L 13 AS 4877/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 311/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4877/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein in einer Einrichtung stationär Untergebrachter erhält Leistungen nach dem SGB II nur dann, wenn er tatsächlich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. Die bloße Möglichkeit der Aufnahme einer entsprechenden Erwerbstätigkeit genügt nicht ( Anschluss an BSG, Urteil v. 5. Juni 2014, B 4 AS 32/13 R, Juris)
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 27. September 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der 1954 in P. geborene Kläger, jetzt deutscher Staatsangehöriger, wurde mit Urteil des Landgerichts (LG) R. vom 11. Juli 2006 u.a. wegen Totschlags zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Außerdem wurde seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Durch Beschluss des LG K. vom 2. August 2012 wurde die weitere Vollstreckung der angeordneten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und auch die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des LG R. zur Bewährung ausgesetzt, Führungsaufsicht angeordnet und deren Dauer sowie die der Bewährungszeit jeweils auf drei Jahre festgesetzt. Außerdem wurde der Kläger, der ab 13. September 2011, zunächst im Rahmen einer Belastungserprobung, in einer Einrichtung der C.-T.W.-Stiftung (CTW-S) e.V. lebte, der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt und angewiesen, keine alkoholischen Getränke oder andere Suchtmittel zu sich zu nehmen und sich in Abstimmung mit dem Bewährungshelfer und den Mitarbeitern der CTW-S regelmäßigen Alkoholabstinenzkontrollen zu unterziehen. Ferner wurde er angewiesen, seinen Wohnsitz in der CTW-S beizubehalten und sich an die Weisungen der dortigen Mitarbeiter zu halten sowie die Hausordnung einzuhalten. Ein Wechsel aus dem Wohnen im betreuten Rahmen sei in Absprache mit dem Bewährungshelfer und den Mitarbeitern vor Ort möglich. Er wurde des Weiteren angewiesen, jeden Wechsel der Wohnung unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden.

Ab 24. August 2012 lebte der Kläger dann im Rahmen der Eingliederungshilfe in einer Einrichtung der CTW-S in E ... Im Hinblick auf die Aufnahme in der Einrichtung ab 24. August 2012 erhielt er vom Landratsamt (LRA) F., Sozialamt gemäß dem Bescheid vom 4. September 2012 ab 24. August 2012 (zunächst bis 23. August 2013) Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Form von Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach §§ 67 ff. SGB XII (u.a. Pflegesatz [für u.a. Betreuung, Verpflegung, Licht, Wasser, Heizung, Pflege und Erhaltung von Bettwäsche und Leibwäsche sowie den allgemeinen medizinischen Sachaufwand] und einen monatlichen Barbetrag [zum Bestreiten der persönlichen Bedürfnisse, einschließlich des hygienischen Sachaufwands für die übliche Gesundheitspflege (z.B. für Körperreinigung und Haarpflege)] und ein Taschengeld von monatlich 100,98 EUR sowie ab September 2012 eine monatliche Bekleidungspauschale).

Mit Schreiben vom 5. September 2012 meldete das LRA F. beim Beklagten einen Erstattungsanspruch an und teilte mit, der Kläger erhalte Leistungen in Höhe von monatlich ca. 2.300,00 EUR.

Am 19. September 2012 stellte der Kläger einen förmlichen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten und gab hierzu u.a. an, er befinde sich zur Zeit vom 24. August 2012 bis 23. August 2013 in einer stationären Einrichtung. Hierzu legte er u.a. den Bescheid des LRA F. vom 4. September 2012 vor.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 20. September 2012 die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab. Der Kläger sei länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht und nicht mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig sowie auf Grund dessen vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen. Der Kläger erhob Widerspruch und machte geltend, bei der CTW-S handele es sich zwar um eine vollstationäre Einrichtung, doch bestimme sich der Begriff der Einrichtung in diesem Sinne danach, ob durch die Unterbringung die Fähigkeit zur Aufnahme einer mindestens dreistündigen täglichen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen sei. Es komme ausschließlich auf die Struktur der Einrichtung an und die Möglichkeit, aus ihr heraus eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Dies sei möglich. Hierzu legte er eine Bescheinigung des Geschäftsführers der CTW-S R. vom 2. November 2012 (zum Betreuungskonzept der Einrichtung gehöre, dass sich Bewohner, die in dem erforderlichen Umfang arbeitsfähig seien, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt um eine Arbeitsstelle bewerben könnten, grundsätzlich würden die Wünsche der Bewohner im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützt, sofern sie eine Arbeitsstelle gefunden hätten, würden die tagesstrukturierenden Maßnahmen umorganisiert und die Betreuungszeiten verlagert) vor. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2012 zurück. Da der Kläger keiner Erwerbstätigkeit nachgehe, könnten Leistungen nicht gewährt werden.

Deswegen hat der Kläger am 16. Januar 2013 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, bei der Einrichtung der CTW-S, in der er lebe, sei zu prüfen, ob es sich um eine vollstationäre Einrichtung im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II handle. Wie das Bundessozialgericht (BSG) entschieden habe, komme es für die Frage, ob eine vollstationäre Einrichtung vorliege, auf deren objektive Struktur an und ob es dem Untergebrachten möglich sei, aus der Einrichtung heraus eine Erwerbstätigkeit auszuüben, die den zeitlichen Kriterien des § 8 Abs. 2 SGB II genüge. Wie der Betreuer R. dem Beklagten bereits bestätigt habe, sei es in Einzelfällen möglich, eine solche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben und stehe die Struktur der Einrichtung dem nicht entgegen. Er gehe zwar bislang keiner Erwerbstätigkeit nach, allerdings sei dies möglich. Er befinde sich nach der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 6. September 2007 und einer Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 10. Juni 2011 (L 12 AS 5755/09) nicht in einer stationären Einrichtung im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB II. Hierzu hat er u.a. ein Schreiben des LRA F. an die Einrichtung vom 4. September 2012 (Verpflichtung, ab 24. August 2012 die Kosten der stationären Unterbringung zu übernehmen, Bitte um Vorlage eines Entwicklungsberichtes im Februar 2013, insbesondere mit Angaben zum Aufbau sozialer Kontakte, Training der kognitiven Fähigkeiten, Erarbeitung einer persönlichen und beruflichen Perspektive) vorgelegt.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Es handle sich um eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung und der Kläger sei vom Leistungsbezug ausgeschlossen.

Mit Gerichtsbescheid vom 27. September 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II seien nicht erfüllt, da der Kläger vom Leistungsbezug ausgeschlossen sei. Er sei in einer stationären Einrichtung untergebracht und auch nicht mindestens 15 Stunden in der Woche erwerbstätig. Hierzu hat das SG auf Entscheidungen des BSG vom 6. September 2007 Bezug genommen. Nach der Rechtsprechung gälten in stationären Einrichtungen Untergebrachte grundsätzlich als dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehend. Diese Fiktion könne nur durch die tatsächliche Aufnahme von Arbeit widerlegt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidung wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.

Gegen den am 18. Oktober 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 4. November 2013 Berufung eingelegt.

