine Verbindlichkeitsbeschränkung oder einen Vorläufigkeitsvorbehalt. Es sei auch für Dezember 2005 keine komplett neue Dezember-2005-Abrechnung erteilt worden, sondern lediglich die Berechnung der Aufrollungsdifferenz, welche dann Bestandteil der Abrechnung des Folgemonats Januar 2006 geworden sei. Dies entspreche dem Willen von Arbeitgeberin und Arbeitnehmerschaft, die Zahlung des Gehalts am letzten Werktag für den abgelaufenen Monat zu gewährleisten.
Gegen das am 26. August 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24. September 2008 Berufung eingelegt. Die Beklagte wiederholt und vertieft das bisherige Vorbringen und trägt ergänzend vor, nach § 12 Abs. 5 des hier anwendbaren Manteltarifvertrages für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Hessen setze sich das monatliche Arbeitsentgelt aus einem konstanten und einem variablen Teil zusammen, wobei der konstante Teil den Stundenlohn und die monatsbezogenen Zulagen und Zuschläge beinhalte, während der variable Teil leistungsabhängige Bestandteile wie die Vergütung für Mehrarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit, Nachtarbeit mit den Zuschlägen, sowie evtl. unregelmäßig anfallende Schmutz-, Gefahren- und Erschwerniszulagen beinhalte. Bei der Dezemberabrechnung vom 20. Dezember 2005 sei lediglich der konstante Teil des Arbeitsentgelts abgerechnet worden, während die endgültige Abrechnung des Monats erst mit Datum vom 21. Juli 2006 erfolgt sei. Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB 3 werde die vollständige Abrechnung eines Entgeltabrechnungszeitraumes verlangt (vgl. BSG 22. März 1989 – 7 RAr 96/87). Damit könne der Monat Dezember 2005 bei der Bemessung nicht berücksichtigt werden. Es habe bei der ursprünglichen Berechnung zu verbleiben.
Die Beklagte hat noch den Bewilligungs-Bescheid vom 31. Januar 2006 und den Änderungs-Bescheid vom 10. Februar 2006 vorgelegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 12. August 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger bezieht sich auf die erstinstanzliche Entscheidung und trägt ergänzend vor, zum Zeitpunkt der Abrechnung der Vergütung für den Monat Dezember 2005 seien bis zum Jahresende keine Arbeiten mehr auszuführen gewesen. Die Weihnachtsfeiertage und der Jahreswechsel hätten dazwischen gelegen. Die von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmer seien von der Arbeitsleistung freigestellt gewesen. Variable Vergütungsbestandteile hätten nicht mehr anfallen können. Dies sei auch zwischen den Arbeitsvertragsparteien so vereinbart gewesen. Evtl. Korrekturen, die sich später ergeben hätten und nicht mit einer vollständigen Neuberechnung des Gehalts einhergegangen seien, seien nicht mehr zu berücksichtigen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) sowie auch ansonsten statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) Berufung der Beklagten ist zulässig. Insbesondere ist der Beschwerdewert gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung) von über 750 EUR erreicht unter Berücksichtigung des streitbefangenen täglichen Differenzbetrages und der Gesamtanspruchsdauer von 780 Tagen.
Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die angegriffenen Bescheide zu Unrecht geändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 28. Januar 2006 ein höheres Arbeitslosengeld (täglich 60,24 EUR statt 55,98 EUR) zu zahlen unter Berücksichtigung eines Bemessungszeitraumes vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2005 und eines in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgeltes in Höhe von 50.537,40 EUR. Vielmehr erweisen sich die von dem Kläger angegriffenen Bescheide als rechtmäßig, denn der Kläger hat nur Anspruch auf Arbeitslosengeld nach einem täglichen Bemessungsentgelt in Höhe von 127,92 EUR entsprechend einem Leistungssatz in Höhe von 55,98 EUR täglich. Gemäß § 130 Abs. 1 SGB 3 umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Gemäß § 130 Abs. 2 SGB 3 umfasst der Bemessungsrahmen ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Der Bemessungsrahmen reichte somit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2005, da das Versicherungspflichtverhältnis des Klägers bei C. am 31. Dezember 2005 endete. Innerhalb dieses Bemessungsrahmens hat die Beklagte zutreffend die Entgeltabrechnungszeiträume vom 1. Januar 2005 bis zum 30. November 2005 (bei 4 Fehltagen) mit 330 Kalendertagen