L 3 AS 518/12

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 23 AS 1229/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 518/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der Kreis der Auskunftspflichtigen wird in § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II festgelegt. Die Bezugnahme in § 60 Abs. 2 Satz 3 SGB II auf § 1605 Abs. 1 BGB betrifft nur die Feststellung der Unterhaltsverpflichtung, das heißt den Umfang der Mitwirkungspflicht.
2. Soweit sich das Auskunftsverlangen nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II auf die Unterhaltunterhaltspflicht zwischen Ehegatten bezieht, muss in dem Auskunftsverlangen nicht danach unterschieden werden, ob es sich um Familienunterhalt, Trennungsunterhalt oder Scheidungsunterhalt handelt.
3. Zur Erforderlichkeit eines Auskunftsverlangens.
4. Die Auskunftspflicht nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II besteht, solange eine Unterhaltspflicht nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (Negativevidenz).
5. Ein Unterhaltsverzicht kann unwirksam sein, wenn die Parteien dadurch in vorhersehbarer Weise die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II herbeiführen, es sei denn, dass besondere Umstände den Verzicht rechtfertigen.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 11. Mai 2011 wird zurückgewiesen

II. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten

III. Die Revision wird nicht zugelassen

IV. Der Streitwert wird für das Klageverfahren und das Berufungsverfahren auf jeweils 5.000,00 EUR festgesetzt

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine Aufforderung, Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen.

Die Klägerin ist die geschiedene Ehefrau von J R , der vom ARGE L Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) bezog. Die Ehegatten lebten seit 26. Juni 2008 getrennt. J R waren unter anderem mit Bescheid vom 24. November 2009 Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2009 bis zum 31. Mai 2010 bewilligt worden. Wegen der einzelnen Leistungsbewilligungen wird auf die Verwaltungsakte verwiesen.

Die ARGE L forderte die Klägerin mit Schreiben vom 23. Februar 2010 auf, Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisses zu erteilen. Er berief sich hierfür einerseits auf § 33 Abs. 1 Satz 3 SGB II i. V. m. § 1361 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und andererseits auf § 60 SGB II. Gegen das öffentlich-rechtliche Auskunftsverlangen könne Widerspruch erhoben werden.

Aus einem Schriftsatz einer Kanzleikollegin des Klägerbevollmächtigten vom 29. Oktober 2009 an die Stadt L , das der ARGE L seit 24. Februar 2010 vorlag, lebte die Klägerin zu diesem Zeitpunkt von ihrem Ehemann getrennt.

Mit Schriftsatz vom 10. März 2010 teilte die Kanzleikollegin der ARGE L mit, dass die Klägerin für Unterhaltszahlungen nicht leistungsfähig sei. Sie verwies auf einen Schriftsatz vom 29. Oktober 2009 in einer Trennungsunterhaltsangelegenheit, worin sie angegeben hatte, dass sich das Einkommen der Klägerin auf 1.233,00 EUR belaufe. Abzüglich eines Mindestunterhaltes für den von ihr betreuten Sohn und den berufsbedingten Aufwendungen sei der Selbstbehalt von 1.000,00 EUR unterschritten.

Die Ehe der Klägerin mit J R wurde mit Beschluss des Amtsgerichtes L vom 20. Oktober 2010 (Az. 337 F 01636/09) mit Wirkung vom selben Tag rechtskräftig geschieden. Eine Kopie des Beschlusses ging beim Beklagten am 17. Februar 2011 ein.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2010 wandte sich die ARGE L an die Klägerin. Das Auskunftsersuchen zur Klärung der Unterhaltsverpflichtung habe sie zwar durch einige Unterlagen beantwortet. Jedoch fehlten der ausgefüllte Fragebogen sowie folgende Unterlagen: Nachweise zum Jahres-Nettoerwerbseinkommen sowie zusätzlichen Jahreseinkünften, der letzte Steuerbescheid und Nachweise über Kosten der Unterkunft. Nach dem Eingang solle eine mögliche Inanspruchnahme innerhalb von vier bis sechs Wochen berechnet werden. Eine weitere Aufforderung erfolgte unter dem 1. März 2011.

Die Weigerung der Klägerin, den Auskunftsaufforderungen nachzukommen, wertete der Nachfolger der ARGE L , der Beklagte, als Widerspruch gegen den Bescheid vom 23. Februar 2010 und wies diesen mit Widerspruchsbescheid vom 28. März 2011 zurück. Nach § 60 Abs. 2 Satz 3 SGB II finde für die Feststellung einer Unterhaltsverpflichtung auch § 1605 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1580 BGB Anwendung.

