L 11 R 2433/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 1700/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2433/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die schriftliche Befundung radiologischer Bilder durch eine Fachärztin für Radiologie in einer radiologischen Praxis erfolgt im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit, wenn die als Urlaubsvertretung tätig gewordene Fachärztin frei entscheiden kann, an welchen Tagen sie eine Urlaubsvertretung wahrnimmt, sie nach Anzahl der geleisteten Stunden honoriert wird, aber nicht das Zeiterfassungssystem der Praxis nutzen muss und auch sonst nicht in die Praxisorganisation eingebunden ist.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 15.04.2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf 5.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit für die Klägerin als Fachärztin für Radiologie im Rahmen eines in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine radiologische Gemeinschaftspraxis. Inhaber der Praxis sind sieben Ärzte als Gesellschafter; beschäftigt sind dort angestellte Ärzte und nichtärztliches Personal.

Die 1977 geborene Beigeladene zu 1) ist seit Februar 2011 Fachärztin für Radiologie. Sie übernahm aufgrund mündlicher Vereinbarung Urlaubsvertretungen für Praxisinhaber der Klägerin vom 25. bis 27.06.2014, am 22.09.2014, vom 24. bis 26.09.2014, am 01. und 02.10.2014, am 20. und 21.10.2014, am 23. und 24.10.2014 und vom 27. bis 31.10.2014. Inhalt ihrer Tätigkeit war die Befundung von radiologischen Untersuchungen (MRT, CT und Röntgen) in den Praxisräumen der Klägerin, idR von 09:00 bis 14:00 bzw 15:00 Uhr. Für ihre Tätigkeit stellte die Beigeladene zu 1) der Klägerin Rechnungen nach einem vereinbarten Stundensatz von 60 EUR. Die Klägerin rechnete die von der Beigeladenen zu 1) erbrachten Leistungen gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung bzw den Patienten ab. Die Beigeladene zu 1) hatte für ihre Tätigkeit eine private Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen.

Am 15.09.2014 beantragte die Beigeladene zu 1) die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status bei der Beklagten. Sie gab ergänzend an, dass ihr die zu befundenen Untersuchungen durch eine Praxismitarbeiterin mitgeteilt würden. Die fertigen Befunde würden von ihr unterschrieben und von einem der Gesellschafter gegengelesen. In Dienstpläne und Urlaubsregelungen sei sie nicht eingebunden, es bestehe keine Pflicht, an Dienstbesprechungen teilzunehmen. Ein Weisungsrecht bestehe gegenüber nichtärztlichem Personal. An Betriebskosten sei sie nicht beteiligt, ihr werde keine Dienstkleidung gestellt. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung oder Urlaubsvergütung bestehe nicht. Aufträge könne sie ablehnen, Dritte dürfe sie nicht beauftragen.

Nach Anhörung (Schreiben vom 20.11.2014) stellte die Beklagte mit Bescheid vom 29.12.2014 fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als Fachärztin für Radiologie vom 25. bis 27.06.2014, am 22.09.2014, vom 24. bis 26.09.2014, am 01. und 02.10.2014, am 20. und 21.10.2014, am 23. und 24.10.2014 und vom 27. bis 31.10.2014 bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Arbeitsförderungsrecht bestanden habe. Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis seien: zeitliche und organisatorische Einbindung durch den Auftraggeber; Vorgaben hinsichtlich der Arbeitszeiten mit Auftragsannahme; Vergütung mit Stundenlohn; Weisungsgebundenheit gegenüber den Praxisgesellschaftern; Supervision durch Praxisgesellschafter und Einbindung in die Hierarchie; Auftreten als Mitarbeiterin der Praxis gegenüber den Patienten; Zusammenarbeit mit Mitarbeitern der Praxis; kein unternehmerisches Risiko oder Chance; kein Kapitaleinsatz; keine Beteiligung an Betriebskosten; Ausübung der Tätigkeit in fremder Arbeitsorganisation; Abrechnungen mit Patienten seien über Praxis erfolgt; Klägerin habe personelle Engpässe bei den Mitarbeitern überbrückt. Für selbstständige Tätigkeit spreche: Möglichkeit zur Ablehnung der Aufträge; keine Verpflichtung zur Teilnahme an Dienstbesprechungen; keine Stellung von Arbeitskleidung und keine Verpflichtung zum Tragen einheitlicher Kleidung. Die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwögen. Freiräume inhaltlicher Art resultierten aus der fachlichen Qualifikation.

