L 4 AS 83/14

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 8 AS 2088/11
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 83/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen werden zurückgewiesen.

Kosten sind in beiden Verfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird in beiden Verfahren nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger und Berufungskläger (im Weiteren: Kläger) wehren sich im Verfahren L 4 AS 83/14 gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten und Berufungsbeklagten (im Weiteren: Beklagter) für den Zeitraum von März bis Juni 2011, und im Verfahren L 4 AS 999/13 machen sie nach Ablehnung ihres Leistungsantrags die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Monate Juli und August 2011 geltend.

Der 1952 geborene Kläger und die 1955 geborene Klägerin sind verheiratet. Der Kläger zu 1 war bis Ende Mai 2011 erwerbstätig und erzielte ein monatliches Bruttoentgelt von 1.165,00 EUR. Ab 1. Juni 2011 bezog er Alg I in Höhe von 18,19 EUR täglich. Die Klägerin zu 2 erzielte aus einer Nebentätigkeit ein monatliches Nettoeinkommen von 156,91 EUR. Für den streitigen Zeitraum bewilligte der Beklagte ergänzende SGB II-Leistungen mit Änderungsbescheid vom 23. Juni 2011 u.a. für den Monat März 2011 in Höhe von 368,56 EUR (je 184,82 EUR), für die Monate April und Mai 2011 in Höhe von 373,22 EUR (je 186,61 EUR) sowie für den Monat Juni 2011 in Höhe von 505,73 EUR (252,87 EUR für den Kläger und 252,56 EUR für die Klägerin).

Bei Bearbeitung des Weiterbewilligungsantrags für den Zeitraum ab Juli 2011 fiel dem Beklagten aufgrund des Belegs über die Kfz-Haftpflichtversicherung auf, dass die Kläger offenbar anstelle des früheren Kfz nunmehr einen M. (115 kW EZ: 08.2009) besaßen. Mit Schreiben vom 23. Juni 2011 forderte er sie auf, weitere Angaben zum Vermögen und zum Autokauf zu machen. Daraufhin legten die Kläger am 6. Juli 2011 eine an den Kläger gerichtete Rechnung des Autohauses vom 10. Februar 2011 über den Verkauf eines "M." zum Gesamtpreis von 22.990 EUR vor. Auf dem Vertrag ist die Barzahlung des Kaufpreises am 11. Februar 2011 quittiert. Weiter legten sie folgendes Dokument vor:

"Schenkung

Wir, die Eheleute H. und E. B., schenken unserer Tochter und ihrem Ehemann, G. und M. M., den PKW M., der von uns bar bezahlt wird.

Die Schenkung des PKW ist erforderlich, da deren 19 Jahre alte PKW A. mit dem amtlichen Kennzeichen ... nicht mehr fahrbereit und schrottreif ist.

Wir sind über 80 Jahre alt und nicht mehr bei guter Gesundheit. Ich, H. B., bin stark gehbehindert (Endoprothese rechts und links) und auf Gehhilfen angewiesen. Wir sind auf die Hilfe unseres Schwiegersohnes angewiesen, der uns zu Ärzten, zum Einkaufen etc. fahren muss. Eine erneute Hüftoperation steht in Kürze an.

Da den Kindern kein Sparvermögen zur Verfügung steht, um sich ein Auto zu kaufen, schenken wir ihnen den PKW.

D., den 10.02.2011

Unterschriften

H. und E. B."

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 7. Juli 2011 hob der Beklagte gegenüber den Klägern zu 1 und 2 den Bewilligungsbescheid vom 23. Juni 2011 für den Zeitraum vom 1. März bis zum 30. Juni 2011 vollständig auf. Er stützte den Bescheid auf § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) und § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III). Gemäß § 50 SGB X habe der Kläger 810,37 EUR und die Klägerin 810,36 EUR zu erstatten. Zur Begründung führte er aus, die Schenkung eines Betrags von 22.990 EUR für den Kauf eines Pkws stelle Einkommen dar, das als einmalige Einnahme ab dem Monat nach dem Zufluss gemäß § 11 SGB II auf sechs Monate verteilt anzurechnen sei. Aufgrund des Einkommens seien die Kläger nicht hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II. Sie hätten Einkommen erzielt, das zum Wegfall des Anspruchs geführt habe. Zudem seien sie ihrer Verpflichtung aus § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I), alle leistungserheblichen Änderungen in den Verhältnissen mitzuteilen, zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen.

Mit Bescheid vom 7. Juli 2011 lehnte der Beklagte den Leistungsantrag für die Zeit ab 1. Juli 2011 ab. Aufgrund des anzurechnenden Einkommens aus der Schenkung – verteilt auf sechs Monate – seien die Kläger nicht hilfebedürftig.

Gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide legten die Kläger am 25. Juli 2011 und gegen den Ablehnungsbescheid am 1. August 2011 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, ihnen sei kein Bargeld, sondern ein Pkw geschenkt worden. Die Schenkung sei erforderlich gewesen, da der Kläger zur Fortführung seiner Erwerbstätigkeit ein Kfz benötigt habe und das bisherige Auto 19 Jahre alt und nicht mehr fahrbereit gewesen sei. Die betagten Schwiegereltern bzw. Eltern seien nicht mehr bei guter Gesundheit und auf einen Pkw zur Fortbewegung angewiesen. Das geschenkte Kfz werde sowohl von den Klägern als auch von den Eltern genutzt. Die Schenkung sei mit einer Gegenleistung verbunden gewesen. Sie hätten für Pflege, Betreuung und Beförderung der Eltern bzw. Schwiegereltern zu sorgen, sodass der Wert des Pkws nicht als Einkommen anzurechnen sei. Der Pkw sei allenfalls eine zweckgebundene Einnahme (Vermögen) im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II. Da eine Gegenleistung zu erbringen sei, müsse dieser Vermögenswert anrechnungsfrei bleiben.

Am 1. September 2011 nahm der Kläger wieder eine Erwerbstätigkeit auf, die mit 1.300 EUR brutto monatlich vergütet war. Mit Schreiben vom 31. August 2011 stellten die Kläger einen SGB II-Leistungsantrag für die Zeit ab September 2011, dem der Beklagte mit vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 16. September 2011 entsprach.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2011 wies der Beklagte den Widerspruch gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide als unbegründet zurück. Er führte aus, bei dem Pkw handele es sich um eine Einnahme in Geldeswert gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Eine Bewertung als Vermögen scheide aus, da die Schenkung während des Leistungsbezugs erfolgt sei. Gemäß § 11 Abs. 3 Satz SGB II sei der Betrag von 22.990 EUR als einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten aufzuteilen und im Zeitraum von März 2011 bis August 2011 iHv je 3.831,67 EUR monatlich zu berücksichtigen. Bei einem monatlichen Gesamtbedarf iHv 1.065,34 EUR bestehe – unabhängig vom erzielten Erwerbseinkommen – keine Hilfebedürftigkeit und mithin kein SGB II-Leistungsanspruch mehr. Die leistungserheblichen Verhältnisse hätten sich nach Erlass der maßgeblichen Bewilligungsentscheidungen geändert. Die Kläger hätten die leistungserhebliche Änderung erst verspätet mitgeteilt, obwohl sie hätten erkennen können, dass sich der Zufluss auf die Leistungshöhe auswirken würde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2011 wies der Beklagte den Widerspruch gegen die Ablehnung des Leistungsantrags für die Zeit ab Juli 2011 – unter Hinweis auf den zwischenzeitlich erlassenen Bewilligungsbescheid für die Zeit ab September 2011 – als unbegründet zurück. Aufgrund der einmaligen Einnahme im Februar 2011, die ab März für einen Zeitraum von sechs Monaten anzurechnen sei, bestehe bis Ende August 2011 kein Leistungsanspruch. Mit Ende des Verteilzeitraums stehe das Einkommen der Leistungsgewährung nicht mehr entgegen.

Am 10. November 2011 haben die Kläger beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) Klage gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide (Az.: S 8 AS 2088/11) und gegen die Leistungsablehnung (Az.: S 8 AS 2145/11) erhoben. Zur Begründung haben sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren vertieft. Da die Schenkung zweckgebunden und an eine Gegenleistung (Pflege, Betreuung, Beförderung) geknüpft gewesen sei, stelle sie kein zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 3 SGB II dar. Die zweckgebundene Zuwendung sei gemäß § 11a Abs. 5 SGB II nicht zu berücksichtigen. In einer "eidesstattlichen Versicherung" haben sie ausgeführt, der Kläger sei für seine Erwerbstätigkeit auf das Vorhandensein eines Pkw angewiesen.

