L 7 SO 2293/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 14 SO 813/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2293/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung für einen Kostenersatz nach § 102 SGB XII ist, dass die Sozialhilfeleistungen rechtmäßig erbracht worden sind. Ein möglicherweise erfolgter Übergang von Ansprüchen des Sozialhilfeempfängers auf Schadensersatz gem. § 116 SGB X auf den Sozialhilfeträger hat grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung durch den Sozialhilfeträger. 2. Dem gesetzlichen Forderungsübergang nach § 116 SGB X kommt grundsätzlich kein Vorrang gegenüber der Inanspruchnahme des Erben nach § 102 SGB XII zu.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 27. April 2016 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand:

Im Streit steht die Inanspruchnahme der Klägerin im Wege des Kostenersatzes als Erbin für die ihrer verstorbenen Schwester S. G. (S. G.) in der Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 5. September 2010 erbrachten Eingliederungshilfeleistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII).

Die am 12. Dezember 1978 geborene S. G. erlitt am 7. April 1998 einen Verkehrsunfall, bei dem sie sich ein apallisches Syndrom, ein schweres Schädelhirntrauma mit polytopen Kontusionen (Prellungen) und Kontusionshämatomen und einen posttraumatischen Hydrozephalus zuzog. Das Landesamt für soziale Dienste Schleswig-Holstein stellte bei ihr einen Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen G, aG, H und RF fest.

Im Juli 2003 beantragte S. G. bei der Beklagten Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG). Im Rahmen dieses Antragsverfahrens reichte sie verschiedene medizinische Unterlagen ein (Bericht des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. vom 1. Februar 1999; Gutachten des Prof. Dr. M. vom 29. Dezember 1998; Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Schleswig-Holstein vom 17. Februar 1999), aus denen sich ergab, dass die genannten Gesundheitsstörungen Folge des Verkehrsunfalles waren.

Die Beklagte erbrachte ab 1. Januar 2003 zunächst Leistungen nach dem GSiG, ab 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII. Mit Schreiben vom 20. Februar 2004 bat die Beklagte den seinerzeitigen Betreuer der S. G. um Auskunft hinsichtlich Schadensersatzansprüchen und Rentenansprüchen wegen des Unfalls gegenüber der gegnerischen Haftpflichtversicherung (Bl. 48 der Grundsicherungsakten); eine Reaktion darauf erfolgte nicht. Im Januar 2008 reichte S. G. eine gegenüber der Volksfürsorgeversicherungsgruppe am 31. März 2006 abgegebene "Abfindungserklärung" mit folgendem Inhalt bei der Beklagten ein: "Gegen Empfang von restlichen 100.000,00 (einhunderttausend) EUR zuzüglich einer lebenslangen monatlichen Schmerzensgeldrente von 500,00 EURO, beginnend ab dem 01.03.2006 sind Schmerzensgeldansprüche, die aufgrund des Schadensfalls vom 17.04.98 gegen - Herrn K. Z. - sonstige Dritte - die Volksfürsorge Deutsche Sachversicherung AG geltend gemacht werden können, vollständig für jetzt und alle Zukunft abgegolten. Ausgenommen von der Abfindung bleiben lediglich etwaige zukünftige immaterielle Ansprüche, sofern sich weitere, im Zeitpunkt der Unterzeichnung dieser Erklärung weder bekannte noch voraussehbare Unfallfolgen einstellen. Insoweit stellt die Volksfürsorge Deutsche Sachversicherung AG den Geschädigten/die Geschädigte unwiderruflich so, als wäre ein rechtskräftiges Feststellungsurteil mit eine Quote von 100 % ergangen. Bei gesamtschuldnerischer Haftung sind Ersatzansprüche gegen Dritte ausgeschlossen, soweit sie zu einem Regress gegen den Versicherungsnehmer, den Versicherten oder die Volksfürsorge Deutsche Sachversicherung AG führen könnten. Eine Leistung von anderer Seite (z. B. Krankenkasse, Berufsgenossenschaft, Rentenversicherung oder dem Sozialamt) ist weder beantragt noch gezahlt worden, ausgenommen die Zahlungen von AOK Kranken- und Pflegekasse Stadt K. Soweit Leistungen, die vorstehend nicht erwähnt sind, gezahlt sind oder noch gezahlt werden, verpflichte ich mich, diese zurückzuzahlen".

Unter dem 9. Januar 2008 verfügte die Beklagte, dass das Schmerzensgeld sowie die Schmerzensgeldrente in Höhe von 500,00 EUR nicht auf die Grundsicherungsleistungen anzurechnen seien, und erbrachte diese weiter an S. G.

Am 1. September 2006 wurde S. G. in die Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) der Einrichtung Werkstatt am D. (Einrichtungsträgerin Stiftung D.), die über Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII mit der Beklagten verfügt (vgl. Vergütungsvereinbarungen vom 19. August 2008/27. August 2008, 21. Januar 2010/26. Januar 2010 und 21. Juli 2010/26. Juli 2010; Bl. 27/42 der Senatsakten), aufgenommen. Zunächst besuchte sie - finanziert durch die Bundesagentur für Arbeit - den Eingangs- und Berufsbildungsbereich der WfbM. Zum 1. Dezember 2008 erfolgte die Übernahme in den Arbeitsbereich der WfbM mit dem Ziel der Teilhabe am Arbeitsleben sowie der Förderung in den Bereichen Belastbarkeit, Ausdauer und Interesse.

Am 15. Oktober 2008 beantragte S. G. die Übernahme der von ihr der Einrichtung geschuldeten Betreuungskosten im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII. In dem Formularantrag vom 19. März 2009 verneinte sie die Fragen nach Einkommen, Vermögen sowie "Ansprüche gegen eine sonstige Person oder Institution ... z. B. Entschädigung von einer Versicherung)".

