Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 305/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 811/12 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Keine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung hinsichtlich der Rechtsfrage der Erstattung der zur Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen.
I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 22.10.2012 - S 13 AS 305/10 - wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Beklagte die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens zu erstatten hat.
Wegen der Höhe der Regelleistungen legten die Klägerinnen Widerspruch gegen den die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) für die Zeit vom 01.12.2009 bis 31.05.2010 bewilligenden Bescheid vom 25.11.2009 Widerspruch mit dem Begehren nach höherem Alg II ein. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09, veröffentlicht in juris) wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2010 zurück. Im Widerspruchsverfahren gegebenenfalls entstandene notwendige Aufwendungen würden nicht erstattet werden.
Wegen der Nichterstattung der notwendigen Aufwendungen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben. Es sei bei der im Widerspruchsbescheid zu treffenden Kostenentscheidung zu berücksichtigen, dass das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit der Regelleistung festgestellt habe. Im Einverständnis der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.10.2012 abgewiesen. Gemäß § 63 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) seien vorliegend die notwendigen Aufwendungen nicht zu erstatten. Das Begehren der Klägerinnen nach einer höheren Leistung sei auch nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 nicht erfolgreich gewesen. Die vom Bundesverfassungsgericht angesprochene angemessene Berücksichtigung seiner Entscheidung bei der Kostenentscheidung habe unter dem Vorbehalt der gesetzlichen Möglichkeit gestanden, die vorliegend - anders als bei einer Kostenentscheidung nach § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), die die Berücksichtigung von Veranlassungsgesichtspunkten zulasse - nicht gegeben sei. Eine der in § 63 Abs 1 Satz 2 SGB X angesprochenen Ausnahmen greife nicht ein. Das SG hat die Berufung nicht zugelassen.
Dagegen haben die Klägerinnen Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Die Rechtsfrage habe weit über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung. Ein Widerspruchsführer dürfe nicht schlechter gestellt werden als ein Kläger.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs 1 Satz 2 SGG zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG).
Nach § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtsache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgericht abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr 3).
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 10.Aufl, § 144 RdNr 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne Weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 4).
Dies ist vorliegend der Fall. Nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen nur zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist (§ 63 Abs 1 Satz 2 SGB X). Die notwendigen Aufwendungen werden nur bei einem Erfolg des Widerspruches erstattet. Vorliegend war das Begehren der Klägerinnen nach einer höheren Leistung - allein dies war Gegenstand des Widerspruchsverfahrens, die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit der Höhe der Regelleistung diente lediglich als Begründungselement - nicht erfolgreich.
Eine der in § 63 Abs 1 Satz 2 genannten Ausnahmen greift auch nicht ein; eine erweiternde Auslegung dieser Regelung kommt nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 19.06.2012 - B 4 AS 142/11 R - veröffentlicht in juris mwN). Eine Berücksichtigung des sog. Veranlassungsprinzips ist in § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X im Gegensatz zu § 193 SGG nicht vorgesehen (vgl. dazu BSG aaO sowie LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.08.2009 - L 10 AS 391/09 NZB - veröffentlicht in juris).
Nach dem Wortlaut des § 63 SGB X kommt daher eine Berücksichtigung der Verfassungswidrigkeit der Höhe der Regelleistung bei der Kostenentscheidung nicht in Betracht. Das Bundesverfassungsgericht selbst hat eine Berücksichtigung dieser festgestellten Verfassungswidrigkeit bei Kostenentscheidungen nur dann aufgegeben, wenn dies die gesetzlichen Bestimmungen ermöglichen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteile vom 09.02.2010 aaO). In § 63 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB X ist diese Möglichkeit jedoch nicht vorgesehen.
Eine Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X ist nicht zu erkennen, zumal sich die Situation eines Widerspruchsführers von der eines Klägers wesentlich unterscheidet, denn im Stadium des Klageverfahrens ist nicht mehr nur die Exekutive mit dem Verfahren betraut. Daher sind auch unterschiedliche gesetzliche Regelungen zur Kostentragung gerechtfertigt.
