S 20 SO 110/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 SO 110/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 SO 83/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Bewilligung von Hilfe zur Pflege in Einrichtungen als Zuschuss nach dem Siebten Kapitel des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) durch die Beklagte. Der 0000 geborene, verheiratete Kläger befindet sich seit dem 15.02.2016 in der Pflegeeinrichtung Senioren- und Betreuungszentrum (SBZ) der StädteRegion Aachen in Eschweiler. Die monatlichen Heimkosten belaufen sich auf ca. 3.200,00 EUR. Der Kläger bezieht eine monatliche Altersrente i.H.v. 1.379,36 EUR (Stand: Juli 2016). Zusätzlich erhält er durch seine Pflegekasse (AOK Rheinland/Hamburg) seit dem Aufnahmetag Leistungen der vollstationären Pflege entsprechend der Pflegestufe 1 (bzw. dem Pflegegrad 3 ab 01.01.2017) i.H.v. 1.064,00 EUR monatlich zuzüglich eines Zuschlages ab 01.10.2017 (Besitzstandschutz nach § 141 SGB XI) i.H.v. 233,44 EUR monatlich. Am 28.09.2016 beantragte die Einrichtung für den Kläger Pflegewohngeld und Sozialhilfe bei der Beklagten, weil die Heimkosten seit 26.09.2016 nicht mehr gedeckt werden könnten. Die Ehefrau des Klägers ist Alleineigentümerin eines Grundstücks unter der Anschrift in F. Das Grundstück ist bebaut mit einem Zweifamilienhaus, deren eine Wohnung die Ehefrau des Klägers bewohnt; die andere ist zu einem monatlichen Mietzins von 596,00 EUR (zzgl. einer Garagenmiete von 25,56 EUR) vermietet. Die Ehefrau bezieht eine monatliche Altersrente i.H.v. 548,17 EUR (Stand: Juli 2016). Die Eheleute sind zudem gemeinsame Inhaber eines Sparbuches mit der Nr. 3071897924, das am 25.04.2016 noch ein Guthaben von 15.262,19 EUR aufwies. Bis um 12.09.2016 erfolgten mehrere Abhebungen (insgesamt 5.200,00 EUR), die – nach eigenem Vortrag – größtenteils für die Pflegekosten des Klägers verwendet wurden. Am 19.09.2016 hob die Ehefrau des Klägers einen Betrag von 5.000,00 EUR für eigene Zwecke ab. Der nach einer weiteren Abhebung über 350,00 EUR am 10.10.2016 verbliebene Rest auf dem Sparbuch (4.341,19 EUR) stehe – so die Ehefrau – nunmehr allein dem Kläger zu. Das Girokonto der Eheleute bei der Sparkasse Aachen wies am 10.10.2016 ein Guthaben von 2.466,71 EUR aus. Die Ehefrau ist überdies Inhaberin eines weiteren Sparbuchs mit der Nr. 3070608132, das am 08.12.2014 noch ein Guthaben von 35.213,04 EUR aufwies. In der Folgezeit erfolgten diverse Barabhebungen, so etwa im Jahr 2015 i.H.v. insgesamt 34.000,00 EUR und im Jahr 2016 i.H.v. insgesamt 6.150,00 EUR, sodass am 03.01.2017 – offenbar nach Einzahlung der 5.000,00 EUR von dem gemeinsamen Sparbuch – noch ein Guthaben von 4.256,32 EUR vorhanden war. Der Kläger verfügt zudem über eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert zum 01.04.2017 i.H.v. 801,99 EUR. Mit Schreiben vom 17.03.2017 informierte die Beklagte den Bevollmächtigten des Klägers, dass dieser und seine Ehefrau über einzusetzendes Vermögen in Gestalt des Zweifamilienhauses verfügen würden. Es käme allerdings eine darlehensweise Gewährung von Pflegewohngeld und Sozialhilfeleistungen in Betracht. Am 03.04.2017 beantragte der Kläger den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der er darlehensfreie Leistungen der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen begehrt. Mit Bescheid vom 10.04.2017 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten ab mit der Begründung, am 28.09.2016 hätten die Eheleute über ein Vermögen i.H.v. 11.419,02 EUR in Form von Giro- und Sparkonten sowie aus einer Kapitalversicherung verfügt; zudem sei nicht nachgewiesen, wofür die im Jahr 2015 von dem Sparkonto Nr. 3070608132 ausgezahlten 34.000,00 EUR verwendet worden seien; bei dem Zweifamilienhaus der Ehefrau des Klägers handele es sich nicht um geschütztes Vermögen. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 19.04.2017 Widerspruch, den die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 22.06.2017 zurückwies. Dagegen hat der Kläger am 17.07.2017 Klage erhoben. Mit Beschluss vom 07.06.2017 hat das Sozialgericht (SG) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Dem Anspruch des Antragstellers stehe eigenes Vermögen bzw. solches der Ehefrau entgegen. Im Verwaltungsverfahren habe auf dem Girokonto des Antragstellers am 28.09.2016 noch ein Habensaldo von 5.062,19 EUR bestanden. Der derzeitige Kontostand sei nicht bekannt, weil der Antragsteller aktuelle Kontoauszüge trotz Aufforderung des Gerichts nicht vorgelegt habe. Zudem sei ungeklärt, wo der von dem Sparbuch der Ehefrau im Jahr 2015 abgehobene Gesamtbetrag von 34.000,00 EUR verblieben sei. Allein am 18.11.2015 seien 16.000,00 EUR abgehoben worden, zu einem Zeitpunkt, als die Heimaufnahme unmittelbar bevorgestanden habe. Die Nichterweislichkeit des Verbrauchs des Vermögens gehe zu Lasten des Antragstellers/Klägers. Soweit er die Vorschrift des § 92a SGB XII für das Begehren reklamiere, verkenne er, dass diese Vorschrift ausweislich ihres klaren Wortlauts lediglich den Einsatz des Einkommens des nicht getrennt lebenden Ehegatten regle. Zu den hier aufgeworfenen Vermögensfragen indessen verhalte sich jene Vorschrift nicht. Existiere damit bereits Vermögen, welches einem Anspruch auf Hilfe zur Pflege schlechthin entgegenstehe, könne es im Weiteren offen bleiben, ob das mit einem Zweifamilienhaus bebaute Grundstück der Ehefrau nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geschützt sei. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) durch Beschluss vom 16.10.2017 (L 20 SO 350/17 B ER) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nicht zu berücksichtigen sei ein Vermögen, das den Vermögensfreibetrag i.H.v. 10.000,00 EUR gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 DVO zu § 90 SGB XII (in der Fassung, die die Norm durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII vom 22.03.2017 – BGBl. I 2017, 519 – erhalten hat) nicht übersteige. Das SG sei damit zwar unzutreffend von einem Freibetrag i.H.v. lediglich 3.214,00 EUR entsprechend der bis zum 31.03.2017 geltenden Rechtslage ausgegangen. Im Ergebnis zutreffend habe es jedoch ausgeführt, dass der Antragsteller/Kläger nicht glaubhaft gemacht habe, dass sein Vermögen und das seiner Ehefrau unterhalb des geltenden Freibetrages blieben. Denn der Antragsteller/Kläger habe weder im erstinstanzlichen Eilverfahren noch im Beschwerdeverfahren aktuelle Kontoauszüge vorgelegt, sodass das derzeitige Vermögen gerichtlich nicht überprüfbar gewesen sei. Zudem seien die Fragen sowohl des SG als auch des LSG zum Verbleib der vom Sparbuch der Ehefrau im Jahr 2015 abgehobenen erheblichen Geldbeträge i.H.v. 34.000,00 EUR nicht beantwortet. Dies lasse nur den Schluss zu, dass diese entweder nach wie vor zur Verfügung stünden oder aber an nahestehende Personen weitergeleitet worden seien, die der Antragsteller einer Schenkungsrückforderung nicht aussetzen wolle. Dass das Vermögen den genannten Freibetrag nicht übersteigt, sei jedenfalls nicht hinreichend nachgewiesen. Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter. Er ist – wie schon im Eilverfahren – der Auffassung, eine nur darlehensweise Bewilligung in Verbindung mit einer "Haftung" seiner Ehefrau käme nicht in Betracht. Denn gemäß § 90 Abs. 3 SGB XII dürfe die Sozialhilfe "nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde", was nach Satz 2 dieser Norm insbesondere dann der Fall sei, "soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde". Er habe der Beklagten vorgerechnet, dass seine Ehefrau eine Rente von 548,17 EUR beziehe und Mieteinnahmen in Höhe von 596,85 EUR zuzüglich 25,00 EUR Garagenmiete habe, wobei sie die Grundbesitzabgaben für das gesamte Objekt "X." in Höhe von auf den Monat umgelegt 115,83 EUR alleine zahle. Unter Berücksichtigung der monatlichen zwingenden Ausgaben seiner Ehefrau liege diese in unterhaltsrechtlicher Hinsicht mit ihrem verfügbaren Resteinkommen unter dem Selbstbehalt. Hierauf