Den Widerspruch der Klägerin vom 21.01.2015 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2015 zurück. Die Beigeladene zu 1) habe Arbeitszeit und –ort nicht selbst bestimmen können. Die Zuordnung der Patienten sei je nach Aufkommen und bestimmter Arbeitsplatzzuordnung erfolgt. Sie habe Weisungen unterlegen und sei in die Gesamtorganisation der Praxis eingebunden gewesen. Auch hafte die Klägerin im Außenverhältnis selbst bei eventuellen Behandlungsfehlern, was notwendigerweise Weisungen gegenüber dem Honorararzt erfordere.

Hiergegen richtet sich die am 11.06.2015 zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage. Die Beigeladene zu 1) habe ihre Tätigkeit an einigen wenigen Tagen für die Klägerin als Berufsausübungsgemeinschaft im Vertretungsfall ausgeübt. Rechtlich habe sie als Vertreterin iSv § 32 Abs 1 Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) gehandelt. Der Vertreter habe den Facharztstandard einzuhalten, übe ansonsten seine Tätigkeit jedoch in eigener ärztlicher Verantwortung aus. Er handele selbstständig und weisungsungebunden und vertrete den vertretenen Arzt vollumfänglich. Es handele sich um einen Dienstvertrag nach § 611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Eine gewisse Eingliederung in die Organisationsstruktur der Praxis sei unvermeidlich. Bei Behandlungsfehlern hafte die Beigeladene zu 1) gegenüber den Patienten, bei Schäden durch unwirtschaftliche Behandlungsweise der Klägerin auf Schadenersatz. Eine eigene Haftpflichtversicherung sei daher unerlässlich; ein eigenes Risiko der Tätigkeit habe die Beigeladene zu 1) getragen. Die Beigeladene zu 1) habe es allein in der Hand gehabt, ob und wie lange sie tätig sein wolle. Sie sei auch für mehrere Praxen als Vertreterin tätig gewesen.

Das SG hat die Beigeladene zu 1) im Erörterungstermin am 15.04.2016 angehört und sodann mit Urteil vom gleichen Tag den angefochtenen Bescheid aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit bei der Klägerin an den im Bescheid vom 29.12.2014 genannten Zeiten außerhalb eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübte und nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe. Im Rahmen der Gesamtwürdigung überwögen die Umstände, die gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprächen. Die mündlich vereinbarte Übernahme der Urlaubsvertretungen enthalte nicht die wesentlichen Merkmale eines Arbeitsvertrags. Es fehlten bereits die typischen Regelungen einer Fortzahlung der Vergütung im Urlaubs- oder Krankheitsfall. Für die Beigeladene zu 1) habe keine Pflicht zur Teilnahme an Dienstbesprechungen bestanden, sie sei nicht in interne Urlaubs- oder Dienstpläne eingebunden gewesen, bezüglich der Arbeitskleidung habe es keine Vorgaben gegeben. Zudem habe die Beigeladene zu 1) frei bestimmen können, an welchen Tagen sie Urlaubsvertretungen übernehme. Eine gewisse örtliche Eingebundenheit habe bestanden, da die Tätigkeit in den Praxisräumen der Klägerin ausgeübt worden sei. Auch sei der zeitliche Rahmen durch die Sprechstundenzeiten vorgegeben und die von ihr zu befundenen radiologischen Bilder seien ihr in einer vorher festgelegten Liste zur Befundung vorgegeben worden. Diese äußere Eingliederung liege jedoch in der Natur der Sache der Tätigkeit. Das Bundessozialgericht (BSG) habe ausgeführt, dass eine Abhängigkeit nicht damit begründet werden könne, dass der Vertreter im Rahmen eines fremden Arztbetriebs tätig werde, für eine Eingliederung müsse vielmehr ein Unterordnungsverhältnis vorliegen (unter Hinweis auf BSG 15.12.1959, 2 RU 141/56, juris). Wesentlich ins Gewicht falle, dass die Beigeladene zu 1) eigenverantwortlich und kraft ihrer fachlichen Qualifikation die Befunden vorgenommen habe. Sie habe die Befugnis gehabt, das nichtärztliche Personal anzuweisen, beispielsweise um für die Befundung Bilder erneut in einer anderen Ebene darzustellen. Eine Einbindung in die Praxishierarchie sei nicht erfolgt. Es habe sich um einen Dienstvertrag als freie Mitarbeiterin gehandelt. Nach § 32 Ärzte-ZV sei Vertreter iS dieser Norm derjenige Arzt, der bei Verhinderung des Vertragsarztes in dessen Namen, auf dessen Rechnung und auf dessen Kosten die Praxis am Vertragsarztsitzt selbstständig weiterführe. Der Einwand der Beklagten bezüglich des Fehlens einer erfolgsbezogenen Vergütung greife nicht durch. Diese sei kein notwendiges Merkmal selbstständiger Tätigkeit. Insbesondere bei Diensten höherer Art sei eine Abrechnung nach Zeitaufwand nicht ungewöhnlich. Ausschlaggebend sei, dass die Beigeladene zu 1) nur eine Vergütung erhalte, wenn sie Patienten behandele. Auch stehe einer selbstständigen Tätigkeit nicht entgegen, dass die Beigeladene zu 1) nicht selbst abrechne; hierzu sei sie nicht befugt, da sie über keine eigene Zulassung verfüge.