Der Senat hat Auskünfte der CTW-S vom 28. Mai 2014 und 20. August 2014 eingeholt. Deren Geschäftsführer und Heimleiter R. hat mitgeteilt, der Kläger lebe nach vorheriger Belastungserprobung seit 24. August 2012 in der Einrichtung. Er sei in einer Wohngemeinschaft, in der er ein Einzelzimmer habe, mit fünf weiteren Klienten untergebracht. Der Tagesablauf werde auf der Basis des mit dem Kostenträger zusammen erstellten Hilfeplans von der Einrichtung vorgegeben. Die Akzeptanz der Teilnahme an der Tagesstruktur sei auch Voraussetzung der Aufnahme. Es gebe ein verpflichtendes Rahmenprogramm, wobei aber auch genügend Freiräume für individuelle Gestaltung vorhanden seien. Anwesenheitspflicht bestehe zu den Betreuungszeiten, die sich aus dem Plan ergäben und ab 22.00 Uhr abends. Feste Veranstaltungen seien die Arbeitstherapie jeweils Montag bis Donnerstag vormittags sowie die Kontrollzeiten mit den Betreuern (Einzelgespräche) und die Putzgruppe, Kochgruppe sowie Kaffeegruppe mit Wohngruppenbesprechung. Soweit im Plan keine Zeiten festgelegt seien, könne sie der Kläger nach seinem Ermessen ausfüllen und die Einrichtung insoweit auch jederzeit verlassen. Eine Kontrolle finde bei den Gruppenveranstaltungen und der Arbeitstherapie durch den immer anwesenden Betreuer statt. Wenn Terminüberschneidungen aufträten, bespreche sie der Kläger mit dem zuständigen Betreuer und er werde dann bei entsprechender Notwendigkeit freigestellt. Grundsätzlich vertrete man die Auffassung, eine Heimunterbringung sollte nicht dazu führen, dass die Suche nach einer externen Arbeit nicht mehr möglich sei. Wenn der Heimbewohner noch arbeitsfähig sei, fördere man dieses Bestreben und unterstütze ihn nach Wunsch und Absprache auch hierbei. Die Bewohner und Klienten hätten in der Regel wenig Aussichten, auf dem freien Arbeitsmarkt noch unterzukommen, auch wenn sie de facto noch 15 Stunden einer Tätigkeit nachgehen könnten. Teilweise stünden gesundheitliche Gründe entgegen oder fehle auf Grund der langen Haft- und Unterbringungszeiten die Arbeitserfahrung und die Fähigkeit zum Umgang mit Konflikten am Arbeitsplatz. Entgegen stünden auch Altersgründe und häufig Vermittlungsprobleme seitens des Arbeitsamtes. Auch in der Vergangenheit sei es eher ein seltener Ausnahmefall gewesen, dass Klienten in solche Arbeitsplätze dauerhaft hätten vermittelt werden können. Aktuell sei keiner der Bewohner auf dem freien Arbeitsmarkt tätig. Der Kläger sei mehrere Male in K. gewesen und habe sich persönlich bei diversen Arbeitgebern um eine Stelle als Hausmeister beworben und sich auch in F., E. bei verschiedenen Arbeitgebern persönlich vorgestellt. Sofern hierfür Freistellungen erforderlich gewesen seien, habe man sie dem Kläger problemlos zugestanden. Sofern ein Bewohner einer (Teilzeit-)Beschäftigung auf dem freien Arbeitsmarkt nachgehe, organisiere man die Betreuungstätigkeiten um und verlege diese außerhalb der Arbeitszeiten. In der Regel erwarte man von dem Klienten, dass er mit einer Kontaktaufnahme bei dem Arbeitgeber einverstanden sei, biete dann dem Arbeitgeber regelmäßige Kontaktgespräche an und besuche den Klienten auch am Arbeitsplatz. Dies entspreche dem Konzept der Einrichtung und sei auch mit der Organisation vereinbar. Hierzu hat er den Plan der Tagesstruktur des Klägers vorgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die schriftlichen Angaben und den Plan der Tagesstruktur des Klägers verwiesen.

Der Kläger macht geltend, entgegen der Auffassung des SG handle es sich bei der CTW-S nicht um eine stationäre Einrichtung im Sinne von § 7 SGB II. Das Bemühen der Stiftung bzw. des Vereins sei die Reintegration der Bewohner in Beruf und Gesellschaft. Bei den Wohnheimen handle es sich "sicherlich um Einrichtungen im Sinne des SGB XII". Nach der Rechtsprechung des BSG vom September 2007 sei jedoch entscheidend, ob durch die Unterbringung in der Einrichtung die Fähigkeit des Betroffenen zur Aufnahme einer mindestens dreistündigen täglichen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen sei, was hier nicht der Fall sei. Die erstinstanzliche Entscheidung verkenne, dass gerade Zielsetzung der Bemühungen sei, die Bewohner wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Die Strukturen der Einrichtung ließen ohne Weiteres eine halbtägliche Erwerbstätigkeit zu. Es liege gerade keine Unterbringung in einer stationären Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II vor.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 27. September 2013 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 20. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Dezember 2012 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, ihm Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ab 1. September 2012 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht im Wesentlichen geltend, der Kläger sei von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, da er in einer vollstationären Einrichtung lebe und nicht mindestens 15 Stunden wöchentlich tatsächlich erwerbstätig sei. Auch unter Berücksichtigung der Auskunft des Heimleiters R. handle es auch um eine stationäre Einrichtung im Sinne des SGB XII. In Zeiten der Erwerbslosigkeit sei der Kläger verpflichtet, am tagesstrukturierenden Programm der Einrichtung teilzunehmen. Eine selbstständige Haushaltsführung sei hier nicht möglich. Erst im Fall der tatsächlichen Erwerbstätigkeit bestehe ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Die Unterbringung in einer stationären Einrichtung sei durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 noch deutlicher als gesetzliche Fiktion der Erwerbsunfähigkeit ausgestaltet worden. Die Fiktion könne nur widerlegt werden, wenn tatsächlich mindestens 15 Stunden in der Woche eine Erwerbsarbeit zu regulären Arbeitsmarktbedingungen erfolge. Der Kläger gehe bisher keiner 15-stündigen Erwerbstätigkeit nach. Auch nach der neueren Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 5. Juni 2014, B 4 AS 32/13 R, komme es nicht auf die objektive Struktur der Einrichtung an. Zentrales Kriterium sei die tatsächliche Erwerbstätigkeit. Der Kläger halte sich in der Einrichtung der CTW-S stationär auf und sei stationär in einer Wohngemeinschaft untergebracht. Die Gesamtverantwortung sei von der Stiftung mit einem Tagesstrukturplan vorgegeben, was erst mit Aufnahme einer Tätigkeit geändert würde. Solange seien die Termine bindend.

