Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 32 AS 307/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Jedenfalls dann, wenn die Aufnahme in ein Krankenhaus oder eine sonstige Therapieeinrichtung im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB II nicht während des laufenden Leistungsbezugs nach dem SGB II erfolgt, sondern der erstmaligen Beantragung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende vorausgeht, ist als Prognosezeitpunkt zur Bestimmung der voraussichtlichen Dauer des Aufenthalts auf den Zeitpunkt der Antragstellung und nicht auf den Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung abzustellen. Maßgeblich ist allein die verbleibende Restzeit in der Einrichtung.
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 10.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2010 für die Zeit vom 30.11.2009 bis 26.05.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 359,00 Euro zu gewähren. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme.
Der am 02.08.1962 geborene Kläger ist geschieden und lebte in der Zeit vom 01.06.2007 bis 23.04.2008 gemeinsam mit seiner damaligen Lebensgefährtin O. in V., ohne dort jedoch ordnungsbehördlich gemeldet zu sein. Am 23.04.2008 wurde der Kläger aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts B. zum Zweck der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt St. G. inhaftiert und später, am 25.08.2008, in die Justizvollzugsanstalt W. verlegt. Am 14.11.2008 wurde der Kläger durch das Landgericht M. zu einer Haftstrafe verurteilt, zu deren Vollstreckung der Kläger in die Justizvollzugsanstalt R. verbracht wurde. Während der Zeit der Inhaftierung bezog der Kläger von der Beigeladenen, dem für V. zuständigen Träger der Sozialhilfe Leistungen nach § 35 SGB XII. Mit Bescheid vom 13.08.2008 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund dem Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme für die Dauer von 26 Wochen in der E.-Klinik in H. zur Therapie einer Suchtkrankheit. Am 25.11.2009 wurde der Kläger unter Zurückstellung der Strafvollstreckung und unter Auszahlung eines Überbrückungsgeldes in Höhe von 434,46 Euro in bar aus der Haft in der Justizvollzugsanstalt R. entlassen und noch am gleichen Tage in der E.-Klinik in H. zur stationären Rehabilitation aufgenommen.
Am 30.11.2009 beantragte der Kläger bei dem Beklagten, dem für H. örtlich zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende, die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Mit seinen Antragsunterlagen reichte der Kläger eine Bescheinigung der E.-Klinik vom 26.11.2009 zu den Akten, in der eine stationäre Behandlung des Klägers in der Zeit vom 25.11.2009 bis voraussichtlich 26.05.2010 bestätigt wurde. Mit Bescheid vom 10.12.2009 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers unter Bezugnahme auf die Regelung des § 7 Abs. 4 SGB II ab. Der Kläger befinde sich vom 25.11.2009 bis 26.05.2010 und damit für eine Zeit von voraussichtlich mehr als sechs Monaten in einer stationären Einrichtung. Unter diesen Umständen sei ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. In Betracht komme vielmehr ein Leistungsanspruch gegen den zuständigen Träger der Sozialhilfe. Den gegen den ablehnenden Bescheid am 19.12.2009 eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.01.2010 als unbegründet zurück.
Am 25.01.2010 hat der Kläger Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes hat die Kammer den Beklagten verpflichtet, dem Kläger vorläufig für die Zeit vom 25.01.2010 bis 26.05.2010 Regelleistungen in Höhe von monatlich 359,00 Euro zu gewähren (SG Köln, Beschluss vom 23.02.2010, Az. S 32 AS 290/10 ER). Mit der Klage verfolgt der wie ursprünglich beabsichtigt am 26.05.2010 aus der E.-Klinik entlassene Kläger sein Begehren in der Hauptsache weiter.
Der Kläger ist der Auffassung, dass ein Anspruch auf die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bestehe. Insbesondere stehe diesem Anspruch nicht der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II entgegen, da die Dauer der stationären Unterbringung vorliegend weniger als sechs Monate betrage. Dabei sei, weil die Anzahl der Tage pro Monat variiere, schon aus Gründen der Gleichbehandlung nicht von einer Berechnung in Monaten, sondern von einer Berechnung in Tagen oder Wochen auszugehen. Dem Kläger sei eine stationäre Therapie von 182 Tagen bzw. 26 Wochen bewilligt worden. Da das Jahr 365 Tage, ein halbes Jahr somit 182,5 Tage habe, sei die voraussichtliche Aufenthaltsdauer in Tagen bemessen kürzer als ein halbes Jahr. Entsprechendes gelte bei einer Berechnung in Wochen, da das Jahr 52 Wochen und einen weiteren Tag habe. Leistungen für Unterkunft und Heizung werden durch den Kläger nicht geltend gemacht.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 10.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2010 für die Zeit vom 30.11.2009 bis 26.05.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe der monatlichen Regelsatzleistung von 359,00 Euro zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren weiterhin der Auffassung, dass ein Leistungsanspruch des Klägers nach § 7 Abs. 4 SGB II ausgeschlossen sei, da der stationäre Aufenthalt in der E.-Klinik vom Tag der Aufnahme in die Klinik an voraussichtlich nicht weniger als sechs Monate betragen habe. Entgegen der Auffassung des Klägers sei eine nach Monaten bemessene Frist gemäß § 188 Abs. 2 BGB auch nach Monaten und nicht nach Tagen oder Wochen zu berechnen. Der Kläger habe einen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen.