Das Sozialgericht hat die hiergegen erhobene Klage vom 14. April 2011 mit Gerichtsbescheid vom 11. Mai 2012 abgewiesen. Es hat unter anderem ausgeführt, dass in § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht hinsichtlich der Art des zugrundeliegenden Unterhaltsanspruches differenziert werde. Aus diesem Grund sei es gleichgültig, ob dem Auskunftsverlangen materiell-rechtlich ein Anspruch auf Trennungsunterhalt oder auf nachehelichen Unterhalt zugrundeliege.

Ferner hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 11. Mai 2012 den Streitwert auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

Die Klägerin hat am 11. Juni 2012 Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt und Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss (Az. L 3 AS 535/12 B) erhoben. Sie trägt im Berufungsverfahren vor, dass zwischen den Unterhaltsarten nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zu unterscheiden sei. Über ihren etwaigen Widerspruch gegen das Auskunftsverlangen hinsichtlich des Ehegattenunterhaltes im Schreiben vom 23. Februar 2010 sei keine Entscheidung ergangen; dem Widerspruchsbescheid vom 28. März 2011 mangele es hinsichtlich des nachehelichen Unterhaltes an einem Ausgangsbescheid.

Die Klägerin beantragt,

1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 11. Mai 2011, die Bescheide der Arbeitsgemeinschaft L vom 23. Februar 2010 und 15. Dezember 2010 sowie den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 24. März 2011 aufzuheben und

2. den Streitwert für das Klageverfahren und das Berufungsverfahren jeweils auf 5.000 EUR festzusetzen.

Der Beklagte, der in der mündlichen Verhandlung nicht vertrteten war, hat mit Schriftsatz vom 10. August 2012 beantragt,

die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Instanzen sowie die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die an die Klägerin gerichtete Aufforderung der ARGE L , Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen, ist rechtmäßig (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Die Klägerin ist nicht berechtigt, die geforderten Angaben zu verweigern.

1. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist der Bescheid der ARGE L vom 23. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 24. März 2011, nicht hingegen das Schreiben vom 15. Dezember 2010.

Bei der an die Klägerin gerichteten Aufforderung vom 23. Februar 2010 zur Erteilung von Auskünften über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, das in Form eines Schreibens verfasst ist, handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X). Es ist eine Verfügung, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Rechtsgrundlage für das Auskunftsverlangen des Beklagten ist § 60 Abs. 2 Satz 1 Variante 1 SGB II. Danach hat, wer jemandem, der eine Leistung nach dem SGB II beantragt hat oder bezieht, zu Leistungen verpflichtet ist, die geeignet sind, Leistungen nach dem SGB II auszuschließen oder zu mindern, der Agentur für Arbeit auf Verlangen hierüber sowie über damit im Zusammenhang stehendes Einkommen oder Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit es zur Durchführung der Aufgaben nach dem SGB II erforderlich ist. Diese Auskunftspflicht ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung eines Dritten (vgl. Blüggel, in: Eicher, SGB II [3. Aufl., 2013], § 60 Rdnr. 7; Meyerhoff, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [3. Aufl., 2012], § 60 Rdnr. 32; Steinmeyer, in: Gagel, SGB II/SGB III [53. Erg.-Lfg., 2014], § 60 SGB II Rdnr. 12). § 60 SGB II ermächtigt den SGB II-Leistungsträger, seine öffentlich-rechtliche, der Leistungsgewährung vorgelagerte Aufgabe zur Amtsermittlung auch durch die Inanspruchnahme Dritter zu erfüllen (vgl. Blüggel, a. a. O.). Die Nichterfüllung der Auskunftspflicht kann einen Schadensersatzanspruch auslösen (vgl. § 62 Nr. 2 SGB II); außerdem kann der Ordnungswidrigkeitentatbestand in § 63 Abs. 1 Nr. 4 SGB II erfüllen werden. Der SGB II-Leistungsträger kann die Auskunftspflicht gegenüber dem Dritten in Form eines Verwaltungsaktes geltend machen (vgl. z. B. Sächs. LSG, Urteil vom 13. Februar 2014 – L 7 AS 34/10 – JURIS-Dokument Rdnr. 22; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. Dezember 2007 – L 19 AS 130/07 AS – Breithaupt 2008, 353 = JURIS-Dokument Rdnr. 6, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. September 2011 – L 13 AS 4950/10 – ZFSH/SGB 2012, 91 = JURIS-Dokument Rdnr. 36, LSG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012 – L 4 AS 126/10 – JURIS-Dokument Rdnr. 20; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Januar 2014 – L 34 AS 1036/13 – ZFSH/SGB 2014, 174 = JURIS-Dokument Rdnr. 21; Meyerhoff, a. a. O.; Schoch, in: Münder [Hrsg.], SGB II [5. Aufl., 2013], § 60 Rdnr. 2; Steinmeyer, a. a. O., Rdnr. 12 und 47; Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB II [Stand: Erg.-Lfg. IV/2013, Mai 2013], § 60 Rdnr. 17; so zu bereits zu der vergleichbaren Regelung in § 116 AFG: BSG, Urteil vom 16. August 1989 – 7 RAr 82/88SozR 4100 § 144 Nr. 1 [Leitsatz 1]; vgl. auch BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 87/09 RBSGE 107, 255 = SozR 4-4200 § 60 Nr. 1 [wo das Auskunftsverlangen in Form eines Verwaltungsaktes unbeanstandet gelassen wurde]; a. A.: Blüggel, a. a. O., Rdnr. 48; Estelmann, in: Estelmann [Hrsg.], SGB II [Stand: 40. Erg.-Lfg., Februar 2014], § 60 Rdnr. 39).