Der Senat hat den Landkreis F. als Träger der Sozialhilfe mit Beschluss vom 14. Januar 2015 beigeladen.

Der Beigeladene trägt im Wesentlichen vor, der Kläger lebe seit 24. August 2012 unverändert bis vorerst 23. August 2016 in der Einrichtung der CTW-S. Einer Erwerbstätigkeit von 15 Stunden wöchentlich gehe er immer noch nicht nach. Bei der Einrichtung der CTW-S handele es sich nicht um eine stationäre Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 3 SGB II, was sich aus der Rechtsprechung des BSG vom 6. September 2007 ergebe und wie der 12. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg im Verfahren L 12 AS 369/13 am 24. Oktober 2014 entschieden habe, da die Einrichtung es gerade möglich mache, dass die Bewohner auf dem Arbeitsmarkt tätig würden. Ihre objektive Struktur lasse dies zu und sei darauf angelegt, das zu ermöglichen. Selbst wenn es sich um eine stationäre Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II handeln sollte, greife hier die Ausnahme des § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB II. Daran ändere auch das neuerliche Urteil des BSG (Az B 4 AS 32/13 R [vom 5. Juni 2014]) nichts. Es weiche zwar nunmehr von der bisherigen Rechtsprechung dahingehend ab, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 Satz 3 SGB II nur erfüllt seien, wenn tatsächlich eine Erwerbstätigkeit ausgeführt werde. Gleichwohl sei der Beklagte zu Leistungen verpflichtet. Die Entscheidung des BSG dürfe kein Anlass sein, eine konkrete Einzelfallprüfung nicht vorzunehmen. Sinn und Zweck der Regelung sei es, jene zu privilegieren, die zwar in einer stationären Einrichtung untergebracht seien, aber dennoch 15 Stunden erwerbstätig seien. Zwar gestalte sich die Eingliederung des Klägers auf den allgemeinen Arbeitsmarkt nach Auskunft der CTW-S als schwierig und sei dieser danach nicht sehr zu motivieren, eine Arbeitsberatung durchzuführen, doch liege dies allein daran, dass er vom Beklagten insoweit nicht unterstützt werde. Allein die Tatsache, dass er nicht erwerbstätig sei, bedeute folglich nicht, dass er nicht fähig sei hierzu. Dies würde bedeuten, dass auch jene, welche zwar in der Lage seien, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, dies jedoch auf Grund fehlender Mitwirkung des Jobcenters tatsächlich nicht umsetzen könnten, aus dem Leistungsbereich des SGB II ausscheiden müssten. Vom Gesetzgeber könne dies nicht gewollt sein und es sei auch mit Art. 3 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar. Das neuere Urteil des BSG verkenne, dass es in Einzelfällen sehr wohl ein Bedürfnis danach geben könne, die Frage nach einer objektiven Erwerbsmöglichkeit zusätzlich im Rahmen von § 7 Abs. 4 SGB II zu prüfen. Die Regelung könne im Wege einer gerechten Lösung und im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Vorschrift nicht in jeder erdenklichen Konstellation eine tatsächliche Erwerbstätigkeit verlangen. Selbst wenn eine vom BSG geforderte stationäre Einrichtung vorliege, könne nicht auf das Vorliegen tatsächlicher Erwerbstätigkeit abgestellt werden. Auch nach den Ausführungen des Heimleiters R. handle es sich um eine Einrichtung, welche den Wiedereinstieg in Erwerbstätigkeit ermöglichen solle. Der Berufung des Klägers sei "stattzugeben".

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige und statthafte Berufung des Klägers ist nicht begründet. Dieser hat - entgegen seiner Auffassung und der Auffassung des Beigeladenen - keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.