Die Beklagte übernahm für die Betreuung der S. G. in der Einrichtung Stiftung D./WfbM die hierfür entstehenden Kosten in Höhe des täglich vereinbarten/anerkannten Kostensatzes ab 1. Dezember 2008 bis zum 5. September 2010 (Bescheide vom 25. März 2009 und 16. November 2009). Wegen einer Erkrankung blieb S. G. der WfbM ab 6. September 2010 fern. Für diese Eingliederungshilfeleistungen erbrachte die Beklagte an die Stiftung D. entsprechend den bestehenden Vergütungsvereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII insgesamt 25.874,50 EUR.

Am 4. April 2011 verstarb S. G. Ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts Kiel vom 17. Mai 2011 (1 VI 691/11, Bl. 141 der Verwaltungsakten) beerbte die am 10. März 1987 geborene Klägerin ihre verstorbene Schwester.

Auf Anfrage der Beklagten (Schreiben vom 23. Mai 2011) teilte die Klägerin ausweislich des Aktenvermerks der Beklagten vom 30. Mai 2011 mit, dass ca. 70.000,00 EUR aus dem Nachlass vorhanden seien. Die Klägerin reichte am 28. Juni 2011 einen Gebührenbescheid der Landeshauptstadt K. vom 29. April 2011 für ein Sarg-Wahlgrab in Höhe von 1.700,00 EUR, eine Rechnung der Firma U. Bestattungen vom 8. April 2011 über Bestattungskosten in Höhe von 3.130,50 EUR (einschließlich der Gebühren von 1.700,00 EUR) sowie einen Kontoauszug über das Konto der S. G. bei der H. Bank (Guthaben am 31. März 2011 sowie am 6. Mai 2011 in Höhe von jeweils 98.506,02 EUR; Bl. 157 der Verwaltungsakten) ein.

Mit Schreiben vom 4. Juli 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ein Kostenersatzanspruch nach § 102 SGB XII in Höhe von 23.690,50 EUR bestehe, der von der Klägerin als Erbin zu erfüllen sei. Es handele sich um die Aufwendungen der Sozialhilfe von 25.874,50 EUR, die um den gesetzlichen Freibetrag von 2.184,00 EUR zu reduzieren seien. Eine Inanspruchnahme in einem geringeren Ausmaß sei auf Grund des Nachlassvermögens leider nicht möglich. Am 9. August 2011 legte die Bevollmächtigte der Klägerin vorsorglich gegen das Schreiben vom 4. Juli 2011 Widerspruch ein und monierte, dass ein Anspruch auf Kostenersatz gem. § 102 SGB XII durch Verwaltungsakt zu erfolgen habe. Die Beklagte nahm mit Schreiben vom 15. August 2011 dahingehend Stellung, dass ihr Schreiben vom 4. Juli 2011 nicht als Bescheid anzusehen sei.

Mit Bescheid vom 12. September 2011, gerichtet an "Frau S. G. über Frau Rechtsanwältin I. R." machte die Beklagte eine Kostenersatzforderung in Höhe von 23.690,50 EUR geltend. Dagegen legte die Klägerin am 13. Oktober 2011 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2011 zurückwies. Dagegen erhob die Klägerin am 28. Januar 2012 Klage zum Sozialgericht (SG) Ulm (S 14 SO 391/12) und machte geltend, dass ein Ausgangsbescheid gegenüber der Klägerin nicht ergangen sei. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 28. November 2012 ihren Bescheid vom 12. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2011 aufgehoben hatte, erklärte die Klägerin diesen Rechtsstreit für erledigt.

Am 7. Dezember 2012 erließ die Beklagte ausdrücklich gegenüber der Klägerin einen Kostenersatzbescheid und verlangte für die in der Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 5. September 2010 erbrachten Eingliederungshilfeleistungen Kostenersatz in Höhe von 23.690,50 EUR. Die Leistungsgewährung an S. G. sei rechtmäßig nach den Vorschriften des SGB XII erfolgt. Eigenbeteiligungen hätten nicht gefordert werden können, da S. G. aufstockend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII bezogen habe. Die Eingliederungshilfeleistungen seien nach § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII vermögensunabhängig erbracht worden. Gem. § 102 SGB XII sei der Nachlass der Verstorbenen mit einem Kostenersatzanspruch belastet. Da der Wert des Nachlasses und die Kosten der Sozialhilfe das Dreifache des Grundbetrages nach § 85 Abs. 1 SGB XII in Höhe von 2.184,00 EUR übersteige, sei eine Kostenersatzpflicht der Erben gemäß § 102 SGB XII eingetreten. Nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII sei von einer Kostenersatzforderung nur abzusehen, wenn die Inanspruchnahme für den Erben eine besondere Härte bedeuten würde. Eine generelle besondere Härte sei durch die Anrechnung des Freibetrages nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII in Höhe von 2.184,00 EUR bereits berücksichtigt. Weitere Kriterien für eine besondere Härte, die persönlicher und wirtschaftlicher Art seien könnten, hätten nicht ermittelt werden können.

