L 11 AS 655/13 NZB

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AS 260/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 655/13 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Keine Zulassung der Berufung mangels Vorliegens von Berufungsgründen.
I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des SG Würzburg vom 20.08.2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:


I.

Streitig ist, ob der Beklagte die Kosten für die vom Kläger geforderte Vorlage von Kontoauszügen zu erstatten hat.

Auf die Aufforderung des Beklagten nach Vorlage der Kontoauszüge der letzten Monate übersandte der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beziehende Kläger diese in Kopie und beantragte die Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten in Höhe von 29,65 EUR. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 15.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2013 unter Hinweis auf ein bereits rechtskräftig abgeschlossenes sozialgerichtliches Verfahren des Klägers gegen den Beklagten wegen der Übernahme entsprechender Kosten für einen anderen Zeitraum ab. Der Kläger hätte Kopien auch beim Beklagten anfertigen lassen können.

Die dagegen zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobene Klage hat dieses abgewiesen (Urteil vom 20.08.2013). § 65a Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) sei nicht analog auf die Erfüllung von Vorlagepflichten gemäß § 60 Abs 1 Nr 3 SGB I anzuwenden. Es bestehe keine (unbewusste) Regelungslücke des Gesetzes. Auf den Beschluss des Bayer. Landessozialgerichtes (LSG) im Rahmen einer vom Kläger wegen des gleichen Streitpunktes erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde werde hingewiesen. Die weiteren Begründungen des Klägers änderten an der fehlenden Anspruchsklage nichts. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.

Dagegen hat der Kläger Beschwerde beim LSG eingelegt. Bereits das Aufforderungsschreiben zur Vorlage von Kontoauszügen sei rechtswidrig. Die Kosten der Befolgung einer rechtswidrig auferlegten Verpflichtung seien zu erstatten. Im Übrigen habe der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung. Zwar habe der Senat bereits mit Beschlüssen vom 07.02.2011 - L 11 AS 960/10 NZB - und vom 17.05.2010 - L 11 AS 291/10 NZB - einen Erstattungsanspruch seinerseits abgelehnt. Die Auffassung des Senates sei jedoch in der Rechtssprechung und Literatur umstritten. Das BSG habe hierzu keine Aussage getroffen. Das Hessische LSG (Beschluss vom 22.08.2005 - S 7 AS 32/05 ER) habe die Offenbarungspflicht der Mitwirkungsverpflichteten eingeschränkt. Es werde eine Anwendung des § 65a SGB I auf Sachverhalte, die den §§ 61 ff SGB I ähnlich seien, befürwortet (Mrozynski, SGB I, 4.Auflage, § 65a Rdnr 7, 11). Ergänzend könne § 59 Alt.1 SGB II iVm § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) als Rechtsgrundlage herangezogen werden. Die Entscheidung des SG weiche auch von der obergerichtlichen Rechtsprechung ab. Das BSG habe sich nicht zur Kostentragungspflicht geäußert. Eine noch nicht ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung sei aber mit einem Abweichen von der obergerichtliche Rechtsprechung gleichzusetzen. Zudem weiche die Auffassung des SG von der Entscheidung des Hess. LSG ab.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die vom Kläger fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG).

Nach § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtsache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgericht abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr 3).

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 10.Aufl, § 144 RdNr 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne Weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 4).

Vorliegend macht der Kläger geltend, die Entscheidung des Rechtsstreites habe grundsätzliche Bedeutung. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn die Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig. Sie lässt sich aus den gesetzlichen Wortlaut entnehmen. Dies ist eindeutig. Eine analoge Anwendung des § 65a SGB I kommt nicht in Betracht, denn eine unbewusste Regelungslücke ist nach dem in der Bundestagsdrucksache 8/2034 S. 42/43 zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers nicht erkennbar. Die Rechtsfrage ist auch unbestritten (vgl. Beschluss des Senates vom 07.02.2011 - L 11 AS 960/10 NZB mwN), zumal dem Kläger die Möglichkeit offensteht, ohne eigene Kosten die geforderten Kontoauszüge vorzulegen, auch wenn dem Beklagten durch eventuelle Übernahme erforderlicher Fahrtkosten ggf. Mehraufwendungen entstünden. Die vom Kläger diesbezüglich angesprochenen Entscheidungen des BSG (Urteil vom 19.08.2008 - B 14 AS 45/07 R -) und der Beschluss des Hess. LSG vom 22.08.2005 - L 7 AS 32/05 ER - haben sich zu dieser Frage nicht geäußert. In der Literatur findet sich auch kein Hinweis auf eine analoge Anwendung des § 65a SGB I auf die Verpflichtungen aus § 60 SGB I. Insbesondere ist dies nicht aus den vom Kläger zitierten Kommentar von Mrozynski (Kommentar zum SGB I, 4. Aufl. § 65a Rdnr 7 und 11) zu entnehmen. In Rdnr 7 wird darin eine Anwendung auf ähnliche Sachverhalte angedacht. Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um einen ähnlichen Sachverhalt. In Rdnr 11 wird allein die in § 65a Abs 1 Satz 2 erwähnte Härtefallregelung angesprochen. Diese betrifft aber ein persönliches Erscheinen und somit nicht den vorliegenden Sachverhalt. Eine Kostenerstattungspflicht ergibt sich auch nicht aus einer Bezugnahme auf § 59 SGB II iVm § 309 SGB III. Darin ist die Pflicht zur persönlichen Meldung geregelt.

Ein Abweichen von der obergerichtlichen Rechtsprechung ist nicht zu erkennen. Zwar hat das BSG noch bislang keine Entscheidung zur Frage der Kostentragung getroffen. Das SG weicht aber ausdrücklich nicht von der obergerichtlichen Rechtsprechung des für ihn zuständigen Senates ab. Ebenfalls ist keine Abweichung von der vom Kläger genannten Entscheidung des Hess. LSG zu erkennen.

Weitere Ausführungen zu den vom Kläger vorgetragenen Begründungen - insbesondere zur Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Vorlage von Kontoauszügen und der sich daraus ergebenden eventuellen Schadensersatzpflicht des Beklagten - erübrigen sich, denn diese Ausführungen sind ohne Bedeutung für die Frage der Kostentragungspflicht.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved