L 6 R 202/06

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 3 RA 830/04
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 202/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der VEB Hydrogeologie Nordhausen war kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Er war auch kein gleichgestellter Betrieb, denn als Versorgungsbetriebe in den Bereichen Gas, Wasser und Energie wurden lediglich die Betriebe bezeichnet, deren Hauptaufgabe in der öffentlichen Versorgung mit leitungsgebundenen Energieträgern durch Versorgungsnetze bestand (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 19. Dezember 2005 - Az.: L 7 RA 550/04, LSG Berlin- Brandenburg, Urteil vom 16. September 2009 - Az.: L 4 R 1054/06).
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 17. Januar 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) nach § 8 AAÜG die Beschäftigungszeiten vom 4. August 1969 bis zum 31. August 1980 und vom 11. Juli 1981 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.

Die 1945 geborene Klägerin erwarb mit dem erfolgreichen Besuch der Staatlichen Moskauer Hochschule für geologische Erkundung "S. Ordshonikidse" das Recht, die Berufsbezeichnung Diplom-Bergingenieur/Hydrogeologe zu führen (Urkunde vom 17. Juni 1969). Seit dem 4. August 1969 war sie zunächst als Objektgeologe, seit 1. Januar 1977 als Objekt-Gruppenleiter Geologie und seit 1. Januar 1984 bis zum 30. Juni 1990 und darüber hinaus als Abteilungsleiter Geologie beim VEB Hydrogeologie tätig.

Der VEB Hydrogeologische Erkundung wurde auf Anweisung des Leiters der Abteilung Erdöl - Erdgas und Geologie des Volkswirtschaftsrates vom 19. Dezember 1964 im Einvernehmen mit dem Minister für Bauwesen durch Ausgliederung aus dem VE Spezialbaukombinat M. mit Wirkung vom 1. Januar 1965 als juristisch selbstständiger Betrieb gegründet und am 6. Januar 1965 in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen. Übergeordnetes Verwaltungsorgan war zunächst die VVB Feste Minerale B ... Laut Eintragung im Register der volkseigenen Wirtschaft vom 22. September 1967 wurde der VEB Hydrogeologische Erkundung in VEB Hydrogeologie umbenannt. Übergeordnetes Verwaltungsorgan war das Staatssekretariat für Geologie B., laut Eintragung vom 8. April 1975 das Ministerium für Geologie B ... Mit Wirkung vom 1. Januar 1979 wurde der VEB Hydrogeologie Kombinatsbetrieb des VEB Kombinat Geologische Forschung und Erkundung mit Sitz in H ... Laut dessen Statut vom 25. September 1985 ist der VEB Hydrogeologie als Spezialbetrieb verantwortlich für die Durchführung komplexer geologischer Untersuchungsarbeiten zum Nachweis von Vorräten aus natürlichen Vorkommen und Vorräten für die Erweiterung des verfügbaren Grundwasser-Dargebots durch künstliche Anreicherung, für die im Auftrag des WTZ durchzuführende hydrogeologische und methodische Forschung mit dem Ziel, das Ressourcenpotenzial an Grundwasser und andere verwertbare Wässer in der DDR umfassend zu erforschen und die Effektivität des komplexen Such- und Erkundungsprozesses zu erhöhen, für die Durchführung von Arbeiten zur Grundwassererschließung und Brunnensanierung sowie für technische Bauleistungen, für die Forschung und Entwicklung der Methodik, Technologie und Technik zur Suche, Erkundung und Erschließung von Grundwasser, für die Instandhaltung, Instandsetzung und Regenerierung der technischen Ausrüstungen, die Fertigung und Regenerierung von Bohrausrüstungen, Brunnenausrüstungen und Rationalisierungsmittel, für die Herstellung von Konsumgütern und Dienstleistungen für die Bevölkerung und für die Durchführung eigener Bauleistungen zur Erfüllung der volkswirtschaftlichen Anforderungen an den Betrieb sowie der Aufgabenstellung für das Kombinat insgesamt. Am 15. Juni 1990 wurde die Umwandlung des VEB Hydrogeologie in die Hydrogeologie-Brunnenbau-GmbH nach der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 1. März 1990 (GBl. I Nr. 14, Seite 107) notariell beurkundet und am 13. Juli 1990 in das Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Betriebes sind danach bohrtechnische, hydrogeologische und andere Dienstleistungen, Erzeugnisse des Maschinenbaus sowie die Aufgaben im Zusammenhang mit der Bildung von fachspezifischen Gesellschaften.