Im Erörterungstermin des SG hat der Kläger erklärt, die Schwiegereltern hätten zuvor einen älteren R. besessen. Jetzt hätten sie – die Kläger – den M. und die Schwiegereltern keinen Pkw mehr. Er erledige Fahrten für den Schwiegervater, nutze den Pkw aber auch zu eigenen Zwecken. Er fahre damit zur Arbeit. Im Erörterungstermin haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu Protokoll erklärt.

Mit Urteil vom 30. September 2013 hat das SG die Klage gegen die Leistungsablehnung abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Pkw-Schenkung sei als einmalige Einnahme gemäß § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag bei der Berechnung des Leistungsanspruchs zu berücksichtigen. Der monatliche Teilbetrag von 3.831,66 EUR führe – unabhängig vom weiteren Einkommen der Kläger aus Erwerbstätigkeit – zu einem Entfallen des SGB II-Leistungsanspruchs in den Monaten Juli und August 2011. Gegen das ihnen am 21. Oktober 2013 zugestellte Urteil haben die Kläger am 20. November 2013 Berufung eingelegt (L 4 AS 999/13).

Im Verfahren gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide hat das SG am 16. Oktober 2013 darauf hingewiesen, zutreffende Rechtsgrundlage sei § 45 SGB X. Aufgrund des Zuflusses im Februar 2011 sei die Bewilligung vom 23. Juni 2011 von Anfang an rechtswidrig gewesen. Insoweit fehle es an einer Anhörung. Daraufhin hat der Beklagte unter dem 30. Oktober 2013 ein Anhörungsschreiben an die Kläger versandt und ausgeführt, die fehlerhafte Bewilligung vom 23. Juni 2011 sei erfolgt, weil die Kläger zumindest grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht hätten (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Sie hätten es unterlassen, die Einnahme aus der Schenkung unverzüglich mitzuteilen. Es sei auch davon auszugehen, dass ihnen die Fehlerhaftigkeit der Bewilligung bekannt gewesen sei (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). In der mündlichen Verhandlung des SG haben die Kläger erklärt, sie hätten auf das Anhörungsschreiben nicht geäußert. Der Beklagte hat bekundet, an seiner Entscheidung festzuhalten.