Die Beigeladene teilt die Auffassung des Beklagten zur Berechnung der Frist, ist aber der Auffassung, dass als maßgeblicher Prognosezeitpunkt vorliegend nicht auf den Tag der Aufnahme in die E.-Klinik am 25.11.2009, sondern auf den Tag der Antragstellung bei dem Beklagten am 30.11.2009 abzustellen sei. Von diesem Zeitpunkt ausgehend habe der Aufenthalt des Klägers voraussichtlich weniger als sechs Monate betragen. Der Kläger habe einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den Inhalt der Gerichtsakte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes S 32 AS 290/10 ER sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Passivrubrum war von Amts wegen zu berichtigen. Nach § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II sind die gemeinsamen Einrichtungen mit der Bezeichnung Jobcenter als Rechtsnachfolger an die Stelle der Arbeitsgemeinschaften getreten.
Die Kammer kann vorliegend gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten dazu ihr Einverständnis erklärt haben.
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 10.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 30.11.2009 bis 26.05.2010 in Höhe von monatlich 359,00 Euro gegen den Beklagten.
Die Anspruchsgrundlage für den durch den Kläger geltend gemachten Anspruch ergibt sich aus den §§ 19 Satz 1, 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 20 SGB II. Danach erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenzen nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, die erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Gemäß § 20 Abs. 1 SGB II umfasst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile, Bedarf des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Die monatliche Regelleistung beträgt für Personen, die alleinstehend oder allein erziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 SGB II in Verbindung mit der im streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales über die Höhe der Regelleistung vom 17.06.2009 (BGBl. I, Seite 1342) monatlich 359,00 Euro. Dieser Betrag ist auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Bemessung der Regelsätze bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber zugrunde zu legen (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 09. Februar 2010, Az. 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09, BVerfGE 125, 175 ff.).
Der Beklagte ist für die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes örtlich zuständig. Gemäß § 36 Satz 3 SGB II werden die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende durch den jeweiligen Träger erbracht, in dessen Bezirk der erwerbsfähige Hilfebedürftige seinen tatsächlichen Aufenthalt hat, wenn ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar ist. So liegt es hier. Gemäß § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Bei einem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung kann ein gewöhnlicher Aufenthalt am Ort der Einrichtung begründet werden, wenn subjektive und objektive Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der bisherige Aufenthalt aufgegeben worden ist. Allerdings muss der Aufenthalt in der Einrichtung grundsätzlich zukunftsoffen sein, was insbesondere in den Fällen des § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II fraglich sein kann, da die Unterbringung höchstens sechs Monate betragen darf (Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 36 Rn. 25a). Bis zu seiner Inhaftierung am 23.04.2008 hielt sich der Kläger im Sinne eines gewöhnlichen Aufenthalts in der Stadt V. auf. Dies ergibt sich für die Kammer zweifelsfrei aus dem Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beigeladenen, ausweislich derer die damalige Lebensgefährtin des Klägers mit Schreiben vom 26.06.2008 gegenüber der Beigeladenen schriftlich bestätigt hat, dass der Kläger am 01.06.2007 in ihre Wohnung im Haus B. eingezogen sei. Von dort aus sei man dann gemeinsam am 06.10.2007 in eine andere Wohnung im Haus R.-Straße und am 07.01.2008 noch einmal in das Haus U.-Straße umgezogen. Die Angaben der Lebensgefährtin des Klägers sind durch die Beigeladene seinerzeit durch eine Befragung der durch die Lebensgefährtin angegebenen Vermieter überprüft worden. Die Vermieter haben jeweils übereinstimmend bestätigt, dass der Kläger in der Wohnung der Lebensgefährtin wohnhaft gewesen war. Das Fehlen einer ordnungsbehördlichen Meldung steht der Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht entgegen (vgl. Schlegel, in: jurisPK SGB I, 1. Auflage 2005, § 30 Rn. 44 m.w.N.). Den in der Stadt V. begründeten gewöhnlichen Aufenthalt hat der Kläger nach Auffassung der Kammer jedoch während seiner Inhaftierung - ohne dass sich die Kammer hier auf einen genauen Zeitpunkt festlegen muss - aufgegeben. Der Kläger ist aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts B. am 23.04.2008 in die Justizvollzugsanstalt St. G. inhaftiert worden. Am 25.08.2008 ist der Kläger zur weiteren Verbüßung der Untersuchungshaft in die Justizvollzugsanstalt W. verlegt worden. Nach der Verurteilung zu einer Haftstrafe durch das Landgericht M. am 14.11.2008 ist der Kläger zur Vollstreckung in die Justizvollzugsanstalt R. überstellt worden, wo er am 25.11.2009 unter Zurückstellung der Strafvollstreckung entlassen und am gleichen Tage in die E.-Klinik in H. zur stationären Rehabilitation aufgenommen worden ist. Zum Zeitpunkt der Antragstellung dort hat sich der Kläger damit seit annähernd zwei Jahren nicht mehr in der Stadt V. aufgehalten. Persönlich befragt hat der Kläger hierzu im Termin zur mündlichen Erörterung des Sachverhaltes am 16.09.2010 für die Kammer glaubhaft angegeben, dass die Beziehung zur damaligen Lebensgefährtin etwa ein Jahr nach seiner Verhaftung beendet worden sei. Seitdem habe er keinen Kontakt mehr zu ihr. Damals sei er letztlich aus einer Laune heraus zu seiner Lebensgefährtin nach V. gezogen. Über diese Beziehung hinaus habe jedoch kein persönlicher Bezug zu V. bestanden. Er habe dem entsprechend nach dem Ende der Beziehung auch nie beabsichtigt, nach seiner Entlassung nach V. zurückzukehren. Tatsächlich lebt der Kläger seit dem in M. Schließlich hat der Kläger zur Überzeugung der Kammer auch durch den Aufenthalt in der E.-Klinik keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in H. begründet. Die in der E.-Klinik absolvierte Rehabilitationsmaßnahme war von vornherein auf einen nur bis zum 26.05.2010 dauernden Aufenthalt angelegt und damit nicht zukunftsoffen. Über persönliche Beziehungen zur Stadt H. verfügt der Kläger nicht.
