L 11 AS 254/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 1127/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 254/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Übernahme einer Heizkostennachzahlung als (einmalige) Kosten der (Unterkunft und) Heizung
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 17.12.2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Erstattung von Heizkosten für den Zeitraum von Februar bis April 2010.

Der Kläger bezieht seit Oktober 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). In der Zeit bis November 2013 bewohnte er eine Ein- Zimmer- Wohnung am Flügelbahnhof in Kronach. Die Wohnung war mit Erdgas beheizt, die Warmwasserbereitung erfolgte dezentral.

Auf der Grundlage der Jahresrechnung seines Energieversorgers vom 21.03.2009 hatte der Kläger für die Belieferung mit Gas zu Heizzwecken Vorauszahlungen in Höhe von monatlich 49.- EUR erbringen. Diese waren von April 2009 bis Januar 2010 jeweils bis zum 15. des Monats fällig. Im Hinblick auf diese Verpflichtung bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 30.10.2009 Alg II für den Zeitraum vom 01.11.2009 bis 30.04.2010 und berücksichtigte hierbei für die Kosten der Heizung einen monatlichen Betrag in Höhe von 40,83 EUR. Bei einer Verteilung auf zwölf Monate ergebe sich dieser Anspruch ausgehend von der Jahresrechnung vom 21.03.2009, wonach 10 Abschläge in Höhe von 49.- EUR zu zahlen seien (49.- EUR x 12 Monate / 10 Monate). Mit der nachfolgenden Jahresabrechnung vom 06.03.2010 erhöhte der Energieversorger die monatlichen Abschläge auf 52.- EUR, die für die Zeiträume von April 2010 bis Januar 2011 zu zahlen gewesen seien. Für die Monate Februar und März 2010 war keine Forderung von Abschlägen ausgewiesen. Hierauf bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeiträume ab dem 01.05.2010 Alg II (zuletzt Bescheid vom 17.09.2010 - Zeitraum 01.05.2010 bis 31.10.2010; Bescheid vom 26.10.2010 - Zeitraum 01.11.2010 bis 30.04.2011) und berücksichtigte die zu zahlenden Abschläge als Heizkosten in Höhe 52.- EUR monatlich.

Mit der Jahresabrechnung vom 19.03.2011 stellte der Energieversorger dem Kläger für die Zeit vom 02.02.2010 bis 14.03.2011 für die Belieferung mit Erdgas einen Betrag von 751,70 EUR in Rechnung. Nach Abzug der Vorauszahlungen in Höhe von 520.- EUR betrage die zum 15.04.2011 fällige Nachforderung 231,70 EUR. Zudem seien Kosten in Höhe von 5.- EUR wegen einer Mahnung vom 30.01.2011 zu entrichten.

Hierauf änderte der Beklagte mit drei Bescheiden vom 25.05.2011 die Leistungsbewilligungen für die Zeiträume vom 01.02.2010 bis 30.04.2010, vom 01.05.2010 bis 30.10.2010 und vom 01.11.2010 bis 30.04.2011 dahingehend ab, dem Kläger für die Zeit vom 02.02.2010 bis 28.02.2010 Alg II unter Berücksichtigung von Heizkosten in Höhe von 53,69 EUR, für den Zeitraum vom 01.03.2010 bis 28.02.2011 in Höhe von 55,54 EUR monatlich sowie für die Zeit vom 01.03.2011 bis 14.03.2011 in Höhe von 25,92 EUR zu bewilligen.

Mit streitigem Bescheid vom 25.05.2011 in Bezug auf den Bewilligungszeitraum vom 01.02.2010 bis 30.04.2010 teilte der Beklagte dem Kläger mit, aus den Differenzbeträgen der bislang bewilligten und der für den Zeitraum vom 02.02.2010 bis 14.03.2011 zu beanspruchenden Heizkosten errechne sich ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 80,69 EUR. Diesen Betrag zahlte der Beklagte - mit Einverständnis des Klägers - direkt an den Energieversorger zur Begleichung der Jahresrechnung vom 19.03.2011 aus. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid in Bezug auf den Zeitraum vom 01.02.2010 bis 30.04.2010 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2011 zurück.

Mit der hiergegen zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, es seien noch 161,38 EUR an Heizkosten zu zahlen. Unabhängig davon entstünden dadurch, dass der Beklagte die Strom- und Heizkosten unmittelbar an den Energieversorger überweise, Verzögerungen, so dass ihm Mahngebühren in Höhe von 78.- EUR entstanden seien. Mit Urteil vom 17.12.2013 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen. Der Kläger habe die Klage nicht fristgerecht erhoben. Die Sachbearbeiterin des Beklagten habe die Aufgabe zur Post am 04.08.2011 auf dem in der Akte verbliebenen Entwurf des Widerspruchsbescheids vermerkt. Nach der Fiktion des § 37 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gelte der Widerspruchsbescheid damit am 07.08.2011 als bekanntgegeben. Die Klageerhebung am 08.09.2011 wahre nicht die gemäß § 87 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) maßgebliche Klagefrist von einem Monat. Gründe für eine Wiedereinsetzung seien weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen.

