S 12 KA 815/15 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 815/15 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 52/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Nach Zulassung einer Praxisnachfolgerin besteht kein Anspruch auf „Verlängerung“ der mit dem Verzicht beendeten Zulassung, unabhängig davon, ob die Praxisnachfolgerin sich an den Praxiskaufvertrag gebunden fühlt, soweit davon auszugehen ist, dass sie die vertragsärztliche Tätigkeit aufnehmen wird.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 15.12.2015 wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners und der Beigeladenen zu 1) zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Der Streitwert wird auf 46.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ab 01.01.2016 bis mindestens 30.06.2016 nach Verzicht auf die Zulassung zum 31.12.2015 und Verkauf der Praxis.

Der Antragsteller ist als Kinderarzt zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A Stadt, A-Straße zugelassen. Er schloss am 18.10.2014 einen Praxiskaufvertrag mit Frau Dr. med. C., Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin. Danach sollte die Übernahme der Praxis durch Frau Dr. med. C. zum 02.01.2016 erfolgen. Der Antragsteller verzichtete auf seine Zulassung zum 31.12.2015 und ließ den Praxissitz zur Nachfolge ausschreiben. Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ließ mit Beschluss vom 10.03.2015, ausgefertigt am 21.05.2015, Frau Dr. C. zur Übernahme des ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes zur vertragsärztlichen Tätigkeit als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunktbezeichnung Neuropädiatrie - zur gleichzeitigen Teilnahme an der haus- und fachärztlichen Versorgung - mit Wirkung zum 01.01.2016 zu. Der Zulassungsausschuss stellte mit weiterem Beschluss vom 10.03.2015, ausgefertigt am 21.05.2015, fest, dass die Zulassung des Antragstellers infolge Verzichts mit Ablauf des 31.12.2015 ende. Der Zulassungsausschuss gab mit Beschluss vom 21.07.2015 dem Antrag der Frau Dr. C. auf Verlegung des Vertragsarztsitzes in die C-Straße, A-Stadt statt. Frau Dr. C. hatte am 02.06.2015 die Verlegung in die C-Straße beantragt mit der Begründung, es stehe die Betriebserlaubnis für die alten Räume in Frage, wegen fehlender Sanitäranlagen für Personal und Patienten, fehlendem Personalraum, da die Praxisgröße nur 75 qm aufweise.

Der Antragsteller hat am 15.12.2015 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die zu 1) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Hessen gestellt. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 22.12.2015 hat er den Antrag auf den Antragsgegner umgestellt.

Der Antragsteller trägt vor, Frau Dr. C. habe sich zunächst mit dem Praxisablauf bekannt gemacht und vertretungsweise in der Praxis gearbeitet. Im Sommer 2015 habe sie dann ihm gegenüber behauptet, ein Vertrag sei nicht zustande gekommen. Mit Schreiben vom 24.08.2015 habe sie ihm mitgeteilt, dass ein Praxiskaufvertrag nicht bestehe. Inzwischen habe er eine Urkundsklage vor dem Landgericht Frankfurt a. M. zum Az.: 2-10 O 403/15 erhoben. Das Landgericht habe wegen Überlastung einen Termin erst im April 2016 anberaumt. Zwischenzeitlich habe Frau Dr. C. in der unmittelbaren Nachbarschaft zu seinen Praxisräumen eine eigene Praxis eröffnet, die sie mit Flyern bewerbe. Aus diesen Gründen bedürfe es einer Verlängerung seiner vertragsärztlichen Zulassung. Es sei sicherzustellen, dass keine Nachteile für ihn, seine Mitarbeiter und die Patienten entstehe. Er sei durch Frau Dr. C. getäuscht worden. Er müsse seine Praxis zum 31.12.2015 schließen, wozu er sich allein schon aus vertraglichen Gründen nicht in der Lage sehe. Er könne seine bis zu fünf Mitarbeiter erst zum Mai 2016 kündigen. Im September habe er beim Zulassungsausschuss einen Antrag auf Verlängerung gestellt. Mündlich sei ihm mehrfach mitgeteilt worden, dass eine Verlängerung nicht erfolgen würde. Ein Bescheid sei aber bisher nicht ergangen. Auf die Kassenarztzulassung habe er nicht verzichtet. Mit Schreiben vom 29.11.2014 habe er lediglich erklärt, dass Frau Dr. C. seine Wunschnachfolgerin für die Praxis sei und dass diesbezüglich bereits ein Kaufvertrag abgeschlossen worden sei. Rein vorsorglich erkläre er die Anfechtung eines wie auch immer gearteten Verzichts. Die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens habe er nicht beantragt. Frau Dr. C. habe den Vertragsarztsitz nicht aufgenommen. Der Vertragsarztsitz bestehe weiter, weil er keinen Nachfolger habe. Es bestehe auch ein Bedarf für Kinderärzte, jedenfalls in der A-Straße. Er sei auch der syrischen Sprache mächtig und könne daher gerade die Kinder der Flüchtlinge aus Syrien behandeln. Er hat eine eidesstattliche Versicherung zur Gerichtsakte gereicht.

Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, zu verpflichten, seine kassenärztlich Zulassung mit der Nr. xxxxx bis mindestens zum 30.06.2016 zu verlängern,
hilfsweise
seinen Antrag vom September als Neuzulassungsantrag zu werten.

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor, Rechtsmittel gegen seine Beschlüsse vom 10.03.2015 seien nicht eingelegt worden. Erst nach Ablauf der Rechtsmittelfristen habe der Antragsteller vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich mit Frau Dr. C. aufgetretenen Probleme sein Anliegen geltend gemacht, seine Zulassung solange weiterführen zu können, bis er einen Nachfolger gefunden habe. Der Verzicht sei wirksam. Eine Anfechtung wegen Irrtums scheide aus, da es sich um einen Motivirrtum handele. Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung komme nicht in Betragt, da eine Täuschungshandlung allenfalls durch Frau Dr. C. vorgenommen worden sein könnte. Der Vorbehalt der Verzichtserklärung mache den Verzicht nicht unwirksam. Eine Nachfolgezulassung sei erfolgt. Auf einen Anordnungsgrund komme es nicht an. Im Übrigen sei der Planungsbereich mit Pädiatern überversorgt. Im Hinblick auf die Zulassung der Frau Dr. C. zum 01.01.2016 bestehe auch kein öffentliches Interesse an der Weiterführung der vertragsärztlichen Praxis des Antragstellers. Ein privates Interesse bestehe nicht. Der Antragsteller habe hinreichend Zeit gehabt, sich auf die bevorstehende Beendigung seiner Tätigkeit einzustellen. Dies gelte auch hinsichtlich der Kündigung des Personals.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,
den Antrag abzulehnen.

Sie ist der Auffassung, der Antrag sei bereits unzulässig, da er sich nicht gegen den richtigen Antragsgegner richte. Entscheidungsbefugt sei nach § 96 Abs. 1 SGB V der Zulassungsausschuss. Dieser sei ein eigenständiges Organ. Es fehle auch an einem Anordnungsanspruch. Der Verzicht sei wirksam erklärt worden. Eine Verlängerungsmöglichkeit sehe das Gesetz nicht vor. Es bestehe nur die Möglichkeit, einen neuen Zulassungsantrag zu stellen. Der Antragsteller könne einen Schadensersatzanspruch gegenüber Frau Dr. C. geltend machen. Ein möglicher Schadensersatzanspruch habe jedoch keinen Einfluss auf dem bereits erklärten Zulassungsverzicht.

Die übrigen Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt und sich auch nicht zum Verfahren geäußert.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 21.12.2015 die Beiladung ausgesprochen. Nach Umstellung des Antrags hat sie die Verfahrenspositionen von Antragsgegner und Beigeladener zu 1) ausgetauscht.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber unbegründet.

Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag einen Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 1 u. 2 Sozialgerichtsgesetz SGG). Es müssen ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden (§ 920 Zivilprozessordnung i. V. m. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG).

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber unbegründet.

Nach Umstellung des Antrags richtet sich der Antrag gegen den richtigen Antragsgegner. Dennoch ist weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch ersichtlich.

Ein Anordnungsanspruch ist nicht ersichtlich.

Es fehlt bereits an einer Anspruchsgrundlage. Mit dem wirksamen Verzicht tritt zum 31.12.2015 das Ende der vertragsärztlichen Zulassung des Antragstellers ein. Die Möglichkeit, eine Zulassung zu verlängern, sieht das Gesetz nicht vor. Die Voraussetzungen für eine "Verlängerung" aufgrund einer Neuzulassung liegen wegen Sperrung des Planungsbereichs nicht vor.

Der Hauptantrag war abzulehnen.

Die Zulassung endet u. a. mit dem Wirksamwerden eines Verzichts (§ 95 Abs. 7 Satz 1 SGB V). Verzicht ist eine einseitige, empfangsbedürftige, rechtsgestaltende Willenserklärung, die regelmäßig mit dem Zugang bei dem Erklärungsempfänger, dem Zulassungsausschuss, wirksam wird (§ 130 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BGB) (vgl. BSG, Urt. v. 08.05.1996 - 6 RKa 20/95 - USK 96126, juris Rdnr. 23 und 28; BSG, Urt. v. 23.02.2005 B 6 KA 70/03 R SozR 4-5520 § 33 Nr. 5, juris Rdnr. 16). Der Verzicht selbst wird nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV mit dem Ende des auf den Zugang der Verzichtserklärung folgenden Kalendervierteljahres wirksam. Diese Frist kann verkürzt werden, wenn der Vertragsarzt nachweist, dass für ihn die weitere Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit für die gesamte Dauer oder einen Teil der Frist unzumutbar ist (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV). Der Verzicht kann einseitig mit Wirkung ab einem späteren Zeitpunkt erklärt werden. Der Verzicht ist als rechtsgestaltende Willenserklärung bedingungsfeindlich. Im Falle eines Verzichts, der im Zusammenhang mit einem Praxisnachfolgeverfahren erklärt wird, gilt aber eine Ausnahme von der grundsätzlichen Bedingungsfeindlichkeit rechtsgestaltender Willenserklärungen. Dies entspricht nach dem Bundessozialgericht einem dringenden praktischen Bedürfnis, da ansonsten ein Verlust der Praxis ohne jeden Wertausgleich droht, wenn keine Praxisnachfolge zustande kommt, was aus vielerlei Gründen denkbar ist (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.2011 - B 6 KA 13/11 R - BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 9 = GesR 2012, 223 = MedR 2012, 617 = USK 2011-123, juris Rdnr. 14). Mit Zugang der Verzichtserklärung bleibt der Vertragsarzt daran gebunden. Er kann sich von ihr nicht mehr lösen, auch wenn die Rechtswirkungen der Verzichtserklärung erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 16.02.2005 - L 5 KA 3191/04 - MedR 2005, 671, juris Rdnr. 30). Eine Anfechtung ist nur nach den für die Anfechtung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen möglich (§§ 119, 120, 123 BGB) (vgl. LSG Baden-Württemberg v. 29.12.1997 - L 5 Ka 3737/97 eA-B - juris Rdnr. 46 ff.; SG Aachen, Beschl. v. 05.07.2013 - S 7 KA 6/13 ER - juris Rdnr. 22 ff.; SG Aachen, Urt. v. 31.10.2014 - S 7 KA 1/13 - juris Rdnr. 17 ff.). Die Anfechtung ist aber jedenfalls nach Wirksamkeit des Verzichts (§ 28 Abs. 1 Ärzte-ZV) im Falle bestehender Zulassungsbeschränkungen nicht mehr möglich, da der Vertragsarztsitz neu besetzbar ist und Entscheidungen der Zulassungsausschüsse nicht mit der Ungewissheit einer Anfechtung belastet werden können (vgl. LSG Berlin, Beschl. v. 10.04.2001 - L 7 B 49/00 KA ER - NZS 2001, 502, 503; SG Hamburg, Urt. v. 19.06.2013 - S 3 KA 160/12 -; Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 95 SGB V, Rdnr. 660). Die Feststellung über das Ende der Zulassung hat nur deklaratorische Wirkung (vgl. BSG, Urt. v. 08.05.1996 - 6 RKa 20/95 - USK 96126, juris Rdnr. 28; BSG, Urt. v. 08.05.1996 - 6 RKa 16/95 - BSGE 78, 175 = SozR 3-5407 Art. 33 § 3a Nr. 1, juris Rdnr. 30).

Die Interessen des ausscheidenden Arztes oder seiner Erben hat der Gesetzgeber auf die Höhe des Verkehrswertes der Praxis begrenzt (§ 103 Abs. 4 Satz 8 SGB V). Das Gesetz geht von einer Unterscheidung zwischen dem – öffentlich-rechtlichen – Vertragsarztsitz und der – zivilrechtlich verkehrsfähigen – ärztlichen Praxis aus, wobei eine Kassenpraxis nur verkauft werden kann, wenn der Käufer auch eine Zulassung erhält. Mit der Beschränkung auf die wirtschaftlichen Interessen will der Gesetzgeber aber verhindern, dass ein Aufschlag für die Zulassung bezahlt werden muss (vgl. BT Drs. 12/3608, S. 99). Von daher macht das Gesetz die Nachfolgezulassung nicht von einer vorherigen oder nachträglichen vertraglichen Einigung zwischen Nachfolger und dem früheren Praxisinhaber bzw. seinen Erben abhängig. Der Zulassungsausschuss soll aus einer Mehrheit von Bewerbern nicht denjenigen auswählen müssen, der den höchsten Kaufpreis zahlt. Andererseits sind nur die Bewerber einzubeziehen, die bereit sind, den Verkehrswert als Kaufpreis zu zahlen. Diese Konzeption besteht auch nach dem GKV-VStG fort (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.2011 - B 6 KA 39/10 R - BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 11, juris Rdnr. 18). Die Entscheidung des Zulassungsausschusses über den Nachfolger hat nur zum Inhalt, dass ein bestimmter Arzt für einen bestimmten Vertragsarztsitz zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen wird. Der Nachfolger wird nicht automatisch Inhaber der ärztlichen Praxis des ausscheidenden Vertragsarztes. Dies setzt vielmehr einen privatrechtlichen Übernahmevertrag mit dem ausscheidenden Vertragsarzt bzw. seinen Erben voraus (vgl. BSG, Urt. v. 29.09.1999 - B 6 KA 1/99 R - SozR 3-2500 § 103 Nr. 5, juris Rdnr. 39; BSG, Urt. v. 14.12.2011 - B 6 KA 39/10 R - BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 11, juris Rdnr. 19). Die Zulassungsentscheidung darf nicht unter der Bedingung erteilt werden, dass tatsächlich ein Vertrag über die Praxisübernahme – unter der Voraussetzung der Erteilung einer Zulassung an den Bewerber – abgeschlossen worden ist oder wird, und der Bewerber lediglich Interesse an einer Praxisfortführung und Verhandlungsbereitschaft zeigen muss (vgl. BSG, Urt. v. 29.09.1999 - B 6 KA 1/99 R - SozR 3-2500 § 103 Nr. 5, juris Rdnr. 41). Die Zulassung erfolgt ausschließlich für den ausgeschriebenen Vertragsarztsitz. Die Verpflichtung zur Fortführung der Praxis ist Teil der Zulassung selbst im Sinne einer Inhaltsbestimmung. Es handelt sich nicht um eine Nebenbestimmung (§ 32 SGB X).

Der Antragsteller hat auf seine Zulassung nach § 95 Abs. 7 SGB V verzichtet, um eine Praxisnachfolge nach § 103 Abs. 4 SGB V zu ermöglichen. Dieser Verzicht wurde wirksam. Der Antragsteller hat bereits am 17.10.2014 auf dem Vordruck der Beigeladenen zu 1) einen Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens bei dieser gestellt und darin den Verzicht auf seine Zulassung zum 01.01.2016 unter dem Vorbehalt einer Nachfolgeregelung gestellt. Nach einem Aktenvermerk der Beigeladenen zu 1) wurde lediglich nach telefonischer Rücksprache der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verzichts auf das Quartalsende (31.12.2015) geändert. In diesem Zusammenhang ist das Schreiben des Antragstellers vom 29.11.2014 zu sehen. Im Übrigen ist eine Praxisnachfolge ohne Verzicht nicht möglich. Der Antragsgegner hat den Antragsteller ferner unter Datum vom 20.02.2015 zu einer Sitzung unter den Betreffzeilen "Beendigung der Zulassung" und "Antragsverfahren" geladen. Der Antragsgegner hat mit Beschluss vom 10.03.2015 das Ende der Zulassung des Antragstellers infolge Verzichts mit Ablauf des 31.12.2015 festgestellt. Dieser Beschluss ist bestandskräftig geworden. Von daher ist für die Kammer der Vortrag des Antragstellers durch seinen Prozessbevollmächtigten unverständlich, ein Verzicht sei nicht erklärt worden.

Nach Wiederbesetzung eines Vertragsarztsitzes kommt ein Widerruf oder eine Anfechtung nicht mehr in Betracht. Im Übrigen weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass ein Anfechtungsgrund nicht ersichtlich ist. Soweit sich die Praxisnachfolgerin nicht an den Kaufvertrag vom 18.10.2014 gebunden sieht, ist dies auf dem bereits beschrittenen Zivilrechtsweg zu klären. Zwingende zulassungsrechtliche Zusammenhänge sind nicht ersichtlich. Störungen im Zulassungsverfahren nach der Zulassungsentscheidung sind zivilrechtlich auszutragen, soweit es um die Einhaltung des Übernahmevertrages geht. Dieses allgemeine Vertragsrisiko verbleibt bei den Vertragsparteien. Der Antragsteller geht selbst von der Wirksamkeit des Vertrags aus.

Die Praxisübernehmerin kann im Übrigen eine vertragsärztliche Tätigkeit nur am Vertragsarztsitz des Praxisabgebers aufnehmen und ausüben. So lautet auch der Beschluss des Antragsgegners vom 10.03.2015. An dem vom Antragsteller genannten Ort kann die Praxisübernehmerin die vertragsärztliche Tätigkeit erst nach Genehmigung einer Praxisverlegung ausüben (§ 24 Abs. 7 Ärzte-ZV). Diese hat der Antragsgegner mit Beschluss vom 21.07.2015 erteilt. Soweit die Praxisverlegung wiederum gegen die vertraglichen Abmachungen zwischen dem Antragsteller und der Frau Dr. C. verstoßen sollte, muss dies der Antragsteller ggf. im Rahmen der zivilrechtlichen Auseinandersetzung klären. Es ist jedenfalls nicht Aufgabe der Zulassungsgremien, die Einhaltung von vertraglichen Vereinbarungen zu überwachen bzw. deren Nichteinhaltung zu sanktionieren.

Nach Aktenlage ist daher davon auszugehen, dass Frau Dr. C. die vertragsärztliche Tätigkeit zum Januar 2016 aufnehmen wird, wenn auch nicht am früheren Praxissitz selbst, sondern in unmittelbarer Nachbarschaft. Von daher ist nach Aktenlage von der weiterhin bestehenden Absicht der Praxisübernehmerin auszugehen, die Praxis des Antragstellers fortzuführen i. S. d. § 103 Abs. 4 Satz 4 SGB V. Mindestvoraussetzung ist, da § 103 Abs. 4 Satz 4 SGB V dem ausscheidenden Arzt bzw. seinen Erben eine Verwertung der Praxis ermöglichen soll, dass der Bewerber bereit ist, den Verkehrswert der Praxis zu zahlen. Insofern ist auch nicht zu befürchten, dass eine Versorgungslücke besteht, unabhängig von der Frage, wie eine solche aufgrund der bedarfsplanerisch festgestellten Überversorgung zu beurteilen wäre.

