S 18 AS 4381/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 18 AS 4381/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Leistungen nach dem SGB II ab Antragstellung zu gewähren. Der Bescheid vom 28.7.2015 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 16.10.2015 wird entsprechend geändert. 2. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II. Der Kläger ist griechischer Staatsangehöriger und begehrt vom Beklagten die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum ab Antragstellung. Der Kläger ist im Dezember 2013 nach Deutschland eingereist und arbeitete zunächst vom 1.12.2013 bis zum 15.10.2014 bei der Firma FM H; anschließend vom 1.11.2014 bis zum 28.2.2015 bei der Firma Q. Dem Kläger wurden auf seinen Antrag hin zunächst Leistungen nach dem SGB II von März bis zum 4. September 2015 bewilligt, ab 5. September 2015 jedoch zunächst nicht mehr. Aufgrund eines durchgeführten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens wurden dem Kläger weiterhin Leistungen nach dem SGB II in Form des Regelbedarfs geleistet. Inzwischen kündigte der Vermieter des Antragstellers aufgrund rückständiger Mieten das Mietverhältnis.

Nachdem der Kläger die Weiterbewilligung von bislang gewährter Leistungen nach dem SGB II beantragt hatte, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 28.7.2015 den Antrag ab. Der Kläger sei von Leistungen nach dem SGB II nach dessen § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ausgeschlossen. Das Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 3 S. 2 FreizügG/EU bestehe nach Ablauf der sechs Monate nicht mehr. Mehr als ein Jahr sei der Kläger aber nicht ununterbrochen tätig gewesen; darauf komme es an.

Der Kläger hat gegen den Ablehnungsbescheid Widerspruch erhoben sowie erfolgreich den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt Der Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2015 den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger sodann Klage erhoben.

Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm Leistungen nach dem SGB II zustünden. Er sei freizügigkeitsberechtigt im Sinne des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU, da er länger als ein Jahr in Deutschland abhängig beschäftigt gewesen war. Dass es sich um dieselbe Beschäftigung handeln müsse bzw. dass eine nahtlose Beschäftigung von einem Jahr vorliegen müsse – wie der Beklagte meint – gebe der Gesetzeswortlaut nicht her. Zudem müsse man auch den Stadtwechsels des Klägers und damit Zuständigkeitswechsel des Jobcenters berücksichtigen.

Der Kläger beantragt,

der Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 28.7.2015 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 16.10.2015 aufzuheben und dem Kläger die Leistungen nach dem SGB II ab Antragstellung zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger sei gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Der Kläger sei nicht durchgängig ein Jahr beschäftigt gewesen, wie aber – unter Verweis auf diverse Urteile und auf die vom Innenministerium herausgegebenen Verwaltungsvorschriften – erforderlich sei. Er halte sich – nur – zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland auf und sei nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Insbesondere sei der gesetzliche Leistungsausschluss auch mit europäischem Recht vereinbar, wie die Urteile des BSG vom 3.12.2015 bestätigt hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Deren Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und unbegründet. Der Kläger wird durch den angegriffenen Bescheid bzw. Widerspruchbescheid beschwert im Sinne des § 54 SGG. Denn die Bescheide sind rechtswidrig. Der Kläger ist nicht gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.

1. Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig im Sinne des § 8 SGB II und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben.

Ausgenommen hiervon sind gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II (1) Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, (2) Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, (3) Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.

Nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU bleibt für Arbeitnehmer und selbstständig Erwerbstätige die Freizügigkeitsberechtigung nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU unberührt u.a. bei (2.) unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbstständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbstständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit (S. 1). Bei weniger als einem Jahr Beschäftigung gilt dies auch, jedoch nur während der Dauer von sechs Monaten nach der Beendigung der Tätigkeit (S. 2).

Der Kläger gehört im streitigen Zeitraum dem Grunde nach zum leistungsberechtigten Personenkreis nach dem SGB II. Er hatte das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II), war erwerbsfähig im Sinne von §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 8 SGB II und hilfebedürftig im Sinne der §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I).