Dagegen legte die Klägerin am 10. Januar 2013 Widerspruch ein. S. G. habe einen schweren Verkehrsunfall erlitten, bei dem der Gegner zu 100 % hafte. Dem Sozialhilfeträger sei dies bekannt gewesen. Die erbrachten Eingliederungshilfeleistungen seien aufgrund des Verkehrsunfalls notwendig geworden, da S. G. vor dem Unfall vollkommen gesund und nach dem schädigenden Ereignis schwerstbehindert gewesen sei. Somit seien die gewährten Leistungen aufgrund des Schadensereignisses erbracht worden und hätten der Behebung eines Schadens der gleichen Art gedient. Gem. § 116 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) sei zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses (Unfall), spätestens jedoch zum Zeitpunkt der Leistungsgewährung, ein gesetzlicher Forderungsübergang erfolgt, bei dem der Sozialhilfeträger die Schadensersatzansprüche der Verletzten erworben habe. Durch diesen Anspruchsübergang habe der Sozialleistungsträger das Recht und nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 116 SGB X auch die Pflicht, die Schadensersatzansprüche bei dem Schädiger bzw. seiner Haftpflichtversicherung durchzusetzen. Ein Ausschluss des Forderungsübergangs sei auch nicht ersichtlich.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchbescheid vom 13. Februar 2013 als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für den Kostenersatzanspruch des § 102 SGB XII lägen vor, die Klägerin sei Erbin der verstorbenen leistungsberechtigten Person, der Zeitraum der Leistungsgewährung (1. Dezember 2008 bis 5. September 2010) habe innerhalb des gesetzlichen 10-Jahres-Zeitraumes gelegen, der Freibetrag von 2.184,00 EUR sei bei der Ermittlung des zu ersetzenden Betrages berücksichtigt worden, das Nachlassvermögen habe 99.066,02 EUR betragen und eine Inanspruchnahme in der berechtigten Höhe zugelassen. Die Hilfegewährung sei rechtmäßig erfolgt. Es sei zudem nicht nachgewiesen, dass ein Schadensersatzanspruch bei Einsetzen der Sozialhilfe noch bestanden habe. Hier sei zu berücksichtigen, dass S. G. in ihrem Grundantrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII keine Angaben zu einem möglichen Schadensersatzanspruch gemacht habe. Die Frage, ob entsprechende Ansprüche geltend gemacht worden seien, habe sie verneint. Auch im Laufe des Hilfebezugs habe sie in Kenntnis der bestehenden Mitwirkungspflichten nicht auf einen möglichen Anspruch hingewiesen. Es habe aus Sicht des Sozialhilfeträgers keine Veranlassung bestanden, die Auskünfte der Antragstellerin in Zweifel zu ziehen und Ermittlungen von Amts wegen einzuleiten. Das Schadensereignis habe bei Hilfebeginn bereits mehr als zehn Jahre zurückgelegen. Die für S. G. aufgewendeten Leistungen der Eingliederungshilfe in einer WfbM seien nach § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII einkommens- und vermögensunabhängig geleistet worden. Auch in Fällen, in denen ein Schadenersatzanspruch vor der Antragstellung auf Sozialhilfe möglicherweise kapitalisiert oder anderweitig abgefunden worden sei, bestehe ein uneingeschränkter Leistungsanspruch.

Gegen den ihrer Bevollmächtigten am 15. Februar 2013 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 15. März 2013 Klage zum SG Ulm erhoben (S 14 SO 813/13). Gem. § 116 SGB X seien Schadensersatzansprüche der verstorbenen Schwester der Klägerin auf die Beklagte mit der Folge übergegangen, dass die Kosten der Eingliederungshilfe bei dem Haftpflichtversicherer des Schädigers zu realisieren gewesen seien und nicht von der Klägerin als Erbin im Nachhinein zu ersetzen seien. Gem. § 116 SGB X erfolge spätestens zum Zeitpunkt der Leistungsgewährung ein gesetzlicher Forderungsübergang, bei dem die Beklagte die Schadensersatzansprüche der S. G. erworben habe. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Das SG Ulm hat die Klage durch Urteil vom 27. April 2016 abgewiesen. Rechtsgrundlage für die von der Beklagten gegenüber der Klägerin verfügte Verpflichtung zur Kostenerstattung sei § 102 SGB XII. Die Leistungserbringung an die verstorbene S. G. sei rechtmäßig gewesen, denn das Vermögen in Höhe von knapp unter 100.000,00 EUR habe den erbrachten Leistungen der Eingliederungshilfe nicht entgegengestanden. Diese Leistungen seien nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB XII in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 SGB XII unabhängig vom vorhandenen Vermögen zu erbringen gewesen. Die Kostenerstattungsforderung sei nicht über § 102 Abs. 2 SGB XII beschränkt, denn der Nachlass habe zum Zeitpunkt des Erbfalls mindestens 99.006,02 EUR betragen, wovon allenfalls die Beerdigungskosten in Höhe von 4.830,50 EUR in Abzug zu bringen seien. Weitere Nachlassverbindlichkeiten seien von der Klägerin nicht behauptet worden. Die Ausschlussgründe des § 102 Abs. 3 SGB XII lägen ebenfalls nicht vor, insbesondere stelle die Inanspruchnahme des Erbes keine besondere Härte dar. Die Beklagte habe den Kostenerstattungsanspruch mit Bescheid vom 7. Dezember 2012 innerhalb des 3-Jahres-Zeitraum geltend gemacht und die Frist des § 102 Abs. 4 SGB XII eingehalten. Zwischen § 102 SGB XII und § 116 SGB X bestehe kein Konkurrenzverhältnis dergestalt, dass bei Vorliegen eines Forderungsübergangs nach § 116 SGB X eine Kostenerstattungsforderung gegen den Erben ausgeschlossen wäre (unter Hinweis auf SG Frankfurt, Urteil vom 28. November 2008 - S 36 SO 212/05 - juris Rdnr. 40). Der Normzweck des § 116 SGB X bestehe darin, Doppelleistungen beim Verletzten zu vermeiden, der die Sozialleistungen durch die Sozialversicherungsträger unabhängig vom Nachweis eines materiellen Schadens erhalte. Damit bewirke der Übergang zugleich den Ausschluss einer Begünstigung des Schädigers durch die konkrete Schadensberechnung des bürgerlich-rechtlichen Schadensrechts, dem es durch den frühen Anspruchsübergang verwehrt sei, im Wege der Vorteilsausgleichung die erhaltenen Sozialleistungen dem Schädiger schadensmindernd anzurechnen. Weiterer Normzweck seien die Vermeidung einer endgültigen Belastung öffentlich-rechtlicher Träger durch haftungsrechtlich entschädigungspflichtige Unfälle und eine Entlastung des geschädigten Sozialleistungsberechtigten bei der Durchsetzung seiner Ansprüche gegenüber dem Schädiger. Die Vorschrift habe jedenfalls nicht die Zielrichtung, einen möglichen Erben vor einer Minderung des Nachlasses zu bewahren, zumal eine solche Minderung zu den allgemeinen Lebensrisiken gehöre. Der Normzweck des § 102 SGB XII liege im Wesentlichen darin, den Nachrang der Sozialhilfe in Fällen wiederherzustellen, in denen eine leistungsberechtigte Person während des Leistungsbezugs über privilegiertes Vermögen verfügt habe, welches jedoch im Todeszeitpunkt in den Nachlass falle. Dann erscheine es unbillig, auch die Erben dieser Leistungsempfänger auf Kosten öffentlicher Mittel in gleichem Umfang wie die Leistungsempfänger selbst zu privilegieren. Nachdem § 116 SGB X nicht dem Schutz der Erben, sondern vielmehr vorrangig der Sicherung des Nachrangs von Grundsicherungsleistungen diene, lasse sich ein den § 102 SGB XII ausschließendes Rangverhältnis zu § 116 SGB X nicht begründen. Auch habe der Gesetzgeber ein entsprechendes Rangverhältnis nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit § 93 Abs. 4 SGB XII einen ausdrücklichen Vorrang von § 116 SGB X gegenüber § 93 SGB XII angeordnet habe. Zwar sei die Beklagte im Hinblick auf eine sparsame Mittelverwendung grundsätzlich dazu verpflichtet, Ansprüche nach § 116 SGB X beizutreiben. Jedoch schütze diese Verpflichtung nicht die Interessen der Klägerin als Erbin, sondern ausschließlich die Leistungsfähigkeit der Sozialsysteme, sodass die Klägerin aus dieser Verpflichtung keine Rechte herleiten könne. Soweit sich die Klägerin auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ((BVerwG), Urteil vom 10. Mai 1990 - 5 C 63/88 -) berufe, sei dies nicht nachvollziehbar, denn diese Entscheidung befasse sich ausschließlich mit dem Rangverhältnis von § 90 Bundessozialhilfegesetz ((BSHG); Übergang von Ansprüchen, heute § 93 SGB XII) und § 92c BSHG (Kostenersatz durch den Erben, heute § 102 SGB XII), und nicht mit dem Verhältnis von § 116 SGB X zu § 102 SGB XII.

