L 16 AS 291/17 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
16
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 AS 189/17 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 AS 291/17 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Auch nach der Neuregelung der Eingliederungsvereinbarung in § 15 Abs. 3 S. 1 SGB II zum 01.08.2016 ist bei Eingliederungsverwaltungsakten gemäß § 15 Abs. 3
S. 3 SGB II die zu § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II a.F., ergangen Rechtsprechung anzuwenden. Der Eingliederungsverwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Überprüfungsfrist von 6 Monaten ohne Ermessensausübung überschritten wird.
I. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 28. Februar 2017 unter Ziffer I und II aufgehoben und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 04.04.2017 gegen die Eingliederungsverwaltungsakte vom 12.01.2017 und vom 02.02.2017 angeordnet.

II. Der Beschwerdegegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeführers.

III. Dem Beschwerdeführer wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung in Höhe der Selbstbeteiligung der Rechtsschutzversicherung von 150 EUR bewilligt und Rechtsanwältin C. B. , B-Straße, B-Stadt beigeordnet.

Gründe:

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 04.04.2017 gegen die Eingliederungsverwaltungsakte vom 12.01.2017 und vom 02.02.2017.

Der 1966 geborene Bf erhält seit 2005 laufend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Antrags-und Beschwerdegegner (Bg). Am 12.01.2017 fand eine persönliche Vorsprache des Bf beim Bg statt. Es wurde mit ihm über den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung gesprochen. Laut einem Aktenvermerk wurden Maßnahmen zur Wiedereingliederung auf den Arbeitsmarkt angeboten und erläutert. Der Bf habe mitgeteilt, dass er an keiner Maßnahme interessiert sei. Er habe sich geweigert eine Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben, unabhängig von den Inhalten, er wolle sie auch nicht mit nach Hause nehmen und durchlesen, weil er prinzipiell keine Eingliederungsvereinbarung unterschreiben werde. Er möchte, dass die Eingliederungsvereinbarung gleich per Verwaltungsakt geschlossen werde. Der Bf erließ am gleichen Tag einen Eingliederungsverwaltungsakt gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II, "gültig von 12.01.2017 bis auf weiteres". Der Verwaltungsakt könne mit einer Nebenbestimmung gemäß § 32 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) versehen werden. Hiervon werde Gebrauch gemacht, um die Gültigkeit zu konkretisieren. Der Bescheid werde regelmäßig überprüft und im gegebenen Falle mit neuem ersetzendem Verwaltungsakt fortgeschrieben. Dies erfolge insbesondere, wenn eine wesentliche Änderung in den persönlichen Verhältnissen eine Anpassung der vereinbarten Maßnahmen, Leistungen des Jobcenters und der Pflichten des Bf erforderlich mache. Das Gleiche gelte, wenn das Ziel der Integration in den Arbeitsmarkt nur aufgrund von Anpassungen und Änderungen erreicht bzw. beschleunigt werden könne. Das Ziel der Eingliederungsvereinbarung sei die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Der Bg unterstütze die Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme der angemessenen nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen, sofern diese zuvor beantragt worden seien. Außerdem übernehme er die Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen. Der Bf wurde verpflichtet, jede zumutbare Arbeit anzunehmen und vier Bewerbungen pro Kalendermonat nachzuweisen und auf Vermittlungsvorschläge unverzüglich zu reagieren.

Mit einer E-Mail vom 29.01.2017 lehnte der Bf die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme ab, unter Hinweis auf seine gesundheitlichen Probleme sowie den fehlenden PKW und seine Unfähigkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.

Daraufhin erließ der Bg am 02.02.2017 einen Eingliederungsverwaltungsakt gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II, mit dem die Eingliederungsvereinbarung "vom 02.02.2017" fortgeschrieben werde mit einer Gültigkeit "von 02.02.2017 bis auf weiteres". Eine Eingliederungsvereinbarung sei nicht zu Stande gekommen. Der Bescheid vom 02.02.2017 wiederholte den Inhalt des Eingliederungsverwaltungsakts vom 12.01.2017 und sah zusätzlich die Teilnahme des Bf am Bewerbungscenter bei den Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft mit den Bausteinen: Einführung in das Bewerbungscenter, Bewerbungscoaching, aktive IT-gestützte Bewerbungsbemühungen, Eigenrecherche sowie weitere Schulungsmodule für die Dauer von zwei Wochen jeweils Montag bis Freitag von 8:30 Uhr bis 12:30 Uhr vor. Die Einladung würde direkt vom Träger zugeschickt werden.