Gegen das ihr am 20.06.2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 30.06.2016 eingelegte Berufung der Beklagten. Da Ärzte in ihrer eigentlichen ärztlichen Tätigkeit keinen Weisungen unterlägen, komme es entscheidend darauf an, inwieweit der Arzt in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert sei. Vertreter von Ärzten in vertragsärztlichen Praxen stünden nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur dann nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zum Praxisinhaber, wenn sie nicht dessen Weisungen unterlägen und allein die Verantwortung für die sachgerechte Fortführung der Praxis trügen (unter Hinweis auf BSG 27.05.1959, 3 RK 18/55, BSGE 10, 41). Auf die Vertretungstätigkeit der Beigeladenen zu 1) im Radiologiezentrum Mannheim treffe dies nicht zu. Hinsichtlich der Vertretung angestellter Ärzte sei davon auszugehen, dass die Beigeladene zu 1) mit denselben Aufgaben betraut worden sei, die üblicherweise von angestellten Ärzten wahrgenommen würden. Die Vertretung der abwesenden Praxisinhaber habe sich auf die ärztliche Behandlung beschränkt; die Arbeitgeberfunktion hätten die Praxisinhaber trotz kurzzeitiger Abwesenheit selbst wahrgenommen und das volle Unternehmerrisiko getragen. Darüber hinaus seien andere Praxisinhaber anwesend gewesen, so dass eine diesbezügliche Vertretung durch die Beigeladene zu 1) nicht geboten gewesen sei. Zwischen einer Gemeinschaftspraxis und einer Einzelpraxis bestehe ein ganz maßgeblicher Unterschied; eine Gemeinschaftspraxis könne auch bei längerer Abwesenheit eines Praxispartners fortgeführt werden, ohne dass der fehlende Praxispartner "von außen" ersetzt werden müsste. Übernähmen externe Ärzte die Sprechstunden eines abwesenden Praxispartners, sei dies nur im Rahmen einer fremden Betriebsorganisation möglich. Die Vorgabe eines zeitlichen Rahmens sowie die in einer festen Reihenfolge zu befundenden Bilder sprächen für eine abhängige Beschäftigung. Auch wenn es der Beigeladenen zu 1) freigestanden habe, an welchen Tagen sie Urlaubsvertretungen übernehmen wolle, stelle dies kein Merkmal für selbstständige Tätigkeit dar. Die Beigeladene zu 1) habe kostenlos die fremde Praxiseinrichtung und das zur Verfügung gestellte Material genutzt und mit dem Praxispersonal zusammengearbeitet. Sie habe kein wesentliches Unternehmerrisiko getragen. Soweit das SG darauf abstelle, dass die Beigeladene zu 1) nur vergütet werde, wenn sie Patienten behandele, überzeuge dies nicht. Die Vergütung sei nach Zeitaufwand erfolgt, während der Anwesenheitszeit seien die zu befundenden Untersuchungen zugewiesen worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 15.04.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verkenne die Tätigkeit eines ärztlichen Vertreters nach Maßgabe von § 32 Abs 1 Ärzte-ZV. Die Beigeladene zu 1) sei für die Vertretung von Gesellschaftern einer Berufsausübungspraxis tätig gewesen. Hinsichtlich des Umfangs des Weisungsbereichs der Beigeladenen zu 1) gegenüber dem nichtärztlichen Personal und auch dem angestellten ärztlichen Personal sei kein Unterschied im Vergleich zu Tätigkeiten der Gesellschafter gewesen. Aus dem Umstand, dass die Beigeladene zu 1) die von ihr erstellten Befunde mit einem der Gesellschafter abgestimmt habe, lasse sich keine unselbstständige Tätigkeit herleiten. Es handele sich um eine generelle Qualitätssicherungsmaßnahme in der Berufsausübungsgemeinschaft, die nichts mit einem Über-/Unterordnungsverhältnis zu tun habe. Von angestellten Ärzten werde zudem erwartet, dass sie an Teambesprechungen teilnehmen (zweimonatlich); ärztliche Vertreter würden hierzu nicht geladen. Bei Angestellten sei die Erfüllung der Fortbildungspflicht vertraglich vorgesehen, Fortbildungstage würden zusätzlich zu Urlaubstagen vertraglich zugesichert und die Fristen im Sekretariat gesammelt, um die Angestellten rechtzeitig an die Erfüllung der Fortbildungspflicht zu erinnern. Vertreter müssten sich darum selbst kümmern, ihnen werde auch keine Fortbildungszeit eingeräumt. Bei angestellten Ärzten erfolge die Erfassung der Arbeitszeit mittels eines elektronischen Chipkartensystems; für die Gesellschafter gälten andere Systeme. Vertreter dokumentierten selbstständig ihre Arbeitszeit ohne Integration in das Zeiterfassungssystem der Praxis und stellten daraufhin ihre Rechnung. Es gebe von den Gesellschaftern festgelegte QM Protokolle, die von den Angestellten zu beachten seien. Vertreter könnten ihre eigenen Protokolle festlegen bzw mit den MTRA absprechen oder sich an den hauseigenen Protokollen orientieren. Zu betrieblichen Veranstaltungen (Weihnachtsfeier, Sommerfest ua) würden Vertreter nicht geladen. Angestellte bekämen Poloshirt/Pullover mit gesticktem Namen und Praxislogo gestellt, Vertreter nicht.