Gegen das ihrer Bevollmächtigten am 3. Juni 2016 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 22. Juni 2016 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung, mit der sie ihr Begehren - unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrags - weiterverfolgt. Der Kostenersatzanspruch nach § 102 SGB XII regele eine erst den Erben als solchen treffende Verbindlichkeit. Dagegen solle der gesetzliche Forderungsübergang den Nachrang der Sozialhilfe bereits dem Hilfeempfänger gegenüber herstellen. Aus der Möglichkeit der Realisierung des Forderungsübergangs bereits zu Lebzeiten des Hilfeempfängers folge der Nachrang des sozialhilferechtlichen Kostenersatzanspruchs gegenüber dem gesetzlichen Forderungsübergang. Sei bereits zu Lebzeiten übergeleitet bzw. die Forderung des sozialhilfeberechtigten Geschädigten gegen den Schädiger zu Lebzeiten auf den Leistungsträger übergegangen, so gehöre die übergeleitete Forderung nicht mehr zum Nachlass als Verfügungsmasse für den Ersatzanspruch nach § 102 SGB XII. Dieses Rangverhältnis zwischen den Vorschriften bestehe nach dem Tod des Hilfeempfängers fort. Das SG habe in dem angegriffenen Urteil selbst eingeräumt, dass die übergeleitete Forderung nicht mehr zum Nachlass als Verfügungsmasse für den Ersatzanspruch nach § 102 SGB XII gehöre. Ein beim Hilfeempfänger nicht mehr vorhandener Anspruch könne dieser auch nicht vererben (unter Hinweis auf § 1922 BGB). Auch überzeuge die Rechtsauffassung des SG nicht, dass der Gesetzgeber ein Rangverhältnis zwischen § 116 SGB X und § 102 SGB XII in Hinblick auf die Regelung in § 93 Abs. 4 SGB XII habe ausdrücklich anordnen müssen. §§ 93 SGB XII und 116 SGB X regelten gesetzliche Forderungsübergänge. Dagegen sei § 102 SGB XII eine Anspruchsgrundlage für Kostenersatz. Daraus folge, dass § 116 SGB X und § 102 SGB XII unterschiedliche Regelungsgegenstände beinhalteten. Dagegen seien die Regelungsbereiche der § 93 SGB XII und § 116 SGB X identisch, sodass es der Klarstellung durch § 93 Abs. 4 SGB XII bedürfe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 27. April 2016 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Februar 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verweist zur Begründung auf ihre Entscheidungen sowie das angefochtene Urteil des SG. Sie ist der Auffassung, dass zwischen § 102 SGB XII und § 116 SGB X kein Konkurrenzverhältnis bestehe.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG (einschließlich S 14 SO 391/12) und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung einen Kostenersatz in Höhe von 23.690,50 EUR betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).

2. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 7. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Februar 2013 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte gegenüber der Klägerin im Hinblick auf die an S. G. in der Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 5. September 2010 erbrachten Eingliederungshilfeleistungen einen Kostenersatz nach § 102 SGB XII in Höhe von 23.690,50 EUR festgesetzt hat. Dagegen wendet sich die Klägerin statthaft mit der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG; vgl. ferner Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 23. August 2013 - B 8 SO 7/12 R - juris Rdnr. 9).

3. Die Berufung ist unbegründet. Der Bescheid vom 7. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Februar 2013 stellt sich als rechtmäßig dar und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der angefochtene Bescheid ist formell und materiell rechtmäßig.

a. Der Bescheid vom 7. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Februar 2013 ist formell rechtmäßig. Er ist hinreichend bestimmt (vgl. § 33 Abs. 1 SGB X), weil er insbesondere den von der Beklagten geltend gemachten Kostenersatz ausdrücklich beziffert (23.690,50 EUR) und den Schuldner, nämlich die Klägerin, benennt (BSG, Urteil vom 23. August 2013, a.a.O. Rdnrn. 12 f.). Die nach § 24 Abs. 1 SGB X erforderliche Anhörung hat die Beklagte mit Schreiben vom 9. August 2011 durchgeführt, jedenfalls im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nachgeholt (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 SGB X; vgl. ferner BSG, Urteil vom 26. Juli 2016 - B 4 AS 47/15 R - juris Rdnr. 15; Urteil vom 9. November 2010 - B 4 AS 37/09 R - juris Rdnr. 17). Schließlich ist die Beklagte, die die Leistungen an S. G. erbracht hat, für den Erlass des Kostenersatzbescheids gegenüber der Klägerin zuständig (BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 8 SO 2/09 R - juris Rdnr. 10).

