S 5 AL 1322/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 1322/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Bei der Berechnung eines Anspruchs auf Berufsausbildungsbeihilfe ist das Einkommen der Eltern des Auszubildenden auch dann zu berücksichtigen, wenn vor Beginn des Bewilligungszeitraums über ihr Vermögen ein Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet wurde.
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe.

Der Kläger (geb. x.x.1990) wohnt in A., seine beiden Eltern wohnen in B ... Am 6.10.2014 hat er eine betriebliche Ausbildung zum Altenpfleger im G.-Haus C. aufgenommen. Der theoretische Unterricht erfolgt im Diakonischen Institut für soziale Berufe in A ...

Am 24.11.2014 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe.

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.2.2015 ab. Zur Begründung gab sie an, dem Kläger ständen die erforderlichen Mittel zur Deckung seines Gesamtbedarfs anderweitig zur Verfügung. Wegen der Details verwies sie auf einen beigefügten Berechnungsbogen.

Hiergegen legte der Kläger am 9.3.2015 Widerspruch ein. Er machte geltend, entgegen der Annahme der Beklagten stehe das Einkommen seiner Eltern der beantragten Leistung nicht entgegen: Beide Eltern hätten ihre Beschäftigung verloren und seien seit Januar 2015 arbeitslos. Außerdem befänden sich beide seit Januar 2013 in Privatinsolvenz; sie könnten ihm daher keinen Unterhalt zahlen. Seinem Widerspruch fügte er einen Antrag auf Aktualisierung gemäß § 67 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 24 Abs. 3 BAföG bei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.3.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung bekräftigte sie ihre Auffassung, wonach dem Kläger die erforderlichen Mittel zur Deckung seines Gesamtbedarfs anderweitig zur Verfügung ständen – und zwar auch bei einer Neuberechnung aufgrund seines Aktualisierungsantrags. Der Gesamtbedarf des Klägers betrage 797,33 EUR: Neben dem Grundbedarf (348 EUR) und dem Bedarf und Zusatzbedarf für Unterkunft (149 EUR zzgl. 75 EUR) seien Fahrkosten in Höhe von 225,33 EUR zu berücksichtigen. Die Strecke zwischen seiner Unterkunft und der Ausbildungsstätte in C. betrage 52 km. Bei fünf Fahrten pro Woche ergebe dies pro Monat den berücksichtigten Betrag (0,20 EUR x 52 km x 5 Tage x 13 Wochen: 3 Monate). Dem Gesamtbedarf des Klägers stehe sein Einkommen aus der Ausbildungsvergütung gegenüber; nach Abzug der Sozial- und Steuerpauschale seien hiervon monatlich 655,26 EUR anzurechnen. Hinzu komme das Einkommen seines Vaters, das im Jahr 2014 insgesamt 33.637,15 EUR betragen habe. Nach Abzug von Werbungskosten, Steuern und einer Sozialpauschale ergebe sich ein monatliches Einkommen in Höhe von 2.218,90 EUR. Unter Berücksichtigung der Freibeträge gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 1 BAföG (1.605 EUR) und § 25 Abs. 4 BAföG (306,95 EUR) seien hiervon 306,95 EUR anzurechnen. Zusammen mit dem Einkommen des Klägers betrage das anzurechnende Einkommen somit 962,21 EUR. Diese Summe reiche aus, um den Gesamtbedarf des Klägers in Höhe von 797,33 EUR zu decken.

Mit der am 21.4.2015 erhobenen Klage verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter. Er trägt vor, seine Mutter sei von November 2014 bis Juni 2015 arbeitslos gewesen. Zudem befänden sich seine Eltern in Privatinsolvenz; aufgrund dessen könnten sie ihn nicht finanziell unterstützen. Ihm sei in seinem Alter nicht mehr zuzumuten, bei seinen Eltern zu wohnen. Außerdem habe er eine nichteheliche Tochter, die ihn regelmäßig besuche. Zu berücksichtigen seien zudem seine erheblichen Fahrkosten: Die einfache Strecke betrage zur Ausbildungsstätte in C. 24 km und zum Diakonischen Institut in A. 10 km.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 12.2.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.3.2015 zu verpflichten, ihm die angemessenen Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf ihren Widerspruchsbescheid.