Unerheblich ist, dass die Aufforderung vom 23. Februar 2010 in Form eines Schreibens abgefasst ist. Denn grundsätzlich ist eine bestimmte Form für einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X nicht vorgeschrieben. Eine für den vorliegenden Fall maßgebende Sonderregelung gibt es nicht. Wenn ein Verwaltungsakt – wie vorliegend – schriftlich erlassen wird, ist in Bezug auf die Form lediglich erforderlich, dass er die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten muss (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB X). Diesen Anforderungen ist vorliegend genügt.

Ebenso wenig wird die Qualifizierung des Schreibens vom 23. Februar 2010 als Verwaltungsakt dadurch berührt, dass es mit "Mitteilung an Unterhaltspflichtige gemäß § 33 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)" überschrieben ist. Denn auf Seite 2 dieses Schreibens wird ausdrücklich ein öffentlich-rechtliches Auskunftsverlangen gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II neben dem auf Seite 1 geltend gemachten privatrechtlichen Auskunftsverlangen nach § 33 Abs. 1 Satz 3 SGB II i. V. m. § 1361 BGB geltend gemacht. Auch nur auf dieses "öffentlich-rechtliche Auskunftsverlangen" (hervorgehoben im Schreiben durch Fettdruck) bezieht sich die Rechtsbehelfsbelehrung am Ende des Schreibens.

Demgegenüber handelt es sich bei dem Schreiben vom 15. Dezember 2010 nicht um einen Verwaltungsakt. Denn es wurde weder eine neue Aufforderung zur Abgabe von Auskünften erlassen noch wurde die Aufforderung vom 23. Februar 2010 durch eine neue Regelung modifiziert. Es wurde noch nicht einmal diese Aufforderung wiederholt, was als wiederholende Verfügung keinen Verwaltungsakt darstellen würde (vgl. Engelmann, in: von Wulffen/Schütze, SGB X [8. Aufl., 2014], § 31 Rdnr. 32, m. w. N.). Bei dem Schreiben vom 15. Dezember 2010 handelt es sich lediglich um ein Erinnerungsschreiben, in dem die noch vorzulegenden Unterlagen aufgeführt sind.

2. Die Voraussetzungen für das an die Klägerin gerichtete Auskunftsverlangen ergeben sich aus § 60 Abs. 2 Satz 1 Variante 1 SGB II. Ferner ist § 60 Abs. 2 Satz 3 SGB II zu beachten, wonach für die Feststellung einer Unterhaltsverpflichtung § 1605 Abs. 1 BGB anzuwenden ist. Daran gemessen erweist sich das streitige Auskunftsverlangen als rechtmäßig.

a) Der Beklagte ist der Auskunftsberechtigte. Er ist der zuständige Leistungsträger im Sinne von § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Wegen § 44b Abs. 1 Satz 2 SGB II ist er an die Stelle der dort genannten Agentur für Arbeit getreten.

b) Die Klägerin ist Auskunftspflichtige im Sinne von § 60 Abs. 2 Satz 1 Variante 1 SGB II.

Ihr zunächst dauernd getrennt lebender und später geschiedener Ehemann, J R , bezog Leistungen nach dem SGB II. Ferner war die Klägerin ihm gegenüber grundsätzlich unterhaltspflichtig. Dies ergibt sich für die Zeit des dauernden Getrenntlebens aus § 1361 BGB und für die Zeit ab der Scheidung aus § 1569 Satz 2 BGB i. V. m. §§ 1570 ff. BGB. Schließlich war eine etwaige Unterhaltspflicht der Klägerin gegenüber J R geeignet, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II, die an J R erbracht wurden, auszuschließen oder zu mindern. Denn tatsächlich geleistete Unterhaltszahlungen sind zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Nicht erfüllte Unterhaltsansprüche können einen Erstattungsanspruch nach Maßgabe von § 33 SGB II zur Folge haben.