Der Kläger ist Leistungsberechtigter im Sinne von § 7 Absatz 1 Satz 1 SGB II. Insbesondere ist der Kläger hilfebedürftig. Gemäß § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach den Ermittlungen der Kammer hat der Kläger während der Zeit seiner Unterbringung in der E.-Klinik weder über ausreichendes Vermögen noch über ausreichendes Einkommen verfügt, um seinen nach dem gesetzlichen Regelsatz von 359,00 Euro monatlich zu bemessenen Lebensunterhalt sicherzustellen. [ ...]
Der Kläger ist schließlich nicht aufgrund seines Aufenthalts in einer stationären Therapieeinrichtung durch § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen, da vorliegend die Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II greift. Danach erhält abweichend von Satz 1 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus oder einer sonstigen Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahme im Sinne von § 107 SGB V untergebracht ist.
Nach Auffassung der Kammer hat der Beklagte zwar zunächst zutreffend darauf abgestellt, dass die von § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II vorausgesetzte Dauer von weniger als sechs Monaten überschritten ist, wenn hinsichtlich des Fristbeginns auf die Aufnahme in die Therapieeinrichtung am 25.11.2009 abzustellen wäre. Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Fristende nämlich gemäß §§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, 26 Abs. 1 SGB X nach Maßgabe von § 188 Abs. 2 BGB und damit nicht nach Tagen oder Wochen, sondern nach Monaten zu berechnen. Danach endete eine von der Aufnahme in die E.-Klinik am 25.11.2006 an gerechnete sechsmonatige Frist am 25.05.2010. Eine darin liegende Ungleichbehandlung - weil nicht alle Monate gleich an Tagen sind - wäre als sachlich gerechtfertigte Vereinfachung der Fristberechnung wie bei allen materiellrechtlichen oder prozessualen Monatsfristen durch den Kläger hinzunehmen.
Allerdings ist, wie die Kammer bereits mit Beschluss vom 23.02.2010 (a.a.O.) ausgeführt hat, als maßgeblicher Prognosezeitpunkt nicht auf die Aufnahme in die E.-Klinik am 25.11.2006, sondern auf die Antragstellung am 30.11.2009 abzustellen. Von diesem Zeitpunkt ausgehend hat der Aufenthalt des Klägers voraussichtlich weniger als sechs Monate betragen, da die sechsmonatige Frist am 30.05.2009 verstrichen wäre, der Kläger aber voraussichtlich schon am 26.05.2010 entlassen werden sollte. Ob bei der Anwendung von § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II auf den Tag der Aufnahme in die Einrichtung oder auf den Zeitpunkt der Antragstellung als maßgeblicher Prognosezeitpunkt abzustellen ist, ist in Rechtsprechung und Schrifttum nicht abschließend geklärt.
Das Bundessozialgericht hat zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I S. 1706) mit Wirkung zum 01.08.2006 entschieden, dass als maßgeblicher Prognosezeitpunkt zunächst auf den Tag der Aufnahme in das Krankenhaus bzw. die Therapieeinrichtung abzustellen ist, darüber hinaus aber offen gelassen, ob der Prognosezeitraum durch eine gezielte Antragstellung auch nach hinten verschoben werden kann (Bundessozialgericht, Urteil vom 06.09.2007, Az. B 14/7b AS 60/06 R). Der entscheidende Senat teilte zwar die Bedenken, dass einem solchen beliebigen Verschieben des Prognosezeitpunkts ein gewisses Missbrauchspotential innewohne. Allerdings entspreche es der Grundintention des SGB II, jeden erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Erwerbsarbeit zu integrieren. Gehe der Leistungsausschluss durch Unterbringung in einer Einrichtung gemäß § 7 Abs. 4 SGB II absehbar zeitlich zu Ende, so entspreche es dem Aktualitätsprinzip des SGB II, den Prognosezeitraum grundsätzlich ab dem Zeitpunkt beginnen zu lassen, zu dem der Antragsteller Leistungen nach dem SGB II begehre und damit zugleich anzeige, dass er Leistungen zur Eingliederung in Arbeit gemäß §§ 14 ff. SGB II erhalten möchte. Diese Erwägungen sind im Schrifttum teils positiv aufgegriffen und auch auf die aktuelle Fassung von § 7 Abs. 4 SGB II übertragen worden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die von § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II verlangte Prognoseentscheidung sei zwar im Grundsatz der Tag der Aufnahme in das Krankenhaus bzw. die Therapieeinrichtung. Allerdings solle bei einem länger als sechs Monate dauernden Aufenthalt in einer Einrichtung bei einer späteren Antragstellung dem Charakter einer Prognoseentscheidung entsprechend nur noch auf die prognostizierte Restzeit in der Einrichtung abzustellen sein (Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 7 Rn. 67). Die Gegenmeinung stellt maßgeblich auf das bereits durch das Bundessozialgericht problematisierte vermeintliche Missbrauchspotential einer solchen Handhabung ab und verweist für die Interpretation von § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II jedenfalls ab Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006 (a.a.O.) auf die entsprechende Gesetzesbegründung, nach der die Prognosentscheidung zu Beginn des Aufenthalts im Krankenhaus zu treffen sei (Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. Dezember 2008, Az. L 5 AS 31/08 unter Verweis auf BT-Drs. 16/1410 S. 20). Vielfach findet sich keine ausdrückliche Auseinandersetzung mit der hier zu entscheidenden Frage (vgl. Hackethal, in: jurisPK SGB II, 2. Auflage 2007, § 7 Rn. 52; Hänlein, in: Gagel, SGB II/III, Loseblattsammlung, Stand: 39. Ergänzungslieferung 2010, § 7 Rn. 78; Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB II, Loseblattsammlung, Stand: 30. Ergänzungslieferung IV/10, Teil K, § 7 Rn. 208). Auch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat die Frage bislang nicht entscheiden müssen; dort entsprach der Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung auch dem Zeitpunkt der Antragstellung (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Februar 2008, Az. L 7 B 274/07 AS).