Im Rahmen eines Erörterungstermins am 14.9.2015 hat das Gericht den Kläger ergänzend angehört. Sowohl der Kläger als auch die Beklagte haben einer Entscheidung des Rechtsstreits durch Gerichtsbescheid zugestimmt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1) Das Gericht konnte gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden hierzu gehört.

2) Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe.

Ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe setzt u.a. voraus, dass dem Auszubildenden die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen (§ 56 Abs. 1 Nr. 3 SGB III).

Daran fehlt es hier: Der monatliche Gesamtbedarf des Klägers in Höhe von 797,33 EUR (dazu a) ist durch das anzurechnende Einkommen des Klägers in Höhe von 668,90 EUR sowie seiner Eltern in Höhe von 468,14 EUR (dazu b) vollständig gedeckt.

a) Zutreffend ist die Beklagte von einem Gesamtbedarf in Höhe von 797,33 EUR ausgegangen.

aa) Der Bedarf des Klägers für den Lebensunterhalt beträgt 572 EUR.

Ist der Auszubildende während der Berufsausbildung außerhalb des Haushalts der Eltern untergebracht, wird der jeweils geltende Bedarf für Studierende nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 BAföG zugrunde gelegt. Der Bedarf erhöht sich für die Unterkunft um 149 EUR monatlich. Soweit Mietkosten für Unterkunft und Nebenkosten nachweislich 149 EUR übersteigen, erhöht sich der genannte Bedarf um bis zu 75 EUR monatlich (§ 61 Abs. 1 SGB III).

Der Kläger wohnt außerhalb des Haushalts seiner Eltern. Seine Aufwendungen für Unterkunft und Nebenkosten betragen 450 EUR monatlich. Hieraus folgt ein Grundbedarf nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 BAföG (348 EUR) und ein Bedarf für die Unterkunft (149 EUR zzgl. 75 EUR), insgesamt 572 EUR.

bb) Darüber hinaus sind Fahrkosten in Höhe von 225,33 EUR zu berücksichtigen.

Fahrkosten sind grundsätzlich die Kosten für Fahrten zwischen Unterkunft, Ausbildungsstätte und Berufsschule (§ 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III). Für die Zeit des Berufsschulunterricht in Blockform wird ein Bedarf zugrunde gelegt, der für Zeiten ohne Berufsschulunterricht zugrunde zu legen wäre (§ 65 Abs. 1 SGB III).

Der Berufsschulunterricht des Klägers im Diakonischen Institut für soziale Berufe in A. findet in Blockform statt. Angesichts dessen ist hier nur auf die – längere – Fahrstrecke zur Ausbildungsstätte in C. abzustellen. Nach Angaben des Klägers beträgt diese Strecke 24 km, nach Angaben der Beklagten 26 km. Geht man zu Gunsten des Klägers von 26 km aus, ergibt sich der von der Beklagten errechnete Betrag in Höhe von 225,33 EUR (0,20 EUR x 52 km x 5 Tage x 13 Wochen: 3 Monate).

cc) Sonstige Aufwendungen sind nicht zu berücksichtigen – auch nicht solche nach § 64 Abs. 3 S. 1 SGB III.

Nach dieser Vorschrift werden bei einer Berufsausbildung als Bedarf für sonstige Aufwendungen die Kosten für die Betreuung der aufsichtsbedürftigen Kinder des Auszubildenden in Höhe von 130 EUR monatlich je Kind zugrunde gelegt. Allerdings können Betreuungskosten nur Berücksichtigung finden, wenn und soweit sie tatsächlich anfallen (Wagner in: NK-SGB III, 5. Aufl., § 64 Rdnr. 14).