Der Auskunftspflicht der Klägerin steht nicht entgegen, dass der in § 60 Abs. 2 Satz 3 SGB II für die Feststellung einer Unterhaltsverpflichtung für anwendbar erklärte § 1605 Abs. 1 BGB nur Verwandte in gerader Linie betrifft. Gemäß § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Verwandte in gerader Linie einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Die Bezugnahme auf § 1605 Abs. 1 BGB betrifft jedoch nur die Feststellung der Unterhaltsverpflichtung, das heißt den Umfang der Mitwirkungspflicht. Hingegen wird der Kreis der Auskunftspflichtigen in § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II festgelegt. Dort sind aber unterschiedlos alle, die auf Grund familienrechtlicher Regelungen unterhaltspflichtig sind, erfasst (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. Januar 2007 – L 1 AS 12/06 – JURIS-Dokument Rdnr. 16; Sächs. LSG, Urteil vom 13. Februar 2014 – L 7 AS 34/10 – JURIS-Dokument Rdnr. 23; Meyerhoff, a. a. O., Rdnr. 47; a. A. Steinmeyer, a. a. O., Rdnr. 33). Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass Partner eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (seit 1. April 2011: erwerbsfähigen Leistungsberechtigten) in der Auskunftsregelung des § 60 Abs. 4 SGB II gesondert angesprochen sind. Denn § 60 Abs. 4 SGB II ist keine Sonderregeung zu § 60 Abs. 2 Satz 1 Variante 1, Abs. 2 Satz 3 SGB II, sondern hat einen ganz anderen Regelungszweck. Diesbezüglich hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 24. Februar 2011 klargestellt, dass die Auskunftsverpflichtung nach § 60 Abs. 4 SGB II auf der Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen zwei Partnern beruht und sich unmittelbar auf die Feststellung des Leistungsanspruchs und gegebenenfalls dessen Höhe auswirkt. Demgegenüber setzt die Anwendung von § 60 Abs. 2 Satz SGB II ein Unterhaltsrechtsverhältnis voraus und berührt den SGB II-Leistungsanspruch nur mittelbar. Die Feststellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse dient der Prüfung von Unterhaltsverpflichtungen, um entweder auf die gerichtliche Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen im Wege der Selbsthilfe zu verweisen oder einen Erstattungsanspruch nach § 33 SGB II geltend zu machen (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 87/09 RBSGE 107, 255 = SozR 4-4200 § 60 Nr. 1 = JURIS-Dokument Rdnr. 18).

c) Voraussetzung für eine Auskunftspflicht ist das "Verlangen" der zuständigen Behörde. Ob das Verlangen eine Entstehungsvoraussetzung (so z. B. Meyerhoff, a. a. O., Rdnr. 30; Voelzke, a. a. O., Rdnr.16) ist oder ob die Auskunftspflicht ab Antragstellung kraft Gesetzes besteht, jedoch erst mit dem Auskunftsverlangen fällig wird (so z. B. Blüggel, a. a. O., Rdnr. 11; Steinmeyer, a. a. O., Rdnr. 23), ist streitig. Jedenfalls trifft den zur Auskunft verpflichteten Dritten, hier die Klägerin, keine eigene Mitwirkungspflicht, insbesondere nicht die Pflicht, von sich aus an den Leistungsträger herantreten zu müssen.

(1) Ein Auskunftsverlangen stellte die ARGE L mit Bescheid vom 23. Februar 2010. Dieses konnte, wie oben ausgeführt wurde (siehe 1.), durch Verwaltungsakt geschehen.

(2) Das Auskunftsverlangen ist auch inhaltlich hinreichend bestimmt im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X.

Das Bundessozialgericht fordert für die inhaltlich hinreichende Bestimmtheit im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X, dass aus dem Verfügungssatz für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, was die Behörde regelt (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 30. August 2001 – B 4 RA 114/00 RSozR 3-2600 § 149 Nr. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 25; BSG, Urteil vom 28. März 2013 – B 4 RA 59/12 R – SozR 4-1300 § 45 Nr. 13 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 RA 89/12 R – SozR 4-4200 § 11 Nr. 62 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 15). Die Beteiligten müssen ihr Verhalten danach ausrichten können (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 30/09 R –- SozR SGB 2010, 84 = JURIS-Dokument Rdnr. 16). Aus dem Auskunftsersuchen im Sinne von § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II muss sich danach die Person des Auskunftsverpflichteten ergeben, es muss die Tatsachen bezeichnen, auf die sich das Auskunftsverlangen erstreckt sowie die Bedeutung dieser Tatsachen für die beantragte oder bereits gewährte Leistung (vgl. Meyerhoff, a. a. O., Rdnr. 32, 85).