Nach Auffassung der Kammer ist jedenfalls dann, wenn die Aufnahme in ein Krankenhaus oder eine sonstige Therapieeinrichtung nicht während des laufenden Leistungsbezugs nach dem SGB II erfolgt, sondern der erstmaligen Beantragung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende vorausgeht, auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen. Die Kammer macht sich dabei zunächst die Erwägungen des Bundessozialgerichts (a.a.O.) zu eigen, nach denen der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 Satz 1 in erster Linie vor dem Hintergrund der in § 1 SGB II niedergelegten Grundintention des SGB II, erwerbsfähige Hilfebedürftige in den Arbeitsmarkt zu integrieren, auszulegen ist. Soweit § 7 Abs. 4 SGB II Personen, die in stationären Einrichtungen untergebracht sind, trotz grundsätzlich bestehender Erwerbsfähigkeit vom Leistungsbezug ausschließt und damit zugleich dem Sozialhilfebezug nach dem SGB XII zuweist, geschieht dies, weil die Betroffenen einer Integration in der Arbeitsmarkt für die Dauer ihrer Unterbringung nicht zur Verfügung stehen. Im Schrifttum wird daher gelegentlich von einer Fiktion der Nichterwerbsfähigkeit gesprochen (vgl. Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 7 Rn. 60). Dieser Konzeption entsprechend gilt der Leistungsauschluss nach § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB II dann nicht, wenn der Betroffene trotz Unterbringung in einer stationären Einrichtung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich arbeiten kann. Auch die Regelung des § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II ist vor diesem Hintergrund zu sehen, wenn sie den Leistungsausschluss ausnahmsweise suspendiert, wenn der Betroffene voraussichtlich weniger als sechs Monate stationär untergebracht ist. In diesem Fall machte eine Überführung in den Sozialhilfebezug nach dem SGB XII nur wenig Sinn, weil der Betroffene in absehbarer Zeit wieder in den Leistungsbezug nach dem SGB II aufzunehmen wäre. Verlangt wird damit eine rein zukunftsgerichtete Prognoseentscheidung auf der Grundlage eines jeweils aktuellen Informationsstandes. Der Prognosezeitpunkt dürfte dabei von den jeweiligen Umständen anhängen. Für den Regelfall eines laufenden Leistungsbezugs nach dem SGB II dürfte als Prognosezeitpunkt regelmäßig auf den Tag der Aufnahme in das Krankenhaus oder die Therapieeinrichtung abzustellen sein, da die Aufnahme in eine Einrichtung im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB II hier Anlass gibt, eine Prognoseentscheidung über die künftige Verfügbarkeit des Leistungsempfängers zur Integration in den Arbeitsmarkt zu treffen. Wenn dagegen erstmals Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende beantragt werden, kann sich auch die Frage nach der künftigen Verfügbarkeit für Integrationsmaßnahmen frühstens zu diesem Zeitpunkt stellen. Eine Prognoseentscheidung muss dann dem Aktualitätsprinzip entsprechend als Prognosezeitpunkt auf den Zeitpunkt der Antragstellung abstellen, so dass bei einem bereits begonnenen Aufenthalt in einer Einrichtung im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB II nur die voraussichtliche Restdauer zu berücksichtigen ist. Die Einbeziehung zurückliegender Aufenthaltszeiten widerspräche dem zukunftsgerichteten Charakter der zu treffenden Prognosentscheidung.
Der durch das Bundessozialgericht (a.a.O.) entwickelte Ansatz für die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006 geltende Fassung von § 7 Abs. 4 SGB II ist nach Auffassung der Kammer auch auf die aktuelle Gesetzeslage übertragbar. Auch nach aktueller Gesetzeslage ist nach § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II eine Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Dauer des Aufenthalts in einem Krankenhaus oder einer sonstigen Therapieeinrichtung zu treffen. Der Gesetzgeber hat die Regelung in § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II gerade nicht so formuliert, so dass ein Leistungsauschluss immer dann greift, wenn der Aufenthalt tatsächlich länger sechs Monate dauert. Auch aus der Gesetzesbegründung zur Neufassung von § 7 Abs. 4 SGB II lässt sich nicht zwingend Gegenteiliges schließen. Soweit dort ausgeführt wird, dass eine Prognoseentscheidung zu Beginn des Aufenthaltes im Krankenhaus zu treffen sei (BT-Drs. 16/1410 S. 20), mag der Gesetzgeber dabei allein den Regelfall eines Krankenaufenthaltes während des laufenden Leistungsbezugs nach dem SGB II vor Augen gehabt haben, indem es auch nach der hier vertretenen Auffassung als Prognosezeitpunkt regelmäßig auf den Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung ankommen dürfte.
Schließlich überzeugt die Kammer auch der der hier vertretenen Auffassung entgegengehaltene Hinweis auf ein Missbrauchspotential nicht. Richtig ist zwar, dass der Betroffene hiernach durch eine geschickte Wahl des Antragszeitpunkts, einen aufgrund der pauschalierten Regelsätze gegenüber § 35 Abs. 2 SGB XII attraktiveren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zielgerichtet herbeiführen kann. Indes wird einem Missbrauch jedenfalls im Ansatz durch die Regelung des § 37 Abs. 2 SGB II vorgebeugt, wonach Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht werden. Damit steht derjenige, der sich zwar tatsächlich länger als sechs Monate in einem Krankenhaus oder einer sonstigen Therapieeinrichtung aufhält, seinen Antrag aber erst dann stellt, wenn absehbar ist, dass der Aufenthalt in weniger als sechs Monaten zu Ende geht, nicht besser, als derjenige der von vornherein nur für einen voraussichtlich weniger als sechs Monate dauernden Aufenthalt in ein Krankenhaus oder eine sonstige Therapieeinrichtung aufgenommen wird.
