L 2 SO 5226/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 SO 1032/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 5226/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Keine Umwandlung darlehensweise gewährter Sozialhilfe in eine Gewährung als verlorener Zuschuss im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X.

2. Darlehensweise Gewährung von Sozialhilfe stellt kein Minus sondern ein Aliud gegenüber einer Gewährung als Zuschuss dar (Anschluss an BSGE Urteil vom 31. März 1992 - 9b RAr 17/90 -).
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21. September 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt im sogenannten "Zugunstenverfahren" gemäß § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) die Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 29.06.1992 dahingehend, dass die dort bewilligten Leistungen nicht als Darlehen gemäß § 89 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), sondern als "verlorener Zuschuss" bewilligt werden sollen. Die Beteiligten streiten in dem Zusammenhang insbesondere über die Anwendbarkeit von § 44 SGB X und darüber, ob § 44 Abs. 4 SGB X dem Begehren der Klägerin entgegen steht.

Die 1939 geborene Klägerin beantragte am 24.02.1992 die Gewährung von Sozialhilfe bei der Beklagten. Sie war Eigentümerin einer 2-Zimmer-Wohnung in G., deren Verkehrswert von der Gemeinde mit 209.344,00 DM angegeben wurde (Schreiben vom 11.05.1992, Bl. 121 Verwaltungsakten - VA). Mit Erklärung vom 23.04.1992 (Bl. 111 VA) wurde der Klägerin im Vorfeld der Entscheidung über ihren Antrag mitgeteilt, dass die Hilfegewährung im Hinblick auf verwertbares Vermögen darlehensweise erfolgen solle.

Mit Bescheid vom 29.06.1992 (Bl. 149 VA) bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 24.02.1992 Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) nach dem BSHG. Die Bewilligung erfolgte als Darlehen gemäß § 89 BSHG, gesichert durch Eintragung einer Sicherungshypothek über 33.100,00 DM auf die Wohnung der Klägerin in G ... Die laufende Bewilligungssumme belief sich ab dem 01.07.1992 auf 994,00 DM. Der Betrag wurde zum Teil (in Höhe von 460,00 DM) an die Klägerin, im Übrigen unmittelbar an Dritte ausgezahlt.

Mit notariellem Vertrag vom 27.08.1992 (Bl. 171 ff. VA) gewährte die Beklagte der Klägerin ein Darlehen in Höhe von 33.100,00 DM gegen die Eintragung einer Sicherungshypothek auf die von ihr bewohnte Wohnung in G ... In § 3 des Vertrages wurde als Fälligkeitstermin für das Darlehen der 24.02.1992 vereinbart; als Zinssatz 10 % ab Fälligkeit.

Im Zeitraum seit der Bewilligung der Leistungen bis zum 27.06.2003 ergingen insgesamt 19 Änderungsbescheide, mit denen die monatlichen Leistungen der Höhe nach neu berechnet und angepasst wurden. Nach der Bewilligung von Altersrente durch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) ab dem 01.08.2004 mit Bescheid vom 29.10.2004 (vgl. Bescheinigung der BfA vom 29.10.2004, Bl. 1479 VA) hob die Beklagte die Bewilligung mit Bescheid vom 08.11.2004 (Bl. 1509 VA) mit Wirkung ab dem 01.10.2004 auf.

Im Rahmen des Verkaufes der Wohnung im ersten Quartal 2007 bezifferte die Beklagte auf Anfrage des Betreuers der Klägerin (Bl. 1583 VA) zunächst die ihr zustehende Forderung mit 16.923,76 EUR, später dann - im Verfahren über die Ablösung der Sicherungshypothek - wegen der vereinbarten Verzinsung auf insgesamt 42.194,37 EUR. Von der Zahlung dieser Summe machte die Beklagte ihre Zustimmung zur beantragten Löschung der Sicherungshypothek im Zuge des Wohnungsverkaufes abhängig (Schreiben an Notariat Freiburg und Betreuer der Klägerin vom 08.02.2007, Bl. 1621-1625 VA). Am 14.03.2007 gingen bei der Beklagten 42.929,13 EUR ein.

Am 11.03.2008 ging bei der Beklagten ein Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein, mit welchem die Auskehr von 25.270,61 EUR gefordert wurde. Die Regelung über die Verzinsung in § 3 des Darlehensvertrages sei wegen §§ 45 Abs. 2 SGB X i.V.m. § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X und darüber hinaus wegen § 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig. Bislang fordere die Klägerin nur den genannten Betrag. Sofern dieser nicht beglichen werde, müsse geprüft werden, ob der Vertrag im Ganzen nichtig sei. In diesem Fall müssten die gesamten 42.194,37 EUR von der Beklagten gefordert werden.

