L 7 AS 40/13 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 40 AS 2742/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 40/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.11.2012 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, denn die Klage vom 14.08.2012, mit der der Kläger sich gegen die Minderung des Regelbedarfes um monatlich 112,20 Euro (30 % des Regelbedarfes) für den Zeitraum vom 01.06.2012 bis 31.08.2012 wendet, hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Es bestehen keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 23.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2012, mit dem der Beklagte den Regelbedarf des Klägers für den Zeitraum vom 01.06.2012 bis 31.08.2013 um 30 % (112,20 Euro monatlich) abgesenkt hat, nachdem dieser der ihm in der als Verwaltungsakt erlassenen Eingliederungsvereinbarung vom 24.02.2012 auferlegte Verpflichtung, monatlich acht Bewerbungsbemühungen zu unternehmen und nachzuweisen, nicht nachgekommen ist und einen wichtigen Grund hierfür nicht nachgewiesen hat. Ziel des bis zum 23.08.2012 gültigen Eingliederungsverwaltungsaktes war die Integration des Klägers in den Arbeitsmarkt. Der Beklagte verpflichtete sich hierin, Bewerbungsbemühungen zur Anbahnung oder Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses durch Übernahme der Bewerbungskosten für schriftliche Bewerbungen und für Reisekosten nach Maßgabe des § 16 SGB II i.V.m. §§ 45 ff SGB III zu unterstützen, sofern die Kosten angemessen sind und durch den Kläger vorab beantragt werden. Der Kläger verpflichtet sich, während der Gültigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes monatlich acht Bewerbungen vorzunehmen, und hierüber "bis zum 5. Tag des Monats" unaufgefordert bei dem in der Vereinbarung genannten Sachbearbeiter unter Verwendung des Vordruckes "Nachweis von Eigenbemühungen" Belege vorzulegen. Die Vereinbarung ist mit einer umfangreichen Rechtsfolgenbelehrung versehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Verwaltungsakt vom 24.02.2012 Bezug genommen.

Die Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt ist zulässig im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. Der Senat kann offen lassen, ob es sich bei § 15 Abs. 1 SGB II um eine reine Verfahrensvorschrift handelt, die das Verhalten und das Vorgehen des Grundsicherungsträgers steuern soll, wobei dieser selbst entscheiden kann, welchen Verfahrensweg er zur Erfüllung des Ziels der Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wählt, ohne dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige dadurch einen Rechtsverlust erleidet. Nach dieser Auffassung steht dem Grundsicherungsträger die Alternative des Erlasses eines Verwaltungsaktes schon dann zu, wenn ihm dies als der besser geeignete Weg erscheint (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22.09.2009, Az.: B 4 AS 13/09 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 02.05.2011, Az. L 19 AS 344/11 B ER, L 19 AS 345/11 B ER). Nach anderer Auffassung besteht ein Vorrang der konsensualen Lösung durch eine in gegenseitigem Einvernehmen geschlossene Vereinbarung vor einer hoheitlichen Maßnahme des Erlasses der Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt (so Bundessozialgericht Urteil vom 14.02.2013 Az. B 14 AS195/11 R). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch erfüllt, da der Beklagte in dem Eingliederungsverwaltungsakt vom 24.02.2012 erklärt, dass eine Eingliederungsvereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Kläger nicht zustande gekommen sei und als Folge hieraus der Eingliederungsverwaltungsakt erlassen werde. Der Kläger ist diesen Ausführungen nicht entgegen getreten. Anhaltspunkte für einen anders gelagerten Sachverhalt bestehen nicht.

Der Verwaltungsakt vom 24.02.2012 ist mit einer ausführlichen Rechtsfolgenbelehrung für den Fall eines Pflichtenverstoßes versehen. Es ist nicht ersichtlich, welche weiteren Anforderungen an die Klarheit und Verständlichkeit der Rechtsfolgenbelehrung gestellt werden könnten, die individualisiert auf die konkret geregelten Pflichten des Klägers bezogen ist. Eine Ermessensausübung bei Erlass des Verwaltungsaktes vom 24.02.2012 war ebenfalls nicht erforderlich, da dieser nur in dem gemäß § 15 Abs. 1 S.3 SGB II vorgesehen Regelzeitraum von 6 Monaten Gültigkeit haben sollte (Bundessozialgericht Urteil vom 14.02.2013 a.a.O.).

Die dem Kläger abverlangten Eigenbemühungen begegnen keinen Bedenken. Die Verpflichtung, monatlich acht Bewerbungen vorzunehmen, ist nicht zu beanstanden. Die Verpflichtung des Klägers, innerhalb einer bestimmten Frist Nachweise dazu vorzulegen, dass er den Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung Folge leistet, unterliegt keinen Bedenken. Dies folgt aus § 2 SGB II, wonach der Hilfeempfänger alle Möglichkeiten zur Beseitigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit ausschöpfen muss und verpflichtet ist, aktiv an allen zumutbaren Maßnahmen der Eingliederung teilzunehmen. Die Bewerbung um ein Beschäftigungsverhältnis stellt den ersten Schritt zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt und zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit dar. Die Verpflichtung zur Vorlage entsprechender Nachweise resultiert aus der allgemeinen Mitwirkungspflicht des Betroffenen, alle für eine Entscheidung des Leistungsträgers erforderlichen Tatsachen vorzutragen (§ 60 SGB I). Der Bescheid ist auch hinreichend bestimmt i.S.d. § 33 SGB X, denn der Betroffene kann aus der gewählten Formulierung schlüssig nachvollziehen, was von ihm erwartet wird, und welche Konsequenzen sich aus einer Pflichtverletzung ergeben. Dies gilt auch hinsichtlich der Regelungen zu den von dem Kläger vorzunehmenden Bewerbungsbemühungen und der damit korrespondierenden Pflicht des Beklagten, die Bewerbungskosten im gesetzlichen Umfang zu erstatten. Aus dem Verwaltungsakt geht ausdrücklich hervor, dass die Kosten für schriftliche Bewerbungen nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. §§ 45 ff SGB III übernommen werden, und auch die Übernahme von Reisekosten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen geltend gemacht werden kann. Eine weitere Konkretisierung der Kostenübernahmeregelung ist weder erforderlich noch möglich, da die Übernahme der angemessenen Kosten bezogen auf den konkreten Einzelfall anhand der gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen ist und eine weitere Konkretisierung der Kostenübernahmeregelung ggf. das Recht des Betroffenen auf Würdigung der konkret geltend gemachten Kosten in unzulässiger Weise beeinträchtigen würde. Die von dem Kläger zitierten Entscheidungen des erkennenden Senates vom 20.12.2012 (Az. L 7 AS 2193/12 B ER u.a.) und vom 17.01.2013 (Az. L 7 AS 2045/12 B) stehen diesem Ergebnis nicht entgegen, da die in den zitierten Entscheidungen angegriffenen Eingliederungsvereinbarungen im Unterschied zu dem streitgegenständlichen Eingliederungsverwaltungsakt keinerlei Kostenübernahmeregelung enthielten. Auch der Sanktionsbescheid vom 23.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2012, mit dem die Absenkung der Leistungen festgestellt worden ist, unterliegt keinen formellen oder materiellen Bedenken. Sowohl die Höhe der Absenkung (30 % des Regelbedarfes) als auch der Absenkungszeitraum (Juni 2012 bis August 2012) ist klar benannt, und der Absenkungsbescheid unter Darstellung des Sachverhaltes begründet worden. Der Kläger ist der Bewerbungsverpflichtung nicht nachgekommen und hat hierfür einen wichtigen Grund nicht dargelegt, sondern sich vielmehr nur auf die Rechtswidrigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 24.02.2012 berufen. Da die Klage in der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg hat, war auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abzulehnen (§§ 73a SGG, 114 ZPO).

Kosten werden im Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved