L 20 SO 279/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 8 SO 26/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 SO 279/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 22/13 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.
Wird eine beantragte Sozialhilfeleistung für einen Kabelfernsehanschluss abgelehnt und schafft der Hilfebedürftige daraufhin einen solchen Anschluss mangels wirtschaftlicher Möglichkeit nicht an, so kann eine Anfechtungs- und Leistungsklage nicht zum Erfolg führen, da von vornherein kein sozialhilferechtlich relevanter Bedarf entstanden ist. Für eine Fortsetzungsfeststellungsklage fehlt ein erledigendes Ereignis i.S.v. § 39 Abs. 2 SGB X. Rechtsschutz kann im Wege der Feststellungsklage gesucht werden; das Feststellungsinteresse begründet sich - ähnlich wie bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage - aus der Wiederholungsgefahr.
2.
Für Hilfeempfänger, die wegen eines fremdsprachlichen Hintergrundes deutsches Fernsehprogramm nicht verfolgen können, sind keine zusätzlichen Sozialhilfeleistungen für einen Kabelfernsehanschluss zu erbringen. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine abweichende Bedarfsbemessung nach § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Zwar ist der Bedarf als solcher unabweisbar, da eine Verweisung auf andere fremdsprachige Informationsquellen wie z.B. Zeitungen mit Rücksicht auf Art. 5 Abs. 1 GG ausscheidet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.03.2013 - 1 BvR 1314/11). Die Aufwendungen für einen Kabelfernsehanschluss sind jedoch aus den vom Regelsatz umfassten Leistungen für gesellschaftliche Teilhabe unter Nutzung der darin enthaltenen individuellen Gestaltungsspielräume zu decken.
Bemerkung
Rev. d.Kl. mit Urteil des BSG zurückgewiesen.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, Kosten für einen Kabelfernsehanschluss als Leistung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) zu übernehmen.

Die am 00.00.1937 in der Türkei geborene Klägerin lebt seit 1970 in Deutschland. Anfang der 1990er Jahre hat sie die deutsche Staatsangehörigkeit erworben.

Die Klägerin hat in der Metallindustrie gearbeitet. Sie bezieht eine Altersrente (Zahlbetrag im November 2011: 266,80 EUR). Über weiteres Einkommen und Vermögen verfügt sie nicht. Sie bewohnt allein eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 48,70 qm (November 2011: Kaltmiete 192,33 EUR zzgl. Vorauszahlungen für Nebenkosten von 40,90 EUR sowie für Heizkosten von 60,00 EUR; Gesamtbetrag - abzüglich einer Verzinsung für die Kaution - 291,62 EUR). Kosten für einen Kabelfernsehanschluss sind nicht in den Nebenkosten enthalten. Das Warmwasser wird nicht über die Heizungsanlage, sondern dezentral erzeugt.

Mit Bescheid vom 25.07.2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII für den Zeitraum August 2011 bis Juli 2012 i.H.v. 397,19 EUR pro Monat. Dabei berücksichtigte sie den Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1 i.H.v. 364,00 EUR, einen Mehrbedarf für die dezentrale Erzeugung des Warmwassers i.H.v. 8,37 EUR sowie die tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten i.H.v. 291,62 EUR. Als Einkommen der Klägerin wurde die Altersrente i.H.v. 266,80 EUR angerechnet.

Die Klägerin beantragte am 04.10.2011 bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für einen Kabelanschluss. Sie beherrsche die deutsche Sprache nicht richtig; um sich zu informieren, sei sie auf den Empfang türkischsprachiger Sendungen angewiesen. Dies sei in ihrer Wohnung bislang jedoch nicht möglich. Denn eine Anlage zum Empfang von Satellitenfernsehen sei nicht vorhanden. Sie habe mehrfach mit dem Vermieter über eine Satellitenantenne gesprochen; dieser habe das jedoch stets abgelehnt, und es sei ihr verboten, eine Satellitenantenne aufzustellen. Die Kosten für den Kabelanschluss einschließlich eines Zusatzpakets mit türkischsprachigen Programmen betrügen monatlich 23,85 EUR.

Am 25.10.2011 wiederholte die Klägerin ihren Antrag. Sie könne in ihrer Wohnung mit der Zimmerantenne keine türkischsprachigen Sendungen empfangen. Die einzige Möglichkeit dazu sei die Nutzung des Kabelfernsehens. Die Kosten dafür könne sie jedoch nicht selbst aufbringen. Sie fühle sich daher in ihrer Informationsfreiheit eingeschränkt.

Mit Bescheid vom 10.11.2011 lehnte die Beklage den Antrag ab. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für einen Kabelanschluss bestehe nicht. Der Klägerin würden Leistungen nach dem Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1 sowie für ihre tatsächlichen Unterkunftskosten gewährt. Eine Berücksichtigung des Kabelanschlusses als Unterkunftskosten wäre nur möglich, wenn dieser Bestandteil des Mietvertrages wäre; dies sei bei der Klägerin aber nicht der Fall.