Mit Schreiben vom 09.02.2017 wurde gegen die Bescheide vom 12.01.2017 und vom 02.02.2017 durch die Bevollmächtigte des Bf Widerspruch eingelegt. Es sei nicht gestattet, zunächst eine Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt zu erlassen und wenige Wochen später eine weitere Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt hinterherzuschieben. Es sei vor Erlass der weiteren Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt nicht versucht worden eine Eingliederungsvereinbarung zu schließen. Außerdem sei es dem Bf aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen (mangelnde Mobilität) nicht möglich, an der Schulungsveranstaltung teilzunehmen.

Am 16.02.2017 stellte die Bevollmächtigte des Bf beim Sozialgericht Augsburg einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 09.02.2017 gegen die Eingliederungsvereinbarungen per Verwaltungsakt vom 12.01.2017 und vom 02.02.2017. Sie wiederholte die Begründung des Widerspruchs und führte ergänzend aus, dass bereits Sanktionsbescheide angedroht worden seien. Sie legte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Bf vom 13.02.2017 vor, wonach dieser voraussichtlich bis zum 26.02.2017 arbeitsunfähig sei.

Der Bg führte aus, dass mit dem Bf am 12.01.2017 vereinbart worden sei, dass er sich verschiedene Maßnahmen zur Wiedereingliederung auf den Arbeitsmarkt in Ruhe zuhause ansehen und sich bis zum 19.01.2017 zurückmelden solle. Daher sei der Eingliederungsverwaltungsakt vom 12.01.2017 ohne Zuweisung zu einer Maßnahme erlassen worden. Nachdem am 29.01.2017 eine E-Mail des Bf eingegangen sei, mit der er es erneut abgelehnt habe, eine Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit anzutreten, sei am 02.02.2017 die Fortschreibung der Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1, 2 und 3 SGB II vorgenommen worden. Als wesentliche Änderung sei die Zuweisung zur Maßnahme "Bewerbungscenter" aufgenommen worden. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei abzulehnen, da ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache zumutbar sei. Es könne keine Eilbedürftigkeit erkannt werden. Der Bf sei nicht sanktioniert worden. Es sei eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum 13.02.2017 bis 26.02.2017 eingereicht worden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass vorgetragen werde, dem Bf werde vorgeworfen nicht an der Maßnahme teilzunehmen. Im Übrigen sei die Fortschreibung des Eingliederungsverwaltungsaktes rechtmäßig und zulässig und kein Hinterherschieben eines neuen Verwaltungsaktes. Soweit der Bf ausführe, er könne aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Maßnahme teilnehmen, sei dies durch das ärztliche Gutachten vom 27.07.2016, das in einem Verfahren vor dem Sozialgericht Augsburg eingeholt worden sei, widerlegt. Darin sei festgestellt, dass der Bf keine körperlichen Einschränkungen habe, die ihn an der Teilnahme an einer Maßnahme hindern würden. Mit Beschluss vom 28.02.2017 lehnte das Sozialgericht Augsburg den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 09.02.2017 gegen die Eingliederungsverwaltungsakte vom 12.01.2017 und vom 02.02.2017 ab. Der Eingliederungsverwaltungsakt vom 12.01.2017 werde durch den Eingliederungsverwaltungsakt vom 02.02.2017 konkludent aufgehoben (§ 48 SGB X) und habe damit gemäß § 39 Abs. 2 SGB X seine Wirksamkeit verloren. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 02.02.2017 sei im Übrigen zulässig jedoch unbegründet. Eingliederungsverwaltungsakte seien lediglich summarisch dahingehend zu prüfen, ob eine Eingliederungsvereinbarung gescheitert sei und ein ausgewogenes Verhältnis der wechselseitigen Verpflichtungen erkennbar sei und die Eignung der Lebenssituation des Leistungsberechtigten berücksichtigt worden sei. Gemessen hieran sei der Eingliederungsverwaltungsakt vom 02.02.2017 nicht offensichtlich rechtswidrig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.2017 wurden die Widersprüche gegen die Eingliederungsvereinbarungen per Verwaltungsakt vom 12.01.2017 und 02.02.2017 zurückgewiesen. Die Fortschreibung des Verwaltungsaktes sei zulässig und kein Hinterherschieben eines neuen Verwaltungsaktes. Auch inhaltlich sei der Eingliederungsverwaltungsakt rechtmäßig. Die auferlegten Verpflichtungen seien zumutbar, die Maßnahme sei vom Bf auch aus gesundheitlichen Gründen zu bewältigen, was sich aus dem im Verfahren S 15 AS 470 /16 erstellten gerichtlichen Gutachten ergebe. Gegen diesen Widerspruchsbescheid erhob die Bevollmächtigte des Bf am 04.04.2017 Klage zum Sozialgericht Augsburg (S 14 AS 381/17).