komme es letztlich aber – so der Kläger – gar nicht an. Denn gemäß § 92a Abs. 1 SGB XII könne die Aufbringung der Mittel für die Leistungen in einer stationären Einrichtung vom nicht getrenntlebenden Ehegatten aus dem gemeinsamen Einkommen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Das sei unzweifelhaft vorliegend nicht der Fall. Selbst dies sei aber letztendlich irrelevant. Denn gemäß § 92a Abs. 2 SGB XII "soll in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel verlangt werden, wenn eine Person auf voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf". Dann allerdings sei bei der Frage, was "angemessen" ist, gemäß § 92a Abs. 3 SGB XII "auch der bisherigen Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen, nicht getrenntlebenden Ehegatten ... Rechnung zu tragen". Die Beklagte habe all das in keiner Weise berücksichtigt. Es gebe keine Haushaltsersparnisse durch den Wechsel des Klägers in das SBZ. Das im Alleineigentum der Ehefrau stehende Haus "X." – es habe übrigens niemals ganz oder auch nur teilweise ihm gehört – sei zugleich die Existenzgrundlage seiner Ehefrau, die ihr nicht genommen werden dürfe. Der Kläger meint, bei dem Vermögen seiner Ehefrau handele es sich um privilegiertes Anfangsver-mögen im Sinne der familienrechtlichen Vorschriften; das Vermögen sei schon vor Eheschließung des Klägers mit seiner jet¬zigen Ehefrau vorhanden gewesen; die Eheleute hätten keine gemein¬samen Kinder; beide Eheleute hätten jedoch Kinder aus erster Ehe. Es könne nicht angehen, dass eine Vermögensberücksichtigung im Sozialrecht, welches nach § 2 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) die weitest mögliche Verwirklichung der sozialen Rechte des Leistungsberechtigten vorsehe, weiter gehe als die familienrechtlichen Regelungen, welche letztlich auf den Bestimmungen des Grundgesetzes beruhten. Bei dem Zweifamilienhaus und den bestehenden finanziellen Rück¬lagen der Ehefrau des Klägers handele es sich um deren eigene Altersvorsorge, welche bereits vor Eheschließung vorhanden gewesen sei. Diese sei weder unterhaltsrechtlich noch im Zugewinn zu berück¬sichtigen. Gerade aus diesem Grund liege auch ein Fall des § 90 Abs. 2 SGB XII vor, nämlich die Unzumutbarkeit der Verwertung von Vermögen seiner Ehefrau, welches nicht aus der Ehezeit resultiert. Wäre dieses Vermögen zur Deckung der Heimkosten des Klägers einzusetzen, würden letztlich die Erben der Ehefrau des Klägers, nämlich deren Kinder, für Verbindlichkeiten des Klägers, mit welchem diese nicht verwandt und welchem diese auch nicht in sonstiger Weise verpflichtet seien, haften. Die gesetzlichen Regelungen stammten aus einer Zeit, als die "Patchwork-Familie" noch unbekannt gewesen sei. Der Kläger meint, es wäre Aufgabe der Beklagten gewesen, im Rahmen des von ihr auszuübenden Er¬messens die Grenzen der Zumutbarkeit der Vermögenswertung unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich bei dem Vermögen der Ehefrau des Klägern um privilegiertes Anfangsvermögen handele, zu prüfen. Es sei nicht ersichtlich, dass die Be¬klagte überhaupt Ermessen ausgeübt habe. Stattdessen habe sie – quasi nach dem Grundsatz: Im Zweifel zu Lasten der Leistungsbe¬rechtigten – eine Umkehr der Beweislast vorgenommen, welche vielleicht noch in der Person des Klägers zulässig gewesen wäre, aber gewiss nicht für dessen Ehefrau. Die Vorschriften der §§ 90 ff. SGB XII sähen nämlich eben nicht die uneingeschränkte Verwertung von Vermögen auch von Ehepartnern vor, sondern ausschließlich im Rahmen einer Zumutbarkeitsprüfung, welche dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip gerecht werden müsse. Es könne nicht angehen, dass man einen Ehepartner selber der Hil¬febedürftigkeit im Sinne der sozialrechtlichen Vorschriften aussetze und von ihm die Verwertung von Vermögen verlange, welches schon vor Eheschließung vorhanden gewesen sei, bzw. sogar noch die "Haftung" für Sozialhilfe auf Personen erweitere, welche gar nicht mit dem