b. Der Bescheid vom 7. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Februar 2013 ist materiell rechtmäßig.

aa. Die materielle Rechtsmäßigkeit des angegriffenen Kostenersatzbescheids bemisst sich an § 102 SGB XII. Dieser lautet:

"(1) Der Erbe der leistungsberechtigten Person oder ihres Ehegatten oder ihres Lebenspartners, falls diese vor der leistungsberechtigten Person sterben, ist vorbehaltlich des Absatzes 5 zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet. Die Ersatzpflicht besteht nur für die Kosten der Sozialhilfe, die innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren vor dem Erbfall aufgewendet worden sind und die das Dreifache des Grundbetrages nach § 85 Abs. 1 übersteigen. Die Ersatzpflicht des Erben des Ehegatten oder Lebenspartners besteht nicht für die Kosten der Sozialhilfe, die während des Getrenntlebens der Ehegatten oder Lebenspartner geleistet worden sind. Ist die leistungsberechtigte Person der Erbe ihres Ehegatten oder Lebenspartners, ist sie zum Ersatz der Kosten nach Satz 1 nicht verpflichtet. (2) Die Ersatzpflicht des Erben gehört zu den Nachlassverbindlichkeiten. Der Erbe haftet mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalles vorhandenen Nachlasses. (3) Der Anspruch auf Kostenersatz ist nicht geltend zu machen, 1. soweit der Wert des Nachlasses unter dem Dreifachen des Grundbetrages nach § 85 Abs. 1 liegt, 2. soweit der Wert des Nachlasses unter dem Betrag von 15 340 Euro liegt, wenn der Erbe der Ehegatte oder Lebenspartner der leistungsberechtigten Person oder mit dieser verwandt ist und nicht nur vorübergehend bis zum Tod der leistungsberechtigten Person mit dieser in häuslicher Gemeinschaft gelebt und sie gepflegt hat, 3. soweit die Inanspruchnahme des Erben nach der Besonderheit des Einzelfalles eine besondere Härte bedeuten würde. (4) Der Anspruch auf Kostenersatz erlischt in drei Jahren nach dem Tod der leistungsberechtigten Person, ihres Ehegatten oder ihres Lebenspartners. § 103 Abs. 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. (5) Der Ersatz der Kosten durch die Erben gilt nicht für Leistungen nach dem Vierten Kapitel und für die vor dem 1. Januar 1987 entstandenen Kosten der Tuberkulosehilfe.

Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm sind erfüllt.

aa. Die Klägerin ist ausweislich des Erbscheines des Amtsgerichts K. vom 17. Mai 2011 Erbin der leistungsberechtigten Person, vorliegend der am 4. April 2011 verstorbenen S. G., geworden (BSG, Urteil vom 23. August 2013, a.a.O. Rdnr. 19; Urteil vom 23. März 2010, a.a.O. Rdnr. 13).

bb. Der von der Beklagten verfügte Kostenersatz betrifft ihre auf Grundlage der Bescheide vom 25. März 2009 und 5. September 2010 an S. G. erbrachten Eingliederungshilfeleistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 5. September 2010, mithin Kosten der Sozialhilfe, die sie innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren vor dem Erbfall aufgewendet hat (§ 102 Abs. 1 Satz 2 SGB XII) und die das Dreifache des Grundbetrages nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII im Zeitpunkt des Erbfalles (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2010, a.a.O. Rdnr. 26) in Höhe von 2.184,00 EUR (6 * 364,00 EUR = 2.184,00 EUR) übersteigen. Der Ausschlussgrund des § 102 Abs. 5 SGB XII liegt hinsichtlich der hier streitigen Sozialhilfeaufwendungen für die an S. G. erbrachte Eingliederungshilfe nicht vor.

cc. Die Beklagte hat an S. G. Eingliederungshilfeleitungen betreffend ihren Besuch des Arbeitsbereichs der WfbM in der Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 5. September 2010 rechtmäßig erbracht. Dabei handelt es sich um ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal (BSG, Urteil vom 23. März 2010, a.a.O. Rdnr. 16).

Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten (§ 53 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Gem. § 53 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ist es besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 Satz 2 SGB XII). Nach §§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 41 Abs. 1 SGB IX erhalten behinderte Menschen Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen, bei denen 1. eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder 2. Berufsvorbereitung, berufliche Anpassung und Weiterbildung oder berufliche Ausbildung (§ 33 Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 SGB IX) wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder in Betracht kommen und die in der Lage sind, wenigstens ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen. Die Leistungen sind gerichtet auf 1. Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer der Eignung und Neigung des behinderten Menschen entsprechenden Beschäftigung, 2. Teilnahme an arbeitsbegleitenden Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der im Berufsbildungsbereich erworbenen Leistungsfähigkeit und zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit sowie 3. Förderung des Übergangs geeigneter behinderter Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch geeignete Maßnahmen (§§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 41 Abs. 2 SGB IX). Die begehrten Leistungen für den Besuch des Arbeitsbereichs in einer WfbM sind nach dem Bruttoprinzip (§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGB XII; vgl. dazu BSG, Urteil vom 24. März 2015 - B 8 SO 16/14 R - juris Rdnr. 14) und unabhängig vom Vermögen des behinderten Menschen zu erbringen (§ 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 und Satz 2 SGB XII; vgl. ferner zu einem gesondert festzusetzenden Kostenbeitrag betreffend ein in der WfbM eingenommenes Mittagessen Senatsurteil vom 12. Dezember 2013 - L 7 SO 402/11 - juris). Dem Kostenersatz steht nicht entgegen, dass das von S. G. angesparte Schmerzensgeld zu ihren Lebzeiten dem besonderen Schutz des § 83 Abs. 2 SGB XII unterlag (BSG, Urteil vom 23. März 2010, a.a.O. Rdnr. 21; Urteil vom 23. August 2013, a.a.O. Rdnr. 16; Simon in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014 (Stand 30. Januar 2017), § 102 Rdnr. 31). Denn die Vorschriften über nicht einzusetzendes Einkommen und Schonvermögen dienen allein dem Schutz des Sozialhilfeberechtigten, nicht aber dem seiner Erben.