Mit Bescheid vom 11.04.2008 lehnte die Beklagte die Zahlung des geforderten Geldbetrages ab. Eine Zinserhebung sei bei Darlehensverträgen gem. § 89 BSHG üblich gewesen. Der Zinssatz habe 2 % über dem am 30.06.1991 gültigen Basiszinssatz von 8 % gelegen. Eine Zinsanpassung habe die Klägerin nie eingefordert. Durch die geleistete Zahlung habe die Klägerin die Forderung der Beklagten anerkannt. Auf die hierauf bei dem Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Leistungsklage (S 12 SO 2670/08) verurteilte das SG die Beklagte mit rechtskräftig gewordenem Gerichtsbescheid vom 19.10.2010 (Bl. 1963 VA) zur Zahlung von 25.270,61 EUR an die Klägerin.

Mit Schreiben vom 22.07.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Überprüfung des Bescheides vom 29.06.1992. Sie begehrte die Rücknahme des Darlehensbescheides, der von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Bis zu dessen Rücknahme könne die Klägerin von der Beklagten nur die Ausstellung der zu Unrecht vereinnahmten Zinsen verlangen, danach die Auszahlung des gesamten von der Beklagten vereinnahmten Betrages.

Mit Bescheid vom 13.10.2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Anwendbarkeit von § 44 SGB X auf die Leistungsgewährung nach dem BSHG scheide aus. Auch bei hypothetischer Annahme der Anwendbarkeit von § 44 SGB X stehe einer rückwirkenden Überprüfung des Bescheides vom 29.06.1992 § 44 Abs. 4 SGB X entgegen.

Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2009 zurück. Die Beklagte führte über die Gründe des angefochtenen Bescheides hinaus aus, der tatsächliche Wert der Eigentumswohnung der Klägerin habe mit 205.000,00 DM insgesamt 33.100,00 DM über dem angemessenen Gebäude- und Grundstückswert in Höhe von 171.900,00 DM gelegen, weshalb die darlehensweise Hilfegewährung rechtmäßig gewesen sei. Es bestehe dann kein Überprüfungsanspruch mehr, wenn die Rücknahme eines Bescheides keine Auswirkungen mehr haben könne, etwa wegen des Ablaufes der 4-Jahres-Frist des § 44 Abs. 4 SGB X. Das Darlehen in Höhe von 33.100,00 DM sei bereits am 30.06.1995 vollständig in Form monatlicher HLU ausgezahlt gewesen. Danach sei die HLU bis zum 30.09.2004 als verlorener Zuschuss ausgezahlt worden.

Die hiergegen am 27.02.2009 erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 21.09.2010 abgewiesen. Dabei hat es offen gelassen, ob § 44 SGB X überhaupt Anwendung auf Bescheide über die Gewährung laufender Hilfe nach dem BSHG findet. Jedenfalls aber stehe § 44 Abs. 4 SGB X im vorliegenden Fall einer Abänderung des Bescheides vom 29.06.1992 entgegen. Hierbei sei nicht - wie die Klägerin meine - auf eine gegenwärtige Rückzahlungspflicht des Darlehens (welche wegen Erfüllung bereits erloschen sei) sondern auf die unterbliebene Hilfegewährung als Zuschuss abzustellen. Die 4-Jahres-Frist des § 44 Abs. 4 SGB X reiche ausgehend vom Überprüfungsantrag vom 22.07.2008 nur zurück bis zum 01.01.2004. Zu diesem Zeitpunkt seien der Klägerin Leistungen als Zuschuss gewährt worden. Im übrigen bestehe kein für die Anwendbarkeit des § 44 Abs. 4 SGB X vom BSG (Urteil vom 29.09.2009, Az. B 8 SO 16/08 R) geforderter fortwirkender Hilfebedarf. Seit Bezug ihrer Altersrente und der Verwertung ihrer Eigentumswohnung sei die Klägerin nicht mehr hilfebedürftig.

Gegen das am 14.10.2010 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.11.2010 Berufung eingelegt. Die Verwaltungspraxis der Beklagten sei rechtwidrig gewesen. Sie habe ohne Berücksichtigung von Lage, Größe und Ausstattung der Wohnung ausgehend vom Marktwert der Immobilie sowie einem willkürlich festgesetzten Höchstbetrag einen Fall des § 89 BSHG konstruiert, obwohl die Immobilie nicht zu verwerten gewesen sei. § 44 Abs. 4 SGB X sei entgegen der Auffassung des SG nicht anwendbar, denn vorliegend stehe nicht die rückwirkende Erbringung von Sozialleistungen im Streit, sondern der Anspruch auf Rücknahme eines grob rechtswidrigen Verwaltungsaktes (vom 29.06.1992). Dieser Anspruch bestehe unabhängig von der Frage, ob Sozialleistungen rückwirkend zu erbringen seien. Er führe dazu, dass der Rückforderungsanspruch des Berufungsbeklagten aus dem rechtswidrigen Darlehensbescheid entfalle.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21. September 2010 und den Bescheid vom 13. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2009 aufzuheben und den Bescheid vom 29. Juni 1992 dahingehend abzuändern, die darlehensweise bewilligten Leistungen als Zuschuss zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die SG-Akte und die Senatsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG) und statthafte (§143 SGG) Berufung ist zulässig.