Eine Versorgungszusage erhielt die Klägerin vor Schließung der Versorgungssysteme nicht; seit dem 1. Dezember 1974 zahlte sie Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR).

Mit Bescheid vom 20. Juni 2002 lehnte die Beklagte die Feststellung ihrer Beschäftigungszeit beim VEB Hydrogeologie als Zeit der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz mit der Begründung ab, sie sei als Diplomgeologin nicht berechtigt, den Titel eines Ingenieurs zu führen. Dagegen wandte sich die Klägerin am 28. Juli 2003 und führte zur Begründung aus, ihre Berufsbezeichnung laute nicht Diplomgeologe, sondern Diplom-Bergingenieur/Hydrogeologe. Mit Bescheid vom 5. Februar 2004 lehnte die Beklagte eine Aufhebung des Bescheides vom 20. Juni 2002 nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) mit der Begründung ab, die im VEB Hydrogeologie ausgeübte Beschäftigung entspreche zwar der technischen Qualifikation, jedoch sei sie nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden. Im Widerspruchsverfahren reichte die Klägerin ein Schreiben der Hydrogeologie GmbH vom 19. Februar 2004 ein und verwies auf die Anerkennung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz bei ehemaligen Kollegen. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. April 2004)

Im Klageverfahren hat die Klägerin die Feststellungsbescheide der Beklagten bezüglich des Gunter Lützow vom 19. Juni 2002 und ihres Ehemannes Lutz Kurth vom 28. April 2003 eingereicht, die ebenfalls beim VEB Hydrogeologie beschäftigt waren, und vorgetragen, bei dem VEB Hydrogeologie habe es sich um einen volkseigenen Produktionsbetrieb des Industriezweiges Geologie gehandelt. Dies ergebe sich aus ihrem Arbeitsvertrag vom 7. Juli 1969 und aus der ehemaligen Betriebszeitung "Der Bohrer", wonach der Betrieb industrielle Warenproduktion erbracht habe. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der VEB Hydrogeologie in der Systematik der Volkswirtschaftszweige, die insgesamt zwischen neun Wirtschaftsbereichen unterschieden hat, der Wirtschaftsgruppe 64410 (Geologische Untersuchungen) zugeordnet war. Diese Gruppe umfasste Einrichtungen zur Durchführung geologischer Erkundungsarbeiten, Bohr- und Bergbauarbeiten, Betriebs- und Erkundungsbohrungen nach Erdöl oder Erdgas sowie geodätische und kartographische Tätigkeiten, die sich auf Investitionen beziehen. Zu den volkseigenen Produktionsbetrieben hätten jedoch nur Betriebe der Industrie und der Bauwirtschaft gehört. Das Sozialgericht (SG) hat die Registerakte bezüglich des VEB Hydrogeologie Nordhausen beigezogen und Dr. N. M., der zuletzt als Abteilungsleiter im VEB Hydrogeologie Nordhausen tätig war, in der mündlichen Verhandlung am 17. Januar 2006 als Zeugen vernommen. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift Bl. 90 f. der Gerichtsakte verwiesen.

Mit Urteil vom 17. Januar 2006 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides von 23. April 2004 verurteilt, den Bescheid vom 20. Juni 2002 aufzuheben und die Zeit vom 4. August 1969 bis zum 31. August 1980 und vom 11. Juli 1981 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Technischen Intelligenz im Sinne der Anlage Nr. 1 AAÜG mit den dortigen Verdiensten festzustellen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, Hauptzweck des VEB Hydrogeologie sei der Bereich Brunnenbau und damit auch die Versorgung der Bevölkerung und der Betriebe der DDR mit Grundwasser gewesen. Insoweit sei die Zugehörigkeit zum Bereich des Bauwesens im Sinne der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (nachfolgend ZAVO-techInt, GBl. der DDR Nr. 93 S. 844) gerechtfertigt.

Mit ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, die Klägerin erfülle die betriebliche Voraussetzung entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für eine Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem nicht. Der VEB Hydrogeologie sei nicht einem Wirtschaftsbereich mit dem Hauptzweck der industriellen Produktion oder Bauproduktion zuzuordnen. Dies sei durch das Statut des VEB Kombinat Geologische Forschung und Erkundung vom 25. September 1985 und der Zuordnung zur Wirtschaftsgruppe 64410 entkräftet.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 17. Januar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält an ihrer Ansicht fest, dass es sich bei dem VEB Hydrogeologie um einen volkseigenen Produktionsbetrieb handelte und verweist auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Beklagte hat zu Recht mit Bescheid vom 5. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2004 eine Aufhebung des Bescheides vom 20. Juni 2002 sowie die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 4. August 1969 bis zum 31. August 1980 und vom 11. Juli 1981 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einschließlich der in diesem Zeitraum nachgewiesenen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte nach § 8 Abs. 2 und 3 AAÜG nach § 44 SGB X abgelehnt.