In Anwendung dieser Maßstäbe hatte S. G., die ergänzend zu ihrem geringen Werkstattlohn durchgehend lediglich Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII bezog, gegen die Beklagte einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Leistungen des Arbeitsbereichs der WfbM der Stiftung D. S. G. erfüllte die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Bei ihr lag eine wesentliche Behinderung vor. Denn ihre geistige Fähigkeit und seelische Gesundheit wichen mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand ab und beeinträchtigten daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Bei S. G. lagen u.a. ein apallisches Syndrom, ein schweres Schädelhirntrauma mit polytopen Kontusionen (Prellungen), Kontusionshämatomen und einem posttraumatischen Hydrozephalus vor. Diese Behinderungen führten zu gravierenden Beeinträchtigungen ihrer Teilhabemöglichkeiten, insbesondere im Bereich der Teilhabe am Arbeitsleben. Die in der Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 5. September 2010 erbrachten Leistungen im Arbeitsbereich der WfbM der Stiftung D. waren geeignet und erforderlich, S. G. eine angemessene berufliche Tätigkeit zu ermöglichen und zu erleichtern. Der Senat ist davon überzeugt, dass i.S. des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nach der Besonderheit des Einzelfalles die Aussicht bestanden hat, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden konnten. S. G. gehörte zum Personenkreis des § 41 Abs. 1 SGB IX, da bei ihr wegen Art und Schwere ihrer Behinderung weder eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch eine Berufsvorbereitung, eine individuelle betriebliche Qualifizierung, eine berufliche Anpassung und Weiterbildung sowie eine berufliche Ausbildung (vgl. § 33 Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 SGB IX) nicht, noch nicht oder noch nicht wieder in Betracht gekommen ist (vgl. ferner § 136 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Zudem war S. G. ausweislich des Eingliederungsplans vom 14. Juli 2008 in der Lage, ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen (vgl. § 136 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Ferner war sie werkstattfähig (§ 136 Abs. 2 Satz 2 SGB IX). Die von der Stiftung D. in der hier streitigen Zeit an S. G. erbrachten Leistungen im Arbeitsbereich ihrer WfbM waren darauf gerichtet, S. G. angemessen zu beschäftigen, dabei ihre Belastbarkeit, Ausdauer und Interesse zu fördern und zu entwickeln. Durch diese Leistungen im Rahmen des Besuchs der WfbM wurde S. G. eine ihrer Behinderung angemessene Tätigkeit ermöglicht sowie ihre Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erleichtert. Schließlich hatte die Beklagte die von S. G. geltend gemachten Kosten für ihren Besuch im Arbeitsbereich der WfbM der Stiftung D. in Höhe von insgesamt 23.690,50 EUR zutreffend und in Einklang mit den bestehenden Vergütungsvereinbarungen übernommen (vgl. im Einzelnen z.B. Senatsurteil vom 29. Juni 2017 - L 7 SO 1680/15 - juris Rdnrn. 51 f. m.w.N.). Leistungen Dritter, insbesondere des Schädigers und seiner Haftpflichtversicherung, an die Beklagte sind nicht erfolgt. Dies alles ist zu Recht zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Dem Kostenersatz steht auch nicht entgegen, dass auf die Beklagte möglicherweise Ansprüche der S. G. gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer auf Schadensatz nach § 116 SGB X im Hinblick auf den im April 1998 erlittenen Verkehrsunfall und daraus resultierende Gesundheitsschäden übergegangen sein könnten (vgl. zur Kongruenz betreffend Leistungen im Arbeitsbereich einer WfbM Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 27. Januar 2015 - VI ZR 54/14 - BGHZ 2014, 44 - juris Rdnr. 19). Denn ein entsprechender Anspruchsübergang hätte keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung durch die Beklagte an S. G. gehabt. Der Anspruchsübergang setzt nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X voraus, dass der Träger der Sozialhilfe Sozialleistungen (vorliegend Leistungen der Eingliederungshilfe für den Besuch des Arbeitsbereichs der WfbM) zu erbringen hat. § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X sieht einen gesetzlichen Forderungsübergang vor, der es dem Sozialleistungsträger ermöglicht, im Hinblick auf die an den Geschädigten erbrachten bzw. zu erbringenden Sozialleistungen bei dem Schädiger Regress zu nehmen. Nach der Rechtsprechung des BGH erfolgt der gesetzliche Forderungsübergang auf den Sozialhilfeträger, sobald infolge des schädigenden Ereignisses aufgrund konkreter Anhaltspunkte, auch für eine Bedürftigkeit des Geschädigten, mit der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers zu rechnen ist (z.B. Urteil vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 271/94 - BGHZ 131, 274 - juris Rdnr. 17). Im Hinblick auf den in § 2 SGB XII normierten Nachrang der Sozialhilfe (vgl. dazu Coseriu in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014 (Stand: 11. April 2017 ), § 2 Rdnrn. 8 ff.) bleibt der Geschädigte zur Einforderung der Schadensersatzleistung gegenüber dem Schädiger befugt; ihm ist die Möglichkeit eröffnet, den Schädiger im eigenen Namen auf Ersatzleistungen in Anspruch zu nehmen und dadurch eine Inanspruchnahme des Sozialhilfeträgers zu vermeiden (BGH, a.a.O. Rdnr. 26). Vorliegend hat, soweit dies ersichtlich ist, S. G. mit der Haftpflichtversicherung des Schädigers lediglich eine Abfindungsvereinbarung über (immaterielle) Schmerzensgeldansprüche (vgl. § 253 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) geschlossen und gegenüber dem Schädiger im Hinblick auf ihren Besuch im Arbeitsbereich der WfbM keine (materiellen) Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Mangels tatsächlicher Leistungen des Schädigers und seiner Haftpflichtversicherung an die S. G. hinsichtlich der durch den Besuch des Arbeitsbereichs der WfbM entstandenen Kosten hat der Leistungserbringung durch die Beklagte der Nachranggrundsatz nicht entgegengestanden.