Am 04.04.2017 hat die Bevollmächtigte des Bf Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 04.04.2017 gegen die Eingliederungsvereinbarungen per Verwaltungsakt vom 12.01.2017 und vom 02.02.2017 anzuordnen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die richterlichen Ausführungen nicht nachvollziehbar seien. Es seien bereits früher Sanktionsbescheide erlassen worden. Im Übrigen hat sie den erstinstanzlichen Vortrag wiederholt. Zugleich hat sie einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt, der sich auf die Selbstbeteiligung der Rechtsschutzversicherung in Höhe von 150 EUR erstrecke.

Der Bg hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und den Antrag auf Prozesskostenhilfe abzulehnen. Es bestünden keine Bedenken gegen die Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg vom 28.02.2017. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Bg sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verfahrensakte des Sozialgerichts Augsburg S 15 AS 470/16 Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 173, 174 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Der Bf wendet sich gegen eine mögliche drohende Sanktion, wofür ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse erforderlich ist, weil es sich insoweit um das Begehren vorbeugenden Rechtsschutzes handelt. Es kann vorliegend jedoch dahinstehen, ob ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse besteht, weil der Bf auch Rechtsschutz gegen die durch die Eingliederungsverwaltungsakte auferlegten Handlungspflichten begehrt und insoweit das Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 14.02.2017 - L 7 AS 113/17 B ER -, Rn. 25, juris). Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht erhoben.

Die Beschwerde ist auch begründet. Das Sozialgericht Augsburg hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs zu Unrecht abgelehnt.

Der Eilantrag wurde als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw. der zwischenzeitlich am 04.04.2017 erhobenen Klage gestellt. Ein Eingliederungsverwaltungsakt hat gemäß § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung, d.h. er ist sofort vollziehbar. In einem solchen Fall kann gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist begründet. Die Entscheidung beruht auf einer Interessenabwägung. Abzuwägen sind das private Interesse des Antragstellers, vom Vollzug des Verwaltungsakts bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und das öffentliche Interesse an der Vollziehung der behördlichen Entscheidung. Im Rahmen der Abwägung hat neben den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache die Frage der Eilbedürftigkeit wesentliche Bedeutung. Nur bei offenbarer Rechtswidrigkeit der angegriffenen Regelung ist die Feststellung einer besonderen Eilbedürftigkeit entbehrlich. In Fällen des § 39 SGB II, wonach der Gesetzgeber aufgrund einer typisierenden Abwägung dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug den Vorrang gegenüber entgegenstehenden privaten Interessen einräumt, ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung die mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Auflage 2017, § 86b Rn. 12c ff).