Danach ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben wurden, der Verwaltungsakt auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (Absatz 1). Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Absatz 2).

Der Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2002 ist rechtmäßig. Das AAÜG ist auf die Klägerin nicht anwendbar.

Vom persönlichen Anwendungsbereich nach der maßgeblichen Norm des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG werden die Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deshalb eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten.

Die Klägerin erfüllt beide Voraussetzungen nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht. Sie war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaberin einer Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihr eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor. Sie hatte keine positive Statusentscheidung der Beklagten oder eine frühere Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrags (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakts erhalten. Sie war auch nicht auf Grund eines Einzelvertrags oder einer späteren Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden.

Sie war am 1. August 1991 auch nicht Inhaberin einer fingierten Versorgungsanwartschaft, wie sie sich aus der vom 4. Senat des BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG herleitet. Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht in einem Versorgungssystem einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts (z. B. Art. 17 EV) einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. BSG, Urteile vom 9. April 2002 - Az.: B 4 RA 31/01 R, Az.: B 4 RA 41/01, Az.: B 4 RA 3/02 R, und vom 10. April 2002 - Az.: B 4 RA 34/01 R, Az.: B 4 RA 10/02 R, nach juris).

Die Klägerin hat am 1. August 1991 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die ZAVO-techInt nicht erfüllt. Dies ist nur dann der Fall, wenn nach § 1 ZAVO-techInt i.V.m. § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt drei Voraussetzungen erfüllt sind: Der "Versorgungsberechtigte" muss am 30. Juni 1990 eine bestimmte Berufsbezeichnung (persönliche Voraussetzung) und eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und die Tätigkeit oder Beschäftigung muss am 30. Juni 1990 bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb verrichtet worden sein (betriebliche Voraussetzung - BSG, Urteile vom 29. Juli 2004 - Az.: B 4 RA 4/04 R, 18. Juni 2003 - Az.: B 4 RA 1/03 R, 9. April 2002 - Az.: B 4 RA 32/01 R und vom 10. April 2002 - Az.: B 4 RA 10/02 R, alle nach juris).

Mit Erwerb des Ingenieurtitels am 17. Juni 1969 erfüllte die Klägerin die persönliche Voraussetzung. Es kann auch unterstellt werden, dass sie als Abteilungsleiterin Geologie eine ihrer Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet hat (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 - Az.: B 4 RS 17/07 R, nach juris). Sie war am 30. Juni 1990 jedoch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt. Bei dem VEB Hydrogeologie handelte es sich nicht um einen Baubetrieb im Sinne der ZAVOtechInt. Insoweit bedarf es hier auch keiner Entscheidung darüber, ob mit der Umwandlungserklärung vom 15. Juni 1990 eine endgültige Übertragung des Vermögens des VEB Hydrogeologie aus der bisherigen Fondsinhaberschaft auf die Hydrogeologie-Brunnenbau-GmbH (Vorgesellschaft) mit Stichtag vom 1. Juni 1990 erfolgt ist und deshalb ein Produktionsbetrieb tatsächlich nicht mehr bestand.