[ ...]
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme.
Der am 02.08.1962 geborene Kläger ist geschieden und lebte in der Zeit vom 01.06.2007 bis 23.04.2008 gemeinsam mit seiner damaligen Lebensgefährtin O. in V., ohne dort jedoch ordnungsbehördlich gemeldet zu sein. Am 23.04.2008 wurde der Kläger aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts B. zum Zweck der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt St. G. inhaftiert und später, am 25.08.2008, in die Justizvollzugsanstalt W. verlegt. Am 14.11.2008 wurde der Kläger durch das Landgericht M. zu einer Haftstrafe verurteilt, zu deren Vollstreckung der Kläger in die Justizvollzugsanstalt R. verbracht wurde. Während der Zeit der Inhaftierung bezog der Kläger von der Beigeladenen, dem für V. zuständigen Träger der Sozialhilfe Leistungen nach § 35 SGB XII. Mit Bescheid vom 13.08.2008 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund dem Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme für die Dauer von 26 Wochen in der E.-Klinik in H. zur Therapie einer Suchtkrankheit. Am 25.11.2009 wurde der Kläger unter Zurückstellung der Strafvollstreckung und unter Auszahlung eines Überbrückungsgeldes in Höhe von 434,46 Euro in bar aus der Haft in der Justizvollzugsanstalt R. entlassen und noch am gleichen Tage in der E.-Klinik in H. zur stationären Rehabilitation aufgenommen.
Am 30.11.2009 beantragte der Kläger bei dem Beklagten, dem für H. örtlich zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende, die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Mit seinen Antragsunterlagen reichte der Kläger eine Bescheinigung der E.-Klinik vom 26.11.2009 zu den Akten, in der eine stationäre Behandlung des Klägers in der Zeit vom 25.11.2009 bis voraussichtlich 26.05.2010 bestätigt wurde. Mit Bescheid vom 10.12.2009 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers unter Bezugnahme auf die Regelung des § 7 Abs. 4 SGB II ab. Der Kläger befinde sich vom 25.11.2009 bis 26.05.2010 und damit für eine Zeit von voraussichtlich mehr als sechs Monaten in einer stationären Einrichtung. Unter diesen Umständen sei ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. In Betracht komme vielmehr ein Leistungsanspruch gegen den zuständigen Träger der Sozialhilfe. Den gegen den ablehnenden Bescheid am 19.12.2009 eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.01.2010 als unbegründet zurück.
Am 25.01.2010 hat der Kläger Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes hat die Kammer den Beklagten verpflichtet, dem Kläger vorläufig für die Zeit vom 25.01.2010 bis 26.05.2010 Regelleistungen in Höhe von monatlich 359,00 Euro zu gewähren (SG Köln, Beschluss vom 23.02.2010, Az. S 32 AS 290/10 ER). Mit der Klage verfolgt der wie ursprünglich beabsichtigt am 26.05.2010 aus der E.-Klinik entlassene Kläger sein Begehren in der Hauptsache weiter.
Der Kläger ist der Auffassung, dass ein Anspruch auf die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bestehe. Insbesondere stehe diesem Anspruch nicht der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II entgegen, da die Dauer der stationären Unterbringung vorliegend weniger als sechs Monate betrage. Dabei sei, weil die Anzahl der Tage pro Monat variiere, schon aus Gründen der Gleichbehandlung nicht von einer Berechnung in Monaten, sondern von einer Berechnung in Tagen oder Wochen auszugehen. Dem Kläger sei eine stationäre Therapie von 182 Tagen bzw. 26 Wochen bewilligt worden. Da das Jahr 365 Tage, ein halbes Jahr somit 182,5 Tage habe, sei die voraussichtliche Aufenthaltsdauer in Tagen bemessen kürzer als ein halbes Jahr. Entsprechendes gelte bei einer Berechnung in Wochen, da das Jahr 52 Wochen und einen weiteren Tag habe. Leistungen für Unterkunft und Heizung werden durch den Kläger nicht geltend gemacht.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 10.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2010 für die Zeit vom 30.11.2009 bis 26.05.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe der monatlichen Regelsatzleistung von 359,00 Euro zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren weiterhin der Auffassung, dass ein Leistungsanspruch des Klägers nach § 7 Abs. 4 SGB II ausgeschlossen sei, da der stationäre Aufenthalt in der E.-Klinik vom Tag der Aufnahme in die Klinik an voraussichtlich nicht weniger als sechs Monate betragen habe. Entgegen der Auffassung des Klägers sei eine nach Monaten bemessene Frist gemäß § 188 Abs. 2 BGB auch nach Monaten und nicht nach Tagen oder Wochen zu berechnen. Der Kläger habe einen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen.
Die Beigeladene teilt die Auffassung des Beklagten zur Berechnung der Frist, ist aber der Auffassung, dass als maßgeblicher Prognosezeitpunkt vorliegend nicht auf den Tag der Aufnahme in die E.-Klinik am 25.11.2009, sondern auf den Tag der Antragstellung bei dem Beklagten am 30.11.2009 abzustellen sei. Von diesem Zeitpunkt ausgehend habe der Aufenthalt des Klägers voraussichtlich weniger als sechs Monate betragen. Der Kläger habe einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den Inhalt der Gerichtsakte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes S 32 AS 290/10 ER sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Passivrubrum war von Amts wegen zu berichtigen. Nach § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II sind die gemeinsamen Einrichtungen mit der Bezeichnung Jobcenter als Rechtsnachfolger an die Stelle der Arbeitsgemeinschaften getreten.