Die Klägerin legte dagegen Widerspruch ein. In dem von ihr bewohnten Haus gebe es zwar eine Satellitenanlage, die jedoch keine türkischsprachigen Programme empfange. Das Aufstellen einer eigenen Satellitenantenne sei ihr vom Vermieter verboten worden. Dieser sei auch nicht verpflichtet, das Anbringen weiterer Satellitenschüsseln zu dulden. Türkischsprachiges Radio- und Fernsehprogramm lasse sich daher nur über einen Kabelanschluss empfangen. Hierfür müsse die Beklagte die Kosten übernehmen. Sie - die Klägerin - befinde sich in einer besonderen Lebenslage i.S.v. § 73 SGB XII. Als Migrantin, die der deutschen Sprache nicht mächtig sei, gehöre sie einer Minderheit an und habe daher höhere Aufwendungen für Kultur, Unterhaltung und Bildung in einer für sie verständlichen Sprache. Ihr Bedarf weiche auch i.S.d. § 27a Abs. 4 SGB XII erheblich vom Durchschnittsbedarf ab. Es handele sich also um einen Härtefall.

Nach Beteiligung sozial erfahrener Personen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2012 den Widerspruch zurück. Im Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1 sei ein Betrag von 31,96 EUR für Nachrichtenübermittlung (Abteilung 8) und von 39,96 EUR für Freizeit, Unterhaltung und Kultur (Abteilung 9) enthalten. Damit könne die Klägerin die Kosten für einen Kabelanschluss bestreiten; ihr Bedarf weiche deshalb nicht erheblich von Durchschnittswerten ab. Verweise § 42 SGB XII nicht auf § 27a Abs. 4 SGB XII, sei diese Vorschrift ohnehin nicht anwendbar. Die Klägerin befinde sich auch keineswegs i.S.v. § 73 SGB XII in einer besonderen Lebenslage. Zwar unterscheide das SGB XII nicht mehr ausdrücklich zwischen Hilfen zum Lebensunterhalt und Hilfen in besonderen Lebenslagen; gleichwohl sei diese Unterscheidung in der Sache beibehalten worden. Ein Anspruch aus § 73 SGB XII komme daher nur in Betracht, wenn es sich um eine besondere Lebenslage handele, die mit den in den §§ 47 bis 74 SGB XII normierten Regelungen vergleichbar sei. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, denn bei den Kosten für einen Kabelanschluss handele es sich um Lebenshaltungskosten. Die Leistungen für den Lebensunterhalt seien jedoch in den §§ 19 bis 28 SGB XII abschließend geregelt, so dass ein Rückgriff auf § 73 SGB XII ausscheide.

Die Klägerin hat am 03.02.2012 Klage vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhoben. Sie sei 74 Jahre alt und verstehe die deutsche Sprache weder schriftlich noch gesprochen. Damit befinde sie sich in einer besonderen Lebenslage i.S.v. § 73 SGB XII. Türkischsprachige Programme könnte sie allenfalls über einen Kabelanschluss empfangen. Denn ihr Vermieter gestatte das Aufstellen einer Satellitenantenne nicht; hierzu sei er auch berechtigt, da er ihr die Möglichkeit einräume, einen Kabelanschluss zu bekommen. Die Kosten für den Kabelanschluss beliefen sich nach einem Kostenvoranschlag (unitymedia) auf 23,85 EUR pro Monat. Dieser Bedarf werde nicht vom Regelsatz abgedeckt, da es sich um einen eigenständigen Bedarf ausschließlich für fremdsprachige Leistungsberechtigte handele. Die Situation sei vergleichbar mit einem getrennt lebenden Elternteil, der sein Umgangsrecht durch eine Zugfahrt ausüben wolle. Diesen könne man auch nicht darauf verweisen, dass im Regelsatz ein Betrag für Verkehrsdienstleistungen enthalten sei. Die Entscheidung der Beklagten verletze sie - die Klägerin - in ihrem Grundrecht auf Informationsfreiheit aus Art. 5 Grundgesetz (GG). Dieses garantiere auch den freien Zugang zu Medien, so dass der Staat im Bedarfsfall auch die Kosten übernehmen müsse.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.11.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2012 zu verurteilen, der Klägerin ab Antragstellung vom 30.09.2011 Kosten für einen Kabelanschluss in Höhe von 23,85 EUR monatlich zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, ein Anspruch nach § 27a Abs. 4 SGB XII komme schon deshalb nicht in Betracht, weil § 42 SGB XII nicht auf diese Vorschrift verweise. Darüber hinaus sei dieser Bedarf in den Verbrauchsausgaben zur Ermittlung des Regelbedarfes berücksichtigt worden. Auch ein Anspruch aus § 73 SGB XII bestehe nicht, da sich die Klägerin nicht in einer besonderen Lebenslage befinde. Es handle sich um einen Bedarf, der durch die Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung abgedeckt werde. Die Klägerin könne ihr Informationsbedürfnis durch türkischsprachige Radioprogramme decken, welche sie über die Haussatellitenanlage empfangen könne. Darüber hinaus könne sie türkischsprachige Zeitungen beziehen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat die Klägerin erklärt, sie besitze seit ca. 20 Jahren ein Fernsehgerät. Sie schaue manchmal Filme auf Deutsch, die sie jedoch nicht verstehen könne. Im Radio höre sie nur Musik; die türkischsprachigen Sender seien nicht zu verstehen. Einen Computer besitze sie nicht. Zeitungen und Bücher lese sie kaum, da ihr beim Lesen schnell schwindelig werde. Ins Kino gehe sie nicht, ins Theater vielleicht einmal im Jahr. Sie besuche keine Sportveranstaltungen. CDs höre sie nicht, da sie keinen CD-Spieler habe. Manchmal schaue sie türkischsprachige Serien bei einer Freundin; dies sei ihr jedoch unangenehm. Sie möchte wenigstens drei türkischsprachige Programme zur Verfügung haben. Einen Kabelanschluss habe sie noch nicht bestellt.