Zur Überprüfung steht der Bescheid des Beklagten vom 20. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2012, mit dem der Beklagte die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 24. August 2012 abgelehnt hat. Der streitige Zeitraum erstreckt sich in Fällen ablehnender Verwaltungsentscheidungen grundsätzlich bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht (vgl. BSG, Urteil vom 23. November 2006 – B 11b AS 1/06 RBSGE 97, 265-279; Urteile vom 31. Oktober 2007 – B 14/11b AS 59/06 R – und 15. April 2008 – B 14/7b AS 52/06 R – (beide juris)). Hierzu stellt der Senat fest, dass der Kläger seit 24. August 2012 unverändert in der Einrichtung der CTW-S lebt, einer Erwerbstätigkeit von 15 Stunden wöchentlich weiterhin nicht nachgeht sowie vom Beigeladenen Leistungen nach dem SGB XII erhält und die Gewährung von Leistungen durch den Beklagten nach dem SGB II seit diesem Zeitpunkt streitig ist.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Nach § 7 Absatz 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Der Kläger war zu Beginn des streitigen Zeitraums 56 Jahre alt, er hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und ist hilfebedürftig. Hilfebedürftig ist nach § 9 Absatz 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Der Kläger hatte und hat im streitigen Zeitraum weder Einkommen, noch verfügt er über anzurechnendes Vermögen im Sinne von § 12 SGB II. Er erhielt und erhält lediglich Leistungen vom LRA F. nach §§ 67 ff. SGB XII (Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten). Diese Leistungen schließen jedoch Ansprüche nach dem SGB II auf Sicherung des Lebensunterhalts nicht aus (§ 5 Absatz 2 SGB II, § 21 Satz 1 SGB XII). Der Kläger war und ist unter Berücksichtigung seines Gesundheitszustandes auch erwerbsfähig. Nach § 8 Absatz 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Tatsachen, die gegen eine Erwerbsfähigkeit des Klägers sprechen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich, so dass der Senat keinen Grund hat, an der Erwerbsfähigkeit des Klägers zu zweifeln.

Dem Anspruch des Klägers steht allerdings, wie das SG zutreffend entschieden hat, § 7 Absatz 4 Satz 1 SGB II (in der hier anwendbaren ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung) entgegen. Danach erhält Leistungen nicht, wer u.a. in einer stationären Einrichtung untergebracht ist. Abweichend davon erhält Leistungen nach dem SGB II, 1. wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) untergebracht ist oder 2. wer in einer stationären Einrichtung untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist (§ 7 Absatz 4 Satz 3 SGB II). § 7 Absatz 4 SGB II enthält eine gesetzliche Fiktion, wonach der eigentlich erwerbsfähige Hilfebedürftige als erwerbsunfähig anzusehen und vom Leistungsbezug nach dem SGB II auszuschließen ist (BSG, Urteile vom 6. September 2007 – B 14/7b 16/07 R – BSGE 99, 88 ff. und vom 7. Mai 2009 – B 14 AS 16/08 R – juris; Spellbrink/Becker, in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 7 Rn. 118). Diese gesetzliche Fiktion kann nur durch Aufnahme einer mindestens 15 Wochenstunden umfassenden Erwerbstätigkeit zu regulären Arbeitsmarktbedingungen widerlegt werden (§ 7 Absatz 4 Satz 3 SGB II). Durch die Fiktion des in einer Einrichtung Untergebrachten als erwerbsunfähig wird zugleich der Leistungsausschluss im Rahmen der Sozialhilfe vermieden (§§ 5 Absatz 2 SGB II, 21 SGB XII).

Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. u.a. Urteile vom 5. Juni 2014, B 4 AS 32/13 R, und 2. Dezember 2014, B 4 AS 35/13 R, jeweils in Juris) hat sich gegenüber der Rechtsprechung zur Rechtslage bis 31. Juli 2006, auf die sich im Wesentlichen der Kläger und der Beigeladene stützen, mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I, S. 1706) zum 1. August 2006 eine Änderung ergeben, weswegen an der früheren Auslegung nicht mehr festzuhalten ist. Kam es zunächst bei der Rechtsprechung zum funktionalen Einrichtungsbegriff darauf an, ob die objektive Struktur der Einrichtung eine Erwerbstätigkeit im genannten Umfang ermöglichte, sieht demgegenüber nun § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB II lediglich für den Fall einer tatsächlichen Erwerbstätigkeit eine ausdrückliche Rückausnahme vom Leistungsausschluss vor. Zentrales Kriterium wird damit eine tatsächliche Erwerbstätigkeit im Umfang von 15 Wochenstunden unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes. Dadurch sieht das BSG auch Anlass zu einer Modifizierung des bisherigen Einrichtungsbegriffes in Zusammenschau mit dem sozialhilferechtlichen Begriffsverständnis aus § 13 SGB XII.

Die - so das BSG - am Wortlaut des § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II orientierte Auslegung ergibt, dass für das Eingreifen eines Leistungsausschlusses drei Voraussetzungen vorliegen müssen.