Diesen Anforderungen genügt das Auskunftsverlangen vom 23. Februar 2010.

Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Klägerin als Auskunftsverpflichtete angesprochen ist. Welche Auskünfte und welche Belege gefordert werden, ergibt sich aus dem Fragebogen, der dem Bescheid vom 23. Februar 2010 beigefügt war und auf den in dem Bescheid unter Hervorhebung in Fettdruck verwiesen wird. Die noch ausstehenden Angaben und Belege wurden im Schreiben vom 15. Dezember 2010 nochmals aufgelistet. Rechtsgrundlage für die Forderung, Belege vorzulegen, ist § 60 Abs. 2 Satz 3 SGB II i. V. m. § 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB. Auch diesbezüglich besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

Schließlich ergibt sich jedenfalls aus dem Widerspruchsbescheid vom 24. März 2011, der dem Bescheid vom 23. Februar 2010 seine endgültige Gestalt gegeben hat (vgl. § 95 SGG), die Bedeutung der geforderten Tatsachen für die J R bereits gewährten Leistungen (vgl. hierzu Meyerhoff, a. a. O., Rdnr. 47; Steinmeyer, a. a. O., Rdnr. 19). Mit noch hinreichender Deutlichkeit kann ein verständiger, objektiver Erklärungsempfänger (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 20/09 RBSGE 105, 194 ff. = SozR 4-4200 § 31 Nr. 2 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 13, m. w. N.; BSG, Urteil vom 10. Juli 2012 – B 13 R 85/11 R –SozR 4-2600 § 96a Nr. 14 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 25, m. w. N.; Engelmann, in: von Wulffen/Schütze, SGB X [8. Aufl., 2014], § 33 Rdnr. 7, m. w. N.) erkennen, dass ein etwaiger zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch von J R gegen die Klägerin Auswirkungen auf seinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes haben kann, dass der Beklagte die Aufgabe hat, dies zu prüfen, und dass der Beklagte hierbei auf die Mitwirkung der Klägerin angewiesen ist.

Soweit sich das Auskunftsverlangen auf die Unterhaltunterhaltspflicht zwischen Ehegatten bezieht, muss in dem Auskunftsverlangen nicht danach unterschieden werden, ob es sich um Familienunterhalt gemäß § 1360 BGB, Trennungsunterhalt gemäß § 1361 BGB oder Scheidungsunterhalt aus § 1569 BGB handelt. Denn bei einem Auskunftsverlangen nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II geht es, wie bereits ausgeführt wurde, zunächst nur darum, die SGB II-Behörde in die Lage zu versetzen, prüfen zu können, ob der erwerbsfähige Hilfebedürftige auf die gerichtliche Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen im Wege der Selbsthilfe verwiesen werden kann, und ob eine gerichtliche Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs möglich und sinnvoll ist (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 87/09 RBSGE 107, 255 = SozR 4-4200 § 60 Nr. 1 = JURIS-Dokument Rdnr. 18; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Januar 2014 – L 34 AS 1036/13 – ZFSH/SGB 2014, 174 = JURIS-Dokument Rdnr. 25). Erst wenn ein nach § 33 SGB II übergegangener Unterhaltsanspruch von der SGB II-Behörde gegenüber der unterhaltspflichtigen Person geltend gemacht werden soll, muss klargestellt werden, welcher der verschiedenen Unterhalte oder welcher Auskunftsanspruch geltend gemacht wird. Denn sowohl die Anspruchsgrundlage für die verschiedenen Unterhalte als auch für Auskunftsbegehren sind unterschiedlich. Der Auskunftsanspruch in Bezug auf Trennungsunterhalt ergibt sich aus § 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB i. V. m. § 1605 BGB, der in Bezug auf Scheidungsunterhalt aus § 1580 BGB i. V. m. § 1605 BGB. Für eine Auskunft in Bezug auf den Familienunterhalt gibt es keine ausdrückliche Regelung. Der Bundesgerichtshof leitet aus der Verpflichtung der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft ihren wechselseitiger Anspruch, sich über die für die Höhe des Familienunterhalts maßgeblichen finanziellen Verhältnisse zu informieren, ab (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2010 – XII ZR 124/08BGHZ 186, 13 = NJW 2011, 226 = FamRZ 2011, 21, jeweils Leitsatz 1).

