L 7 AS 181/17 ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 52 AS 30/17 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 181/17 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Nach zweimaliger Kündigung kann eine Wohnung nicht mehr gesichert werden mit der Folge, dass das Jobcenter nicht zur Mietschuldenübernahme verpflichtet werden kann.
I. Die Vollstreckung aus dem Beschluss des SG München vom 13.02.2017 - Aktenzeichen S 52 AS 30/17 ER - wird bis zur Erledigung des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz ausgesetzt (§ 199 Abs.2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahmen von Mietschulden des Antragsgegners (Ag) durch den Antragsteller (Ast). Mit Beschluss vom 13.02.2017 verpflichtete das Sozialgericht München den Ast im Rahmen einer einstweiligen Anordnung, Mietschulden des Ag i.H.v. 4.602,81 Euro als Darlehen zu übernehmen.

Der Ag und die übrigen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft, seine Ehefrau und drei minderjährige Kinder, hätten am 19.01.2017 Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt.

Hilfebedürftigkeit sei zwar nicht nachgewiesen; der Ag und seine Ehefrau hätten - trotz Aufforderung durch den Ast - keine Gehaltsunterlagen vorgelegt. Hinsichtlich des Vermögens der Kinder, das die Freibeträge überschreite, sei zudem unklar, ob es sich um verwertbares Vermögen handle.

Im Rahmen einer Folgenabwägung habe der Ast jedoch inzwischen entstandene Mietschulden i.H.v. 4.602,81 Euro für die Dreizimmerwohnung der Bedarfsgemeinschaft mit einer monatlichen Gesamtmiete von 840,40 Euro als Darlehen zu übernehmen.

Durch Übernahme der Mietschulden könne die Wohnung gesichert werden, obwohl am 31.01.2017 die Räumungsklage der Vermieterin erfolgreich war.

Auch wenn es sich um die zweite Kündigung innerhalb von zwei Jahren handle - der Bedarfsgemeinschaft war bereits im Sommer 2016 wegen Mietrückständen gekündigt worden, wobei die Bedarfsgemeinschaft nach Übernahme von Mietschulden durch den Ast in der Wohnung verbleiben konnte -, könne auch jetzt die Wohnung wieder gesichert werden. Zwar schreibe § 569 Abs. 3 Nr 2 Satz 2 BGB vor, dass nunmehr wegen der zweiten Kündigung die Verzugsfolgen nicht mehr geheilt werden könnten. Eine Zwangsräumung verursache jedoch gerade wegen der minderjährigen Kinder eine besondere Notlage. Die Vermieterin, die städtische Wohnbaugesellschaft, würde daher zunächst nach mit der Zwangsräumung abwarten.

Hiergegen hat der Ast Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und gleichzeitig Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung des Beschlusses des Sozialgerichts nach § 199 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt.

Eine Schuldenübernahme sei nur möglich, wenn dadurch die Wohnung dauerhaft gesichert werden könne. Dies sei nicht der Fall, woran auch eine vorübergehende Duldung der Vermieterin nichts ändere. Der Beschluss des Sozialgerichts sei offensichtlich rechtswidrig.

II.

Der zulässige Antrag nach § 199 Abs. 2 SGG ist begründet.

Der Beschluss des Sozialgerichts lässt außer Acht, dass die Wohnung nach der zweiten Kündigung nicht mehr gesichert werden kann. Rechtlich besteht für den Ag offensichtlich keine Möglichkeit mehr, die Wohnung zu halten.

Der Ag und seine Ehefrau sind auf den guten Willen der beteiligten Behörden und der Vermieterin angewiesen.

Soweit die Vermieterin das Verbleiben der Bedarfsgemeinschaft in der Wohnung bislang duldet, ist dies ein reines Entgegenkommen ohne jegliche rechtliche Verpflichtung. Auch eine Übernahme der Mietschulden durch den Ast wäre daher ein reines Entgegenkommen.

Dass die Wohnung - entgegen der eindeutigen Rechtslage - im Rahmen einer gemeinsamen Anstrengung aller Beteiligten trotzdem noch erhalten werden kann, setzt nunmehr zwingend voraus, dass der Ag und seine Ehefrau an einer praktikablen Lösung mitwirken und sich insbesondere bei der Klärung der Hilfebedürftigkeit kooperativ zeigen. Dies ist bislang nicht der Fall.

Diese Anordnung ist unanfechtbar (§ 199 Abs.2 Satz 3 SGG).
Rechtskraft
Aus
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