Mit Urteil vom 12. Dezember 2013 hat das SG die Klage gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine auf § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X gestützte Rücknahme der Bewilligungsentscheidung vom 23. Juni 2011 lägen vor. Dieser sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, da die Kläger im Zeitraum von März bis Juni 2011 ihren Lebensunterhalt aus dem zu berücksichtigenden Einkommen allein hätten sichern können und daher nicht hilfebedürftig gewesen seien. Bei der Schenkung des Pkw handele es sich um eine während des laufenden SGB II-Bezugs erzielte Einnahme in Geldeswert, die gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen sei. Es sei von einem Marktwert in Höhe des Kaufpreises auszugehen. Es komme nicht darauf an, ob die Eltern bzw. Schwiegereltern Bargeld zum Erwerb des Kfz oder den Sachwert als solchen geschenkt hätten. Die Angaben zur Gegenleistung bzw. zur zweckgebundenen Schenkung führten nicht zu einer anderen rechtlichen Einordnung. Die Anwendung von § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II scheitere, weil es sich bei der privaten Schenkung nicht um eine "aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck" erbrachten Leistung handele. Die Regelung des § 11a Abs. 5 SGB II, nach der Zuwendungen, die ein anderer erbringe, ohne hierzu rechtlich oder sichtlich verpflichtet zu sein, dann nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit ihre Berücksichtigung für den Leistungsberechtigten grob unbillig wäre, oder sie die Lage des Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussten, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären, helfe nicht weiter. Die Anrechnung der Schenkung sei nicht grob unbillig, weil der Kläger klargestellt habe, dass er – neben den Fahrten für die Schwiegereltern – den Pkw auch für eigene Zwecken nutze, u.a. um zur Arbeitsstelle zu gelangen. Darüber hinaus hätten die Kläger anstelle des bisherigen Pkw den wertvolleren M. erhalten und könnten mithin über einen wirtschaftlich deutlich höheren Wert verfügen. Selbst wenn der Pkw allein für Fahrten für die Schwiegereltern genutzt würde, komme eine grobe Unbilligkeit der Berücksichtigung als Einkommen nicht in Betracht, weil diese Fahrten auch mit einem weniger wertvollen Pkw durchgeführt werden könnten. Werde ein so hoher Wert zugewandt, sei damit keine alleinige Zweckbestimmung zu Gunsten der Eltern bzw. Schwiegereltern gegeben, sondern mit dem Zufluss eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage verbunden. Die Kläger könnten durch einen Verkauf jederzeit den Wert in Geld realisieren. Eine Vereinbarung mit den Eltern, nach der eine Verwertung des Pkw durch die Kläger ausgeschlossen sei, sei nicht vorgetragen worden und der schriftlichen Schenkungsvereinbarung nicht zu entnehmen. Durch die Zuwendung des Pkw werde die Lage der Kläger so günstig beeinflusst, dass daneben SGB II-Leistungen nicht mehr gerechtfertigt seien. Dies entspreche der Systematik des SGB II. Grundsicherungsleistungen würden nur dann erbracht, wenn eine anderweitige Bestreitung des Lebensunterhalts nicht möglich sei. Die einmalige Einnahme sei nach § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II auf sechs Monate gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit dem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. Dies führe zum Entfallen des Leistungsanspruchs im streitigen Zeitraum von März bis Juni 2011. Insoweit sei auf die zutreffenden Berechnungen des Beklagten zu verweisen. Auf Vertrauensschutz könnten sich die Kläger nicht berufen, denn sie hätten entweder die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidung gekannt oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. SGB II-Beziehern sei allgemein bekannt, dass die Leistungsgewährung maßgeblich von dem erzielten Einkommen der Bedarfsgemeinschaft abhänge. Daher habe es sich ihnen aufdrängen müssen, dass ein Zufluss mit einem Wert von 22.990 EUR für die Leistungsbewilligung relevant sein könne. Zudem lägen die Voraussetzungen von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X vor. Die Kläger hätten zwar nicht ausdrücklich unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht, sondern die Schenkung lediglich nicht mitgeteilt. Insoweit stehe das Unterlassen der Mitteilung leistungserheblicher Tatsachen dem aktiven Tun gleich; dies gelte insbesondere dann, wenn es dazu führe, dass frühere Angaben unrichtig bzw. unvollständig würden. Insoweit dränge sich die Mitteilung des erheblichen Zuflusses auf, um dem Beklagten die Möglichkeit der Prüfung der leistungsrechtlichen Relevanz zu geben. Dass der Beklagte seine Aufhebungsentscheidung nicht auf § 45 SGB X gestützt habe, führe nicht zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Bescheide, denn eine Umdeutung sei im gerichtlichen Verfahren möglich. Auch der anfängliche Anhörungsmangel wirke sich nicht aus, da gemäß § 41 Abs. 2 SGB X die erforderliche Anhörung nachgeholt worden sei.

Gegen das ihnen am 15. Januar 2014 zugestellte Urteil haben die Kläger am 13. Februar 2014 Berufung eingelegt (L 4 AS 83/14). Zur Begründung der Berufungen haben sie ihr Vorbringen aus den Klageverfahren vertieft. Sie seien nicht berechtigt gewesen, den Pkw zu verkaufen, um mit dem Erlös ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Schwiegereltern bzw. Eltern hätten Wert darauf gelegt, mit dem Komfort eines M. befördert zu werden. Nach ihrer Auffassung handele es sich nicht um eine Schenkung im Sinne von § 516 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die zu erbringenden Pflege- und Fahrleistungen stellten eine echte Gegenleistung dar, die das SG fehlerhaft außer Acht gelassen habe. Da der Wert des Pkw nicht als Einkommen angerechnet werden dürfe, seien sie weiterhin hilfebedürftig und hätten Anspruch auf SGB II-Leistungen. Auf Nachfrage der Berichterstatterin haben die Kläger ergänzend vorgetragen, der Vater der Klägerin habe den Pkw ausgesucht und für den Erwerb eine Geldanlage über 25.000 EUR gekündigt. Sie hätten das Geld nicht in die Hand bekommen. Die Mutter habe den Kaufpreis im Autohaus bar bezahlt. Da sie ohnehin einen neuen Pkw benötigt hätten und der Vater der Klägerin nicht mehr selbst habe fahren können, sei der Kläger als Halter eingetragen worden.