Mit Urteil vom 26.04.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Im Regelsatz der Klägerin nach der Regelbedarfsstufe 1 sei ein Betrag i.H.v. 33,04 EUR für Nachrichtenübermittlung und ein Betrag i.H.v. 41,31 EUR für Freizeit, Kultur und Unterhaltung enthalten. Mit diesen Beträgen habe die Klägerin die Möglichkeit, die Aufwendungen für einen Kabelanschluss von lediglich 23,85 EUR monatlich zu bestreiten. Solche Kosten seien keine Unterkunftskosten; dies wäre nur dann der Fall, wenn der Mietvertrag - anders als bei der Klägerin - zur Zahlung der Kabelgebühren verpflichte. Ein Anspruch aus § 73 SGB XII komme nicht in Betracht, da sich die Klägerin nicht in einer besonderen Lebenslage befinde. Die Kosten für den Kabelanschluss würden von der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfasst. Ein Anspruch folge auch nicht aus § 27a Abs. 4 SGB XII, da der Bedarf der Klägerin nicht von einem durchschnittlichen Bedarf abweiche. Die Klägerin habe die Möglichkeit, den Kabelanschluss aus dem Regelsatz zu finanzieren. Darüber hinaus könne sie ihren Bedarf auch über türkischsprachige Zeitungen bzw. Zeitschriften und das türkischsprachige Radio decken.

Nach der Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts kann das Urteil nur dann mit der Berufung angefochten werden, wenn sie nachträglich durch Beschluss des Landessozialgerichts zugelassen wird. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten am 10.05.2012 zugestellt.

Die Klägerin hat am 29.05.2012 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Diese hat sie mit Schriftsatz vom 24.07.2012 zurückgenommen.

Die Klägerin hat am 16.07.2012 Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts eingelegt. Das Sozialgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie die Kosten für den Kabelanschluss aus dem Regelsatz decken könne. Sie habe weitere Ausgaben für ihre Freizeitgestaltung, z.B. für regelmäßige Saunabesuche. Vor diesem Hintergrund seien die im Regelsatz enthaltenen Beträge nicht ausreichend, und sie befinde sich in einer besonderen Bedarfslage.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Beteiligten durch Teilunterwerfungsvergleich den streitigen Zeitraum auf den Monat November 2011 beschränkt. In diesem Monat hatte die Klägerin den Kabelanschluss noch nicht angeschafft. Dies geschah allerdings später zu Anfang des Jahres 2013, wobei nach Angaben der Klägerin die Kosten zunächst von ihrer Tochter übernommen wurden. Die Klägerin begehrt aus diesem Grund nunmehr die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die Kosten für einen Kabelanschluss als Leistung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) zu übernehmen. Auf Befragen des Senats hat die Klägerin angegeben, sie habe früher etwas Deutsch gekonnt, es jedoch mit Aufgabe ihrer Berufstätigkeit wieder vergessen; sie verstehe es auch mit zunehmendem Alter nicht mehr. Sie habe erst mit 55 Jahren über einen Kurs der Arbeiterwohlfahrt Türkisch lesen und schreiben gelernt; Deutsch lesen und schreiben könne sie nicht. Beim Lesen müsse sie sich sehr anstrengen, weshalb ihr schnell schwindelig werde. Lesen und Schreiben falle ihr auch nach wie vor schwer. Früher sei sie jünger und fitter gewesen und noch mehr aus dem Haus gegangen. Heute sei sie mehr zu Hause und treffe sich nicht mehr so häufig mit Freundinnen. Sie sei deshalb jetzt mehr auf Fernsehen angewiesen. Früher habe sie oft bei Nachbarn ferngesehen; diese hätten dann aber nicht mehr gewollt, dass sie so häufig bei ihnen sei. Sie habe dann in die weitere Nachbarschaft gehen müssen und dabei einmal spät abends auf dem Heimweg Angst bekommen, so dass sie ein Junge aus einem türkischen Geschäft nach Hause gebracht habe. Sie traue sich deshalb abends nicht mehr nach draußen. Sie gehe mindestens ein- bis zweimal im Monat in die Sauna. Ins Theater gehe sie bisweilen, um Aufführungen ihrer Enkeltochter zu sehen, die Schauspiel studiere.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 26.04.2012 zu ändern und festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 10.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2012 rechtswidrig war.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten. Der Inhalt ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig.

1. Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, denn sie betrifft wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr. Dem steht nicht entgegen, dass das Sozialgericht nur über den Zeitraum ab der Antragstellung am 04.10.2011 bis zur mündlichen Verhandlung am 26.04.2012 entschieden hat. Für die Frage, ob die Berufung ohne Zulassung statthaft ist oder nicht, kommt es darauf an, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiter verfolgt wird (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 144, Rn. 14). Die Klägerin hat die Übernahme der Kosten für den Kabelanschluss ohne zeitliche Begrenzung beantragt und verfolgt dieses Begehren auch in der Berufungsinstanz weiter. Die zunächst unbeschränkt eingelegte Berufung betraf daher einen Anspruch auf "wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr" und war deshalb unabhängig von der Höhe der aufgewendeten Kosten auch ohne Zulassungsausspruch durch das Sozialgericht nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 26.01.2006 - B 3 KR 4/05 R).

2. Die Berufung ist auch fristgerecht eingelegt worden. Grundsätzlich ist das Rechtsmittel nach § 151 Abs. 1 SGG bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Diese Frist hat die Klägerin nicht gewahrt. Denn das Urteil des Sozialgerichts wurde ihrem Prozessbevollmächtigten am 10.05.2012 zugestellt, und die Berufung wurde erst am 16.07.2012 eingelegt. Nach § 66 Abs. 2 SGG verlängert sich die Rechtsmittelfrist jedoch auf ein Jahr, da das Sozialgericht mit der Belehrung über eine Nichtzulassungsbeschwerde eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat. Diese Frist hat die Klägerin gewahrt.

II. Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Denn die Klage ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

1. Die Klage ist als Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft.

Die Klägerin begehrt - für den allein streitigen Monat November 2011 - die Übernahme der Kosten für einen Kabelanschluss als Leistung nach dem SGB XII. Dies setzt allerdings voraus, dass ihr in diesem Monat überhaupt Kosten für einen Kabelanschluss entstanden sind. Hat die Klägerin jedoch erst Anfang 2013 einen Kabelanschluss angeschafft, so ist für die Zeit davor von vornherein kein entsprechender Sozialhilfebedarf für diesen Kabelanschluss denkbar. Dementsprechend kann es ihrem Rechtsschutzinteresse nicht dienen, wenn sie die Klage - wie zunächst von ihr erhoben - für den noch streitigen Monat November 2011 als Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) führt.

Die bei der Beklagten bereits im Oktober 2011 beantragte Leistung hätte es der Klägerin allerdings bei zeitnaher Bewilligung ermöglicht, sich (spätestens) für November 2011 einen Kabelanschluss zu beschaffen; allein das Ausbleiben der Leistung hierfür hat sie daran gehindert. Die Klage ist deshalb - entsprechend dem zweitinstanzlich in geänderter Form gestellten Klageantrag - als Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) statthaft. Ein hierfür erforderliches "berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung" besteht. Denn hätte die Klägerin bereits für November 2011 einen Kabelanschluss angeschafft, so wäre ihr in diesem Monat der entsprechende Bedarf auch entstanden. Zwar ist aus rückschauender Sicht die ausgebliebene Bewilligung von Leistungen für den Kabelanschluss mangels Entstehung eines entsprechenden Bedarfs für sich genommen nicht (mehr) zu beanstanden. Hat aber allein eine Leistungsversagung des Sozialhilfeträgers das Entstehen eines sozialhilferechtlichen Bedarfes verhindert, weil der Betreffende die Ausgaben hierfür nicht aufzubringen vermag, so muss es ihm möglich sein, eine gerichtliche Überprüfung zur Frage herbeizuführen, ob ein solcher Bedarf sozialhilferechtlich relevant ist, sofern er nach wie vor die entsprechende Ausgabe (aus Mitteln der Sozialhilfe) beabsichtigt.