Leis¬tungsberechtigten verwandt seien, sondern Kinder des Ehepartners aus erster Ehe. Die Verpflichtung eines Ehepartners im Sozialrecht könne und dürfe nicht weiter gehen als die familienrechtlichen Verpflichtungen der Eheleute untereinander. Gegen seine Ehefrau könne der Kläger keinerlei Ansprüche geltend machen, weder auf Unterhalt noch auf Zugewinn. Es sei nicht zu akzeptieren, dass diese eindeutigen Re¬gelungen nicht auch für das Sozialrecht, erst recht nicht unter Be¬rücksichtigung des § 2 Abs. 2 SGB I, gelten sollen. Das Sparvermögen des Klägers sei erschöpft, der nicht gedeckte Teil der Heimkosten könne also durch ihn nicht mehr aufgebracht werden. Durch seine Ehefrau brauche der Anteil, wie dargelegt, nicht aufgebracht zu werden. Wenn er aber nicht gezahlt werde, bestehe die Gefahr, dass das SBZ den Heimvertrag wegen der Zahlungsansprüche, sobald diese die entsprechende Höhe erreicht haben, kündige. Erstmals in der mündlichen Verhandlung hat die Ehefrau des Klägers Angaben zum Verbleib der im Jahre 2015 von ihrem Konto abgehobenen 34.000,00 EUR gemacht. Zurzeit bestünden noch ca. 5.000,00 EUR offene Heimforderungen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.04.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2017 zu verurteilen, ihm darlehensfrei Hilfe zur Pflege in einer Einrichtung zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung. Sie verweist nochmals darauf, der Verbrauch des Vermögens der Eheleute sei nicht nachgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf – von ihm ausdrücklich nur in dieser Form begehrte – darlehensfreie Sozialhilfe. Grundlage des geltend gemachten Anspruch sind die §§ 19 Abs. 3, 61 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGB XII. Danach wird Hilfe zur Pflege geleistet, soweit den Leistungsberechtigten und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist. Selbst wenn man unterstellt, dass die materiellen Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage vorliegen, steht dem Anspruch des Klägers eigenes Vermögen bzw. Vermögen seiner Ehefrau entgegen, das insoweit zu verbrauchen ist, bis es den Vermögensfreibetrag in Höhe von 3.214,00 Euro (bis 31.03.2017) bzw. 10.000,00 EUR (ab 01.04.2017) erreicht (vgl. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b), Nr. 2 bzw. § 1 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des SGB XII in der bis 31.03. bzw. ab 01.04.2017 geltenden Fassung). Ein Verbrauch jenes Vermögens ist jedoch nicht nachgewiesen. Das Vermögen der Ehefrau des Klägers ist nach § 19 Abs. 3, 3. Alt. SGB XII zu berücksichtigen, weil beide trotz der Heimunterbringung des Antragstellers nicht getrennt im Sinne jener Vorschrift leben. Der Begriff des "Getrenntlebens" ist nämlich ein eigenständiger sozialhilferechtlicher, sodass zur Auslegung nicht auf § 1567 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zurückgegriffen werden kann. Es kommt allein darauf an, ob zumindest ein Ehepartner deutlich zum Ausdruck gebracht hat, die Lebensgemeinschaft zum anderen Ehepartner auf Dauer aufzugeben. Auf eine räumliche Trennung allein, etwa den Aufenthalt eines Ehepartners im Pflegeheim, kommt es dagegen nicht an (Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 19 Rdnr. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.02.2016 – L 9 SO 128/14; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.06.2007 – L 20 B 37/07 SO ER). Ein sich nach außen manifestierender Trennungswille des Klägers oder seiner Ehefrau ist jedoch weder ersichtlich noch geltend gemacht. Es bestand zunächst Vermögen des Klägers in Form des Habensaldos auf dem gemeinsamen Sparbuches der Eheleute mit der Konto-Nr. 3071897924. Dieser belief sich zum 25.04.2016 auf 15.262,19 EUR, zum 28.06.2016 auf 12.462,19 EUR und zum 28.09.2016 noch auf 5.062,19 EUR. Überdies war weiteres Vermögen in Form der vom Sparbuch der Ehefrau des Klägers mit der Konto-Nr. 3070608132 im Jahr 2015 abgehobenen Summe von insgesamt 34.000,00 EUR vorhanden, welches einem Anspruch auf Hilfe zur Pflege entgegensteht. Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums, soweit es um die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit geht, aus verfassungsrechtlichen Gründen Umstände der Vergangenheit nur insoweit herangezogen werden dürfen, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage der Anspruchsteller ermöglichen. Es sind deshalb nur solche Barabhebungen von gemeinsamen Konten oder Konten der Ehegatten zu berücksichtigen, welche zeitnah zu einer Heimaufnahme bzw. zur Heimaufnahme des Ehegatten erfolgt sind (SG Aachen, Urteil vom 20.03.2015 – S 19 SO 117/14). Im vorliegenden Fall indessen ist allein am 18.11.2015 ein Betrag in Höhe von 16.000,00 EUR von jenem Sparbuch abgehoben worden, zu einem Zeitpunkt also, als eine Heimaufnahme des Klägers absehbar war und unmittelbar bevorstand. Der Verbleib jenes Betrages ist ungeklärt und der Kläger hat – auch über seine Ehefrau oder seinen jeweiligen Prozessbevollmächtigten – keine überzeugenden Angaben zum Verbleib jener Summe gemacht. Der erstmals in der mündlichen Verhandlung erfolgte Vortrag der Ehefrau und Sparbuchinhaberin, der Kläger habe sich seit 2011 verändert, er habe stets von ihr – auch unter Androhung von Gewalt – viel Geld verlangt, das er verprasst oder an ihnen beiden unbekannte Personen gegeben habe, ist nicht geeignet, den Verbleib des Geldes plausibel zu erklären. Die Ehefrau konnte auch auf Nachfragen keine näheren Angaben zu den diversen Ausgaben und den Geldempfängern machen. Die Frage des Gerichts, warum sie ihrem Ehemann denn ihr eigenes Geld von ihrem eigenen Sparbuch gegeben habe, erklärte sie mit dessen Androhung von Gewalt. Dass unter diesen Umständen knapp drei Monate vor der Aufnahme des Klägers in das Pflegeheim an einem Tag (18.11.2015) 16.000,00 EUR vom Sparbuch der Ehefrau in die Hände des Klägers gelangt und von diesem zu nicht näher erklärbaren Zwecken ausgegeben worden sein soll, vermochte die Kammer nicht zu glauben. Sie hält es für naheliegender, dass die Ehefrau des Klägers angesichts dessen möglicherweise schon kurz bevorstehenden Heimaufnahme – die Ehefrau hatte seit dem 01.08.2011 eine entsprechende Vollmacht, war auf der Suche nach einem Heimplatz und nach ihren eigenen in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben froh, endlich einen Heimplatz gefunden zu haben – ihr Vermögen vor dem Zugriff des Sozialamtes in Sicherheit bringen wollte. Die Nichterweislichkeit des Verbrauchs des Betrages von 34.000,00 EUR im Jahr 2015 bzw. jedenfalls in Höhe der einmalig abgehobenen Summe von 16.000,00EUR am 18.11.2015 geht zu Lasten des Klägers. Denn er trägt die materielle Beweislast für den Verbrauch jenes Vermögens (allgemein etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.02.2016 – L 9 SO 128/14 – m.w.N.). Letztlich kommt es aber auf die Existenz bzw. den fehlenden Nachweis des Verbrauchs diese Geldvermögens nicht an. Denn es war und ist weiteres Vermögen (Grundbesitz) vorhanden, das zur Deckung der Heimkosten und Vermeidung/Minderung der Sozialhilfebedürftigkeit des Klägers einzusetzen ist. Bei dem mit einem Zweifamilienhaus bebauten Grundstück "X." handelt es sich nicht um geschütztes Vermögen im Sinne von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Es wird zwar noch von der Ehefrau des Klägers, die zu den in § 19 Abs. 3 genannten Personen gehört, bewohnt; jedoch handelt es sich dabei offensichtlich nicht um ein nach sozialhilferechtlichen Maßstäben angemessenes Hausgrundstück im Sinne der genannten Vorschrift. Das Haus umfasst (mindestens) zwei Wohnungen, von denen eine bereits seit vielen Jahren vermietet ist. Die Immobilie ist auch unter Härtegesichtspunkten (vgl. § 90 Abs. 3 SGB XII) kein Schonvermögen. Weder die Tatsache, dass das Hausgrundstück schon vor der Eheschließung mit dem Kläger im Alleineigentum seiner Ehefrau stand, noch der Umstand, dass durch einen Einsatz dieses Vermögens zur Deckung der Heimkosten des Klägers