Im Erörterungstermin am 2. Dezember 2014 haben die Kläger ausgeführt, ihrer Ansicht nach sei ihnen kein Einkommen zugeflossen. Sie hätten einen Vermögensgegenstand erlangt. Üblicherweise würden Leistungsberechtigte aufgefordert, den Vermögensgegenstand zu verwerten. Dies sei nicht erfolgt. Da sie kein Geld erhalten hätten, habe sich ihre wirtschaftliche Lage nicht geändert. Sie hätten keine zusätzlichen Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts gehabt. Die Eltern hätten mit der Schenkung die Vorstellung verbunden, nunmehr von den Klägern zum Arzt und zu Besorgungen gefahren und gepflegt zu werden. Der Kläger bringe nunmehr mit dem Pkw regelmäßig die Klägerin zum Wohnort der Eltern, damit diese dort die Pflege besorge. Im Fall einer Verwertung des Pkws sei zu befürchten gewesen, dass die Eltern die Schenkung rückgängig gemacht hätten. Im Erörterungstermin haben die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Die Kläger beantragen nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

im Verfahren L 4 AS 999/13 das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 30. September 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 8. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Oktober 2012 aufzuheben, und den Beklagten zu verurteilen, ihnen für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. August 2011 SGB II-Leistungen in Höhe von monatlich 505,73 EUR zu gewähren, und im Verfahren L 4 AS 83/14 das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 12. Dezember 2013 und die Bescheide des Beklagten vom 7. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Oktober 2011 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt nach seinem Vorbringen in beiden Berufungsverfahren,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzlichen Urteile für zutreffend: Es sei nicht nur der alte, defekte Pkw durch einen neueren Wagen ersetzt, sondern ein hochwertiges Kfz angeschafft worden, das die wirtschaftliche Situation der Kläger deutlich verbessert habe. Daneben seien SGB II-Leistungen nicht gerechtfertigt (§ 11a Abs. 5 Nr. 2 SGB II). Es sei zu berücksichtigen, dass der Pkw auch für die Zwecke der Kläger genutzt werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der Beratung des Senats.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 1 in Verbindung mit. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung.

Die Berufungen der Kläger sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG erhoben worden. Sie sind auch statthaft gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Der Wert der Beschwer übersteigt für die Kläger jeweils 750 EUR. Im Verfahren L 4 AS 83/14 geht es um eine Leistungsaufhebung, die mit einer Erstattungsforderung von 1.620,73 EUR verbunden ist. Im Verfahren L 4 AS 999/13 ist eine Leistungsgewährung von insgesamt 1.011,46 EUR streitig.

Die Berufungen sind unbegründet. Die Urteile des SG sind nicht zu beanstanden. Die Kläger haben im Zeitraum von März bis August 2011 keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II. Deshalb war ihr Leistungsantrag für die Monate Juli und August 2011 (Az.: L 4 AS 999/13) abzulehnen. Zudem war der Beklagte zur Aufhebung der Leistungsbewilligung und Rückforderung der gewährten Leistungen für die Monate März bis Juni 2011 berechtigt (Az.: L 4 AS 83/14).

Das Vorbringen der Kläger im Berufungsverfahren, das dem zur Klagebegründung entspricht, ist nicht geeignet, zu einer von den erstinstanzlichen Urteilen abweichende rechtliche Bewertung des Sachverhalts zu gelangen. Daher verweist der Senat nach eigener Prüfung auf die zutreffenden Ausführungen in den angegriffenen Urteilen und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin: Die den Klägern im Februar 2011 zugeflossene Schenkung eines Pkw im Wert von 22.990 EUR ist – da sie während des SGB II-Leistungsbezuges erfolgte – als Einkommen zu betrachten. Die einmalige Einnahme ist auf einen Zeitraum von sechs Monaten gemäß § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II n.F. auf bzw. auf einen angemessenen Zeitraum gemäß § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V a.F. gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit dem entsprechenden Teilbetrag bei der Leistungsberechnung zu berücksichtigen. Die vom Beklagten vorgenommene Aufteilung auf einen Zeitraum von sechs Monaten ist nicht zu beanstanden und führt zum Wegfall der Bedürftigkeit in den streitbefangenen Monaten März bis Juni 2011 im Verfahren L 4 AS 83/14 sowie Juli und August 2011 im Verfahren L 4 AS 999/13.

