L 2 AS 891/17 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AS 1220/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 AS 891/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 02.05.2017 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Eilverfahren zu Recht abgelehnt.

Beteiligte, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen können, erhalten gemäß § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, auch des Beschwerdegerichts (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 73a RdNr. 7d). Zu diesem Zeitpunkt bestand hier keine hinreichende Erfolgsaussicht, weil die Antragsteller trotz der im Erörterungstermin am 04.07.2017 durchgeführten Beweisaufnahme keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht haben. Diesbezüglich wird auf den Beschluss des Senats vom 13.07.2017 (Az: L 2 AS 890/17 B ER). verwiesen. Mit diesem Beschluss ist die Beschwerde gegen den ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 02.05.2017 zurückgewiesen worden, soweit dieser Beschluss das Eilverfahren selbst betraf.

Eine hinreichende Erfolgsaussicht kann hier auch nicht wegen der im Beschwerdeverfahren erfolgten Beweisaufnahme angenommen werden. Allerdings dürfen die Erfolgsaussichten aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht überspannt werden. Es reicht eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit aus (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 73a RdNr. 7a). Schwierige, bislang ungeklärte Rechtsfragen dürfen nicht im PKH-Verfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung in einem Verfahren, in dem sie anwaltlich vertreten sind, zugeführt werden können. Es verstößt daher gegen das Gebot der Rechtsschutzgleichheit, wenn eine unbemittelte Partei wegen Fehlens der Erfolgsaussichten ihres Rechtsschutzbegehrens PKH verweigert wird, obwohl eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen wird (vgl. zuletzt Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 14.02.2017 - 1 BvR 2507/16, RdNrn. 13 und 14 bei juris). Aus dem Grundsatz, dass eine objektiv erforderliche Beweisaufnahme einen Anspruch auf PKH begründet, folgt allerdings nicht, dass das Gericht in jedem Fall, in dem es Ermittlungen von Amts wegen durchführt, auch PKH zu gewähren hat. Wenn ein günstiges Ergebnis für den Antragsteller unwahrscheinlich oder die Erfolgschance nur eine entfernte ist, können die Erfolgsaussichten auch bei einer Beweiserhebung von Amts wegen verneint werden (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 73a RdNr. 7a). Entsprechendes gilt für den Fall, dass eine Beweisaufnahme bei rückschauender Betrachtung allein deswegen veranlasst worden ist, weil der PKH begehrende Beteiligte und sein Prozessbevollmächtigter unzutreffende oder rein ins Blaue gerichtete Angaben gemacht haben und die Ermittlungen nur dazu erforderlich waren, die Unrichtigkeit des Vortrags zu belegen. Würde man dies anders sehen, könnte sich ein Beteiligter durch das Aufstellen unrichtiger Behauptungen PKH verschaffen, die ihm tatsächlich wegen fehlender Erfolgsaussichten nicht zustehen würde (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 01.07.2014 - L 15 SB 33/14, RdNr. 16 bei juris; Beschluss vom 29.07.2015 - L 15 VG 19/15 B, RdNr. 14 bei juris). Eine solche Belohnung einer unredlichen Prozessführung hält der Senat nicht für hinnehmbar.

Genau ein solcher Fall unredlicher Prozessführung liegt hier aber vor. Ein Anordnungsanspruch der Antragsteller konnte nur bestehen, wenn zwischen der Antragstellerin zu 1) und der I tatsächlich ein Arbeitsverhältnis besteht und nicht lediglich ein Scheinarbeitsverhältnis geschlossen worden ist. Die Antragsteller und ihr Prozessbevollmächtigter haben diesbezüglich zu der Frage, ob für die I überhaupt ein Gewerbe angemeldet worden ist und ob eine Anmeldung der Antragstellerin zu 1) bei der Minijob- Zentrale vorliegt, falsche Angaben gemacht, die die durchgeführte Beweisaufnahme erst erforderlich gemacht haben. Sie haben mehrfach wahrheitswidrig vorgetragen, dass die I in C als Gewerbe angemeldet sei und diesbezüglich sogar wegen entgegenstehender Behauptungen des Antragsgegners eine Strafanzeige angedroht. Sie haben außerdem behauptet, dass eine Meldung zur Sozialversicherung erfolgt sei. Dieser Vortrag konnte durch die Beweiserhebung ebenso widerlegt werden, wie der spätere Vortrag, es werde der gesetzliche Mindestlohn bezahlt. Auch die übrigen Angaben zum Abschluss bzw. zur Verlängerung des Arbeitsvertrages, zu den Arbeitszeiten, zum Arbeitseinsatz und zur Entlohnung haben sich in dieser Beweisaufnahme als teilweise widersprüchlich und wenig plausibel herausgestellt. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem Beschluss vom 13.07.2017 wird Bezug genommen. Es besteht der dringende Verdacht, dass die Antragsteller sich durch das Vortäuschen eines Arbeitsverhältnisses bei der I die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) "erschleichen" wollen. Dieses Verhalten kann nicht noch durch die Bewilligung von PKH unterstützt werden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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