In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob es sich um eine Leistungserbringung in einer Einrichtung handelt. Hierbei ist vom sozialhilferechtlichen Begriffsverständnis des § 13 Abs. 2 SGB XII auszugehen, wonach Einrichtungen alle Einrichtungen sind, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen. Nach der hierzu und zur Vorgängerregelung des § 97 Abs. 4 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ergangenen Rechtsprechung ist eine Einrichtung daher bei einer auf Dauer angelegten Kombination von sächlichen und personellen Mitteln anzunehmen, die zu einem besonderen Zweck und unter der Verantwortung eines Trägers zusammengefasst wird und die für einen größeren wechselnden Personenkreis bestimmt ist (BSG, Urteil vom 5. Juni 2014, B 4 AS 32/13 R a.a.O. m.w.N.), wobei die Bindung an ein Gebäude gegeben sein muss. In einem zweiten Schritt kommt es darauf an, ob Leistungen stationär erbracht werden. Auch hierfür ist zur näheren Bestimmung - so das BSG - auf § 13 Abs.1 SGB XII Bezug zu nehmen. Bis 6. Dezember 2006 lautete Satz 2 dieser Vorschrift "Stationäre Einrichtungen sind Einrichtungen, in denen Leistungsberechtigte leben und die erforderlichen Hilfen erhalten", woraus folgt, dass von einer stationären Leistungserbringung auszugehen ist, wenn der Leistungsempfänger nach formeller Aufnahme in der Institution lebt und daher die Unterbringung Teil der Leistungserbringung ist. Die Streichung dieser Vorschrift zum 7. Dezember 2006 hat an dem Begriffsverständnis von einer stationären Leistungserbringung nichts geändert. Der Gesetzgeber wollte - so das BSG - lediglich klarstellen, dass Satz 2 des § 13 SGB XII nicht den Begriff der "Einrichtung" definiert. Auch im SGB XII sollte weiterhin von dem Einrichtungsbegriff ausgegangen werden, der der gefestigten Rechtsprechung entsprach (BSG, Urteil vom 5. Juni 2014, B 4 AS 32/13 R, a.a.O. m.w.N.). Eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung ist ausgeschlossen, wenn keine formelle Aufnahme des Leistungsempfängers in die Institution erfolgt, sodass die Unterbringung grundsätzlich nicht Teil der Leistungserbringung ist. Als dritte Voraussetzung kommt es auf eine "Unterbringung" in der stationären Einrichtung an. § 7 Abs. 4 SGB II erhebt das Erfordernis der Unterbringung ausdrücklich zum Tatbestandsmerkmal (BSG, Urteil vom 5. Juni 2014, B 4 AS 32/13 R, a.a.O. m.w.N.), was bei der Auslegung zu berücksichtigen ist. Diese dritte Voraussetzung bewirkt eine Einschränkung des im zweiten Schritt eröffneten weiten Anwendungsbereichs. Es kommt daher nicht allein darauf an, dass die Einrichtung (auch) stationäre Leistungen erbringt; ferner genügt nicht bereits ein geringes Maß an Unterbringung im Sinne einer formellen Aufnahme. Von einer Unterbringung ist nur auszugehen, wenn der Träger der Einrichtung nach Maßgabe seines Konzepts die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung und die Integration des Hilfebedürftigen übernimmt. Dieser Auslegung des § 7 Abs. 4 SGB II durch das BSG schließt sich der Senat in vollem Umfang und uneingeschränkt an.

Gemessen an dieser Rechtsprechung handelt es sich bei der Einrichtung der CTW-S, in der der Kläger seit 24. August 2012 lebte, um eine stationäre Einrichtung im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB II, wurden bzw. werden die Leistungen der Einrichtung im Falle des Klägers stationär erbracht und war bzw. ist der Kläger in dieser Einrichtung im strittigen Zeitraum untergebracht.