Die Kammer kann vorliegend gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten dazu ihr Einverständnis erklärt haben.
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 10.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 30.11.2009 bis 26.05.2010 in Höhe von monatlich 359,00 Euro gegen den Beklagten.
Die Anspruchsgrundlage für den durch den Kläger geltend gemachten Anspruch ergibt sich aus den §§ 19 Satz 1, 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 20 SGB II. Danach erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenzen nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, die erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Gemäß § 20 Abs. 1 SGB II umfasst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile, Bedarf des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Die monatliche Regelleistung beträgt für Personen, die alleinstehend oder allein erziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 SGB II in Verbindung mit der im streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales über die Höhe der Regelleistung vom 17.06.2009 (BGBl. I, Seite 1342) monatlich 359,00 Euro. Dieser Betrag ist auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Bemessung der Regelsätze bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber zugrunde zu legen (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 09. Februar 2010, Az. 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09, BVerfGE 125, 175 ff.).
Der Beklagte ist für die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes örtlich zuständig. Gemäß § 36 Satz 3 SGB II werden die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende durch den jeweiligen Träger erbracht, in dessen Bezirk der erwerbsfähige Hilfebedürftige seinen tatsächlichen Aufenthalt hat, wenn ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar ist. So liegt es hier. Gemäß § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Bei einem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung kann ein gewöhnlicher Aufenthalt am Ort der Einrichtung begründet werden, wenn subjektive und objektive Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der bisherige Aufenthalt aufgegeben worden ist. Allerdings muss der Aufenthalt in der Einrichtung grundsätzlich zukunftsoffen sein, was insbesondere in den Fällen des § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II fraglich sein kann, da die Unterbringung höchstens sechs Monate betragen darf (Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 36 Rn. 25a). Bis zu seiner Inhaftierung am 23.04.2008 hielt sich der Kläger im Sinne eines gewöhnlichen Aufenthalts in der Stadt V. auf. Dies ergibt sich für die Kammer zweifelsfrei aus dem Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beigeladenen, ausweislich derer die damalige Lebensgefährtin des Klägers mit Schreiben vom 26.06.2008 gegenüber der Beigeladenen schriftlich bestätigt hat, dass der Kläger am 01.06.2007 in ihre Wohnung im Haus B. eingezogen sei. Von dort aus sei man dann gemeinsam am 06.10.2007 in eine andere Wohnung im Haus R.-Straße und am 07.01.2008 noch einmal in das Haus U.-Straße umgezogen. Die Angaben der Lebensgefährtin des Klägers sind durch die Beigeladene seinerzeit durch eine Befragung der durch die Lebensgefährtin angegebenen Vermieter überprüft worden. Die Vermieter haben jeweils übereinstimmend bestätigt, dass der Kläger in der Wohnung der Lebensgefährtin wohnhaft gewesen war. Das Fehlen einer ordnungsbehördlichen Meldung steht der Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht entgegen (vgl. Schlegel, in: jurisPK SGB I, 1. Auflage 2005, § 30 Rn. 44 m.w.N.). Den in der Stadt V. begründeten gewöhnlichen Aufenthalt hat der Kläger nach Auffassung der Kammer jedoch während seiner Inhaftierung - ohne dass sich die Kammer hier auf einen genauen Zeitpunkt festlegen muss - aufgegeben. Der Kläger ist aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts B. am 23.04.2008 in die Justizvollzugsanstalt St. G. inhaftiert worden. Am 25.08.2008 ist der Kläger zur weiteren Verbüßung der Untersuchungshaft in die Justizvollzugsanstalt W. verlegt worden. Nach der Verurteilung zu einer Haftstrafe durch das Landgericht M. am 14.11.2008 ist der Kläger zur Vollstreckung in die Justizvollzugsanstalt R. überstellt worden, wo er am 25.11.2009 unter Zurückstellung der Strafvollstreckung entlassen und am gleichen Tage in die E.-Klinik in H. zur stationären Rehabilitation aufgenommen worden ist. Zum Zeitpunkt der Antragstellung dort hat sich der Kläger damit seit annähernd zwei Jahren nicht mehr in der Stadt V. aufgehalten. Persönlich befragt hat der Kläger hierzu im Termin zur mündlichen Erörterung des Sachverhaltes am 16.09.2010 für die Kammer glaubhaft angegeben, dass die Beziehung zur damaligen Lebensgefährtin etwa ein Jahr nach seiner Verhaftung beendet worden sei. Seitdem habe er keinen Kontakt mehr zu ihr. Damals sei er letztlich aus einer Laune heraus zu seiner Lebensgefährtin nach V. gezogen. Über diese Beziehung hinaus habe jedoch kein persönlicher Bezug zu V. bestanden. Er habe dem entsprechend nach dem Ende der Beziehung auch nie beabsichtigt, nach seiner Entlassung nach V. zurückzukehren. Tatsächlich lebt der Kläger seit dem in M. Schließlich hat der Kläger zur Überzeugung der Kammer auch durch den Aufenthalt in der E.-Klinik keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in H. begründet. Die in der E.-Klinik absolvierte Rehabilitationsmaßnahme war von vornherein auf einen nur bis zum 26.05.2010 dauernden Aufenthalt angelegt und damit nicht zukunftsoffen. Über persönliche Beziehungen zur Stadt H. verfügt der Kläger nicht.
Der Kläger ist Leistungsberechtigter im Sinne von § 7 Absatz 1 Satz 1 SGB II. Insbesondere ist der Kläger hilfebedürftig. Gemäß § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach den Ermittlungen der Kammer hat der Kläger während der Zeit seiner Unterbringung in der E.-Klinik weder über ausreichendes Vermögen noch über ausreichendes Einkommen verfügt, um seinen nach dem gesetzlichen Regelsatz von 359,00 Euro monatlich zu bemessenen Lebensunterhalt sicherzustellen. [ ...]
