L 5 AS 1397/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 53 AS 10527/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 AS 1397/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Heizkostennachforderungen des Vermieters sind bei bestehender Hilfebedürftigkeit als tatsächliche Aufwendungen im Fälligkeitsmonat anzuerkennen.

Soweit der Leistungsträger im Abrechnungszeitraum die Heizkosten-vorauszahlungen übernommen hat, sind Heizkostennachforderungen auch dann in vollem Umfang zu übernehmen, wenn die Leistungen für Unterkunft und Heizung später auf einen angemessenen Betrag abgesenkt worden sind.

Soweit der Leistungsträger im Abrechnungszeitraum die Leistungen für Unterkunft und Heizung auf einen angemessenen Betrag abgesenkt hat, sind Heizkostennachforderungen zu übernehmen, wenn sich die Heizkosten nicht als unangemessen hoch erweisen. Die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Heizkosten ist getrennt von der Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Unterkunftskosten vorzunehmen. Hierbei ist in Berlin nicht der Berliner Heizkostenspiegel, sondern der bundesweite Heizkostenspiegel anzuwenden. In Berlin gilt für einen Zwei-personenhaushalt eine Wohnfläche von sechzig Quadratmetern als angemessen.
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juni 2009 aufgehoben. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2008 verpflichtet, den Klägern unter Änderung des Bescheides vom 7. August 2007 in der Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 10. November 2008 und des Änderungsbescheides vom 10. November 2008 sowie des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2009 für den Monat Oktober 2007 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 389,20 EUR zu gewähren. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger sind vom Beklagten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren vom Beklagten die Übernahme einer Heizkostennachforderung.

Die im Jahre 1968 geborene Klägerin zu 1) ist die Mutter des im Jahre 2002 geborenen Klägers zu 2). Die beiden beziehen seit dem 1. Januar 2005 als Bedarfsgemeinschaft laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Bis zum 31. März 2007 lebten sie zusammen in einer 65,36 Quadratmeter großen Wohnung, die sich in einer mit Erdöl zentral beheizten und mit einer zentralen Warmwasserversorgung ausgestatteten Wohnanlage befindet. Die Wohnanlage umfasst eine beheizte Nettowohnfläche von 2.631,27 Quadratmetern. Da die Klägerin zu 1) eine Arbeit in Wiesbaden aufnehmen wollte, kündigte sie den Mietvertrag zum 31. März 2007. Als die Arbeitsaufnahme scheiterte, konnte das bisherige Mietverhältnis nicht fortgesetzt werden, da die Wohnung schon anderweitig vermietet war. Deshalb bezogen die Kläger aufgrund eines mit dem bisherigen Vermieter abgeschlossenen neuen Mietvertrages vom 20. März 2007 am 1. April 2007 in demselben Haus eine neue Wohnung mit einer Wohnfläche von 59,95 Quadratmetern, für die eine monatliche Bruttowarmmiete in Höhe von 459,- EUR zu entrichten war, obwohl der Beklagte am 15. März 2010 nur eine Zustimmung hinsichtlich einer Bruttowarmmiete in Höhe von 444,- EUR erteilt hatte. Nachdem der Beklagte vor dem Umzug die tatsächlichen Mietaufwendungen für die alte Wohnung abzüglich einer Warmwasserpauschale als Bedarf anerkannt hatte, beschränkte er die Leistungen für Unterkunft und Heizung hinsichtlich der neuen Wohnung mit einem Ände- rungsbescheid vom 12. April 2007 in der Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 10. November 2008 und des Änderungsbescheides vom 10. November 2008 sowie des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2009 für die Zeit vom 1. April 2007 bis zum 31. Juli 2007 auf den von ihm für angemessen gehaltenen Betrag in Höhe von 444,- EUR. Dasselbe geschah mit Bescheid vom 7. August 2007 in der Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 10. November 2008 und des Änderungsbescheides vom 10. November 2008 sowie des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2009 für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Januar 2008.

Mit einer Heiz- und Warmwasserkostenrechnung vom 26. Oktober 2007 forderte der Vermieter für den Abrechnungszeitraum vom 1. Mai 2006 bis zum 30. April 2007 von den Klägern eine Nachzahlung in Höhe von 440,82 EUR. Von den berechneten Gesamtkosten der Kläger in Höhe von 834,62 EUR, auf die die Kläger bereits 393,80 EUR vorausgezahlt hatten, entfielen 97,77 EUR (11,71 Prozent) auf die Kosten der Warmwasserbereitung. Nach dem Mietvertrag vom 20. März 2007 war die Nachforderung innerhalb eines Monats nach Vorlage der Abrechnung zu entrichten.

Den Antrag der Kläger auf Übernahme der Nachforderung vom 21. Januar 2008 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 24. Januar 2008 ab. Den am 22. Februar 2008 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2008 zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass die Anerkennung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung bereits auf den angemessenen Betrag von 444,- EUR beschränkt gewesen seien, so dass keine weiteren Kosten übernommen werden könnten.