Keineswegs wäre es etwa zumutbar, zur Vermeidung einer Feststellungsklage die entsprechenden Ausgaben zunächst auf eigene Kosten zu tätigen und die sozialhilferechtliche Deckungsfähigkeit des - dann tatsächlich bereits entstandenen - Bedarfs mit ungewissem Ausgang einer (möglicherweise langdauernden) gerichtlichen Klärung im Rahmen einer Anfechtungs- und Leistungsklage zuzuführen. Denn dann liefe ein Empfänger von (lediglich das soziokulturelle Existenzminimum sichernden) Leistungen Gefahr, Aufwendungen zu tätigen, die seine wirtschaftlichen Möglichkeiten unzumutbar strapazieren, und die er gleichwohl im Unterliegensfalle nicht aus Sozialhilfeleistungen decken kann. Insofern wäre ihm dann die Möglichkeit genommen, sich aus wirtschaftlichen Gründen von vornherein doch gegen die entsprechenden Aufwendungen zu entscheiden.

Auch eine Verweisung auf eine schnelle Klärung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes kann die Feststellungsklage nicht unstatthaft erscheinen lassen. Denn im einstweiligen Rechtsschutz wird stets nur eine Klärung unter dem Vorbehalt der endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren getroffen; das Unterliegensrisiko und die Gefahr einer wirtschaftlichen Überstrapazierung blieben deshalb bestehen. Zudem ist auch eine höchstrichterliche Befassung gegen Entscheidungen des Sozial- oder Landessozialgerichts im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich.

Die Situation der Klägerin ist vielmehr vergleichbar mit derjenigen einer Fortsetzungsfeststellungsklage (vgl. § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG), für die es allerdings hinsichtlich des Bescheides vom 10.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2012 an einem die Regelungswirkung beseitigenden, erledigenden Ereignis fehlt. Das Feststellungsinteresse der Klägerin begründet sich jedoch - ähnlich wie bei einer Fortsetzungsfeststellungklage (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 16.05.2007 - B 7b AS 40/06 R) - gerade aus einer bestehenden Wiederholungsgefahr. Denn die Beklagte verneint nach wie vor einen Anspruch auf die von der Klägerin beantragten Leistungen für die Kosten eines Kabelanschlusses.

Die Klägerin hat den Kabelanschluss Anfang 2013 angeschafft und hätte ihr Begehren später - ab diesem Zeitpunkt - durchaus mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4 SGG verfolgen können. Dies hindert jedoch nicht die Zulässigkeit der (zuvor bereits erhobenen) Feststellungsklage. Denn zeitlich wirkt der Bescheid vom 10.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2012 nicht bis in das Jahr 2013 hinein. Die Klägerin bezog bei Antragstellung aufgrund des Bescheides vom 25.07.2011 Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für einen damals aktuellen Bewilligungszeitraum von August 2011 bis Juli 2012. Dies entsprach der grundsätzlich einjährigen Bewilligungszeit nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Unabhängig davon, ob die Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid Leistungen jedenfalls nach § 73 SGB XII auch mit Wirkung über diesen Zeitraum hinaus hätte ablehnen können, bewirkt jedenfalls die (von der Klägerin ebenfalls herangezogene) mögliche Anspruchsbegründung eines nach § 27a Abs. 4 SGB XII individuell zu bemessenden Regelsatzes, dass es mit der Ablehnung der von der Klägerin für einen Kabelanschluss beantragten Leistungen in der Sache darum ging, eine Erhöhung der allein bis Juli 2012 bewilligten Sozialhilfeleistungen (ebenso mit Wirkung bis Juli 2012) abzulehnen. Dies gilt umso mehr, als die spätere Bewilligung von Grundsicherungsleistungen an die (nach wie vor im Leistungsbezug der Beklagten stehenden) Klägerin nach Juli 2012 auf einem Folgeantrag der Klägerin beruht. Damit aber ist sozialhilferechtlich eine Zäsur entstanden; der im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Bescheid vom 10.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2012 konnte Anfang 2013 keine Regelungswirkung mehr entfalten (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R Rn. 8, das trotz zeitlich unbegrenzt verfügter Leistungsablehnung nach neuer Leistungsbewilligung aufgrund eines Folgeantrages eine Erledigung der Ablehnung erkennt). Dementsprechend haben die Beteiligten den streitigen Zeitraum sinnvollerweise auch auf November 2011 beschränkt.

2. Die Feststellungklage ist jedoch unbegründet. Denn der Bescheid vom 10.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2012 ist nicht rechtswidrig. Die Klägerin hätte auch bei Anschaffung eines Kabelanschlusses noch im Bedarfszeitraum November 2011 keinen Anspruch auf Leistungen für entsprechende Aufwendungen gehabt.

a) Ein Anspruch der Klägerin aus § 73 SGB XII scheidet ersichtlich aus. Nach dieser Vorschrift können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen (Satz 1). Voraussetzung ist insoweit eine besondere Bedarfslage, welche eine gewisse Nähe zu den in den §§ 47 bis 74 SGB XII speziell geregelten Bedarfslagen aufweist; zugleich muss der Bereich der Grundrechtsausübung tangiert sein (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 100/10 R Rn. 35). Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Denn bei Kosten für einen Kabelanschluss handelt es sich um allgemeine Lebenshaltungskosten, die dem Regelungsbereich über die Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII zuzuordnen sind, welcher auch Aufwendungen für Information, Unterhaltung und kulturelle Teilhabe umfasst.