Der Kläger ist schließlich nicht aufgrund seines Aufenthalts in einer stationären Therapieeinrichtung durch § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen, da vorliegend die Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II greift. Danach erhält abweichend von Satz 1 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus oder einer sonstigen Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahme im Sinne von § 107 SGB V untergebracht ist.
Nach Auffassung der Kammer hat der Beklagte zwar zunächst zutreffend darauf abgestellt, dass die von § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II vorausgesetzte Dauer von weniger als sechs Monaten überschritten ist, wenn hinsichtlich des Fristbeginns auf die Aufnahme in die Therapieeinrichtung am 25.11.2009 abzustellen wäre. Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Fristende nämlich gemäß §§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, 26 Abs. 1 SGB X nach Maßgabe von § 188 Abs. 2 BGB und damit nicht nach Tagen oder Wochen, sondern nach Monaten zu berechnen. Danach endete eine von der Aufnahme in die E.-Klinik am 25.11.2006 an gerechnete sechsmonatige Frist am 25.05.2010. Eine darin liegende Ungleichbehandlung - weil nicht alle Monate gleich an Tagen sind - wäre als sachlich gerechtfertigte Vereinfachung der Fristberechnung wie bei allen materiellrechtlichen oder prozessualen Monatsfristen durch den Kläger hinzunehmen.
Allerdings ist, wie die Kammer bereits mit Beschluss vom 23.02.2010 (a.a.O.) ausgeführt hat, als maßgeblicher Prognosezeitpunkt nicht auf die Aufnahme in die E.-Klinik am 25.11.2006, sondern auf die Antragstellung am 30.11.2009 abzustellen. Von diesem Zeitpunkt ausgehend hat der Aufenthalt des Klägers voraussichtlich weniger als sechs Monate betragen, da die sechsmonatige Frist am 30.05.2009 verstrichen wäre, der Kläger aber voraussichtlich schon am 26.05.2010 entlassen werden sollte. Ob bei der Anwendung von § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II auf den Tag der Aufnahme in die Einrichtung oder auf den Zeitpunkt der Antragstellung als maßgeblicher Prognosezeitpunkt abzustellen ist, ist in Rechtsprechung und Schrifttum nicht abschließend geklärt.
Das Bundessozialgericht hat zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I S. 1706) mit Wirkung zum 01.08.2006 entschieden, dass als maßgeblicher Prognosezeitpunkt zunächst auf den Tag der Aufnahme in das Krankenhaus bzw. die Therapieeinrichtung abzustellen ist, darüber hinaus aber offen gelassen, ob der Prognosezeitraum durch eine gezielte Antragstellung auch nach hinten verschoben werden kann (Bundessozialgericht, Urteil vom 06.09.2007, Az. B 14/7b AS 60/06 R). Der entscheidende Senat teilte zwar die Bedenken, dass einem solchen beliebigen Verschieben des Prognosezeitpunkts ein gewisses Missbrauchspotential innewohne. Allerdings entspreche es der Grundintention des SGB II, jeden erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Erwerbsarbeit zu integrieren. Gehe der Leistungsausschluss durch Unterbringung in einer Einrichtung gemäß § 7 Abs. 4 SGB II absehbar zeitlich zu Ende, so entspreche es dem Aktualitätsprinzip des SGB II, den Prognosezeitraum grundsätzlich ab dem Zeitpunkt beginnen zu lassen, zu dem der Antragsteller Leistungen nach dem SGB II begehre und damit zugleich anzeige, dass er Leistungen zur Eingliederung in Arbeit gemäß §§ 14 ff. SGB II erhalten möchte. Diese Erwägungen sind im Schrifttum teils positiv aufgegriffen und auch auf die aktuelle Fassung von § 7 Abs. 4 SGB II übertragen worden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die von § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II verlangte Prognoseentscheidung sei zwar im Grundsatz der Tag der Aufnahme in das Krankenhaus bzw. die Therapieeinrichtung. Allerdings solle bei einem länger als sechs Monate dauernden Aufenthalt in einer Einrichtung bei einer späteren Antragstellung dem Charakter einer Prognoseentscheidung entsprechend nur noch auf die prognostizierte Restzeit in der Einrichtung abzustellen sein (Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 7 Rn. 67). Die Gegenmeinung stellt maßgeblich auf das bereits durch das Bundessozialgericht problematisierte vermeintliche Missbrauchspotential einer solchen Handhabung ab und verweist für die Interpretation von § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II jedenfalls ab Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006 (a.a.O.) auf die entsprechende Gesetzesbegründung, nach der die Prognosentscheidung zu Beginn des Aufenthalts im Krankenhaus zu treffen sei (Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. Dezember 2008, Az. L 5 AS 31/08 unter Verweis auf BT-Drs. 16/1410 S. 20). Vielfach findet sich keine ausdrückliche Auseinandersetzung mit der hier zu entscheidenden Frage (vgl. Hackethal, in: jurisPK SGB II, 2. Auflage 2007, § 7 Rn. 52; Hänlein, in: Gagel, SGB II/III, Loseblattsammlung, Stand: 39. Ergänzungslieferung 2010, § 7 Rn. 78; Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB II, Loseblattsammlung, Stand: 30. Ergänzungslieferung IV/10, Teil K, § 7 Rn. 208). Auch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat die Frage bislang nicht entscheiden müssen; dort entsprach der Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung auch dem Zeitpunkt der Antragstellung (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Februar 2008, Az. L 7 B 274/07 AS).