Wie der Geschäftsführer und Heimleiter der CTW-S R. mitgeteilt hat, lebt der Kläger - nach vorheriger Belastungserprobung - seit 24. August 2012 in einem Wohnhaus der CTW-S in einer Wohngemeinschaft, in der er ein Einzelzimmer hat, mit fünf weiteren Klienten. Der Tagesablauf ist auf der Basis des Hilfeplans, der mit dem Kostenträger zusammen erstellt worden ist, von der Einrichtung vorgegeben. Die Akzeptanz der Teilnahme an der Tagesstruktur ist nach den Angaben des Geschäftsführers R. auch Voraussetzung für die Aufnahme. Es gilt ein verpflichtendes Rahmenprogramm, wobei aber auch genügend Freiräume für individuelle Gestaltung vorhanden sind. Anwesenheitspflicht besteht zu den Betreuungszeiten, die sich aus dem vorgelegten Plan ergeben, und ab 22.00 Uhr abends. Feste Veranstaltungen sind die Arbeitstherapie jeweils Montag bis Donnerstag vormittags jeweils von 9:00 Uhr bis 13:00 Uhr sowie die Gesprächs- und Kontaktzeiten (Montag 16:00 Uhr bis 18:00 Uhr, Dienstag [auch Kochgruppe)] 16:00 Uhr bis 19:30 Uhr, Mittwoch und Donnerstag 15:30 Uhr bis 18:30 Uhr sowie Freitag 10:00 Uhr bis 12:00 Uhr und 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr) mit den Betreuern ( zum Teil Einzelgespräche, zum Teil Gruppe) und Putzgruppe, Kochgruppe und Kaffeegruppe mit Wohngruppenbesprechung. Soweit im Plan keine Zeiten festgelegt sind, kann sie der Kläger nach seinem Ermessen ausfüllen und die Einrichtung insoweit auch jederzeit verlassen. Eine Kontrolle findet bei den Gruppenveranstaltungen und der Arbeitstherapie durch die immer anwesenden Betreuer statt, auch am Wochenende. Wenn Terminüberschneidungen auftreten, kann der Kläger dies mit dem zuständigen Betreuer besprechen und wird dann bei entsprechender Notwendigkeit freigestellt. Grundsätzlich vertritt die CTW-S - so der Geschäftsführer R. - die Auffassung, dass eine Heimunterbringung nicht dazu führen sollte, dass die Suche nach einer externen Arbeit nicht nur möglich ist. Wenn ein Heimbewohner noch arbeitsfähig ist, fördert die Einrichtung dieses Bestreben und unterstützt ihn nach Wunsch und Absprache auch hierbei. Die Bewohner und Klienten haben - so Geschäftsführer R. - in der Regel wenig Aussichten, auf dem freien Arbeitsmarkt noch unterzukommen, auch wenn sie de facto noch 15 Stunden einer Tätigkeit nachgehen könnten. Teilweise stehen gesundheitliche Gründe entgegen oder fehlt auf Grund der langen Haft- und Unterbringungszeiten die Arbeitserfahrung und die Fähigkeit zum Umgang mit Konflikten am Arbeitsplatz. Auch Altersgründe bedingen häufig Vermittlungsprobleme seitens des Arbeitsamtes. Auch in der Vergangenheit war es eher ein seltener Ausnahmefall, dass Klienten der Einrichtung in solche Arbeitsplätze dauerhaft vermittelt werden konnten, aktuell - Geschäftsführer R. am 20. August 2014 - sei keiner der Bewohner auf dem freien Arbeitsmarkt tätig. Der Kläger war mehrere Male in K. und hat sich persönlich bei diversen Arbeitgebern um eine Stelle als Hausmeister beworben und sich auch in F., E. bei verschiedenen Arbeitgebern persönlich vorgestellt. Sofern hierfür Freistellungen erforderlich waren, hat man sie dem Kläger problemlos zugestanden. Sofern ein Bewohner einer (Teilzeit-)Beschäftigung auf dem freien Arbeitsmarkt nachgehen sollte, organisiert man die Betreuungstätigkeiten um und verlegt diese außerhalb der Arbeitszeiten. In der Regel erwartet man von dem Klienten, dass er mit einer Kontaktaufnahme bei dem Arbeitgeber einverstanden ist und man bietet dann dem Arbeitgeber regelmäßige Kontaktgespräche an und besucht den Klienten auch am Arbeitsplatz.