Der Begriff Produktion in der Versorgungsordnung bestimmt sich vor dem Hintergrund des Sinns und Zwecks der Versorgungsordnung, durch versorgungsrechtliche Privilegierung bestimmter Personengruppen in bestimmten Bereichen der DDR-Volkswirtschaft abgegrenzte Teile der Wirtschaft, nämlich die industrielle Produktion, zu fördern (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 21. Juni 2007 - Az.: L 30 R 28/06 und 29. August 2006 - Az.: L 21 RA 231/03, beide nach juris). Die Zuordnung eines VEB zur industriellen Produktion bzw. zum Bauwesen hängt entscheidend davon ab, welche Aufgabe ihm das Gepräge gegeben hat. Der verfolgte Hauptzweck (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – Az.: B 4 RA 18/03 R, nach juris) des VEB muss auf die industrielle, massenhafte und standardisierte Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion (sog. fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein. Die Auslegung der Versorgungsordnung durch die Staatsorgane und deren Verwaltungspraxis in der DDR spielt dagegen bei der heutigen Auslegung keine Rolle (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 – Az.: B 4 RA 41/01 R, nach juris). Aus diesem Grund ist allein die Tätigkeit in einem solchen Massenproduktionsbetrieb von besonderer volkswirtschaftlicher Bedeutung gewesen und hat die durch die ZAVO-techInt bezweckte Privilegierung der technischen Intelligenz in solchen Betrieben gerechtfertigt (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - Az.: B 4 RA 57/03 R, nach juris). Der Massenausstoß standardisierter Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen. Zu einem solchen Massenproduktionsbetrieb im Bereich des Bauwesens führt das BSG in seinem Urteil vom 8. Juni 2004 - Az.: B 4 RA 57/03 R aus: "Dass nur eine derartige Massenproduktion im Bereich des Bauwesens und nicht das Erbringen von Bauleistungen jeglicher Art für die DDR von maßgeblicher Bedeutung war, spiegelt sich auch in dem Beschluss über die Anwendung der Grundsätze des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft im Bauwesen vom 14. Juni 1963 (GBl. II Seite 437) wider. Dort wurde auf die besondere Bedeutung des Bauwesens nach dem Produktionsprinzip ua unter der Zuständigkeit des Ministeriums für Bauwesen hingewiesen. Mit der Konzentration der Baukapazitäten in großen Bau- und Montagekombinaten sollte ein neuer, selbstständiger Zweig der Volkswirtschaft geschaffen werden, der die Organisierung und Durchführung der kompletten Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand hatte. Die Bau- und Montagekombinate sollten danach ua den Bau kompletter Produktionsanlagen einschließlich der dazugehörigen Wohnkomplexe und Nebenanlagen durchführen und jeweils die betriebsfertigen Anlagen und schlüsselfertigen Bauwerke bei Anwendung der komplexen Fließfertigung und des kombinierten und kompakten Bauens übergeben. Von wesentlicher Bedeutung war somit das (Massen-)"Produktionsprinzip" in der Bauwirtschaft. Demgemäß wurde in dem og Beschluss ua unterschieden zwischen der von den Bau- und Montagekombinaten durchzuführenden Erstellung von Bauwerken in Massenproduktion einerseits und den Baureparaturbetrieben andererseits, die im Wesentlichen zuständig waren für die Erhaltung der Bausubstanz, die Durchführung von Um- und Ausbauten sowie von kleineren Neubauten; sie waren im Übrigen Baudirektionen unterstellt."

Die Aufgabenbereiche des VEB Hydrogeologie ergeben sich aus dem Statut des VEB Kombinat Geologische Forschung und Erkundung vom 25. September 1985. Danach gehörten zwar wohl auch die Herstellung von Sachgütern und die Erbringung von Bauleistungen - Arbeiten zur Grundwassererschließung und Brunnensanierung sowie technische Bauleistungen, für die Forschung und Entwicklung der Methodik, Technologie und Technik zur Suche, Erkundung und Erschließung von Grundwasser, für die Instandhaltung, Instandsetzung und Regenerierung der technischen Ausrüstungen, die Fertigung und Regenerierung von Bohrausrüstungen, Brunnenausrüstungen und Rationalisierungsmittel, für die Herstellung von Konsumgütern und Dienstleistungen für die Bevölkerung und für die Durchführung eigener Bauleistungen zur Erfüllung der volkswirtschaftlichen Anforderungen an den Betrieb sowie der Aufgabenstellung für das Kombinat insgesamt - zum Tätigkeitsbereich des VEB Hydrogeologie. Das Statut ergibt jedoch kein Hinweis darauf, dass es sich um eine Massenproduktion im oben genannten Sinne handelte. Dies hat auch die Klägerin nicht behauptet. In der mündlichen Verhandlung am 17. Januar 2006 hat sie vielmehr ausgeführt, dass es sich bei den Brunnenbauobjekten immer um individuelle Angelegenheiten gehandelt habe. Auch aus der Aussage des Zeugen Dr. Meinert ergibt sich nicht, dass Hauptzweck des VEB Hydrogeologie eine Massenproduktion von Sachgütern oder Bauwerken gewesen ist. Hauptzweck war die Sicherstellung der Wasserversorgung der Bevölkerung und auch sonstiger Betriebe der DDR durch Brunnenbau mit Vorleistungen, Entwässerungsarbeiten und Hydrogeologiearbeiten.