b) Auch Leistungen für Unterkunft und Heizung i.S.v. § 35 SGB XII wären für die von der Klägerin im November 2011 beabsichtigten Aufwendungen für einen Kabelanschluss von vornherein nicht in Betracht gekommen. Denn Kosten für einen Kabelanschluss können nur dann den Unterkunftskosten zugeordnet werden, wenn die entsprechende Zahlungsverpflichtung mietvertraglich begründet worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 48/08 R). Für die Klägerin fielen mietvertraglich aber keine Kosten für einen Kabelanschluss an.

c) Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob bei fremdsprachlichem Hintergrund Leistungen eigens für einen Kabelanschluss zur Ermöglichung des Fernsehempfangs in der einzig geläufigen Muttersprache des Leistungsempfängers zu erbringen sind, verortet sich vielmehr einzig in § 27a Abs. 4 Satz 1, 2. Alt. SGB XII. Danach wird im Einzelfall der individuelle Bedarf abweichend vom Regelsatz festgelegt, wenn ein Bedarf unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

aa) Insofern ist der Antrag der Klägerin vom 04.10.2011 als Antrag auf Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom 25.07.2011 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufzufassen. Denn eine vom Regelsatz abweichende Bedarfsfestlegung ist kein abtrennbarer Streitgegenstand. Die abweichende Festlegung ist vielmehr nur ein Begründungselement für die Höhe des individuell zuerkannten Leistungssatzes (vgl. Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 27a, Rn. 120). Nach Ablauf der Anfechtungsfrist für den Bewilligungsbescheid eingehende Anträge auf abweichend bemessene Leistungen stellen dementsprechend Anträge auf eine Überprüfung nach § 44 SGB X dar, die sich auf den betroffenen Bewilligungsabschnitt richten (vgl. LSG NRW, Urteil vom 21.3.2013 - L 7 AS 1911/12 Rn. 37). Im Falle der Klägerin geht es mithin um eine Überprüfung des seinerzeit geltenden Bewilligungsbescheides vom 25.07.2011 für den Zeitraum August 2011 bis Juli 2012, der bei Antragstellung am 04.10.2011 schon bestandskräftig war.

bb) Die Voraussetzungen für eine Änderung der laufenden Leistungsbewilligung hätten jedoch auch dann nicht vorgelegen, wenn sich die Klägerin im November 2011 einen Kabelfernsehanschluss angeschafft hätte.

Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.

Die Bedarfsbemessung für die Klägerin erfolgte jedoch zutreffend. Selbst wenn sie im November 2011 mit entsprechenden Kosten bereits einen Kabelanschluss angeschafft gehabt hätte, hätte ein i.S.v. § 27a Abs. 4 Satz 1. 2. Alt. SGB XII vom Durchschnitt abweichender Bedarf nicht bestanden, und das Recht wäre von der Beklagten nicht i.S.v. § 44 Abs. 1 SGB X unrichtig angewandt worden.

(1) § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII war allerdings auch im November 2011 bei Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII anwendbar. Dem steht nicht etwa entgegen, dass die Leistungen nach § 42 Nr. 1 SGB XII in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung (nur) die sich für die leistungsberechtigte Person nach der Anlage zu "§ 28" ergebende Regelbedarfsstufe umfassten und ein Verweis auf § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII in § 42 Nr. 1 SGB XII im November 2011 noch nicht enthalten war. Erst durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 20.12.2012 - BGBl. I 2012, S. 2783 ff. - ist § 42 insoweit mit Wirkung zum 01.01.2013 geändert worden. Nach der Gesetzesbegründung handelt es sich dabei jedoch lediglich um eine Klarstellung (vgl. BR-Drs. 455/12, S. 17: "Der Verweis auf § 27a Absatz 4 Satz 1 stellt klar, dass im Einzelfall Regelsätze in Anwendung der Möglichkeit einer abweichenden Regelsatzfestlegung gezahlt werden können"); demzufolge war es auch im November 2011 möglich, den Bedarf nach § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII abweichend festzulegen. Wollte man diesen Hinweis in den Gesetzesmaterialien jedoch als unbeachtlich ansehen, wäre § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII jedenfalls analog anzuwenden. Die Regelungslücke wäre insoweit offensichtlich, da eine abweichende Bedarfsfestlegung bis zum 31.12.2010 in § 28 SGB XII geregelt war und § 42 SGB XII zunächst die seinerzeit bestehende Bezugnahme auf (diesen) § 28 SGB XII als ein Redaktionsversehen unverändert bestehen ließ.