Auf Grund dessen stellt der Senat fest, dass der Kläger seit 24. August 2012 unverändert in einer Einrichtung im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB II lebt. Das Wohnhaus und die Wohngemeinschaft, in der der Kläger seit diesem Zeitpunkt lebt, dient der Betreuung, im weiteren Sinne auch der Pflege und Förderung des Klägers und der Mitbewohner und Deckung aller sonstigen Bedarfe nach dem SGB XII. Dies geschieht durch Einsatz und Kombination sachlicher und auch personeller Mittel (auch Einsatz diverser Betreuer), der auf Dauer angelegt ist und zu einem besonderen Zweck und unter Verantwortung der CTW-S als Träger zusammengefasst ist. Ferner ist er für einen größeren wechselnden Personenkreis bestimmt, da Mitbewohner grundsätzlich ausziehen können, wenn die Erfordernisse hierfür nach Erreichen der Ziele vorliegen und neue Klienten einziehen können, wenn Plätze frei werden. Damit handelt es sich bei der Einrichtung der CTW-S, in der der Kläger seit 24. August 2012 lebt um eine Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II. Soweit der Beigeladene dies unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des BSG (B 14/7b AS 16/07 R, Urteil vom 6. September 2007) und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (L 12 AS 369/13, Urteil vom 24. Oktober 2014) in Abrede stellt, verkennt er, dass die genannte Entscheidung des BSG insoweit die Rechtslage vor der Gesetzesänderung zum 1. August 2006 im Blick hatte und inzwischen seine Rechtsprechung mit den oben genannten Urteilen vom 5. Juni 2014, (B 4 AS 32/13 R) und 2. Dezember 2014 (B 4 AS 35/13 R) ausdrücklich geändert und das Landessozialgericht Baden-Württemberg die Entscheidung des BSG vom 5. Juni 2014 offenkundig noch nicht berücksichtigt hat. Der Senat sieht insoweit keinen Grund, von der vorgenannten neueren Rechtsprechung des BSG, die sich auf die Gesetzesänderung ab 1. August 2006 stützt, abzuweichen. Ferner werden die Leistungen für den Kläger seit 24. August 2012 in der Einrichtung der CTW-S auch stationär erbracht. Der Kläger wurde in die Einrichtung förmlich aufgenommen, lebt seit 24. August 2012 in ihr und erhält alle erforderlichen Leistungen. Die Unterbringung ist auch Teil der Leistungserbringung. Damit ist auch die zweite vom BSG geforderte Voraussetzung einer stationären Leistungserbringung erfüllt. Des Weiteren liegt auch eine "Unterbringung" des Klägers in der Einrichtung der CTW-S vor, da der Träger - wie den Angaben des Geschäftsführers R. und dem individuellen Plan des Klägers für seine Tagesstruktur, der von der Einrichtung mit dem Kostenträger erstellt wurde - nach Maßgabe eines Konzepts die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung und die Integration des Klägers übernommen hat.

Der Kläger ist mithin seit 24. August 2012 in einer stationären Einrichtung im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II untergebracht und insoweit vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen.

Damit kommt es maßgeblich darauf an, ob der Kläger tatsächlich einer Erwerbstätigkeit in einem Umfang von 15 Stunden wöchentlich nachgegangen ist bzw. nachgeht. Entgegen der Auffassung des Beigeladenen kommt es nicht darauf an, ob diese Möglichkeit bestünde. Dies ergibt sich klar und eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut (§ 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 a.E. SGB II) sowie den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucksache 16/1410 Seite 20), der Gesetzessystematik und Sinn und Zweck der Regelung, so die Rechtsprechung des BSG (vgl. u.a. Urteil vom 5. Juni 2014, B 4 AS 32/13 R, mit ausführlicher Darlegung), der der Senat folgt. Soweit der Beigeladene meint, der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei nicht zu folgen, schließt sich der Senat seiner Auffassung nicht an und sieht auch unter Berücksichtigung des Vorbringens keine Veranlassung hierzu. Inwiefern die gesetzlich eindeutig formulierte Regelung gegen Art. 3 GG verstoßen sollte, wird vom Beigeladenen auch nicht ansatzweise dargelegt. Seine Auffassung, "im Wege einer gerechten Lösung und auf den Sinn und Zweck der Vorschrift" könne nicht in jeder erdenklichen Konstellation eine tatsächliche Erwerbstätigkeit verlangt werden, findet im Gesetz ebenso wenig eine Stütze, wie auch das Vorbringen, es sei "unbillig", für den Nachweis der Erwerbsfähigkeit bei Unterbringung in einer stationären Einrichtung eine tatsächliche Erwerbstätigkeit zu fordern wenn das Jobcenter zur Aufnahme einer solchen keine Hilfe leiste. Im Übrigen hat der Heimleiter R. auch eingeräumt, dass die Bewohner in der Einrichtung in der Regel eine Arbeit nicht finden. Der Kläger hat insofern auch keine Beschäftigung, die den Gegenbeweis erbringen würde, dass der gesetzlich bestimmte Leistungsausschluss hier nicht greift, gefunden und übt eine mindestens 15 Wochenstunden umfassende Erwerbstätigkeit zu regulären Arbeitsmarktbedingungen unverändert nicht aus (Bestätigung des Beigeladenen vom 17. März 2016, der dem Kläger weiterhin Leistungen nach dem SGB XII gewährt).

Da das SG somit im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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