Die hiergegen am 26. März 2008 erhobene Klage, mit der zunächst die Übernahme der vollen Nachzahlungsforderung in Höhe von 440,82 EUR geltend gemacht worden ist, haben die Kläger auf einen gerichtlichen Hinweis mit Schriftsatz vom 29. August 2008 um den darin enthaltenen Anteil für die Warmwasserbereitung in Höhe von 51,62 EUR (11,71 Prozent) auf eine Forderung in Höhe von 389,20 EUR beschränkt. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 19. Juni 2009 abgewiesen und zur Begründung angegeben, dass es sich bei der Heizkostennachforderung nicht um anzuerkennende gegenwärtige Aufwendungen für Unterkunft und Heizung handle, da die Kläger die Wohnung, auf die sich die Nachforderung beziehe, nicht mehr bewohnten. Allerdings hat das Sozialgericht die Berufung zugelassen, weil es eine grundsätzliche Bedeutung der Sache angenommen hat.

Gegen das Urteil des Sozialgerichts, das den Klägern am 15. Juli 2009 zugestellt worden ist, haben sie am 12. August 2009 Berufung eingelegt und zur Begründung angegeben, dass es sich bei der Heizkostennachforderung um einen gegenwärtigen Bedarf handele, da die Kläger auch insoweit hilfebedürftig seien.

Die Kläger beantragen, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2008 zu verpflichten, den Klägern unter Änderung des Bescheides vom 7. August 2007 in der Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 10. November 2008 und des Änderungsbescheides vom 10. November 2008 sowie des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2009 für den Monat Oktober 2007 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 389,20 EUR zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die vorgelegen haben und Grundlage der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 24. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2008 ist rechtswidrig. Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch darauf, dass der Bescheid vom 7. August 2007 in der Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 10. November 2008 und des Änderungsbescheides vom 10. November 2008 sowie des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2009, in dessen Bewilligungszeitraum das Nachforderungsverlangen des Vermieters fällt, dahingehend geändert wird, dass für den Monat Oktober 2007 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 389,20 EUR gewährt werden.

Der Anspruch der Kläger folgt aus § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und § 48 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Nach den genannten Vorschriften ist ein Verwaltungsakt, hier also der Bescheid vom 7. August 2007 in der Gestalt der nachfolgenden Bescheide, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt.

Eine wesentliche Änderung gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 7. August 2007 vorlagen, ist hier mit der Nachforderung der Heizkosten eingetreten. Diese ist nach dem Mietvertrag mit Vorlage der Abrechnung fällig geworden, also im Oktober 2007. Daraus folgt ein Anspruch der hilfebedürftigen Kläger auf weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung hinsichtlich des Monats Oktober 2007 in der Höhe des geltend gemachten Betrages. Der Anspruch ergibt sich aus den §§ 7 Abs. 1 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 2, 19 Satz 1, 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind erfüllt. Nach der zuletzt genannten Vorschrift werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Diese Regelung umfasst nicht nur laufende, sondern auch einmalige Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (Bundessozialgericht, Beschluss vom 16. Mai 2007, B 7b AS 40/06 R; Urteil vom 19. September 2008, B 14 AS 54/07 R; Urteil vom 16. Dezember 2008, B 4 AS 49/07 R; diese und die nachfolgend zitierten Entscheidungen sind abrufbar bei der Datenbank Juris). Soweit einzelne Nebenkosten – wie hier bei der Nachforderung – in einer Summe fällig werden, sind sie als gegenwärtiger Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen, nicht aber auf längere Zeiträume zu verteilen (Bundessozialgericht, Urteil vom 15. April 2008, B 14/7b AS 68/06 R). Nachforderungen, die nach regelmäßiger Übernahme der Heizkostenvorauszahlungen der jeweiligen Monate entstehen, gehören als einmalig geschuldete Zahlungen zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat (Bundessozialgericht, Urteil vom 2. Juli 2009, B 14 AS 36/08 R; Urteil vom 16. Mai 2007, B 7b AS 40/06 R; vgl. auch Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 4. Februar 1988, 5 C 89/85).