Die vom Bayer. Landessozialgericht zugelassene Berufung hat der Kläger nicht begründet.

Er beantragt sinngemäß das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 17.12.2013 aufzuheben, den Bescheid vom 25.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2011 in Bezug auf den Bewilligungszeitraum vom 01.02.2010 bis 30.04.2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen weitere Heizkosten in Höhe von 161,38 EUR sowie Mahnkosten in Höhe von 78.- EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Das SG habe zutreffend entschieden.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene Berufung (§§ 143, 144, 145, 151 SGG) ist unbegründet. Das SG hat die Klage gegen den Bescheid vom 25.05.2011 idG des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2011 in Bezug auf den Leistungszeitraum vom 01.02.2010 bis 30.04.2010 zumindest im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage vor dem SG war zwar zulässig, aber unbegründet. Im streitgegenständlichen Leistungszeitraum hatte der Kläger keine weitergehenden Leistungsansprüche in Bezug auf die Bewilligung von Kosten der (Unterkunft und) Heizung, als die mit dem angefochtenen Bescheid zuerkannten.

Streitgegenstand ist allein der Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen für die Kosten der (Unterkunft und) Heizung hinsichtlich der Monate Februar, März und April 2010, denn mit der Geltendmachung des Nachzahlungsanspruches in Bezug auf die Heizkosten hat er den Streitstoff in zulässiger Weise auf die Höhe der gemäß § 22 Abs 1 SGB II zu beanspruchenden Leistungen beschränkt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 121/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 5).

Eine wesentliche Änderung iSd § 48 Abs 1 SGB X, die eine Anpassung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides vom 30.10.2009 und eine weitergehende Bewilligung von Alg II rechtfertigen würde, ist im streitgegenständlichen Leistungszeitraum nicht eingetreten. Eine Betriebskostennachforderung durch den Energieversorger in Bezug auf Heizkosten stellt zwar eine rechtserhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse dar, denn § 22 Abs 1 SGB II erfasst nicht nur laufende, sondern auch einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - BSGE 102, 194 ff). Eine derartige Änderung ist im streitigen Bedarfszeitraum aber nicht eingetreten. Eine Nachforderung, die in einer Summe - wie vorliegend zum 15.04.2011 - fällig geworden ist, kann entgegen der Entscheidung des Beklagten lediglich als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit berücksichtigt, nicht aber auf längere Zeiträume verteilt werden (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr.5). Nachzahlungen gehören nur zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 62/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr.38), der jedoch vorliegend außerhalb des streitgegenständlichen Zeitraumes (01.02.2010 bis 30.04.2010) liegt.

Unabhängig davon ist ein Rechtsgrund für eine weitergehende Bewilligung von Heizkosten für den Zeitraum vom 01.02.2010 bis 30.04.2010 insbesondere nicht für April 2010 zu erkennen. Grundsätzlich ergibt sich die Höhe der laufenden Leistungen für Heizkosten aus den Vorauszahlungsfestsetzungen des Energieversorgers, deren Angemessenheit zu vermuten ist, soweit keine Anhaltspunkte für ein unwirtschaftliches Verhalten vorliegen (vgl. Berlit in LPK- SGB II, 5. Aufl., § 22 Rn.101 mwN). Der Beklagte wäre im Anschluss an die Vorlage der Jahresrechnung vom 06.03.2010 zwar gehalten gewesen, in Abänderung des Bescheides vom 30.10.2009 die Alg II - Bewilligung anzupassen und die Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 52.- EUR monatlich bereits für April 2010 und nicht erst ab dem 01.05.2010, dem Zeitpunkt der Weiterbewilligung (Bescheid vom 17.09.2010) zu berücksichtigen. Dies kann im Ergebnis jedoch dahinstehen, denn der Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 25.05.2011 in Verkennung der Rechtslage im Ergebnis aber zutreffend, Heizkosten in Höhe des zumindest zustehenden Betrages von 52.- EUR (und darüber hinaus in Höhe von 55,54 EUR) für April 2010 bewilligt.

Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger für den Zeitraum vom 01.02.2010 bis 30.04.2010 weitergehende Leistungen zu bewilligen wären, sind daher nicht zu erkennen. Die Berufung ist zurückzuweisen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und folgt aus dem Unterliegen des Klägers.

Gründe, gemäß § 160 Abs 1 Nr.1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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