dd. Ferner hat die Beklagte den Kostenersatz rechtzeitig geltend gemacht. Der Anspruch auf Kostenersatz ist nicht nach § 102 Abs. 4 SGB XII erloschen, da die Beklagte den Kostenersatz mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. Dezember 2012, mithin vor Ablauf von drei Jahren nach dem Tod der S. G. am 4. April 2011, festgesetzt hat (§§ 102 Abs. 4, 103 Abs. 3 Satz 3 SGB XII).

ee. Weiterhin hat der Wert des der Klägerin zugeflossenen Nachlasses das Dreifache des Grundbetrages nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII in Höhe von 2.184,00 EUR überstiegen (§ 102 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII). Ausweislich der eingereichten Kontoauszüge wies das Konto des S. G. im Zeitpunkt des Erbfalles ein Guthaben von 98.506,02 EUR auf. Die Klägerin hat den Nachlass selbst auf 70.000,00 EUR beziffert, obwohl sie lediglich Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 3.130,50 EUR nachgewiesen hat. Aber selbst unter Zugrundlegung eines Nachlasses in Höhe von 70.000,00 EUR hat der Wert des Nachlasses sowohl den Betrag des § 102 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII als auch die Aufwendungen der Beklagten deutlich überschritten. Auch ein Fall des § 102 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII liegt nicht vor, weil der Wert des Nachlasses den Betrag von 15.340,00 EUR übersteigt und zudem die Klägerin nicht zu dem dort privilegierten Personenkreis gehört.

Schließlich ist auch kein Härtefall i. S. des § 102 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII gegeben. Eine solche Härte ist bei einer auffallenden Atypik des zu beurteilenden Sachverhalts anzunehmen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als unbillig erscheinen lässt, den Erben für den Ersatz der Kosten der Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen (BSG, Urteil vom 23. März 2010, a.a.O. Rdnrn. 27 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Dezember 2010 - L 2 SO 5548/08 - juris Rdnrn. 40 ff.; Urteil vom 19. Oktober 2016 - L 2 SO 4914/14 - juris Rdnrn. 40 ff.; Bayerisches LSG, Urteil vom 23. Februar 2012 - L 8 SO 113/09 - juris Rdnrn. 59 ff.; BGH, Beschluss vom 27. August 2014 - XII ZB 133/12 - juris Rdnr. 27 jeweils auch zum Folgenden). Die Härte muss besonders gewichtig sein, also objektiv besonders schwer wiegen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn ein der Nr. 2 des § 102 Abs. 3 SGB XII vergleichbarer Fall vorliegt, weil der Hilfebedürftige von dem mit ihm verwandten Erben bis zu seinem Tode gepflegt wurde, ohne dass eine häusliche Gemeinschaft bestand, aber der Hilfebedürftige und der Verwandte in naher Nachbarschaft lebten und die Pflege auf Grund dieser Nähe gesichert war. Eine solche Situation ist hier offensichtlich nicht gegeben. Im Übrigen hat die Klägerin weder einen atypischen Lebenssachverhalt vorgetragen noch sich auf eine besondere Härte aufgrund ihrer Heranziehung zum Kostenersatz berufen.

ff. Der ggf. eingetretene gesetzliche Übergang von Schadensersatzansprüchen der S. G. gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung auf die Beklagte im Hinblick auf die hier streitigen Eingliederungshilfeleistungen für den Besuch des Arbeitsbereichs der WfbM in der Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 5. September 2010 stehen dem Kostenersatz nach § 102 SGB XII nicht entgegen. Soweit die Klägerin geltend macht, eine nach § 116 SGB X übergeleitete Forderung gehöre nicht mehr zum Nachlass als Verfügungsmasse für den Ersatzanspruch nach § 102 SGB XII, übersieht sie, dass im vorliegenden Sachverhalt der Anspruch der S. G. auf Schmerzensgeld, aus dem sie das vererbte Vermögen angespart hat, von vornherein nicht einen sachlich kongruenten Anspruch darstellt, der von der Norm des § 116 SGB X erfasst wird (vgl. nur BGH, Urteil vom 3. Dezember 2002 - VI ZR 304/01 - BGHZ 153, 113). Deshalb geht auch der Hinweis auf das Urteil des BVerwG vom 10. Mai 1990 (5 C 63/88 - BVerwGE 85, 136 - juris Rdnr. 7) ins Leere. Dort hat das BVerwG entschieden, dass die Überleitung eines Schenkungsrückforderungsanspruchs des verarmten Schenkers und Sozialleistungsbeziehers auch nach dessen Tod möglich sei und ein zu Lebzeiten übergeleiteter Anspruch nicht mehr zum Nachlass als Verfügungsmasse für den Ersatzanspruch gegen den Erben gehöre. Wie bereits dargelegt, beruht das an die Klägerin vererbte Vermögen auf Schmerzensgeldzahlungen der Haftpflichtversicherung des Schädigers (vgl. ferner Simon in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014 (Stand: 30. Januar 2017), § 102 Rdnr. 20). Solche Ansprüche sind aber - wie dargelegt - nicht nach § 116 SGB X auf die Beklagte übergangen; auch hat sie solche Ansprüche nicht auf sich übergeleitet (vgl. § 93 SGB XII).

Soweit die Klägerin einen grundsätzlichen Vorrang des Forderungsübergangs nach § 116 SGB X gegenüber der Inanspruchnahme des Erben nach § 102 SGB XII herleiten will, überzeugt diese Argumentation den Senat nicht.