Den Klägern kann nicht entgegengehalten werden, dass sie die Wohnung, auf die sich die Heizkostennachforderung bezieht, nicht mehr bewohnen, so dass es sich bei der Heizkostennachforderung nicht um tatsächliche Aufwendungen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II handle und deshalb eine Kostenübernahme nur noch im Wege der Darlehensgewährung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfolgen könne. Bereits das Bundesverwaltungsgericht ist im Rahmen seiner Rechtsprechung zum Bundessozialhilfegesetz davon ausgegangen, dass Heizkostennachforderungen auch nach einem Wohnungswechsel zu übernehmen sind, falls die Hilfebedürftigkeit fortdauert. Der gegenwärtige Bedarf bestehe darin, dass der Sozialhilfeträger dem Hilfesuchenden die Geldmittel zur Verfügung stelle, die dieser benötige, um die Lieferung der Wärme durch den Vermieter bezahlen zu können. Der Anspruch des Vermieters auf Nachzahlung von Heizkosten könne erst entstehen und fällig werden, wenn er sich am Ende der vereinbarten Rechnungsperiode anhand der dann bekannten Daten feststellen lasse. Demnach fordere der Hilfesuchende mit dem Begehren der Übernahme des Nachzahlungsbetrages nicht eine Übernahme von Schulden (Urteil vom 4. Februar 1988, 5 C 89/85; ebenso Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 25. Juni 1997, 4 L 7075/95). Das Bundessozialgericht hatte bisher nicht über eine solche Fallgestaltung zu entscheiden, jedoch hat es allgemein zu Heizkostennachforderungen ausgeführt, dass die Frage, ob Schulden im Sinne des § 22 Abs. 5 SGB II oder tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vorlägen, ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II zu beurteilen sei, einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht von dem Leistungsträger gedeckten Bedarf aufzufangen. Beziehe sich die Nachforderung auf einen während der Hilfebedürftigkeit des Leistungsberechtigten eingetretenen und bisher noch nicht gedeckten Bedarf, handele es sich jedenfalls um vom Leistungsträger zu übernehmende tatsächliche Aufwendungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (Urteil vom 22. März 2010, B 4 AS 62/09 R; Urteil vom 16. Mai 2007, B 7b AS 40/06 R). Hier ist demnach die Nachforderung in der geltend gemachten Höhe zu übernehmen, da sie während der Hilfebedürftigkeit der Kläger als Bedarf entstanden und vom Beklagten bisher nicht gedeckt worden ist.

Der Beklagte kann auch nicht einwenden, dass die Übernahme der Nachforderung ausgeschlossen sei, weil den Klägern vor ihrem Umzug nur eine Zustimmung zur Übernahme von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in monatlicher Höhe von 444,- EUR erteilt worden sei. Soweit die Heizkostenabrechnung den Zeitraum vom 1. Mai 2006 bis zum 31. März 2007 betrifft, in dem die Kläger noch in der früheren Wohnung lebten und in dem der Beklagte noch Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Anerkennung der tatsächlichen Aufwendungen abzüglich einer Warmwasserpauschale erbrachte, ist dem Beklagten bereits die zutreffende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entgegenzuhalten, wonach solche Nachforderungen, die nach regelmäßiger Übernahme der Heizkostenvorauszahlungen der jeweiligen Monate entstehen, als gegenwärtiger Bedarf im Fälligkeitsmonat anzuerkennen sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 2. Juli 2009, B 14 AS 36/08 R; Urteil vom 16. Mai 2007, B 7b AS 40/06 R). Soweit der Abrechnungszeitraum vom 1. April 2007 bis zum 30. April 2007 betroffen ist, in dem die Kläger schon die neue Unterkunft bewohnten, kann die seit dem 1. April 2007 vorgenommene Absenkung der Leistungen für Unterkunft und Heizung auf den vom Beklagten für angemessen gehaltenen Pauschalbetrag in monatlicher Höhe von 444,- EUR nichts an dem Anspruch der Kläger ändern. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts darf entgegen der Verwaltungspraxis des Beklagten keine Gesamtangemessenheitsgrenze für Unterkunfts- und Heizkosten gebildet werden. Vielmehr hat die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Heizkosten grundsätzlich getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erfolgen. Die Heizkosten sind gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen, soweit sie nicht einen Grenzwert überschreiten, der unangemessenes Heizen indiziert. Zur Bestimmung dieses Grenzwertes ist im Regelfall der jeweilige kommunale Heizspiegel oder – falls ein solcher für das Gebiet des jeweiligen Leistungsträgers fehlt – der bundesweite Heizspiegel heranzuziehen (abrufbar im Internet unter www.heizspiegel.de und www.mieterbund.de). Aus dem bundesweiten Heizspiegel ergeben sich Vergleichswerte für mit Erdöl, Erdgas und Fernwärme beheizte Wohnungen, gestaffelt nach der von der jeweiligen Heizungsanlage zu beheizenden Wohnfläche, die hinsichtlich des Heizenergieverbrauchs zwischen "optimal", "durchschnittlich", "erhöht" und "extrem hoch" unterscheiden. Der für die Angemessenheit der Heizkosten maßgebliche Grenzwert ist das Produkt aus dem Wert, der auf "extrem hohe" Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet, und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche nach den Ausführungsbestimmungen der Länder zu § 10 Abs. 1 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) beziehungsweise zu § 5 Abs. 2 Wohnungsbindungsgesetz a. F. (WoBindG) ergibt. Insofern wird der Wert für extrem hohe Heizkosten nur bezogen auf die angemessene Quadratmeterzahl zu Grunde gelegt, was bereits ein Korrektiv hinsichtlich der Höhe der Heizkosten darstellt, zugleich aber auch die Vergleichbarkeit der Heizkosten mit denen einer typischerweise angemessenen Wohnung ermöglicht. Der Grundsicherungsempfänger kann also im Regelfall die tatsächlichen Heizkosten nur bis zur Obergrenze aus dem Produkt des Wertes für extrem hohe Heizkosten mit der angemessenen Wohnfläche in Quadratmetern geltend machen. Dabei ist den kommunalen Heizspiegeln, die für Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern erstellt werden können und die in Zusammenarbeit mit den Städten auf der Grundlage der dort vorhandenen Datenbanken erarbeitet werden, wegen der ortsbezogenen Datenauswertung der Vorzug zu geben. Ist ein solcher kommunaler Heizspiegel nicht vorhanden, so kann auf den bundesweiten Heizspiegel zurückgegriffen werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 2. Juli 2009, B 14 AS 36/08 R).