Die Beigeladene zu 1) hat ergänzend ausgeführt, bei der Klägerin habe sie allein die Befunde unterzeichnet, dies sei dort so üblich gewesen. Allerdings seien die Untersuchungsprotokolle von Vertretern nicht nach einem festgelegten Muster erstellt worden, an welchem sich die angestellten Ärzte hätten orientieren müssen. An regelmäßigen Teammeetings habe sie nicht teilgenommen und auch das für angestellte Ärzte obligatorische elektronische Chipkartensystem nicht verwendet.

Im Übrigen haben sich die Beigeladenen im Berufungsverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 29.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beigeladene zu 1) war bei der Klägerin vom 25. bis 27.06.2014, am 22.09.2014, vom 24. bis 26.09.2014, am 01. und 02.10.2014, am 20. und 21.10.2014, am 23. und 24.10.2014 und vom 27. bis 31.10.2014 nicht abhängig beschäftigt und daher auch nicht versicherungspflichtig in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Das SG hat den angefochtenen Bescheid daher zu Recht aufgehoben und festgestellt, dass keine Versicherungspflicht besteht.

Formell ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig. Er ist nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ergangen. Die Beklagte hat zudem die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt, die das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat (BSG 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17 ff.; BSG 04.06.2009, B 12 R 6/08 R, juris), und nicht nur eine isolierte Entscheidung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung "dem Grunde nach", sondern auch über das Vorliegen von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung getroffen.

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 7a Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Nach dieser Vorschrift können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hätte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in den Absätzen 3 bis 5 geregelt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl I, 2000, 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855, S 6).

Ein entsprechender Antrag auf Statusfeststellung ist seitens der Beigeladenen zu 1) am 15.09.2014 bei der Beklagten eingegangen. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeitraum in der Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 25 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)). Nach § 7 Abs 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (Senatsurteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111, 257 mwN).