Maßgeblich für die rechtliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidungen sind die Regelungen des SGB II über die leistungsmindernde Berücksichtigung von Einkommen in der bis zum 31. März 2011 und somit zum Zeitpunkt des Zuflusses im Februar 2011 geltenden Fassung von § 11 SGB II a.F. Indes ergibt sich auch nach der seit dem 1. April 2011 – insoweit ohne Übergangsregelung – geltenden Fassung der §§ 11 ff. SGB II n.F. keine andere rechtliche Bewertung. Zum Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II gehören nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. zuletzt: Urteil vom 20. Dezember 2011, Az.: B 4 AS 200/10 R, juris m.w.N.) grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die ein SGB II-Leistungsberechtigter nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält. Da es bei der Einordnung lediglich auf den Zuwachs beim Leistungsberechtigten ankommt, ist unerheblich, ob es sich um eine Geldzahlung oder um eine Sachzuwendung mit Geldeswert handelt. Die vorliegende Zuwendung eines Pkw aufgrund der Schenkung durch die Eltern bzw. Schwiegereltern unterliegt § 11 SGB II.

Der Zufluss des geschenkten Pkws am 11. Februar 2011 bei den Klägern ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Er stellt einen Vermögenszuwachs in Geldeswert dar. Da dieser Zufluss während des laufenden SGB II-Leistungsbezugs erfolgte, handelt es sich um Einkommen, das dem Grunde nach zur Sicherung des Lebensunterhalts zu verwenden war. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass sich der Sachwert des Pkw auf den entrichteten Kaufpreis belief. Der Pkw war auch als sog. bereites Mittel zur Deckung des Bedarfs geeignet. Denn üblicherweise sind Pkw kurzfristig, binnen weniger Tage, verwertbar. Möglichicherweise wäre der gewerbliche Verkäufer – ggf. mit einem Preisnachlass – bereit gewesen, den Pkw unmittelbar nach dem Verkauf zurückzunehmen.

Die Zuwendung des Pkw an die Kläger erfolgte endgültig und war nicht mit einer Rückgabeverpflichtung verbunden. Nach den Angaben der Kläger gab es keine Vereinbarung über eine Rückgabe des Kfz oder eine Rückzahlung dessen Werts. Die von den Eltern bzw. Schwiegereltern gefertigte "Schenkung" enthält keine entsprechenden Bestimmungen. Die Zuwendung erfolgte zum endgültigen Verbleib bei den Klägern.

Es handelt sich nicht um eine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II a.F. oder § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II n.F. Nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II a.F. (sowie entsprechend § 1 Abs. 1 Nr. 2 Alg II-V a.F.) waren zweckbestimmte Einnahmen, soweit sie einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienten, und sie die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussten, dass daneben SGB II-Leistungen nicht mehr gerechtfertigt wären, nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