Nach dieser Maßgabe erweisen sich die hier streitgegenständlichen Heizkosten der Kläger als angemessen, so dass sie vom Beklagten zu übernehmen sind. Dabei legt der Senat den bundesweiten Heizspiegel zugrunde. Denn der bestehende Berliner Heizspiegel (www.heizspiegel-berlin.de) enthält nicht die vom Bundessozialgericht vorausgesetzten Kategorisierungen des bundesweiten Heizspiegels und anderer kommunaler Heizspiegel, sondern unterscheidet bei den Verbrauchswerten nur zwischen den Kategorien "Maximum", "Minimum" und "Durchschnitt". In der Kategorie "Maximum" wird – anders als in der Kategorie der "extrem hohen" Heizkosten des bundesweiten Heizspiegels und anderer kommunaler Heizspiegel, die hierfür einen Mindestwert festlegen – lediglich ein Maximalwert mitgeteilt, so dass daraus ein Grenzwert nicht ablesbar ist. Die Heizkosten der Kläger aus dem Abrechnungszeitraum vom 1. Mai 2006 bis zum 30. April 2007 übersteigen nicht die maßgeblichen Werte der bundesweiten Heizspiegel der Jahre 2006 und 2007. Bei ölbeheizten Gebäuden mit einer Wohnfläche von mehr als 1000 Quadratmetern weist der bundesweite Heizkostenspiegel für das Jahr 2006 jährliche Heizkosten von mehr als 13,60 EUR je Quadratmeter und für das Jahr 2007 jährliche Heizkosten von mehr als 12,90 EUR je Quadratmeter als zu hoch aus.

Bei der Berechnung des Grenzwertes ist hier für einen Zweipersonenhaushalt eine abstrakte Wohnungsgröße von sechzig Quadratmetern zugrunde zu legen. Im Land Berlin sind die vom Bundessozialgericht in Bezug genommenen allgemeinen Richtlinien zu § 10 WoFG nicht erlassen worden sind, so dass hier an die Bestimmungen zur Vergabe von Wohnberechtigungsscheinen anzuknüpfen ist, wie sie sich aus Ziffer 8 Abs. 1 der zur Umsetzung von § 5 WobindG in Verbindung mit § 27 WoFG erlassenen Mitteilung Nr. 8/2004 der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004 ergeben. Danach wird die maßgebliche Wohnungsgröße für den Wohnberechtigungsschein in der Regel nach Raumzahl bestimmt. Angemessen ist grundsätzlich ein Raum für jeden Haushaltsangehörigen, wobei Dreizimmerwohnungen mit einer Gesamtwohnfläche bis zu sechzig Quadratmetern auch an Zweipersonenhaushalte überlassen werden dürfen. Das deckt sich mit Abschnitt II Ziffer 4 Abs. 3 der Richtlinien über die Förderung von eigengenutztem Wohneigentum der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 25. Mai 1999 (ABl. 1999, S. 2918 ff.), wonach für zwei Personen eine Wohnfläche von maximal sechzig Quadratmetern förderungsfähig ist.

Selbst bei Berücksichtigung des für die Kläger ungünstigeren jährlichen Verbrauchswertes von 12,90 EUR je Quadratmeter ergibt sich bei sechzig Quadratmetern ein Grenzwert in Höhe von 774,- EUR. Die hier angefallenen Gesamtkosten für die Heizung in Höhe von 834,62 EUR betragen nach Abzug der Warmwasserkosten in Höhe von 97,77 EUR, die gemäß § 20 Abs. 1 SGB II nicht zu den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gehören, dagegen lediglich 736,85 EUR und liegen damit unter dem Grenzwert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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