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 25).

Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass die Beigeladene zu 1) für die Klägerin an den genannten einzelnen Tagen im Jahr 2014 selbstständig tätig war, weshalb keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand. Das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit steht allerdings nicht schon deshalb fest, weil die Beigeladene zu 1) als Praxisvertreterin iSv § 32 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV tätig werden sollte. Dies ist lediglich ein Indiz, dass die Tätigkeit als Praxisvertreter nach allgemeiner Anschauung als selbstständige Tätigkeit angesehen wird (vgl zum Praxisvertreter BSG 27.05.1959, 3 RK 18/55, BSGE 10, 41 und BSG 15.12.1959, 2 RU 141/56, BSGE 11, 149). Ob die Voraussetzungen für eine selbstständige Tätigkeit vorliegen, ist jedoch im Einzelfall im Rahmen einer Gesamtabwägung festzustellen.

Auch für die Frage, ob ein Arzt im Krankenhaus - und Gleiches gilt für eine Tätigkeit in einer Arztpraxis - aufgrund eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses beschäftigt ist, kommt es maßgebend darauf an, ob der Arzt nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit in einem persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Krankenhausträger (Praxisinhaber) steht. Eine Weisungsfreiheit in Ausübung der ärztlichen Tätigkeit berührt eine persönliche Abhängigkeit nicht (BSG 23.10.1970, 2 RU 1/69, BSGE 32, 38). Als Indiz für eine persönliche Abhängigkeit hat das BSG (aaO) zB bewertet, dass auch ein Chefarzt seinen zeitlich genau begrenzten Urlaub beim Arbeitgeber beantragen musste.

Zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) waren nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten nur mündliche Verträge geschlossen worden. Danach sollte die Beigeladene zu 1) zu einem Stundensatz von 60 EUR als Fachärztin für Radiologie in der Praxis der Klägerin im Rahmen von Urlaubsvertretungen tätig werden zwischen 9:00 und idR 15:00 Uhr. Die einzelnen Tage wurden dabei frei vereinbart. Eine Fortzahlung der Vergütung im Falle von Urlaub oder Krankheit war nicht vereinbart. Für die Einsatztage hat die Beigeladene zu 1) die abgeleisteten Stunden der Klägerin in Rechnung gestellt. In der Praxis der Klägerin wurden der Beigeladenen zu 1) die zu befundenden radiologischen Bilder in einer vorher festgelegten Liste zur Befundung vorgegeben. Die von ihr erstellten Befunde wurden von einem Gesellschafter der Klägerin gegengelesen, von der Beigeladenen zu 1) unterschrieben und mit den Patienten besprochen. Soweit das SG davon ausgegangen ist, dass sowohl ein Praxisinhaber als auch die Beigeladene zu 1) den Befund unterschrieben hatten, nachdem ein fachlicher Konsens erzielt worden war, scheint dies auf einer Verwechslung mit dem dortigen Parallelverfahren S 16 R 1489/15 betreffend die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei einer anderen Arztpraxis zu beruhen. Laut Niederschrift zum Erörterungstermin im hiesigen Verfahren hat die Beigeladene zu 1) ausdrücklich ausgeführt, dass sie hier – anders als im Parallelverfahren – den Befund als alleinige Ärztin selbst unterschrieben habe. Dies hat die Beigeladene zu 1) mit ihrem Schriftsatz vom 13.02.2017 auch bestätigt. Gegenüber nichtärztlichem Personal war die Beigeladene zu 1) insoweit weisungsbefugt, als sie etwa eine Nachbearbeitung der Bilder veranlassen konnte.