Für § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II a.F. hat das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden, das zweckbestimmte Einkünfte auch auf privat-rechtlicher Grundlage begründet werden können (vgl. Urteil vom 18. Januar 2011, Az.: B 4 AS 90/10 R, juris RN 21). Eine auf privat-rechtlicher Grundlage erbrachte Leistung sei dann zweckbestimmt, wenn ihr eine bestimmte Zweckrichtung beigemessen sei. Aus der zugrundeliegenden Vereinbarung müsse sich objektiv ergeben, dass die Leistung für einen bestimmten Zweck verwendet werden solle (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011, a.a.O., RN 22; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. April 2012, Az.: L 12 AS 537/11, juris RN 34). Insoweit komme es darauf an, ob die streitige Leistung wie SGB II-Leistungen der Existenzsicherung des Begünstigten dient (vgl. BSG, Urteil vom 17. März 2009, Az.: B 14 AS 63/07 R, juris). Danach könnte die privatrechtliche Schenkung dann nicht als Einkommen anzurechnen sein, wenn ihr erkennbar eine bestimmte Zweckrichtung beigemessen wurde. Insoweit haben die Kläger vorgetragen, das zugewendete Kfz sei auch dazu bestimmt gewesen sei, die Eltern bzw. die Schwiegereltern zu befördern und es für deren Besorgungen zu nutzen. Zugleich räumen sie ein, den Pkw zur eigenen Nutzung erhalten zu haben. Aufgrund der Nutzung des Pkw für eigene, private Zwecke – wie die Fahrten des Klägers zur Arbeitsstelle und eigene Besorgungen – ist eine zweckbestimmte Einnahme im vorstehenden Sinne nicht mehr gegeben, da der Pkw zumindest auch dazu bestimmt gewesen ist, den Klägern den Alltag zu erleichtern. Der Pkw dient ihnen zur Beförderung im Rahmen ihrer allgemeinen Lebensführung und damit ihrem (auch vom SGB II anerkannten) Bedürfnis nach Mobilität (vgl. zur Geldschenkung zur Anschaffung eines Computers: SG Hamburg, Urteil vom 23. Januar 2012, Az.: S 6 AS 1815/11, juris RN 36). Weder dem Vorbringen der Kläger noch dem von den Eltern bzw. Schwiegereltern verfassten Dokument "Schenkung" ist die Vereinbarung eines gesonderten privat-rechtlichen Verwendungszwecks zu entnehmen. Aus Letzterem wird die Erwartung deutlich, der Pkw möge auch für Belange der Schenker eingesetzt werden. Ausdrücklich ist erklärt, dass die Zuwendung erfolgte, um den Klägern, die sich nach Auffassung der Eltern selber keinen neuen Pkw leisten konnten, die Lebensführung zu erleichtern. Der Umstand, dass den Klägern durch die Schenkung des hochwertigen Pkw im Ergebnis einen Lebensstandard verschafft wurde, der oberhalb der grundsicherungsrechtlichen Angemessenheitswerte liegt (Wert eines angemessenen Pkw 7.500 EUR), kann nicht dazu führen, die Zuwendung des Pkw als einen von den mit der Gewährung von SGB II-Leistungen verfolgten Zielen qualitativ abweichenden Zweck zu qualifizieren (vgl. auch BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011, Az.: B 4 AS 200/10 R, RN 17 juris). Legt man die im Zeitpunkt der Zuwendung noch geltende Regelung in § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II a.F. zugrunde, ist selbst bei Annahme einer privat-rechtlichen Zweckbestimmung zu berücksichtigen, dass der Pkw nicht allein oder überwiegend den Zwecken der Schenker (Beförderung) diente. Er wird ebenso zu Zwecken der Kläger genutzt und dient mithin allgemeinen Bedürfnissen.

Zudem ist die weitere Voraussetzung von § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II a.F. nicht erfüllt: Denn die Schenkung hat durch den verbundenen Vermögenszuwachs die wirtschaftliche Lage der Kläger so günstig beeinflusst, dass daneben eine Gewährung von SGB II-Leistungen nicht mehr gerechtfertigt war. Insoweit wird ergänzend auf die Ausführungen des SG in den angegriffenen Urteilen Bezug genommen. Denn auch die Fahrten für die Eltern hätten mit einem deutlich weniger werthaltigen Pkw ausgeführt werden können. Zudem waren die Kläger aus Rechtsgründen nicht gehindert, das Geschenk zu veräußern und einen angemessenen Pkw zu erwerben. Die Wertdifferenz wäre in ihrem Vermögen verblieben. Damit hat sich ihre wirtschaftliche Lage so deutlich verbessert, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht mehr im Sinne von § 11a Abs. 5 Nr. 2 SGB II gerechtfertigt waren. Nach § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II n. F. gibt es eine Privilegierung nur noch für zweckbestimmte Einnahmen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Diese sind nur insoweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach dem SGB II im Einzelfall demselben Zweck dienen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Mithin ergibt sich unabhängig davon, ob zur rechtlichen Bewertung auf den Zeitpunkt des Zuflusses am 11. Februar 2011 und damit auf § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II a.F. oder den Zeitpunkt der Behördenentscheidungen über die Einkommensanrechnungen am 7. Juli 2011 (Erlass Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, Leistungsablehnung für die Zeit ab Juli 2011) und 21. bzw. 24. Oktober 2011 (Erlass Widerspruchsbescheide) und damit auf § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II n.F. abzustellen ist, keine unterschiedliche Bewertung.

Gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II n.F. sind einmalige Einnahmen grundsätzlich in dem Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Eine vom Zufluss abweichende Berücksichtigung im Folgemonat ist gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II n.F. vorgesehen, wenn für den Zuflussmonat bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind. Dies war vorliegend der Fall. Gemäß § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II n.F. ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen, wenn der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung des Einkommens in einem Monat vollständig entfiele. Insoweit hat der Beklagte (letztlich zugunsten der Kläger) die ab April 2011 geltende Verteilregelung gewählt, die einen maximalen Verteilzeitraum von sechs Monaten vorsieht. Zuvor waren nach § 11 SGB II a.F. in Verbindung mit § 2 Abs. 2, Abs. 3 Satz 3 Alg II-V a.F. einmalige Einnahmen auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. Dabei war nach der Rechtsprechung des BSG ein Verteilzeitraum von maximal 12 Monaten möglich (BSG, Urteil vom 10. September 2013, Az.: B 4 AS 89/12 R, juris RN 22f.). Nunmehr beträgt der Verteilzeitraum feststehend sechs Monate, und im Unterschied zur früheren Rechtslage hat der Leistungsträger kein Ermessen mehr, abweichend einen kürzeren oder längeren Verteilzeitraum zu bestimmen. Insoweit ist der vom Beklagten gewählte Verteilzeitraum von sechs Monaten nicht zu beanstanden.