Die Festlegung auf eine bestimmte Unterhaltsart wird zu dem Zeitpunkt, zu dem die SGB II-Behörde ein Auskunftsverlangen nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II an den möglichen Unterpflichtigen richtet, im Einzelfall noch gar nicht möglich sein. So verfügt die SGB II-Behörde, wie dem Senat aus zahlreichen Verfahren bekannt ist, oftmals nicht über die Kenntnisse hinsichtlich der aktuellen persönlichen und familiären Verhältnisse eines Antragstellers oder Leistungsempfänger, obwohl dieser gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) zu Mitteilung verpflichtet ist. Auch kann beispielsweise die Selbsteinschätzung der Eheleute, ob eine Trennung vom Ehegatten vorliegt, von der rechtlichen Bewertung, ob eine Trennung im Sinne von § 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 6. Dezember 2012 – L 3 AS 720/10 – JURIS-Dokument Rdnr. 45 ff.) gegeben ist, abweichen.

Die Klägerin erleidet durch ein allgemein gehaltenes Auskunftsverlangen in diesem Sinne keine Rechtsbeeinträchtigung. Da es ihr hinreichend erkennbar ist, dass die Auskünfte in Bezug auf Unterhaltsansprüche, die auf einer bestehenden oder beendeten ehelichen Lebensgemeinschaft fußen, verlangt werden, kann sie alle Tatsachen und Gesichtspunkte vortragen, die aus ihrer Sicht entscheidungserheblich sind und die, sofern eine Unterhaltspflicht bestritten werden soll, dem Grunde nach einer Unterhaltspflicht entgegenstehen können.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 24. Februar 2011. Danach kann die Rechtsgrundlage für das Auskunftsverlangen nicht im gerichtlichen Verfahren ausgetauscht werden. In dem entschiedenen Fall konnte das Auskunftsverlangen nicht anstelle von § 60 Abs. 4 SGB II auf § 60 Abs. 2 SGB II gestützt werden (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 87/09 RBSGE 107, 255 = SozR 4-4200 § 60 Nr. 1 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 15 ff.). Im Falle der Klägerin wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt die Rechtsgrundlage ausgewechselt. Rechtsgrundlage für das Auskunftsverlangen war stets § 60 Abs. 2 Satz1 SGB II.

Eine Beschränkung des an die Klägerin gerichteten Auskunftsverlangens auf den Trennungsunterhalt oder den Geschiedenenunterhalt ergibt sich auch nicht ausnahmsweise aus dem Bescheid vom 23. Februar 2010 oder dem Widerspruchsbescheid vom 28. März 2011 (so bereits Sächs. LSG, Beschluss vom 7. mai 2013 – L 3 AS 534/12 B PHK – JURIS-Dokument Rdnr. 18). Im Aufforderungsschreiben ist auf Seite 2 hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Auskunftsverlangens "§ 60 SGB II" angegeben; eine Beschränkung des Auskunftsverlangens auf eine bestimmte Unterhaltsart findet sich nicht im Text. Im Verfügungssatz des Widerspruchsbescheides wird der Widerspruch als unbegründet zurückgeswiesen; der Hinweis auf die Regelungen zum Unterhalt bei geschiedenen Ehegatten ist nur in der Bescheidbegründung enthalten.

d) Die vom Beklagten geforderte Auskunft war zur Durchführung der Aufgaben nach dem SGB II im Sinne von § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II erforderlich.

Für die Erforderlichkeit in diesem Sinne ist eine Güterabwägung zwischen dem Auskunftsinteresse des Leistungsträgers einerseits und den schutzwürdigen Persönlichkeitsinteressen des Auskunftsverpflichteten andererseits. Der Auskunftsanspruch besteht daher nicht, wenn der Leistungsträger über die gewünschten Informationen bereits verfügt oder sie auch auf einfachere Weise beschaffen kann. Ebenso kann der Leistungsträger keine Auskunft verlangen, wenn feststeht, dass die Auskunft den Leistungsanspruch nicht (mehr) beeinflussen kann, weil er aus anderen, insbesondere rechtlichen Gründen nicht besteht. Schließlich ist das Auskunftsverlangen auch dann rechtswidrig, wenn feststeht, dass der behauptete Unterhaltsanspruch aus anderen Gründen als der mangelnden Leistungsfähigkeit des auf Auskunft in Anspruch Genommenen unabhängig von dessen Einkommen oder Vermögen nicht gegeben ist (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. Januar 2007 – L 1 AS 12/06 – JURIS-Dokument Rdnr. 18; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Januar 2014 – L 34 AS 1036/13 – ZFSH/SGB 2014, 174 = JURIS-Dokument Rdnr. 23; Blüggel, a. a. O., Rdnr. 38 ff., m. w. N.; Meyerhoff, a. a. O., Rdnr. 50; Schoch in LPK-SGB II a. a. O. § 60 Rdnr. 18 f.;)