Anders als in den vom BSG zum Praxisvertreter entschiedenen Fällen einer Einzelpraxis hat die Beigeladene zu 1) nicht die komplette Stellung des Praxisinhabers übernommen, sondern nur einen Ausschnitt hinsichtlich der reinen ärztlichen Tätigkeit, denn in der Praxis der Klägerin waren weitere Gesellschafter als Praxisinhaber tätig. Entscheidend ist daher, ob die Beigeladene zu 1) ihren Bereich komplett weisungsfrei ausgeübt hat oder doch in die fremde Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert war. Fachlich besteht bei ärztlichen Tätigkeiten aus der Natur der Sache eine weitgehend weisungsfreie Tätigkeit, die nur bei der Eingliederung in Hierarchien durchbrochen wird (vgl Powietzka/Bölz, KrV 2012, 137, 139). Die eigenverantwortliche Befundung durch die Beigeladene zu 1) entspricht daher dem Wesen der ärztlichen Tätigkeit und ist als solche nicht aussagekräftig. Für eine Eingliederung spricht die Vorgabe der zu befundenden Bilder in einer durch die Klägerin festgelegten Reihenfolge. Allerdings folgt dies ebenso aus der Natur der Sache hinsichtlich der Organisation einer großen radiologischen Praxis. Ein maßgebliches Kriterium liegt daher in der Zuweisung der Patienten nicht. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass die angestellten Ärzte bei der Klägerin in zusätzlichen Punkten erkennbar in die Praxisorganisation eingegliedert waren, die bei der Beigeladenen zu 1) nicht vorliegen. So mussten die angestellten Ärzte ein elektronisches Zeiterfassungssystem nutzen, ihnen wurden für die Befundung bestimmte Protokolle verbindlich vorgegeben, sie mussten an Teambesprechungen teilnehmen und nahmen an sozialen betrieblichen Veranstaltungen teil, zu denen die Beigeladene zu 1) als Vertreterin nicht eingeladen wurde. Auch die zur Einhaltung des Facharztstandards vorgeschriebenen ärztlichen Fortbildungspflichten wurden bei den angestellten Ärzten durch die Klägerin überwacht und gesteuert. Ebenso gab es für die Angestellten der Klägerin Kleidung mit dem eingestickten Namen und dem Logo der Praxis, nicht jedoch für Vertretungen wie die Beigeladene zu 1). Zu erkennen ist daher, dass die Beigeladene zu 1) zwar gewissen organisatorischen Zwängen folgend nicht völlig frei neben der betrieblichen Organisation gearbeitet hat, sie war jedoch nicht in vergleichbarem Maße eingegliedert wie die angestellten Ärzte.

Die Ausführung der Tätigkeit in den Praxisräumen der Klägerin selbst ergibt sich ohnehin aus der Natur der Sache und ist daher hier, ebenso wie bei Lehrern (dazu Senatsurteile vom 21.10.2014, L 11 R 4761/13 und 24.02.2015, L 11 R 2016/13, juris), kein valides Abgrenzungskriterium (Senatsurteil vom 19.04.2016, L 11 R 2428/15, juris zu einem Bereitschaftsarzt in einer Reha-Klinik).

Der Beigeladenen zu 1) wurden von der Klägerin keine festen Arbeitszeiten oder Schichten ohne vorherige Absprache und gegen ihren Willen zugewiesen, sondern ihr stand es frei, an welchen Tagen sie eine Urlaubsvertretung übernehmen wollte. Die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, kann als Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angesehen werden, weil damit die Beigeladene zu 1) über den Umfang seiner Tätigkeit selbst bestimmte. Doch sind ebenso im Rahmen abhängiger Beschäftigung Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Beschäftigten überlassen, wie er im Anforderungsfall tätig werden will oder ob er eine Anfrage ablehnt (Senatsurteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12). In Abruf- oder Aushilfsbeschäftigungsverhältnissen, in denen auf Abruf oder in Vertretungssituationen, beispielsweise bei Erkrankung und Ausfall von Mitarbeitern, lediglich im Bedarfsfall auf bestimmte Kräfte zurückgegriffen wird, kann die Möglichkeit eingeräumt sein, eine Anfrage abzulehnen. Eine derartige Vereinbarung kann auch arbeitsrechtlich zulässig sein. Dabei handelt es sich dann idR nicht um eine Arbeit auf Abruf iSd § 12 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG), sondern um auf den jeweiligen Einsatz bezogene Einzelarbeitsverträge (Ein-Tages-Arbeitsverhältnisse). Nach der Rspr des BAG sind die Arbeitsvertragsparteien nicht gezwungen, statt Einzelarbeitsverträgen ein Abrufarbeitsverhältnis nach § 12 TzBfG zu begründen. Auch kann der Arbeitnehmer ein Interesse an einer solchen Vertragskonstruktion haben; denn er kann dadurch über seine Zeit frei verfügen und läuft nicht Gefahr, dass seine anderweitigen Dispositionen und Verpflichtungen mit der Verpflichtung zur Arbeitsleistung kollidieren (BAG 16.05.2012, 5 AZR 268/11, BAGE 141, 348). Wird die Tätigkeit nach Annahme des Auftrags jedoch in einem fremden Betrieb und damit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt, stellt die Tätigkeit nicht allein wegen der vorhandenen Ablehnungsmöglichkeiten eine selbständige Tätigkeit dar.