Dieser führt angesichts des erheblichen Werts des Pkw von mindestens 21.000 EUR dazu, dass ab März 2011 für die Dauer von sechs Monaten jeweils mindestens ein Betrag von 3.000 EUR als weiteres Einkommen der Kläger zu berücksichtigen war. Dies führt – unabhängig von den Erwerbseinkommen der Kläger – zu einem vollständigen Entfallen des SGB II-Leistungsanspruchs sowohl für die Monate März bis Juni 2011 (Aufhebungs- und Erstattungsbescheid) als auch für die Monate Juli und August 2011 (Leistungsablehnung). Denn sie waren in der Lage, ihren Bedarf in Höhe von zuletzt 1.065,34 EUR aus ihrem Einkommen zu decken. Der geschenkte Pkw stand auch im gesamten Verteilzeitraum im Eigentum der Kläger.

Dementsprechend war die mit Änderungsbescheid vom 23. Juni 2011 erfolgte Leistungsbewilligung für die Monate März bis Juni 2011 rechtswidrig. Im Verfahren L 4 AS 83/14 war der Beklagte gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X zur Rücknahme der Leistungsbewilligung für die vorgenannten Monate berechtigt. Insoweit ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte seine Bescheide fehlerhaft auf § 48 SGB X gestützt hatte. Denn das sog. Nachschieben von Gründen bzw. das Stützen des Bescheids auf eine andere Rechtsgrundlage ist zulässig, solange dadurch der Verwaltungsakt in seinem Wesensgehalt nicht geändert wird. Dies ist regelmäßig dann nicht der Fall, wenn – wie hier – die Aufhebung auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichtet ist (vgl. mit weit. Nachw.: BSG, Urteil vom 21. Juni 2011, Az.: B 4 AS 22/10 R, juris). Der Beklagte hat im erstinstanzlichen Verfahren eine Anhörung der Kläger nachgeholt (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X) mit der Folge, dass ein ggf. zunächst vorliegender Verfahrensmangel unbeachtlich geworden ist. Die Jahresfrist ist gewahrt. Ermessen hatte der Beklagte gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III nicht auszuüben.

Die Kläger können sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Unabhängig davon, ob sie die Rechtswidrigkeit des Änderungsbescheids kannten oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannten (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X), beruhte jedenfalls der begünstigende Verwaltungsakt auf Angaben, die sie als Begünstige vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hatten. Denn die Kläger hatten die durch die Zuwendung des Pkw eingetretene Veränderung in ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen dem Beklagten nicht angezeigt, obwohl sie dazu verpflichtet waren. Auch insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG im Urteil zum Verfahren S 8 AS 2088/11 (S. 10 bis 14) Bezug genommen und von einer erneuten Darstellung abgesehen.

Aufgrund der vollständigen Leistungsaufhebung für die Monate März bis Juni 2011 sind die zunächst bewilligten Leistungen in Höhe von insgesamt 1.620,73 EUR (Kläger zu 1: 810,37 EUR, Klägerin zu 2: 810,36 EUR) zurückzuzahlen. Die Erstattungsforderung beruht auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X und ist nicht nach § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB II um 56 % der KdU zu reduzieren, da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegen (§ 40 Abs. 4 Satz 2 SGB II).

In Ansehung der im Verfahren L 4 AS 999/13 streitigen Monate Juli und August 2011 ist aufgrund des anrechenbaren Teileinkommens von mindestens 3.000 EUR die Leistungsablehnung nicht zu beanstanden. Nach Anrechnung des Einkommens waren die Kläger auch in den beiden letzten Monaten des Verteilzeitraums nicht hilfebedürftig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf obergerichtlich geklärter Rechtsgrundlage.
Rechtskraft
Aus
Saved