Nach Angaben des Klägers im Erörterungstermin lebt seine sechsjährige Tochter hauptsächlich bei der Mutter. Er hole seine Tochter immer dann zu sich, wenn sich dies mit der Ausbildung vereinbaren lasse, also insbesondere am Wochenende und ggf. bei Frühschicht, so der Kläger. Der Kläger hat hingegen nicht vorgetragen, für die Betreuung seiner Tochter entständen ihm Aufwendungen; auch in der Verwaltungsakte der Beklagten gibt es dafür keine Anhaltspunkte

b) In der Summe übersteigt das anzurechnende Einkommen des Klägers (dazu aa) und seiner Eltern (dazu bb) seinen Gesamtbedarf.

aa) Das anzurechnende Einkommen des Klägers beträgt monatlich 668,90 EUR.

Auf den Gesamtbedarf ist u.a. das eigene Einkommen des Auszubildenden anzurechnen (§ 67 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Für die Anrechnung des Einkommens sind die Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum maßgebend (§ 67 Abs. 2 S. 1 SGB III i.V.m. § 22 Abs. 1 S. 1 BAföG). Der Bewilligungszeitraum umfasst in der Regel 18 Monate (§ 69 Abs. 1 S. 2 SGB III), beginnend mit Beginn desjenigen Monats, in dem die Leistungen beantragt worden sind (§ 325 Abs. 1 SGB III). Auf den Bedarf jedes Kalendermonats des Bewilligungszeitraums wird der Betrag angerechnet, der sich ergibt, wenn das Gesamteinkommen durch die Zahl der Kalendermonate des Bewilligungszeitraums geteilt wird (§ 67 Abs. 2 S. 1 SGB III i.V.m. § 22 Abs. 2 BAföG). Maßgebend ist das Einkommen des Auszubildenden, das zum Zeitpunkt der Antragstellung absehbar ist (§ 67 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB III).

Im vorliegenden Fall erstreckt sich der potentielle 18-monatige Bewilligungszeitraum vom 1.11.2014 – 30.4.2016. Das Ausbildungsentgelt des Klägers betrug zunächst 839,67 EUR pro Monat. Bereits bei Antragstellung war allerdings absehbar, dass sich das Ausbildungsentgelt im Bewilligungszeitraum erhöhen würde; denn laut Ausbildungsvertrag vom 6.10.2014 hat der Kläger mit Beginn des zweiten Ausbildungsjahres (also wohl ab dem 1.10.2015) einen Anspruch auf monatlich 902,64 EUR. Sein Einkommen im Bewilligungszeitraum beträgt daher insgesamt 15.554,85 EUR (11 x 839,67 EUR; 7 x 902,64 EUR).

Hiervon werden die für den Berechnungszeitraum zu leistende Einkommen- und Kirchensteuer abgezogen (§ 67 Abs. 2 S. 1 SGB III i.V.m. § 21 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 BAföG). Nach der zulässigen Verwaltungspraxis der Beklagten erfolgt ein Steuerabzug erst ab einer monatlichen Ausbildungsvergütung von 815,51 EUR – und dann pauschal in Höhe von 23 % (vgl. Wagner, a.a.O., § 67 Rdnr. 85). Abzuziehen sind demnach 201,44 EUR (11 x 5,56 EUR; 7 x 20,04 EUR).

Weiterhin abgesetzt werden die für den Berechnungszeitraum zu leistenden Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesagentur für Arbeit, und zwar pauschaliert in Höhe von 21,3 % des Gesamtbetrags (§ 67 Abs. 2 S. 1 SGB III i.V.m. § 21 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BAföG). Abzuziehen sind hier also 3.313,18 EUR.

Werbungskosten sind vom Einkommen des Auszubildenden nicht abzusetzen (§ 67 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB III).

Auch ein Freibetrag steht dem Kläger nicht zu. Denn die (bereinigte) Vergütung aus einem Ausbildungsverhältnis wird grundsätzlich voll angerechnet (§ 67 Abs. 2 S. 1 SGB III i.V.m. § 23 Abs. 3 BAföG). Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Anrechnungsfreiheit gemäß § 67 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III sind hier nicht erfüllt.