Die Beigeladene zu 1) hatte - wenn auch nur in eher geringem Maße - ein für Selbständigkeit sprechendes Unternehmerrisiko zu tragen. Maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist (siehe dazu BSG 28.09.2011, B 12 R 17/09 R, juris; BSG 25.04.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400, § 7 Nr 15). Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüber stehen (BSG, aaO).

Die Beigeladene zu 1) hat - wie es für Honorarärzte typisch ist - im Wesentlichen ihre Arbeitskraft eingesetzt. Aus dem allgemeinen Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft nicht verwerten zu können, folgt allerdings noch kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze (BSG 28.09.2011, B 12 R 17/09 R, juris); dies gilt auch im Hinblick darauf, das Anschlussangebote ungewiss sind (aA - für eine Berücksichtigung des Verwertungsrisikos der eigenen Arbeitskraft: Porten, NZS 2016, 456, 461). Bei Betrachtung der gesamten Tätigkeit als Vertretungsärztin erscheint es jedoch auch nicht sachgerecht, allein aufgrund des vereinbarten pauschalen Stundenhonorars von 60 EUR ein unternehmerisches Risiko auszuschließen. Bei Bereitschafts- und Notärzten bietet sich eine feste Vergütung nach Stunden schon deshalb an, weil sich der Bereitschaftsdienst dadurch auszeichnet, dass nur im Notfall bei plötzlich auftretendem Behandlungsbedarf eine Tätigkeit erfolgt; in diesen Fällen ist die Vergütung nach festem Stundensatz daher kein relevantes Abwägungskriterium (so LSG Berlin-Brandenburg, 20.03.2015, L 1 KR 105/13, NZS 2015, 630). Ähnliches gilt jedoch auch in Fällen kurzzeitiger Vertretungen wie hier: eine stundenweise Abrechnung bietet sich hier viel eher an als eine aufwendig zu berechnende Vergütung nach einzelnen ärztlichen Diensten entsprechend der Gebührenordnung für Ärzte oder nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen unter Abzug von Praxiskosten. Die Vergütung ist daher hier als neutrales Kriterium zu sehen.

Im Außenverhältnis gegenüber den Patienten trat die Beigeladene zu 1) nicht in gleicher Weise auf wie angestellte Ärzte, da sie nicht die Oberbekleidung mit eingesticktem Namen und Praxislogo trug.

Unbeachtlich ist im Rahmen der Gesamtabwägung, dass keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlter Urlaub vereinbart waren. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten.

In der Gesamtabwägung spricht vor allem die fehlende konkrete Eingliederung in die Praxis der Klägerin bei ansonsten weitgehend nicht aussagekräftigen Indizien für eine selbstständige Tätigkeit. Insoweit spricht auch der tatsächliche Wille der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, hier für dieses Ergebnis. Diesem Willen kommt nach der Rechtsprechung des BSG indizielle Bedeutung dann zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Dies ist hier der Fall.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Da Klägerin und Beklagte nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, finden nach Maßgabe des § 197a SGG die VwGO und das Gerichtskostengesetz (GKG) Anwendung. In Bezug auf die Beigeladenen, die keine Anträge gestellt haben, sind außergerichtliche Kosten nach § 197a SGG iVm § 162 Abs 3 VwGO nicht zu erstatten.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt. Nachdem vorliegend keine konkrete Summe im Streit steht und sich eine solche auch nicht ermitteln lässt, bestimmt sich die endgültige Festsetzung des Streitwerts nach dem Auffangstreitwert in Höhe von 5.000 EUR (st Rspr des Senats; siehe Beschluss vom 17.07.2014, L 11 R 2546/14 B, juris).
Rechtskraft
Aus
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