Nach Auffassung der Kammer ist jedenfalls dann, wenn die Aufnahme in ein Krankenhaus oder eine sonstige Therapieeinrichtung nicht während des laufenden Leistungsbezugs nach dem SGB II erfolgt, sondern der erstmaligen Beantragung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende vorausgeht, auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen. Die Kammer macht sich dabei zunächst die Erwägungen des Bundessozialgerichts (a.a.O.) zu eigen, nach denen der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 Satz 1 in erster Linie vor dem Hintergrund der in § 1 SGB II niedergelegten Grundintention des SGB II, erwerbsfähige Hilfebedürftige in den Arbeitsmarkt zu integrieren, auszulegen ist. Soweit § 7 Abs. 4 SGB II Personen, die in stationären Einrichtungen untergebracht sind, trotz grundsätzlich bestehender Erwerbsfähigkeit vom Leistungsbezug ausschließt und damit zugleich dem Sozialhilfebezug nach dem SGB XII zuweist, geschieht dies, weil die Betroffenen einer Integration in der Arbeitsmarkt für die Dauer ihrer Unterbringung nicht zur Verfügung stehen. Im Schrifttum wird daher gelegentlich von einer Fiktion der Nichterwerbsfähigkeit gesprochen (vgl. Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 7 Rn. 60). Dieser Konzeption entsprechend gilt der Leistungsauschluss nach § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB II dann nicht, wenn der Betroffene trotz Unterbringung in einer stationären Einrichtung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich arbeiten kann. Auch die Regelung des § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II ist vor diesem Hintergrund zu sehen, wenn sie den Leistungsausschluss ausnahmsweise suspendiert, wenn der Betroffene voraussichtlich weniger als sechs Monate stationär untergebracht ist. In diesem Fall machte eine Überführung in den Sozialhilfebezug nach dem SGB XII nur wenig Sinn, weil der Betroffene in absehbarer Zeit wieder in den Leistungsbezug nach dem SGB II aufzunehmen wäre. Verlangt wird damit eine rein zukunftsgerichtete Prognoseentscheidung auf der Grundlage eines jeweils aktuellen Informationsstandes. Der Prognosezeitpunkt dürfte dabei von den jeweiligen Umständen anhängen. Für den Regelfall eines laufenden Leistungsbezugs nach dem SGB II dürfte als Prognosezeitpunkt regelmäßig auf den Tag der Aufnahme in das Krankenhaus oder die Therapieeinrichtung abzustellen sein, da die Aufnahme in eine Einrichtung im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB II hier Anlass gibt, eine Prognoseentscheidung über die künftige Verfügbarkeit des Leistungsempfängers zur Integration in den Arbeitsmarkt zu treffen. Wenn dagegen erstmals Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende beantragt werden, kann sich auch die Frage nach der künftigen Verfügbarkeit für Integrationsmaßnahmen frühstens zu diesem Zeitpunkt stellen. Eine Prognoseentscheidung muss dann dem Aktualitätsprinzip entsprechend als Prognosezeitpunkt auf den Zeitpunkt der Antragstellung abstellen, so dass bei einem bereits begonnenen Aufenthalt in einer Einrichtung im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB II nur die voraussichtliche Restdauer zu berücksichtigen ist. Die Einbeziehung zurückliegender Aufenthaltszeiten widerspräche dem zukunftsgerichteten Charakter der zu treffenden Prognosentscheidung.
Der durch das Bundessozialgericht (a.a.O.) entwickelte Ansatz für die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006 geltende Fassung von § 7 Abs. 4 SGB II ist nach Auffassung der Kammer auch auf die aktuelle Gesetzeslage übertragbar. Auch nach aktueller Gesetzeslage ist nach § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II eine Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Dauer des Aufenthalts in einem Krankenhaus oder einer sonstigen Therapieeinrichtung zu treffen. Der Gesetzgeber hat die Regelung in § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II gerade nicht so formuliert, so dass ein Leistungsauschluss immer dann greift, wenn der Aufenthalt tatsächlich länger sechs Monate dauert. Auch aus der Gesetzesbegründung zur Neufassung von § 7 Abs. 4 SGB II lässt sich nicht zwingend Gegenteiliges schließen. Soweit dort ausgeführt wird, dass eine Prognoseentscheidung zu Beginn des Aufenthaltes im Krankenhaus zu treffen sei (BT-Drs. 16/1410 S. 20), mag der Gesetzgeber dabei allein den Regelfall eines Krankenaufenthaltes während des laufenden Leistungsbezugs nach dem SGB II vor Augen gehabt haben, indem es auch nach der hier vertretenen Auffassung als Prognosezeitpunkt regelmäßig auf den Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung ankommen dürfte.
Schließlich überzeugt die Kammer auch der der hier vertretenen Auffassung entgegengehaltene Hinweis auf ein Missbrauchspotential nicht. Richtig ist zwar, dass der Betroffene hiernach durch eine geschickte Wahl des Antragszeitpunkts, einen aufgrund der pauschalierten Regelsätze gegenüber § 35 Abs. 2 SGB XII attraktiveren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zielgerichtet herbeiführen kann. Indes wird einem Missbrauch jedenfalls im Ansatz durch die Regelung des § 37 Abs. 2 SGB II vorgebeugt, wonach Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht werden. Damit steht derjenige, der sich zwar tatsächlich länger als sechs Monate in einem Krankenhaus oder einer sonstigen Therapieeinrichtung aufhält, seinen Antrag aber erst dann stellt, wenn absehbar ist, dass der Aufenthalt in weniger als sechs Monaten zu Ende geht, nicht besser, als derjenige der von vornherein nur für einen voraussichtlich weniger als sechs Monate dauernden Aufenthalt in ein Krankenhaus oder eine sonstige Therapieeinrichtung aufgenommen wird.
[ ...]
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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