(2) Die Voraussetzungen des § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII liegen jedoch bei einer Nutzung eines Kabelanschlusses durch fremdsprachige Leistungsbezieher wie die Klägerin nicht vor.

Zwar handelt es sich bei solchen Kosten für das Kabelfernsehen um einen unabweisbaren Bedarf. Denn das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums umfasst nicht nur die physische Existenz des Menschen, sondern auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (sog. soziokulturelles Existenzminimum; vgl. BVerfGE 125, 175 (223) m.w.N.). Angesichts der Lebensumstände der Klägerin, die nachvollziehbar dargelegt hat, dass sie aufgrund ihres Alters mehr Zeit als früher in ihrer Wohnung verbringt und auf das Fernsehprogramm angewiesen ist, ist die Möglichkeit des Empfangs von in Deutschland verfügbaren türkischsprachigen Fernsehprogrammen Bestandteil ihres soziokulturellen Existenzminimums, soweit sie einen solchen Empfang wünscht. Denn angesichts ihrer nur geringen Deutschkenntnisse ist gerade türkischsprachiges Fernsehen für sie eine wichtige Möglichkeit, sich über das gesellschaftliche, kulturelle und politische Leben zu informieren. Insoweit ist zu beachten, dass ein Recht zu solcher Information auch durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG geschützt wird. Denn zu den allgemein zugänglichen Quellen i.S. dieses Grundrechts gehören auch alle ausländischen Rundfunkprogramme, deren Empfang in Deutschland möglich ist. Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin - unabhängig von der Frage, ob ihr bei von ihr vorgetragenen Leseproblemen eine Lektüre überhaupt zumutbar wäre - auch nicht etwa auf die Nutzung anderer Informationsquellen wie Zeitungen verwiesen werden (vgl. BVerfG, Beschluss 31.03.2013 - 1 BvR 1314/11). Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG schützt die Informationsfreiheit vielmehr umfassend und gibt jedem das Recht zu entscheiden, aus welchen allgemein zugänglichen Quellen er sich unterrichten möchte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.02.1994 - 1 BvR 1687/92).

Die Klägerin kann jedoch Kosten für einen Kabelanschluss aus den ihr bereits mit dem Normalregelsatz zur Verfügung gestellten Leistungen bestreiten; ihr Bedarf weicht deshalb seiner Höhe nach nicht erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf ab:

Nach § 27a Abs. 1 Satz 1 SGB XI umfasst der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft (Satz 2, 1. Hälfte). Nach Abs. 2 der Vorschrift ergibt der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt den monatlichen Regelbedarf. Der durchschnittliche Bedarf i.S.v. § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII entspricht mithin diesem Regelbedarf.

Zur Deckung dieses Bedarfes erhält die Klägerin als Alleinstehende den Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1 der Anlage zu § 28 SGB XII (November 2011: 364,00 EUR). Dieser Betrag ist bemessen anhand der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Einpersonenhaushalte nach § 5 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz ((RBEG) 361,81 EUR) in Verbindung mit der Fortschreibung gemäß § 7 RBEG (bei einer Veränderungsrate zum 01.01.2011 von 0,55% beläuft sich der Betrag auf 363,80 EUR = gerundet 364,00 EUR). Dabei gehören nach der Rechtsprechung des BVerfG die Abteilungen 1 (Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke), 3 (Bekleidung und Schuhe), 4 (Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung), 5 (Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände) und 6 (Gesundheitspflege) nach § 5 RBEG zum allein physischen Existenzminimum und weiter die Abteilungen 7 (Verkehr), 8 (Nachrichtenübermittlung), 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur), 10 (Bildung), 11 (Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen) und 12 (andere Waren und Dienstleistungen) auch zum soziokulturellen Existenzminimum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.07.2012 -1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11, Rn. 102 ff.). Der Regelsatz von 364,00 EUR beinhaltet damit einen Betrag von 233,00 EUR für das allein physische und von weiteren 131,00 EUR für das gesamte soziokulturelle Existenzminimum.