(1) Die ARGE L und später der Beklagte verfügten nicht über die erforderlichen Tatsachenkenntnisse. Sie konnten sie sich auch nicht einfacher beschaffen. Zwar sind Sozialdaten, zu denen auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisses zählen (vgl. Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X [8. Aufl., 2014], § 67 Rdnr. 7), vorrangig beim Betroffenen zu erheben (vgl. § 67a Abs. 2 Satz 1 SGB X). Nachfragen bei J R , dem Leistungsempfänger, zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Klägerin waren jedoch ungeeignet, wie sich aus dem in der Verwaltungsakte befindlichen Schriftsatz der Kanzleikollegin des Klägerbevollmächtigten vom 29. Oktober 2009 an die Stadt L in einer Vollstreckungsangelegenheit entnehmen ließ. Sie gab ab, dass die Klägerin von ihrem Ehemann getrennt lebe, keinen Zugang mehr zu dem von ihm bewohnten Grundstück habe und auch keine Kenntnis über die an ihn gesandte Post habe. Auskunftsansprüche, die die SGB II-Behörde gegenüber Dritten in Bezug auf Antragsteller oder Leistungsempfänger hat (vgl. §§ 56 ff. SGB II), bestehen nicht in Bezug auf Ehegatten und Familienangehörige, die ihrerseits nur gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II auskunftspflichtig sind.

(2) Die Erforderlichkeit und damit die Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II setzt nicht voraus, dass dem (früheren) Ehegatten, der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes beantragt oder bezieht, ein Unterhaltsanspruch auch zusteht.

Zu der Auskunftsregelung in § 144 Abs. 3 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG), die der in § 60 Abs. 2 Satz 3 SGB II entsprach, hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 16. August 1989 ausgeführt, dass die Auskunftspflicht nicht voraussetze, dass eine Pflicht des zur Auskunft Inanspruchgenommenen, dem Antragsteller Leistungen zu erbringen, schon feststeht. Denn die Auskunft solle es gerade der Beklagten ermöglichen, eine Leistungspflicht des zur Auskunft Verpflichteten zu beurteilen, soweit die Leistungspflicht von dessen Einkommen und Vermögen abhängig ist. Insbesondere für die Feststellung einer Unterhaltsverpflichtung gelte, dass die Auskunftsverpflichtung grundsätzlich nicht voraussetze, dass die Unterhaltsverpflichtung bereits feststehe. Denn der in § 144 Abs. 3 Satz 2 AFG in Bezug genommene § 1605 Abs. 1 BGB solle es Verwandten gerade ermöglichen, sich vor der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen oder ihrer Abwehr Gewissheit über die gegenseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu verschaffen, um die Geltendmachung unbegründeter und überhöhter Unterhaltsansprüche oder unbegründeter Einwendungen von vornherein zu verhindern (vgl. BSG, Urteil vom 16. August 1989 – 7 RAr 82/88SozR 4100 § 144 Nr. 1 S. 5 = JURIS-Dokument Rdnr. 26). In ähnlicher Weise hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Auskunftsvorschrift in § 116 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) geäußert. Es sei Zweck dieser Regelung, dem Sozialhilfeträger erst die Prüfung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang der Nachrang der Sozialhilfe durch Inanspruchnahme Dritter hergestellt werden könne. Dieser Zweck gebiete es, als "Unterhaltspflichtige" dieser Regelung alle Personen anzusehen, die als Unterhaltsschuldner in Betracht kommen, das heißt nicht offensichtlich ausscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1993 – 5 C 22/90BVerwGE 91, 375 [377] = JURIS-Dokument Rdnr. 8).

Ein entsprechender Zweck wird mit der Auskunftsregelung in § 60 Abs. 2 Satz SGB II verfolgt. Die Auskunft soll zur Aufklärung des Sachverhaltes beitragen (vgl. Blüggel, a. a. O., Rdnr. 20, m. w. N.). Aus diesem Grund besteht die Auskunftspflicht, solange eine Unterhaltspflicht nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. Januar 2007 – L 1 AS 12/06 – JURIS-Dokument Rdnr. 21; LSG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012 – L 4 AS 126/10 – JURIS-Dokument Rdnr. 21; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Januar 2014, a. a. O.; Blüggel, a. a. O., Rdnr. 20; Meyerhoff, a. a. O., Rdnr. 50; Steinmeyer, a. a. O., Rdnr. 31).