Nach alledem war die Beschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass der Gerichtsbescheid des SG rechtskräftig ist (§ 145 Abs 4 Satz 4 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Beklagte die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens zu erstatten hat.
Wegen der Höhe der Regelleistungen legten die Klägerinnen Widerspruch gegen den die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) für die Zeit vom 01.12.2009 bis 31.05.2010 bewilligenden Bescheid vom 25.11.2009 Widerspruch mit dem Begehren nach höherem Alg II ein. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09, veröffentlicht in juris) wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2010 zurück. Im Widerspruchsverfahren gegebenenfalls entstandene notwendige Aufwendungen würden nicht erstattet werden.
Wegen der Nichterstattung der notwendigen Aufwendungen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben. Es sei bei der im Widerspruchsbescheid zu treffenden Kostenentscheidung zu berücksichtigen, dass das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit der Regelleistung festgestellt habe. Im Einverständnis der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.10.2012 abgewiesen. Gemäß § 63 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) seien vorliegend die notwendigen Aufwendungen nicht zu erstatten. Das Begehren der Klägerinnen nach einer höheren Leistung sei auch nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 nicht erfolgreich gewesen. Die vom Bundesverfassungsgericht angesprochene angemessene Berücksichtigung seiner Entscheidung bei der Kostenentscheidung habe unter dem Vorbehalt der gesetzlichen Möglichkeit gestanden, die vorliegend - anders als bei einer Kostenentscheidung nach § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), die die Berücksichtigung von Veranlassungsgesichtspunkten zulasse - nicht gegeben sei. Eine der in § 63 Abs 1 Satz 2 SGB X angesprochenen Ausnahmen greife nicht ein. Das SG hat die Berufung nicht zugelassen.
Dagegen haben die Klägerinnen Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Die Rechtsfrage habe weit über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung. Ein Widerspruchsführer dürfe nicht schlechter gestellt werden als ein Kläger.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs 1 Satz 2 SGG zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG).
Nach § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtsache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgericht abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr 3).
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 10.Aufl, § 144 RdNr 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne Weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 4).
Dies ist vorliegend der Fall. Nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen nur zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist (§ 63 Abs 1 Satz 2 SGB X). Die notwendigen Aufwendungen werden nur bei einem Erfolg des Widerspruches erstattet. Vorliegend war das Begehren der Klägerinnen nach einer höheren Leistung - allein dies war Gegenstand des Widerspruchsverfahrens, die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit der Höhe der Regelleistung diente lediglich als Begründungselement - nicht erfolgreich.
Eine der in § 63 Abs 1 Satz 2 genannten Ausnahmen greift auch nicht ein; eine erweiternde Auslegung dieser Regelung kommt nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 19.06.2012 - B 4 AS 142/11 R - veröffentlicht in juris mwN). Eine Berücksichtigung des sog. Veranlassungsprinzips ist in § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X im Gegensatz zu § 193 SGG nicht vorgesehen (vgl. dazu BSG aaO sowie LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.08.2009 - L 10 AS 391/09 NZB - veröffentlicht in juris).
Nach dem Wortlaut des § 63 SGB X kommt daher eine Berücksichtigung der Verfassungswidrigkeit der Höhe der Regelleistung bei der Kostenentscheidung nicht in Betracht. Das Bundesverfassungsgericht selbst hat eine Berücksichtigung dieser festgestellten Verfassungswidrigkeit bei Kostenentscheidungen nur dann aufgegeben, wenn dies die gesetzlichen Bestimmungen ermöglichen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteile vom 09.02.2010 aaO). In § 63 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB X ist diese Möglichkeit jedoch nicht vorgesehen.
Eine Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X ist nicht zu erkennen, zumal sich die Situation eines Widerspruchsführers von der eines Klägers wesentlich unterscheidet, denn im Stadium des Klageverfahrens ist nicht mehr nur die Exekutive mit dem Verfahren betraut. Daher sind auch unterschiedliche gesetzliche Regelungen zur Kostentragung gerechtfertigt.
Nach alledem war die Beschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass der Gerichtsbescheid des SG rechtskräftig ist (§ 145 Abs 4 Satz 4 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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