Ein weiteres Indiz dafür, dass es sich bei dem VEB Hydrogeologie nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens nach der ZAVOtechInt handelte, ist die Erfassung des Betriebes in der Systematik der Volkswirtschaftszweige unter der Nummer 64410 (sonstige Zweige des produzierenden Bereichs). Dort erfolgte die Zuordnung der selbständigen wirtschaftlichen Einheiten - Betriebe, Einrichtungen, Organisationen u.a - unabhängig von der Unterstellung unter ein Staats- oder wirtschaftsleitendes Organ und der sozialökonomischen Struktur. Die Systematik der Volkswirtschaftszweige war damit frei von möglichen Veränderungen, die durch verwaltungsmäßige Unterstellungen der Betriebe und Einrichtungen hervorgerufen werden konnten. In der Systematik der Volkswirtschaftszweige wurde die Volkswirtschaft in neun Wirtschaftsbereiche gegliedert: Industrie (1), Bauwirtschaft (2), Land- und Forstwirtschaft (3), Verkehr, Post und Fernmeldewesen (4), Handel (5), sonstige Zweige des produzierenden Bereichs (6), Wohnungs- und Kommunalwirtschaft, Vermittlungs-, Werbe-, Beratungs- und andere Büros, Geld- und Kreditwesen (7), Wissenschaft, Bildung, Kultur, Gesundheits- und Sozialwesen (8) und staatliche Verwaltung, gesellschaftliche Organisationen (9). Die Zuordnung der selbständigen wirtschaftlichen Einheiten zu den Gruppierungen erfolgt entsprechend dem Schwerpunkt der Produktion bzw. Leistung oder dem Hauptzweck der Einrichtungen, wobei jede Einheit nur einer Gruppierungen zugeordnet werden konnte, mithin der Hauptzweck des Betriebes dazu ermittelt werden musste (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 14. April 2008 - Az.: L 7 R 823/07 m.w.N., nach juris). Der Betrieb war danach dem Bereich "sonstige Zweige des produzierenden Bereichs (6) und nicht der Industrie (1) oder Bauwirtschaft (2) zugeordnet.

Der VEB war auch kein Betrieb, der einem volkseigenen Produktionsbetrieb nach § 1 Abs. 2 der 2. DB z. ZAVO-techInt gleichgestellt war. § 1 Abs. 2 der 2. DB z. ZAVO-techInt nennt ausdrücklich nur Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie), bezieht aber nicht alle Betriebe im Zusammenhang mit der Wassergewinnung ein. Nach dem Sprachgebrauch der DDR wurden als Versorgungsbetriebe in den Bereichen Gas, Wasser und Energie lediglich die Betriebe bezeichnet, deren Hauptaufgabe in der öffentlichen Versorgung mit leitungsgebundenen Energieträgern durch Versorgungsnetze bestand (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 19. Dezember 2005 - Az.: L 7 RA 550/04, LSG Berlin- Brandenburg, Urteil vom 16. September 2009 - Az.: L 4 R 1054/06, beide nach juris). Bei dem VEB Hydrogeologie handelte es nicht um einen Versorgungsbetrieb in diesem Sinne, er wird daher hiervon nicht erfasst. Die Liste der aufgezählten gleichgestellten Einrichtungen und Betriebe ist abschließend (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – Az.: B 4 RA 23/04 R, nach juris).

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) liegt gegenüber denjenigen, die in das Zusatzversorgungssystem einbezogen wurden, nicht vor. Denn der Einigungsvertragsgesetzgeber war nicht gehalten, bereits in den Versorgungsordnungen angelegte Ungleichbehandlungen nachträglich zu korrigieren (vgl. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 – Az.: B 4 RA 21/02 R, nach juris). Er durfte an die am 2. Oktober 1990 vorliegenden Versorgungsordnungen im Rahmen der Rentenüberleitung anknüpfen (vgl. BVerfG in BVerfGE 100, S. 138, 193 f.). Soweit sich die Klägerin auf die Einbeziehung von ehemaligen Kollegen beruft, kann sie hieraus keinen Anspruch ableiten. Weder einer möglicherweise fehlerhaften Entscheidung der Beklagten noch den unter Umständen willkürlichen Entscheidungen zu DDR-Zeiten kommt ein Beweiswert hinsichtlich der Qualifizierung des VEB zu. Wegen der Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (sog. Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG), kann sich ein schutzwürdiges Vertrauen nicht auf eine rechtwidrige Verwaltungspraxis gründen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – Az.: B 4 RA 34/03 R, nach juris). Einen Anspruch auf "Gleichbehandlung im Unrecht" gewährt Artikel 3 GG nicht (vgl. z.B. BVerfGE 50, 142, 166).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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