Nach dem BSG sind an die "Fortführung" einer Praxis strenge Anforderungen zu stellen, um zu verhindern, dass es zu gesetzlich nicht gewollten Käufen von Praxissitzen kommt. "Fortführung" impliziert eine weitestmögliche Kontinuität des Praxisbetriebs. Der Bewerber um die Praxisnachfolge muss die Praxis nicht nur fortführen können, sondern auch fortführen wollen (vgl. BSG, Urt. v. 20.03.2013 - B 6 KA 19/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 12, juris Rdnr. 26 ff.; BSG, Urt. v. 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 13, juris Rdnr. 55). Der Bewerber hat insofern auch sein Konzept zur Fortführung der Praxis darzulegen. Nach dem BSG ist es Aufgabe der Zulassungsgremien, aufzuklären, ob die Bewerber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Praxisnachfolge erfüllen; ggf. ist die Einhaltung der Voraussetzungen durch entsprechende Nebenbestimmungen zum Zulassungsbescheid sicherzustellen (vgl. BSG, Urt. v. 20.03.2013 - B 6 KA 19/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 12, juris Rdnr. 41). Daraus folgt aber, dass im Fall des Wegfalls der Fortführungsabsicht nach Erteilung der Zulassung als Praxisnachfolgerin auch die Zulassungsvoraussetzungen nicht mehr gegeben sind und die Zulassung ggf. zu entziehen ist (§ 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V, § 27 Satz 1 Ärzte-ZV). Allein aus der Nichteinhaltung vertraglicher Abreden kann allerdings nicht auf die fehlende Fortführungsabsicht geschlossen werden. Der Umstand der Praxisverlegung in unmittelbare Nähe zum früheren Standort deutet vielmehr darauf hin, dass die Praxisnachfolgerin die Praxis noch "fortführen" will und weiterhin beabsichtigt, die vertragsärztlichen Tätigkeit zum Januar 2016 aufzunehmen.

Von daher fehlt es auch an einem Anordnungsgrund. Der Antragsteller verschlechtert seine rechtliche Ausgangslage nicht, wenn er eine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausübt. Er bleibt auf seine zivilrechtlichen Ansprüche gegenüber der Praxisübernehmerin beschränkt. Im Fall der Fortführung der Praxis kommt er seinen Vertragspflichten vielmehr selbst nicht nach, wobei dahingestellt bleiben kann, ob sich hieraus angesichts der vorgetragenen Weigerung der Praxisübernehmerin weitere zivilrechtliche Folgerungen ergeben.

Der Antrag war daher im Hauptantrag ablehnen.

Ein Anspruch auf Neuzulassung besteht nicht, da der Planungsbereich A-Stadt für die Fachgruppe des Antragstellers wegen Überversorgung gesperrt ist (§§ 95 Abs. 2 Satz 9, 103 Abs. 1 Satz 2 SGB V).

Der Antrag war daher auch im Hilfsantrag abzulehnen.

Nach allem war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung insgesamt abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil hat die Verfahrenskosten zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den gesetzlichen Vorgaben.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). Auszugehen war von der Dauer der vorläufigen Zulassung, da eine solche den Antragsteller unabhängig vom Ausgang eines evtl. Hauptsacheverfahrens berechtigen würde, an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen. Vom Umsatz für sechs Monate, berechnet nach den letzten vier Abrechnungsquartalen, waren geschätzte Kosten im Umfang von 50 % abzusetzen.

Dies ergab den festgesetzten Wert.
Rechtskraft
Aus
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