Das anzurechnende Einkommen des Klägers im Bewilligungszeitraum beläuft sich somit auf 12.040,23 EUR (15.554,85 EUR abzgl. 201,44 EUR und 3.313,18 EUR). Verteilt auf 18 Monate folgt daraus ein monatlicher Betrag in Höhe von 668,90 EUR.

bb) Zusätzlich anzurechnen ist elterliches Einkommen in Höhe von 468,14 EUR.

Auf den Gesamtbedarf des Auszubildenden ist auch das Einkommen seiner Eltern anzurechnen (§ 67 Abs. 1 Nr. 3 SGB III). Für die Anrechnung des elterlichen Einkommens sind grundsätzlich die Einkommensverhältnisse im vorletzten Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraums maßgebend (§ 67 Abs. 2 S. 1 SGB III i.V.m. § 24 Abs. 1 BAföG). Ist indes deren Einkommen im Bewilligungszeitraum voraussichtlich wesentlich niedriger als im vorletzten Kalenderjahr vor dessen Beginn, so ist auf besonderen Antrag des Auszubildenden bei der Anrechnung von den Einkommensverhältnissen im Bewilligungszeitraum auszugehen (§ 67 Abs. 2 S. 1 SGB III i.V.m. § 24 Abs. 3 S. 1 BAföG).

Einen solchen besonderen Antrag hat der Kläger gestellt. Abzustellen ist daher nicht auf das Einkommen seiner Eltern im vorletzten Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraums (also das Jahr 2012), sondern auf deren Einkommen im potentiellen Bewilligungszeitraum vom 1.11.2014 – 30.4.2016.

Vom Einkommen seines Vaters (dazu (1)) und seiner Mutter (dazu (2)) sind nach Abzug der gesetzlichen Freibeträge insgesamt 468,14 EUR anzurechnen (dazu (3)); das Einkommen bleibt nicht außer Betracht (dazu (4)).

(1) Das zu berücksichtigende Einkommen des Vaters beträgt im Bewilligungszeitraum pro Monat 1.668,34 EUR.

Vom 1.11. – 29.12.2014 hat er Insolvenzgeld in Höhe von insgesamt 6.355,64 EUR bezogen. Seit dem 1.2.2015 erhält er Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 1.578,30 EUR; der Anspruch endet mit dem 30.4.2016. Ausgehend hiervon beträgt sein Einkommen im Bewilligungszeitraum insgesamt 30.030,14 EUR (6.355,64 EUR zzgl. 15 x 1.578,30 EUR). Verteilt auf 18 Monate folgt daraus ein monatlicher Betrag in Höhe von 1.668,34 EUR.

(2) Das zu berücksichtigende Einkommen der Mutter beträgt im Bewilligungszeitraum pro Monat 872,94 EUR.

Auch sie hat vom 1.11. – 29.12.2014 Insolvenzgeld bezogen, und zwar insgesamt 1.853,58 EUR.

Vom 1.2. – 31.5.2015 erhielt sie Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 523,80 EUR, für vier Monate also 2.095,20 EUR.

Seit dem 1.6.2015 übt die Mutter des Klägers wieder eine Beschäftigung aus. Der Arbeitsvertrag ist befristet bis zum 31.12.2015. Ihr Bruttomonatsgehalt beträgt 2.192,50 EUR; hinzu kommen ggf. Sonderzahlungen und Zuschläge, z.B. für Nachtarbeit. Vorgelegt hat der Kläger bisher nur Lohnabrechnungen für die Zeit vom 1.6. – 31.8.2015. In diesen drei Monaten betrug das Bruttogehalt seiner Mutter insgesamt 7.864,90 EUR. Für die (voraussichtlich) weiteren vier Monate des Beschäftigungsverhältnisses, also für die Zeit vom 1.9. – 31.12.2015, liegen dem Gericht keine Lohnabrechnungen vor. Das Gericht legt daher für diesen Zeitraum nur das Grundentgelt in Höhe von 2.192,50 EUR zugrunde. Ausgehend hiervon wird die Mutter des Klägers in der Zeit vom 1.6. – 31.12.2014 insgesamt 16.634,90 EUR brutto verdienen. Davon sind die zu leistenden Steuern abzuziehen – bis zum 31.8.2015 die tatsächlich gezahlten Steuern (2.155,92 EUR), ab dem 1.9.2015 pauschalierte Steuern nach der Berechnungsweise der Beklagten (4 x 316,71 EUR). Der Steuerabzug beträgt in dieser Zeit also insgesamt 3.422,76 EUR. Ebenfalls abzusetzen sind die pauschalierten Sozialversicherungsbeiträge, nämlich 3.543,23 EUR. Vor diesem Hintergrund beläuft sich das zu berücksichtigende Arbeitsentgelt für die Zeit vom 1.6. – 31.12.2015 auf 9.668,91 EUR.