Die von der Klägerin geltend gemachten zusätzlichen Kosten i.H.v. monatlich 23,85 EUR für einen Kabelfernsehanschluss (die den Kosten für einen solchen Anschluss nach dem Angebot eines lokalen Kabelbetreibers entsprechen) sind nicht dem physischen, sondern dem soziokulturellen Existenzminimum zuzuordnen, soweit dies die gesellschaftliche Teilhabe betrifft. Insoweit gelten für eine abweichende Bedarfsfestlegung allerdings andere Voraussetzungen als beim allein physischen Existenzminimum. Der Grund dafür liegt darin, dass bei der Sicherung des physischen Existenzminimums kaum individuelle Einsparmöglichkeiten des Leistungsempfängers bestehen (vgl. zu diesem Aspekt bei der abweichenden Bedarfsfestlegung: § 21 Abs. 6 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)). So kann man z.B. beim Bedarf für notwendige Lebensmittel nichts einsparen, um damit erhöhte Aufwendungen für Hygieneprodukte oder Haushaltsenergie aufgrund einer Erkrankung zu decken. Deshalb führt ein Mehrbedarf in diesem Bereich regelmäßig zu einer abweichenden Festlegung des Bedarfs § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII, um das physische Existenzminimum zu gewährleisten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 19.08.2010 - B 14 AS 13/10 R). Demgegenüber erfordert das weitergehende soziokulturelle Existenzminimum zwar die Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (vgl. BVerfG, a.a.O. Rn. 64). Insoweit bestehen aber weitergehende individuelle Gestaltungsspielräume; denn der konkrete Bedarf ist abhängig von den persönlichen Präferenzen des Leistungsberechtigten. Höhere Ausgaben für eine bestimmte präferierte Teilhabeaktivität können durch Einsparungen bei üblichen, aber individuell nicht bevorzugten Aktivitäten aufgefangen werden. Wer sich etwa keine Zeitung kauft, kann stattdessen Mittel für einen Internetanschluss aufwenden und umgekehrt. Eine abweichende Festlegung des Bedarfs nach § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII käme aber erst dann in Betracht, wenn das Mindestmaß an gesellschaftlicher Teilhabe unter Berücksichtigung einer zumutbaren Steuerung des Ausgabeverhaltens anhand der individuellen Präferenz nicht sichergestellt wäre.

Ein abweichender Bedarf für die das physische Existenzminimum überschreitenden Bedarfe beim soziokulturellen Existenzminimum der Klägerin kann der Senat vor diesem Hintergrund nicht erkennen. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für das Kabelfernsehen sich mit monatlich 23,85 EUR nur auf ein knappes Fünftel der für die gesellschaftliche Teilhabe insgesamt bestimmten Leistungen von 131,00 EUR belaufen und damit auch bei tatsächlicher Anschaffung des Kabelanschlusses noch größerer Spielraum für die von der Klägerin sonst benannten Teilhabebedürfnisse (etwa Sauna und Theater) verblieben wäre. Sind die Leistungen für soziale Teilhabe darüber hinaus - wie ausgeführt - in ihrer konkreten Verwendung auch nicht gesetzgeberisch vorgegeben, sondern erlaubt es die pauschale Art der Leistungsgewährung vielmehr, individuellen Neigungen und Wünschen nachzugehen und das eigene Ausgabeverhalten daran auszurichten, so wendet die Klägerin dementsprechend auch keine Kosten auf, welche zwar von anderen Leistungsbeziehern im Rahmen der sozialen Teilhabe aufgewandt werden, die aber von der Klägerin etwa aus sprachlichen Gründen (z.B. Kino), aus dem Bedürfnis heraus, vermehrt in der Wohnung zu verbleiben (z.B. Verkehrsdienstleistungen) oder aus fehlender Neigung bzw. aus gesundheitlicher Nichteignung zum Lesen (Zeitschriften, Bücher) nicht aufgewandt werden. Die Verlagerung der Bedürfnisse der Klägerin nach Information, Unterhaltung und kultureller Beschäftigung im Wesentlichen auf das Medium des (Kabel-) Fernsehens lässt deshalb auch eine entsprechende Schwerpunktsetzung bei der Planung ihrer Ausgaben für soziale Teilhabe zu. Eine abweichende Festlegung ihres Leistungsbedarfs i.S.v. § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII ist daher nicht gerechtfertigt.

d) Der Klägerin stehen für November 2011 auch nicht etwa deshalb höhere als die bewilligten Leistungen zu, weil die Beklagte aus (im Rahmen eines sog. Höhenstreits beachtlichen; vgl. BSG, Urteil vom 28.20.2013 - B 8 SO 12/11 R m.w.N.) anderen Gründen die der Klägerin gewährte Sozialhilfe falsch bemessen hätte. Vielmehr erweist sich der Bewilligungsbescheid vom 25.07.2011 insgesamt als rechtmäßig. Die Beklagte bewilligte der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII i.H.v. 397,19 EUR. Darin berücksichtigt waren der Regelbedarf nach der (höchsten und für die Klägerin zutreffenden) Regelbedarfsstufe 1 i.H.v. 364,00 EUR, ein Mehrbedarf für die dezentrale Erzeugung des Warmwassers i.H.v. 8,37 EUR sowie die tatsächlich angefallenen Unterkunfts- und Heizkosten i.H.v. 291,62 EUR. Sonstige Mehrbedarfe bestehen nicht und werden auch nicht geltend gemacht. Die Altersrente der Klägerin von 266,80 EUR wurde zutreffend auf die Leistungen angerechnet.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

IV. Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Höchstrichterlicher Klärungsbedarf besteht zu den Voraussetzungen, unter denen das soziokulturelle Existenzminimum nach § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII abweichend festzulegen ist.
Rechtskraft
Aus
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