das (eventuelle spätere) Erbe der Kinder der Ehefrau aus deren erster Ehe geschmälert würde, bedeuten eine Härte, die gem. § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII einem Einsatz oder einer Verwertung der Immobilie entgegenstehen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist Vermögen, das möglicherweise familienrechtlich geschützt ist, nicht allein deshalb auch sozialhilferechtliches Schonvermögen. Während im Familien-, Unterhalts- und Erbrecht das vorehelich erworbene Vermögen gegenüber Ansprüchen des Ehegatten und der Kinder aus erster Ehe einen höheren ("privilegierten") Schutz genießt, wird das Sozialhilferecht vom Nachranggrundsatz des § 2 SGB XII beherrscht. Und wenn § 19 Abs. 3 SGB XII in Konkretisierung dieses Nachranggrundsatzes den Anspruch auf u.a. Hilfe zur Pflege nur gewährt, soweit den Leistungsberechtigten und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten (und anderen dort genannten Personen) die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten ist, und § 90 SGB XII das einzusetzende Vermögen im Einzelnen definiert, ohne dass danach unterschieden wird, ob es sich bei dem Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten um vorehelich oder während der Ehezeit erworbenes Vermögen handelt, so wird daraus deutlich, dass das im Alleineigentum der Ehefrau des Klägers stehende Hausgrundstück keinen weiteren als den in § 90 SGB XII beschriebenen Einschränkungen unterliegt. Dieses Ergebnis wird in Bezug auf potenzielle Erben (hier: Kinder aus erster Ehe der Ehefrau des Klägers) nicht zuletzt auch durch die Vorschrift des § 102 SGB XII bestätigt; diese Norm regelt, dass und unter welchen Voraussetzungen die Erben der leistungsberechtigten Person "oder ihres Ehegatten" zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet sind. Der Kläger sieht es ganz richtig: Da dieses Vermögen zur Deckung der Heimkosten des Klägers einzusetzen ist, "haften" letztlich mittelbar auch die Erben der Ehefrau des Klägers, nämlich deren Kinder, für Verbindlichkeiten des Klägers, mit welchem diese nicht verwandt und welchem diese auch nicht in sonstiger Weise verpflichtet sind. Dies gilt natürlich ebenso für die Kinder des Klägers im Verhältnis zu ihrer Stiefmutter. Dass – wie der Kläger meint – die Verpflichtung eines Ehepartners im Sozialrecht nicht weiter gehen kann und darf als die familienrechtlichen Verpflichtungen der Eheleute untereinander, erschließt sich dem Gericht nicht. Der Gesetzgeber hat diese sozialhilferechtlichen Regelungen auch in Ansehung der seit vielen Jahren zum gesellschaftlichen Alltag gewordenen "Patchwork-Familie" nicht geändert, obwohl er in vielen anderen Rechtsbereichen die Bestimmungen diesem Wandel angepasst hat. Im Sozialhilferecht geht es weniger um den Schutz des Vermögens des Ehegatten und der (Stief-)Kinder eines Leistungsberechtigten als darum, die Bedürftigkeit eines Leistungsberechtigten auf die steuerfinanzierte Sozialhilfe so gering wie zumutbar zu halten. Diesem in § 2 SGB XII normierten Nachranggrundsatz trägt die "Haftung" des Ehegatten und ggf. auch deren nicht aus der Ehe mit dem Leistungsberechtigten stammenden Kinder Rechnung. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers dagegen teilt die Kammer nicht. Ob es sich bei einem Vermögensbestandteil um sozialhilferechtliches Schonvermögen handelt oder nicht, unterliegt auch nicht einem irgendwie gearteten "Ermessen" des Sozialhilfeträgers; für die gegenteilige Auffassung des Klägers fehlt es an jeglicher gesetzlichen Grundlage. Soweit sich der Kläger schließlich für sein Begehren auf die Vorschrift des § 92a SGB XII beruft, verkennt er, dass diese Vorschrift ausweislich ihres klaren Wortlauts lediglich den Einsatz des Einkommens des nicht getrennt lebenden Ehegatten regelt. Zu den hier aufgeworfenen Vermögensfragen indessen verhält sich jene Vorschrift nicht. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
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