Sie ist gleichwohl nicht begründet. Die Beklagte hat im Ergebnis zu Recht die Umwandlung der darlehensweisen Bewilligung von HLU mit dem bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 29.06.1992 in eine Bewilligung als Zuschuss abgelehnt. Die Besonderheiten des Sozialhilferechts stehen vorliegend einer Anwendung von § 44 SGB X entgegen. Auch eine isolierte Anfechtung der mit dem Bescheid vom 29.06.1992 ebenfalls verfügten Darlehensgewährung vermag die Klägerin ihrem mit der Klage verfolgten Ziel, von der Rückzahlung des Darlehens frei zu werden, nicht näher zu bringen.

II.

Gemäß § 11 BSHG in der vom 01.01.1991 bis zum 31.12.1993 geltenden - hier maßgeblichen - Fassung ist Hilfe zum Lebensunterhalt dem zu gewähren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann. Die Vermögensverwertung hat § 88 BSHG wie folgt geregelt: Zum Vermögen im Sinne des BSHG gehört gemäß Abs. 1 das gesamte verwertbare Vermögen. In § 88 Abs. 2 BSHG sind die Ausnahmen vom Grundsatz der vorrangigen Vermögensverwertung aufgeführt: Sozialhilfe darf hiernach nicht vom Einsatz oder von der Verwertung - u.a. - eines angemessenen Hausgrundstücks abhängig gemacht werden, das vom Hilfesuchenden oder einer anderen in den §§ 11, 28 BSHG genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach seinem Tod bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter Menschen, Blinder oder Pflegebedürftiger), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes. § 89 BSHG in der vom 01.01.1991 bis zum 31.12.1993 geltenden Fassung hat folgende Regelung getroffen: Soweit nach § 88 für den Bedarf des Hilfesuchenden Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für den, der es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, soll die Sozialhilfe als Darlehen gewährt werden. Die Gewährung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.

Ob ausgehend von diesen Grundsätzen die Klägerin entgegen der mit Bescheid vom 29.06.1992 getroffenen Regelung die Gewährung von HLU als Zuschuss anstelle der tatsächlich darlehensweise erfolgten Bewilligung hätte verlangen können, kann vorliegend offen bleiben.

Indem die Klägerin sich gegen die Bewilligung von HLU als Darlehen mit Bescheid vom 29.06.1992 wendet, zielt sie darauf ab, von der Pflicht zur Rückzahlung des Darlehens frei zu werden und damit rein tatsächlich so gestellt zu werden, wie sie stünde, wenn ihr die mit Bescheid vom 29.06.1992 als Darlehen bewilligte HLU als verlorener Zuschuss bewilligt worden wäre, was die Beklagte mit dem auch insoweit bestandskräftig gewordenen Bescheid inzidenter abgelehnt hat. Mit diesem Begehren hat die Klage keinen Erfolg,

1.) Soweit die Klägerin mit ihrem Klageantrag die Umwandlung der als Darlehen bewilligten Leistungen in einen verlorenen Zuschuss begehrt, dessen Gewährung mit dem Bescheid vom 29.06.1992 inzidenter abgelehnt worden ist, steht dem die Bestandskraft des Bescheides entgegen (§ 77 SGG). § 44 SGB X findet in Fällen wie dem vorliegenden keine Anwendung, denn durch den regelmäßigen Bezug von Altersrente seit dem 01.08.2004 ist die Bedürftigkeit der Klägerin spätestens seit dem 01.10.2004 entfallen.

Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 44 Abs. 4 enthält folgende - einschränkende - Regelung: Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Diese Regelung wird im Sozialhilferecht überlagert vom sog. "Gegenwärtigkeitsprinzip", was zur Einschränkung der Anwendbarkeit des gesamten § 44 SGB X führt. Da die Sozialhilfe nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage dient und nicht als nachträgliche Geldleistung ausgestaltet ist, müssen Sozialhilfeleistungen für einen zurückliegenden Zeitraum nur erbracht werden, wenn die Notlage im Zeitpunkt der beanspruchten Hilfeleistung seit der Ablehnung der Leistung (hier der HLU als Zuschuss mit Bescheid vom 29.06.1992) ununterbrochen fortbestanden hat (Urteil des BSG vom 29.09.2009, a.a.O. Rn. 13 ff.). Eingeschränkt wird durch diese Überlegungen nicht nur der Anwendungsbereich von § 44 Abs. 4 SGB X, sondern von § 44 SGB X insgesamt (vgl. BSG a.a.O. Rn. 15, 22). Der Vorrang des effektiven Rechtsschutzes muss bei der Anwendung der Zugunstenregelung des § 44 SGB X gegenüber den Besonderheiten des Sozialhilferechts regelmäßig zurücktreten.

2.) Ihr eigentliches Klageziel, das Freiwerden von der Rückzahlungsverpflichtung aus dem Darlehen, vermag die Klägerin auch durch ein - isoliertes - Vorgehen gegen die Bewilligung des Darlehens mit Bescheid vom 29.06.1992 nicht zu erreichen. An die Klägerin sind, wie dargelegt, rückwirkend keine Leistungen als Zuschuss mehr zu erbringen, da seit dem 01.08.2004 die Bedürftigkeit der Klägerin entfallen ist, weshalb offen bleiben kann, ob bei Erlass des Bescheides die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Bewilligung von HLU in Form eines Darlehens vorgelegen haben. Wenn Leistungen rückwirkend nicht mehr zu erbringen sind, besteht kein isolierter Anspruch auf Rücknahme bestandskräftig gewordener Bescheide, selbst wenn diese rechtswidrig sein sollten (BSG-Urteil vom 29.09.2009, Az. B 8 SO 16/08 R, zitiert nach (juris), dort Rn. 22).

Der Bescheid vom 29.06.1992 hat zwei Verfügungssätze enthalten, zum einen die Ablehnung der eigentlich begehrten Gewährung von HLU als Zuschuss (belastender Verwaltungsakt, siehe Ausführungen zu § 44 SGB X oben), zum anderen die Gewährung von HLU in Form eines Darlehens. Bei letzterem hat es sich um einen ausschließlich begünstigenden Verwaltungsakt gehandelt (Urteil des BSG vom 06.03.1991, Az. 9b RAr 7/90, BSGE 68, 180-183, zitiert nach (juris), dort Rn. 17). Die Gewährung des Darlehens war insbesondere auch nicht eine Einschränkung des eigentlich begehrten Zuschusses im Sinne eines Minus, sondern gegenüber dem Zuschuss ein Aliud (Urteil des BSG vom 31.03.1992, Az. 9b RAr 17/90, zitiert nach (juris), dort Rn. 11). Die Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens ist von der Darlehensbewilligung nicht trennbar, insbesondere keine belastende Nebenbestimmung o.ä., sondern der Rechtsnatur des Darlehens immanent (vgl. BSG 06.03.1991, a.a.O. Rn. 17). Die Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin folgt mithin aus der Darlehensgewährung und hat mit der gleichzeitig ausgesprochenen Versagung des Zuschusses inhaltlich nichts zu tun (BSG 31.03.1992, a.a.O. Rn. 10).

Durch die Beseitigung des Verfügungssatzes, mit welchem die Beklagte die Gewährung des Darlehens bewirkt hat, vermag die Klägerin keinen rechtlichen Vorteil zu erlangen, denn an die Stelle der Rückgewährverpflichtung aus dem Darlehen tritt dann die Erstattungspflicht aus § 50 SGB X. Ein Anspruch auf Beseitigung dieser Pflicht besteht unter keinem denkbaren Gesichtspunkt, denn die Versagung von HLU als Zuschuss mag das Motiv für die Inanspruchnahme des Darlehens der Beklagten gewesen sein, die Inanspruchnahme des Darlehens war aber rechtlich in keiner Weise mit der Versagung des Zuschusses verknüpft (vgl. Urteil des BSG vom 06.03.1991, Rn. 18).

3.) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Klägerbevollmächtigten zitierten Beschluss des erkennenden Senats vom 08.11.2010 (Az. L 2 SO 5057/10 B) unter Bezugnahme auf BSG-Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des § 44 SGB X im BSHG. Denn im dort zu entscheidenden Fall stand die Überprüfung einer Rückforderung von Leistungen aufgrund der Aufhebung der Bewilligung gemäß §§ 45, 48 SGB X im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X im Streit. Vorliegend handelt es sich jedoch um eine Darlehensrückzahlungsverpflichtung aufgrund der darlehensweisen Bewilligung von Sozialhilfeleistungen und damit um eine damit nicht vergleichbare Fallkonstellation.

Nach alledem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

4.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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