Sofern das Beschäftigungsverhältnis der Mutter des Klägers mit dem 31.12.2015 endet, hat sie in der Zeit vom 1.1. – 30.4.2016 noch einen restlichen Anspruch auf Arbeitslosengeld, wiederum in Höhe von monatlich 523,80 EUR. Dies ergibt weiteres Einkommen in Höhe von 2.095,20 EUR.

Angesichts dessen beträgt ihr Einkommen im Bewilligungszeitraum insgesamt 15.712,89 EUR. Verteilt auf 18 Monate folgt daraus ein monatlicher Betrag in Höhe von 872,94 EUR.

(3) In der Summe beläuft sich das zu berücksichtigende Einkommen beider Eltern des Klägers auf 2.541,28 EUR. Hiervon sind insgesamt 468,14 EUR anzurechnen. Denn vom Einkommen der miteinander verheirateten Eltern des Auszubildenden bleiben monatlich 1.605 EUR anrechnungsfrei; das übersteigende Einkommen wird zu 50 % angerechnet (§ 67 Abs. 2 S. 1 SGB III i.V.m. § 25 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 Nr. 1 BAföG).

(4) Das elterliche Einkommen bleibt schließlich nicht außer Betracht.

Das Einkommen der Eltern bleibt außer Betracht, wenn ihr Aufenthaltsort nicht bekannt ist oder sie rechtlich oder tatsächlich gehindert sind, im Inland Unterhalt zu leisten. Das Einkommen ist ferner nicht anzurechnen, soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht oder dieser verwirkt ist (§ 67 Abs. 5 SGB III). Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren (§ 1601 BGB). Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren (§ 1603 Abs. 1 BGB). Nach der sog. Düsseldorfer Tabelle beträgt der angemessene Selbstbehalt der Eltern gegenüber dem Unterhaltsanspruch eines volljährigen Kindes derzeit 1.200 EUR (Brudermüller in: Palandt, BGB, 74. Aufl., § 1603 Rdnr. 16).

Das Einkommen der Eltern des Klägers (2.541,28 EUR) geht über den angemessenen Selbstbehalt von 1.200 EUR deutlich hinaus. Es besteht also dem Grunde nach durchaus ein Unterhaltsanspruch des Klägers.

Durch die Verbraucherinsolvenz seiner Eltern wird dieser Anspruch nicht ausgeschlossen: Das Verbraucherinsolvenzverfahren dient nur dazu, den Schuldner von alten Verbindlichkeiten zu befreien. Nicht erfasst sind hingegen Schulden, die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet werden. Unterhaltsansprüche entstehen Monat für Monat neu. Vor diesem Hintergrund ist ein Verbraucherinsolvenzverfahren nur für alte Unterhaltsschulden relevant, nicht hingegen für den laufenden Unterhalt nach Eröffnung des Verfahrens (Viefhues in: jurisPK-BGB, § 1603 Rdnr. 881). Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht D. das Verbraucherinsolvenzverfahren bereits am 5.3.2013 eröffnet. Für einen Unterhaltsanspruch des Klägers ab dem 1.11.2014 hat es daher keine Relevanz.

3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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