Eine Unterhaltspflicht ist nur ausgeschlossen, wenn entweder die tatbestandliche Begrenzung des Unterhaltsanspruches überschritten sind oder die Voraussetzungen für die Versagung des Unterhalts (z. B. § 1361 Abs. 3 BGB i. V. m. § 1579 BGB, § 1579 BGB) vorliegen. Bereits die Möglichkeit, einen Unterhalt beschränken, herabsetzen oder zeitlich begrenzen zu können (z. B. § 1361 Abs. 3 BGB i. V. m. § 1579 BGB, § 1578b BGB, § 1579 BGB), wird regelmäßig nicht ausreichen, den offensichtlichen Ausschluss einer Unterhaltspflicht begründen zu können.

In diesem Sinne liegt hier kein Fall der Negativevidenz vor. Aus den vorliegenden Unterlagen ist diesbezüglich nichts zu entnehmen. Die Klägerin trug mit Schriftsatz vom 10. März 2010 lediglich vor, dass sie für Unterhaltszahlungen an J R nicht leistungsfähig sei. Der Umfang der Leistungsfähigkeit und damit einer etwaigen Unterhaltspflicht soll aber auf Grund der eingeforderten Auskünfte erst geprüft werden. Auch soweit im Widerspruchsbescheid vom 24. März 2011 ein Vergleich vom 10. Oktober 2010 zum gegenseitigen Verzicht auf Unterhaltsansprüche erwähnt ist, hat dieser nicht einen offensichtlichen Ausschluss der Unterhaltspflicht der Klägerin zur Folge. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob in dem Vergleich eine Notklausel (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1993, a. a. O.) vereinbart wurde oder nicht (vgl. hierzu LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. Dezember 2007 – L 19 B 130/07 ASFamRZ 2008, 929 = Breithaupt 2008, 353 = JURIS-Dokument Rdnr. 7). Denn ein Unterhaltsverzicht kann gemäß § 138 BGB unwirksam sein, wenn die Parteien dadurch in vorhersehbarer Weise die Unterstützungsbedürftigkeit durch die Sozialhilfe herbeiführen, es sei denn, dass besondere Umstände den Verzicht rechtfertigen (vgl. hierzu z. B. Armbrüster, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 1 [6. Aufl., 2012], § 138 Rdnr. 45 und 63, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung. des Bundesgerichtshofes). Entsprechendes gilt für die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. Dezember 2007, a. a. O.; Meyerhoff, a. a. O., Rdnr. 51). Ob vorliegend die Voraussetzungen für eine Unwirksamkeit des Unterhaltsverzichtes gegeben sind, ist klärungsbedürftig. Insoweit wird unter anderem auch zu berücksichtigen sein, dass sich der Ehemann der Klägerin bereits zuvor im Leistungsbezug bei der ARGE L befand, und dass die Klägerin etwa 7 ½ Monate vor dem erwähnten Vergleich vom 10. Oktober 2010 das Auskunftsverlangen der ARGE L erhalten hatte.

(3) Es ist auch unerheblich, ob die Klägerin eine etwaige Unterhaltspflicht gegenüber J. R tatsächlich erfüllt. Denn § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II stellt im Gegensatz zu § 60 Abs. 1 SGB II nicht auf die Leistungserbringung, sondern lediglich auf die Leistungspflicht ab (vgl. Meyerhoff, a. a. O., Rdnr. 46; Steinmeyer, a. a. O., Rdnr. 25).

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Weder die Klägerin noch der Beklagte gehören zu den in § 183 SGG genannten Personen, für die Kostenfreiheit hinsichtlich der Gerichtskosten besteht (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 87/09 RBSGE 107, 255 = SozR 4-4200 § 60 Nr. 1 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 25).

III. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

IV. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 1 und 2 und § 47 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Für den Wert des Auskunftsverlangens wurde in Ermangelung genügender Anhaltspunkte der Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR gemäß § 52 Abs. 2 GKG zugrunde gelegt (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011, a. a. O., jeweils Rdnr. 26). Das Gericht konnte gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des GKG den Beschluss des Sozialgerichtes Leipzig vom 11. Mai 2012 ändern und den Streitwert auch dür das Klageverfahren auf 5.000,00 EUR festsetzen.

Dr. Scheer Höhl Atanassov
Rechtskraft
Aus
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