2. Der Kläger ist nicht nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Der Kläger ist als Arbeitnehmer aufenthaltsberechtigt. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 S. 2 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU). Nach § 2 Abs.2 Nr.1 Alt.1 FreizügG/EU sind Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer in einem Mitgliedsstaat aufhalten wollen, freizügigkeitsberechtigt. Gemäß § 2 Abs. 3 S. 2 FreizügG/EU bleibt das Aufenthaltsrecht für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei 1. vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall, 2. unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit, 3. Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; der Zusammenhang ist nicht erforderlich, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat. Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus § 2 Abs. 1 FreizügG/EU während der Dauer von sechs Monaten unberührt.

Der Kläger hatte in der jüngeren Vergangenheit zwei Beschäftigungsverhältnisse als Arbeitnehmer, die für sich genommen jeweils nicht länger als ein Jahr gedauert haben, zusammen aber schon. Nach Auffassung der Kammer steht einer Fortgeltung des Freizügigkeitsrechts des Klägers nach § 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 FreizügG/EU jedenfalls in der vorliegenden Konstellation nicht entgegen, dass der Kläger nicht ununterbrochen mehr als ein Jahr tätig war. Aus dem Wortlaut folgt nicht zwingend der Schluss, dass nur bei einet ununterbrochenen bzw. zumindest nahtlosen Tätigkeit das Freizügigkeitsrecht bestehen bleibt. Angesichts der grundsätzlichen nach EU-Recht und dem § 2 Abs. 1 FreizügG/EU garantierten Arbeitnehmerfreizügigkeit erfordert deren Einschränkung klarer gesetzlicher Normen. Aus diesen Gründen teilt die Kammer nicht die vom Beklagten angeführte Auffassung des OVG NRW in dessen Beschluss vom 22.5.2015 (12 B 312/15). Diese hat insoweit ausgeführt: "Bei zutreffendem Verständnis der Vorschrift, die ihrerseits auf Art. 7 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (ABl. L 158 v. 30. April 2004, S. 77) zurückgeht, erfordert die Tätigkeit von "mehr als einem Jahr" eine ununterbrochene Beschäftigungsdauer. Hierfür spricht - neben dem Wortlaut des Art. 7 Abs. 3 Buchst. b RL 2004/38/EG ("nach mehr als einjähriger Beschäftigung") - vor allem der Zweck der Vorschrift, einem bereits hinreichend in den Arbeitsmarkt integrierten Arbeitnehmer das Freizügigkeitsrecht bei Eintritt unfreiwilliger Arbeitslosigkeit zu erhalten. Eine Reihe kurzfristiger Beschäftigungen während eines längeren Zeitraums, die kumuliert eine einjährige Beschäftigungsdauer ergeben, wird dieser Zielsetzung nicht gerecht." Der vom OVG NRW angenommene Zweck mag zutreffend und wünschenswert sein, findet sich jedoch nicht hinreichend klar – bzw. gar nicht – im Wort wieder. Das schlichte Wort "ununterbrochen" findet sich gerade nicht im Gesetzestext. Im übrigen würde danach die nahtlose Anschlussbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber auch nicht zur Wahrung des Freizügigkeitsrechts ausreichen, selbst wenn die Anschlussbeschäftigung objektiv höherwertiger und unbefristet wäre (und damit zu einer festeren Integration in den Arbeitsmarkt führen würde als z.B. eine befriste geringerwertige Tätigkeit). Zudem unterscheidet § 2 Abs. 3 FreizügG/EU in der Wortwahl zwischen einer Beschäftigung von mindestens sechs Monaten ("Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung”) und einer Tätigkeit ("Arbeitslosigkeit ... nach mehr als einem Jahr Tätigkeit”). Der weiter erscheinende Begriff Tätigkeit lässt nach Auffassung der Kammer ebenfalls nicht den zwingenden Schluss zu, das seine ununterbrochene oder auch nur nahtlose Tätigkeit erforderlich ist. Dies gilt nach Auffassung der Kammer jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation, dass lediglich zwei Beschäftigungen von deutlich mehr als einem Jahr nur für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum vom gerade einmal sechzehn Tagen unterbrochen wird. Ein nahtloser Wechsel eines Arbeitsverhältnisses ist auch bei fest in den Arbeitsmarkt integrierten Arbeitnehmern im nicht prekären Bereich durchaus alles andere als unüblich. Schließlich ist nicht außer acht zu lassen, dass die Umstände in dem vom OVG NRW entschiedenen Fall deutlich anders lagen. Im dortigen Fall konnte die Antragstellerin für ihren fast drei Jahre umfassenden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland keine Erwerbstätigkeit vorweisen, die eine hinreichende Integration in den deutschen Arbeitsmarkt erkennen ließ. Ihrem Vortrag zufolge war sie nach der Einreise kurzzeitig gewerblich (1. Oktober bis 31. Oktober 2011) bzw. freiberuflich (10. November 2011 bis 28. Februar 2012) tätig, wobei sie im letztgenannten Zeitraum nur steuerpflichtige Einkünfte in Höhe von 194 Euro erzielte. Eine nach längerer Unterbrechung aufgenommene Beschäftigung als Aushilfe mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von zehn Stunden währte lediglich knapp vier Monate (10. September bis 31. Dezember 2013). Hiernach war die Antragstellerin noch für sechs Monate (4. Februar bis 3. August 2014) als Praktikantin in Vollzeit beschäftigt. Angesichts dieser eher lückenhaften und geringfügigen Erwerbstätigkeiten im Inland erschien es dem OVG NRW nicht ungerechtfertigt, der Antragstellerin die begehrte Förderung für die in Rede stehende Auslandsausbildung vorzuenthalten. Diese vom OVG NRW entschiedene Konstellation lässt sich mit der vorliegenden nicht annähernd vergleichen. Der Kläger ist sofort nach seiner Einreise und für deutlich länger als ein Jahr abhängig beschäftigt gewesen bei lediglich zwei Arbeitgebern und einer nur geringfügigen, sozialüblichen Unterbrechung.

Der Kläger hat schließlich seine Arbeitsstelle auch unfreiwillig verloren. Das Tatbestandsmerkmal des unfreiwilligen Arbeitsplatzverlustes ist dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer die Gründe, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt haben, nicht zu vertreten hat. Nicht zu vertreten hat ein Arbeitnehmer im Regelfall allerdings, wenn sein Arbeitsvertrag lediglich befristet abgeschlossen worden ist und sodann fristgerecht ausläuft. Tatsächlich aber ist es häufig so, dass der Arbeitnehmer keinerlei Einfluss auf die Dauer und die Art des mit einem Arbeitgeber zu schließenden Arbeitsvertrags hat. In mehreren Berufszweigen wird häufig mit befristeten Arbeitsverträgen gearbeitet, und zwar aus verschiedenen Gründen wie dem saisonalen Charakter der Arbeit, der Konjunkturempfindlichkeit des fraglichen Marktes oder der fehlenden Flexibilität des nationalen Arbeitsrechts. Dementsprechend kann allein aus dem Umstand, dass ein Arbeitsvertrag von vornherein als befristeter Vertrag geschlossen wird, nicht zwingend geschlossen werden, dass der in Rede stehende Arbeitnehmer bei Vertragsablauf automatisch freiwillig arbeitslos ist. Statt dessen ist im Einzelfall zu prüfen, welche Gründe zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt haben (EuGH, Urteil vom 06.11.2003, Az. C413/01).

Zu vertreten hat ein Arbeitnehmer dagegen regelmäßig den im Falle einer verhaltensbedingten Kündigung. Eine verhaltensbedingte Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist u. a. dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Sie ist durch solche Gründe "bedingt", wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die (fristgemäße bzw. im Falle des § 626 BGB bei der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund fristlose) Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen – wie etwa eine Abmahnung – von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken. Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16. November 2015 – 6 Sa 254/14). Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 i. V. m. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG 11.07.2013 – 2 AZR 94/12 – Rn. 20, 21).

Dass der Kläger den Arbeitsplatzverlust zu vertreten hatte ist nicht ersichtlich und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Damit bleibt das Aufenthaltsrecht des Klägers als Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 FreizügG/EU unberührt. Folglich ist er nicht nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.

Damit stehen dem Kläger die begehrten Leistungen im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum zu.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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