und einem Entgelt in Höhe von 42.214,10 EUR berücksichtigt, woraus sich ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 127,92 EUR errechnet. Gemäß § 133 SGB 3 errechnet sich daraus das Leistungsentgelt in Höhe von 83,55 EUR durch Absetzung der pauschalierten Abzüge, und zwar 21 % als Sozialversicherungspauschale (hier 26,86 EUR), die Lohnsteuer nach der Lohnsteuertabelle (hier Steuerklasse 3 – 16,60 EUR) und Solidaritätszuschlag (hier 0,91 EUR). Gemäß § 129 Nr. 1 SGB 3 beträgt das Arbeitslosengeld im Falle des Klägers mit einem zu berücksichtigenden Kind 67 % (erhöhter Leistungssatz) entsprechend der Bewilligung durch die Beklagte im angefochtenen und somit streitbefangenen Änderungs-Bescheid vom 10. Februar 2006 in Höhe von 55,98 EUR.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und des Klägers umfasst der Bemessungszeitraum nicht den Dezember 2005, denn dieser Monat war beim Ausscheiden des Klägers aus dem Beschäftigungsverhältnis (31. Dezember 2005) noch nicht (vollständig) abgerechnet. Dabei sind nur die Entgeltabrechnungszeiträume zugrunde zu legen, die vollständig innerhalb des Bemessungsrahmens liegen und abgerechnet waren. Teilabrechnungszeiträume sind nicht zu berücksichtigen, auch nicht, wenn sie in den Bemessungsrahmen hineinragen (BSG, Urteil vom 01.06.2006 - B 7a AL 86/05 R -, SozR 4-4300 § 133 Nr. 3). Berücksichtigt werden dürfen auch nur vollständig abgerechnete Abrechnungszeiträume. Abgerechnet ist ein Lohnabrechnungszeitraum, wenn der Arbeitgeber das für diesen Zeitraum erarbeitete Arbeitsentgelt vollständig errechnet hat, so daß das Arbeitsentgelt nunmehr ohne weitere Rechenoperationen an den Arbeitnehmer ausgezahlt oder überwiesen werden kann (BSGE 64, 179, 180 f = SozR 4100 § 112 Nr 43 mwN). Werden neben festen Bezügen von Lohnabrechnungszeitraum zu Lohnabrechnungszeitraum unterschiedlich hohe Vergütungen gewährt, zB Provision vom erzielten Umsatz, Vergütungen für besondere Arbeiten oder für Mehrarbeit, liegt eine Abrechnung erst vor, wenn auch diese Vergütungen errechnet sind (so schon Urteil des BSG vom 15. Februar 1990 - 7 RAr 82/89 zu § 112 Abs. 3 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz – AFG, vgl. auch Urteil des BSG vom 22. März 1989 – 7 RAr 96/87 –-). Dies trifft für Dezember 2005 nicht zu. Denn mit der vom Sozialgericht zugrunde gelegten Dezemberabrechnung war nur das nach dem Manteltarifvertrag der hessischen Eisen-, Metall- und Elektroindustrie geregelte gleichmäßige Monatsentgelt (Grundentgelt und die in jedem Monat wiederkehrenden Zuschläge und Zulagen) und nicht die auch zu einer vollständigen Abrechnung erforderlichen variablen Entgeltbestandteile (unmittelbar leistungsabhängige und zeitabhängige Entgeltbestandteile, z. B. Vergütungen für Mehrarbeit, Zuschläge für Spät-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit, Erschwerniszulagen und –zuschläge) abgerechnet. Dem entspricht auch die Auskunft der Arbeitgeberin vom 20. November 2006 sowie die nachträglich vorgelegte Nachberechnung für Dezember 2005 vom 21. Juli 2006 "Entgeltabrechnung für R Dezember 2005" über brutto 7.318,15 EUR (netto 4.035,49 EUR), die sich zusammensetzte aus Mehrarbeit Grundvergütung (44 Stunden), Zuschlag Mehrarbeit 25 % (248,41 Stunden) und Ausbezahlung Stunden (204,41 Stunden). Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist die Abrechnung der variablen Entgeltbestandteile nicht jeweils Bestandteil der Abrechnung des Folgemonats geworden, sondern war jeweils eindeutig nach den Regeln des Manteltarifvertrages und auch der Bezeichnung der Abrechnung durch die Arbeitgeberin noch dem Vormonat zuzuordnen. Dem entspricht auch die ursprüngliche Arbeitsbescheinigung der Arbeitgeberin. Soweit der Kläger behauptet hat, es hätten bei ihm keine variablen Vergütungsbestandteile mehr für Dezember 2005 anfallen können, so übersieht er dabei, dass die Abrechnung der variablen Entgeltbestandteile nicht die letzten Tage des Monats (nach der Abrechnung des gleichmäßigen Monatsentgelts), sondern den jeweiligen gesamten Monat umfasst, falls solche Bestandteile im jeweiligen Monat angefallen sind, wie es bei dem Kläger im Dezember 2005 der Fall war.
Die Klage war daher auf die Berufung der Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Wiesbaden vom 12. August 2008 abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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