Danach war die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Eingliederungsverwaltungsakte anzuordnen. Bei summarischer Prüfung sind die angefochtenen Eingliederungsverwaltungsakte aufgrund ihrer Geltungsdauer rechtswidrig. Der Bg hat dem Wortlaut der Neuregelung des § 15 Abs. 3 Satz 1 SGB II folgend für die Eingliederungsverwaltungsakte vom 12.01.2017 und vom 02.02.2017 keine Beschränkung der Geltungsdauer vorgenommen. Eine solche ergibt sich auch nicht aus der Nebenbestimmung. Vielmehr hat er geregelt, dass sie bis auf weiteres gelten sollen. Der Gesetzgeber hat mit der durch das 9. Änderungsgesetz zum SGB II (9. SGB IIÄndG) vom 26.07.2016 geschaffenen Neufassung des § 15 SGB II keine ausdrückliche Änderung hinsichtlich der Geltungsdauer von Eingliederungsverwaltungsakten nach § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II n.F. (vorher: § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II a.F.) vorgenommen. Nach § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II sollen die Regelungen durch Verwaltungsakt getroffen werden, "soweit" eine Vereinbarung nicht zu Stande kommt. Diese Formulierung stellt gegenüber § 15 Absatz 1 Satz 6 SGB II a.F. nur eine redaktionelle und grammatikalische Modifikation dar. Der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/8041, S. 36) lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber im Bezug auf den Eingliederungsverwaltungsakt neue Regelungen treffen wollte. Die Neufassung des § 15 SGB II war nach den Ausführungen der Gesetzesbegründung vor allem von dem Wunsch getragen, eine möglichst zügige, passgenaue und motivationsfördernde Eingliederung in Arbeit durch Eingliederungsvereinbarung zu erreichen. Betont wird, dass dem Zusammenspiel von Eingliederungsvereinbarung und der Bestimmung von Pflichten und ihrer Nachhaltung bis hin zur Durchsetzung im Rahmen von Sanktionen eine große Bedeutung zukomme. Das maßgebliche Werkzeug zur Planung und Gestaltung des Eingliederungsprozesses und zur Festlegung gegenseitiger Rechte und Pflichten sei die Eingliederungsvereinbarung. Es sei angemessen, die Inhalte der Vereinbarung hoheitlich festzusetzen, wenn im Integrationsprozess eine einverständliche Regelung über Leistungen und Pflichten nicht gelinge, aber eine verbindliche Festlegung erforderlich sei. Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 SGB II n.F. soll die Eingliederungsvereinbarung regelmäßig, spätestens jedoch nach Ablauf von sechs Monaten, gemeinsam überprüft und fortgeschrieben werden. Diese Neuregelung folgt dem gesetzgeberischen Regelungskonzept von Eingliederungsvereinbarung und zielgerichteter Eingliederung in Arbeit.

Der Senat bezweifelt, dass diese Neuregelung für Eingliederungsvereinbarungen auch Eingliederungsverwaltungsakte gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II n.F. betrifft. Aus dem Wortlaut des Gesetzes und der Gesetzesbegründung ergeben sich hierfür keine Anhaltspunkte. Deshalb spricht viel dafür, die zu § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II a.F. ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn die gesetzlich vorgesehene Geltungsdauer ohne Ermessenserwägungen überschritten wird (BSG, Urteil vom 14.02. 2013 - B 14 AS 195/11 R -, BSGE 113, 70-75, SozR 4-4200 § 15 Nr. 2), auch auf Eingliederungsverwaltungsakte nach § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II n.F anzuwenden. Dann ist auch nach neuem Recht davon auszugehen, dass die Überprüfungsfrist von sechs Monaten bei fehlender Ermessensausübung die Höchstfrist für eine einseitig festzulegende Laufzeit bei einem Eingliederungsverwaltungsakt ist (so auch Berlit in Lehr- und Praxiskommentar zum SGB II, 6. Aufl. 2017, § 15, Rn. 62; derselbe in info also 2016, 195 ff).

Die nach § 73a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche Erfolgsaussicht des Beschwerdeverfahrens ist bei summarischer Prüfung nicht zu verneinen. Die hinreichende Erfolgsaussicht des Rechtsstreites ist ebenso wie die Erforderlichkeit einer Vertretung durch einen Rechtsanwalt gegeben, wenn der Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zumindest vertretbar gehalten werden kann (vgl. Leitherer in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 73a, Rn. 7a). Der Bf kann nach den vorliegenden Unterlagen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung die Kosten der Prozessführung in Höhe der Selbstbeteiligung der Rechtsschutzversicherung von 150 EUR nach § 114 ZPO nicht aufbringen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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