Die Vorschrift des § 102 SGB XII bezweckt, im öffentlichen Interesse eine möglichst umfassende Refinanzierung aufgewendeter Sozialhilfekosten durch den Erben sicherzustellen (BSG, Urteil vom 23. August 2013, a.a.O. Rdnrn. 18, 23; BVerwG, Urteil vom 10. Juli 2003 - 5 C 17/02 - BVerwGE 118, 313 - juris Rdnr. 17). Mit der Regelung des § 102 SGB XII, der eine selbständige Erbenhaftung vorsieht, soll erreicht werden, dass sich die Vermögensschutzvorschriften oder sonstige Privilegierungen des Hilfeempfängers auch nur zugunsten des Hilfeempfängers und nicht darüber hinaus auch zugunsten dessen Erben auswirken. Der Gesetzgeber sieht es als nicht gerechtfertigt an, dass den Erben der Hilfeempfänger nur deshalb zu Lasten der Allgemeinheit Vermögen zuwachsen soll, weil dem Hilfeempfänger selbst die Verwertung dieses Vermögens nicht zugemutet worden ist (vgl. BT-Drs. V/3495, S. 16; Conradis in LPK-SGB XII, 10. Aufl. 2015, § 102 Rdnr. 1; H. Schellhorn in Schellhorn/Hohm/Scheider, 19. Aufl. 2015, § 102 Rdnr. 3).

Im Hinblick auf die Zweckrichtung des § 102 SGB XII, die eine möglichst umfassende Refinanzierung aufgewendeter Sozialhilfekosten durch den Erben sicherstellen will, ist dessen einschränkende Anwendung nicht gerechtfertigt. Vielmehr sind - wie bereits im einzelnen dargelegt - die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Kostenersatzanspruch gegen die Klägerin erfüllt. Der Kostenersatzanspruch entsteht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen kraft Gesetzes und steht nicht im Ermessen des Sozialhilfeträgers (H. Schellhorn, a.a.O. Rdnr. 7). Dabei nimmt § 102 SGB XII die Belange des Erben nur insoweit in den Blick, als der Kostenersatzanspruch nach Entstehung oder Umfang begrenzt oder seine Geltendmachung ausgeschlossen ist (vgl. § 102 Abs. 1 Satz 2 und 4, Abs. 3, 4 und 5 SGB XII). Diese Ausschluss- bzw. Ausnahmetatbestände sind - wie bereits dargelegt - in der Person der Klägerin nicht erfüllt. Dafür, dass § 102 SGB XII einen weitergehenden Erben- oder Erbanwartschaftsschutz bezwecken könnte, gibt die Bestimmung keinen Anhaltspunkt. Mit der Begrenzung der Haftung des Erben auf den Wert des im Zeitpunkt des Erbfalles vorhandenen Nachlasses (§ 102 Abs. 2 Satz 2 SGB XII) hat der Gesetzgeber vielmehr vorgegeben, dass der Erbe mit dem Nachlass in vollem Umfange haftet. Nachdem das von der S. G. auf ihrem Konto angesparte Schmerzensgeld zum Nachlass i. S. des § 102 Abs. 2 Satz 2 SGB XII gehört, besteht kein Anlass für eine Einschränkung der Erbenhaftung.

Weiterhin ist zu beachten, dass die Vorschrift des § 116 SGB X keinen Schutz des Erben des Sozialleistungsempfängers vor der Inanspruchnahme durch den Sozialleistungsträger nach § 102 SGB XII bezweckt. § 116 SGB X soll Doppelleistungen an den Geschädigten oder seine Hinterbliebenen verhindern (vgl. auch zum Folgenden BGH, Urteil vom 30. Juni 2015 - VI ZR 379/14 - BHGZ 206, 136 - juris Rdnr. 19; Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 116 Rdnr. 1a; Halbach in jurisPK-SGB X, 1. Aufl. 2016 (Stand 17. August 2016), § 116 Rdnr. 11; Kater in Kasseler Kommentar, Stand Mai 2017, § 116 SGB X Rdnrn. 5 ff.; Nehls in Hauck/Noftz, SGB X, Stand November 2014, § 116 Rdnr. 1). Der gesetzliche Anspruchsübergang soll bewirken, dass der Sozialleistungsträger bzw. Versicherer, durch dessen Leistung der Geschädigte schadensfrei gestellt wird, Rückgriff nehmen kann: Der Schädiger soll durch die Sozialleistungen bzw. Versicherungsleistungen nicht unverdient entlastet werden. Schließlich dient die Bestimmung dem Schutz des Sozialversicherungsträgers auch im Hinblick auf dessen Rückgriff wegen seiner künftigen Leistungen. Sie hat zum Ziel, dem Verletzten Verfügungen über die künftigen Schadensersatzansprüche schon dann zu verwehren, wenn zunächst noch ungewiss ist, ob und in welcher Höhe der Sozialversicherungsträger Leistungen erbringen wird, die ihn in Zukunft berechtigen werden, Rechte aus den übergegangenen Ansprüchen geltend zu machen. Damit ist ein möglichst weitgehender Schutz des Sozialversicherungsträgers vor anderweitigen Verfügungen des Geschädigten bezweckt. § 116 SGB X bezweckt mithin nicht, den Erben des Sozialleistungsempfängers vor der Inanspruchnahme durch den Sozialleistungsträger nach § 102 SGB XII zu schützen.

Schließlich folgt auch aus der Vorschrift des § 93 Abs. 4 SGB XII, der einen Vorrang der §§ 115, 116 SGB X vor einer Überleitung von Ansprüchen nach § 93 Abs. 1 SGB XII anordnet, kein anderes Ergebnis. Denn die Vorschrift des § 93 Abs. 1 SGB XII einerseits und die des § 102 SGB XII andererseits regeln verschiedene Sachverhalte (vgl. Karl in Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, Stand März 2017, § 102 SGB XII Rdnr. 32; H. Schellhorn, a.a.O. Rdnrn. 6, 36; SG Frankfurt, Urteil vom 28. November 2008 S 36 SO 212/05 - juris Rdnr. 40).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2010, a.a.O. Rdnr. 30).

5. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved