Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Chemnitz (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
22
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 22 AS 99/18
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c SGB II ist wegen des in Art. 7 Abs. 2 VO 492/11/EU normierten
Diskriminierungsverbots und der Nichtanwendbarkeit der Schrankenregelung in §
24 Abs. 2 der Richtlinie 2008/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
(Unionsbürgerrichtlinie) mit europäischem Recht nicht vereinbar.
2.Ein Anspruch nach § 22 Abs. 1 SGB II auf Übernahme der Kosten für die Beschaffung von festen Brennstoffen besteht nicht, wenn die Nutzung der Feuerungsanlage brandpolizeilich untersagt ist.
Diskriminierungsverbots und der Nichtanwendbarkeit der Schrankenregelung in §
24 Abs. 2 der Richtlinie 2008/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
(Unionsbürgerrichtlinie) mit europäischem Recht nicht vereinbar.
2.Ein Anspruch nach § 22 Abs. 1 SGB II auf Übernahme der Kosten für die Beschaffung von festen Brennstoffen besteht nicht, wenn die Nutzung der Feuerungsanlage brandpolizeilich untersagt ist.
1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 09.10.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2018 verurteilt, den Klägern Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.11.2017 bis zum 31.12.2017 in Höhe von monatlich jeweils 656,- EUR und für den Zeitraum 01.01.2018 bis 28.02.2018 in Höhe von monatlich jeweils 677,02 EUR zu gewähren. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Von den notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger trägt der Beklagte einen Anteil von 9/10.
Tatbestand:
Im Streit steht die Fortzahlung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.11.2017 bis zum 28.02.2018. Die Kläger standen zuvor durch endgültige Festsetzung vom 02.10.2017 (Bl. 137 ff. der Verwaltungsakte) aufgrund der Regelungen der §§ 7 Abs. 1 SGB II, § 2 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU – FreizügG/EU) im Leistungsbezug bei dem Beklagten.
Die Kläger zu 1), 3) bis 7) sind niederländische Staatsangehörige, die Klägerin zu 2) ist mit dem Kläger zu 1) verheiratet und kroatische Staatsangehörige. Die Kläger zu 1) bis 5) leben seit dem 25.04.2014 in Deutschland. Die Kläger zu 1) und 2) sind die sorgeberechtigten Eltern der 2009, 2001, 2013, 2015 und 2017 geborenen und im Kindergeldbezug stehenden Kläger zu 3) bis 7). Die Klägerin zu 3) besuchte im streitigen Zeitraum die Klasse 1b der Grundschule in 0000 A ... (Bl. 11 der Gerichtsakte). Neben dem Kindergeld für die minderjährigen Kläger bezog die Klägerin zu 2 Elterngeld in Höhe von monatlich 375,- EUR. Der Kläger zu 1) war zuletzt vom 01.05.2017 bis 10.05.2017 bei der Firma B. GmbH Personaldienstleistungen", 00000 D. sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die wöchentliche Arbeitszeit betrug 35 Stunden. Das Arbeitsverhältnis endete am 10.05.2017 durch ordentliche Kündigung der Arbeitgeberin, der Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 24.05.2017 eine unfreiwillige Arbeitslosigkeit nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU (Bl. 1116 der Verwaltungsakte).
Die Kläger zu 1) und 2) sind Eigentümer des von ihnen und den übrigen Klägern bewohnten Mehrfamilienhauses in A ... Durch sofort vollziehbare Verfügung des Landkreises Mittelsachsen vom 09.02.2017 (Bl. 1026 ff. der Verwaltungsakte) wurde wegen erheblicher Mängel die Nutzung der Feuerungsanlage einschließlich der Schornsteine im Haus der Kläger untersagt.
Mit Bescheid vom 09.10.2017 (Bl. 158 der Verwaltungsakte) lehnte der Beklagte den Weiterbewilligungsantrag der Kläger vom 11.09.2017 ab dem 01.11.2017 ab. Zur Begründung führte er sinngemäß aus, dass aufgrund des Arbeitsplatzverlusts die Freizügigkeitsberechtigung des Klägers zu 1) ab dem 11.11.2017 entfallen sei und der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b SGB II greife.
Den hiergegen am 17.10.2017 erhobenen Widerspruch (W 0000/17) hat der Beklagte mit gleicher Begründung durch Widerspruchsbescheid vom 03.01.2018 zurückgewiesen.
Mit rechtskräftigen Beschluss des Gerichts vom 20.11.2017 wurde der Beklagte verpflichtet, den Klägern im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes vorläufig Leistungen bis längstens 30.04.2018 zu gewähren (S 22 AS 4349/17 ER).
Die Kläger sind der Auffassung, dass weiter Leistungen zu gewähren seien. Das Aufenthaltsrecht der Kläger ergebe sich aufgrund des bescheinigten Schulbesuchs der Klägerin zu 3) aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (VO 492/11/EU). Die entgegenstehende Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c SGB II in der ab dem 29.12.2016 geltenden Fassung sei europarechtswidrig und daher nicht anwendbar. Darüber hinaus bestehe auch unabhängig von einer Nutzungsuntersagung der bestehenden Feuerungsanlage Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für die Beschaffung von Brennstoffen.
Vom 29.01.2018 bis zum 10.03.2018 war der Kläger zu 1) erneut sozialversicherungspflichtig beschäftigt, so dass der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 14.03.2018 (Bl. 45 ff. der Gerichtsakte) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.06.2018 (Bl. 352 der Verwaltungsakte) für den Zeitraum März und April 2018 Leistungen vorläufig in Höhe von monatlich 499,20 EUR (März 2018) und 978,63 EUR (April 2018) gewährte. Bezüglich des Zeitraumes vom 01.03.2018 bis 30.04.2018 haben die Kläger mit Schriftsatz vom 09.08.2018 das Verfahren für erledigt erklärt.
Die Kläger beantragen sinngemäß ausgelegt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09.10.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2018 zu verurteilen, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum 01.11.2017 bis 28.02.2018 in gesetzlicher Höhe einschließlich der Aufwendungen für selbstbeschaffte Brennstoffe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass aufgrund des Arbeitsplatzverlusts des Klägers zu 1) das Aufenthaltsrecht aller Kläger entfallen sei. Aus dem Schulbesuch der Klägerin zu 3) lasse sich nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung kein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen herleiten.
Das Gericht hat den Rechtstreit mit den Beteiligten am 13.06.2018 erörtert. Die Verwaltungsakte des Beklagten lag vor. Diese sowie die in der Klageakte enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten waren Gegenstand des Verfahrens. Hierauf sowie auf das Protokoll des Erörterungstermins vom 13.06.2018 wird zur Ergänzung des Tatbestands verwiesen. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, § 124 Abs. 2 SGG.
II.
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
Der Beschied des Beklagten vom 09.10.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2018 ist, soweit er Grundsicherungsleistungen dem Grunde nach gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c SGB II ablehnt, rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 54 Abs. 1 und 2 SGG (A).
Der Höhe nach haben die Kläger keinen Anspruch nach § 22 Abs. 1 SGB II auf Kostenübernahme der Aufwendungen für die Beschaffung von Brennstoffen (B).
A Aufgrund des Schulbesuchs verfügt die Klägerin zu 3) über ein materielles Aufenthaltsrecht aus Art. 10 VO 492/11/EU. Der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c SGB II ab dem 29.12.2016 normierte Leistungsausschluss ist nach Überzeugung der Kammer wegen des in Art. 7 Abs. 2 VO 492/11/EU normierten Diskriminierungsverbots und der Nichtanwendbarkeit der Schrankenregelung in § 24 Abs. 2 der Richtlinie 2008/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Unionsbürgerrichtlinie) mit europäischem Recht nicht vereinbar.
a) Die Kläger bilden zusammen eine Bedarfsgemeinschaft, die Kläger zu 1) und 2) haben das 15. Lebensjahr vollendet, sind erwerbsfähig und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte üben die Kläger zu 1) und 2) das Sorgerecht für die minderjährigen Kläger zu 3) bis 7) gemeinsam aus. Aus dem vorhandenen Einkommen und Vermögen können die Kläger ihren Bedarf nicht decken.
b) Die Kläger haben durch Vorlage der Schulbescheinigung der Klägerin zu 3 in ausreichender Weise nachgewiesen, dass diese eine allgemeinbildende Schule besucht. Nach Art. 10 VO 492/11/EU können die Kinder eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats wohnen, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen. Die Vorschrift verleiht den Kindern eines Arbeitnehmers ein eigenes Recht auf Zugang zum Unterricht und damit ein nicht vom Aufenthaltsrecht seiner Eltern abhängiges, eigenständiges Aufenthaltsrecht. Es gilt für Kinder von Arbeitnehmern wie auch für die Kinder ehemaliger Arbeitnehmer. Art. 10 VO 492/11/EU verlangt nur, dass das Kind mit seinem Eltern und seinem Elternteil in der Zeit in einem Mitgliedsstaat lebte, in der dort zumindest ein Elternteil als Arbeitnehmer wohnte (vgl. EuGH, Urteile vom 13.06.2013 - C 45/12 -, vom 14.06.2012 - C-542/09 -, vom 06.09.2012 Czop und Punakova - C-147/11/148/11 - und vom 23.02.2010 Ibrahim - C 310/08 - und Teixeira - C-480/08). Der Kläger zu 1) war bis einschließlich 10.05.2017 als Arbeitnehmer beschäftigt, der Arbeitsplatzverlust erfolgte entsprechend der Bescheinigung des Beklagten unfreiwillig, so dass bis einschließlich 10.11.2017 eine nachwirkende Freizügigkeitsberechtigung des Klägers zu 1) nach § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU bestand. In diese Zeit fällt der von der Grundschule A ... bestätigte Schulbesuch der Klägerin zu 3).
c) Aufgrund dieses schulbedingten Aufenthaltsrechts der Klägerin zu 3) haben auch die Eltern als Sorgeberechtigte ein davon abgeleitetes Aufenthaltsrechtsrecht, da nur so gewährleistet wird, dass das minderjährige Kind tatsächlich seine Ausbildung absolvieren kann und sein Aufenthaltsrecht nicht ausgehöhlt wird (vgl. dazu BSG Urteil 03.12.2015 – B 4 AS 43/15 Rz. 31 juris unter Verweis auf EuGH Urteil vom 13.6.2013 - Rs C-45/12 (Hadj Ahmed) - EAS Teil C VO (EWG) Nr 1408/71 Art 1 Nr 16, juris RdNr 46; EuGH Urteil vom 23.2.2010 - Rs C-480/08 (Teixeira) - Slg 2010, I-1107, juris RdNr 36, 53, 86; LSG Sachsen, Beschluss vom 21.10.2016 – L 7 AS 973/16 Rz. 33). Dieses Aufenthaltsrecht umfasst schließlich auch die weiteren minderjährigen Kläger zu 4) bis 7), da ihr Aufenthaltsrecht wiederum an das ihrer sorgeberechtigten Eltern geknüpft ist. d) Der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II normierte Ausschluss beeinträchtigt das nach Art. 10 VO 492/11/EU zustehende Ausbildungsrecht dahingehend, dass ein Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II faktisch zu einer Aushöhlung dieser Norm führt und mit Art. 7 Abs. 2 VO 492/11/EU im Sinne eines Diskriminierungsverbots nicht vereinbar ist, da der Ausschluss ausschließlich an die fehlende deutsche Staatsangehörigkeit anknüpft (vgl. dazu Devetzi, jurisPR-SozR 21/2017 Anm. 1; Buchstabe C). Das abgeleitete Aufenthaltsrecht der Kläger zu 1) und 2) besteht nämlich auch unabhängig von ausreichenden Mitteln zur Deckung ihres Lebensunterhalts oder ausreichenden Krankenversicherungsschutzes oder sonstiger aufenthaltseinschränkender Bestimmungen (EuGH, Urteil vom 23.02.2010 Rz. 55 Ibrahim – C 310/08, LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.04.2016 – L 4 AS 182/16 B ER, Rz. 37, juris). Daraus schlussfolgernd ist die Kammer mit der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur der Überzeugung, dass die Schrankenregelung des § 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG (Rechtfertigung eines Leistungsausschlusses bei einem Aufenthaltsrecht ausschließlich zur Arbeitssuche) zwar Leistungsansprüche nach dem SGB II für Personen deren Aufenthalt sich nach dieser Richtlinie bestimmt ausschließen kann, eine Anwendung dieser einschränkenden Regelung auf das eigenständige Aufenthaltsrecht nach der VO (EU) 492/2011 aber nicht in Betracht kommt (LSG Essen Beschluss vom 01.08.2017 – L 6 AS 860/17 B ER, Rz. 26; Beschluss vom 26.09.2017 – L 6 AS 380/17 B ER Rz. 39; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17. Februar 2017 – L 6 AS 11/17 B ER, Rz. 23, in der Literatur: Leopold in: Schlegel/Völzke, jurisPK SGB II, 4. Aufl., Stand 16.06.2017 § 7 Rz. 99.16; Korte in: LPK 6. Aufl. § 7 Rz. 31 a.E.; G ... Becker in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 7 Rz. 50; ebenso die Stellungnahmen von Groth, Harich und Berlit im Gesetzgebungsverfahren, BT-Ausschuss für Arbeit und Soziales, Ausschussdrucksache 18(11)851, S. 13 (Groth), 25 (Harisch) und 58 (Berlit). Das LSG Berlin-Brandenburg stützt in seiner gegenteiligen Entscheidung vom 23.10.2017 (L 31 AS 2007/17 B ER; Rz. 20, juris) einen Leistungsausschluss auch für die Fälle eines Aufenthaltsrechts nach Art. 10 VO 492/11/EU darauf, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Verfahren Alimanovic (EuGH Urteil vom 15.09.2015 C-67/14) der Argumentation des Generalanwalts in seinem Schlussvortrag (Schlussanträge des GA Wathelet vom 26.03.2015, Rz. 117 ff), dass Aufenthaltsrecht nach Art. 10 VO 492/11/EU zu beachten, nicht gefolgt sei. Dies überzeugt aus Rechtsgründen nicht, da der EuGH an die Beantwortung der ihm gestellten abstrakten Rechtsfragen durch das BSG gebunden war und daher die Prüfung eines (weiteren) Leistungsausschlusses nach Art. 10 VO 492/11/EU nicht zu prüfen hatte (so Berlit a.a.O.). Eine eindeutige Positionierung des EUGH zur Frage, ob möglicherweise auch bei einem Aufenthaltsrecht nach Art. 10 VO 492/11/EU Sozialleistungen durch den nationalen Gesetzgeber entzogen werden können und ob die Schrankenregelung des § 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG entsprechend anzuwenden ist, liegt bisher nicht vor. Da die Entscheidung des erkennenden Gerichts mit nationalen Rechtsmitteln (§§ 143, 144 SGG) anfechtbar ist, ist eine Vorlage nach Art. 267 AEUV EUGH nicht veranlasst.
B Der Höhe nach haben die Kläger nur Anspruch auf den Regelbedarf/Sozialgeld nach den §§ 20, 23 SGB II unter Berücksichtigung des zugeflossenen Kindergeldes für die Kläger zu 3 bis 7. Kosten für die Unterkunft wurden nicht geltend gemacht, ein Anspruch nach § 22 Abs. 1 SGB II auf Übernahme der Kosten für die Beschaffung von festen Brennstoffen (Bl. 134, 206 ff. der Verwaltungsakte) besteht nicht, da die Nutzung der Feuerungsanlagen brandpolizeilich untersagt ist.
Nach §§ 22 Abs. 1 SGB II haben die Kläger grundsätzlich Anspruch auf Übernahme der zu Beheizung der Unterkunft notwendigen Kosten. Diese sind in dem Monat als laufender Bedarf zu übernehmen, in dem die Brennstoffe erworben wurden (BSG, Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 36/12 R).
Leistungen nach § 22 SGB II sind grundsätzlich auch in den Fällen zu gewähren, in denen die Nutzung der Wohnung privat und/oder öffentlich rechtlich eingeschränkt oder unzulässig ist, da das SGB II auf den tatsächlichen Bedarf (konkrete Hilfebedürftigkeit) abstellt und es den Grundsicherungsträgern und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit im Regelfall verwehrt ist, eigenständige ordnungsrechtliche Prüfungen vorzunehmen und sich an die Stelle der Sonderordnungsbehörde zu setzen (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 – B 14 AS 79/09 R, Rz. 10, juris, für den Fall der straßenrechtlich unzulässigen Nutzung eines Wohnmobils als Wohnung). Das BSG hat aber gleichzeitig klargestellt, dass etwas anders gelten könne, wenn die zuständige Behörde die Nutzung tatsächlich untersagt hat. Diese Rechtsprechung ist auch auf die Nutzbarkeit der Heizungsanlage übertragbar, da die Kosten für Unterkunft und Heizung tatsächlich und rechtlich (§22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) miteinander verknüpft sind.
Aufgrund der sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagung vom 09.02.2017 war den Klägern bereits unabhängig von einer Bewertung durch den Beklagten von der zuständigen Ordnungsbehörde nach den §§ 1, 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG); 2 Abs. 1 Buchstabe f) des Gesetzes über die Zuständigkeiten nach dem Schornsteinfeger-Handwerksgesetz und dem Schornsteinfegergesetz im Freistaat Sachen (SächsSchfHwGzuG) die Nutzung der Heizungsanlage verboten.
Zu Recht weist das LSG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 12.10.2007 – L 19 B 1700/07 AS ER, Rz. 6, juris) darauf hin, dass im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung eine Leistungsgewährung aus öffentlichen Mitteln in Fällen verfehlt ist, wenn dadurch ein der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zuwiderlaufender Zustand gefördert wird. Soweit der Kläger zu 1) im Erörterungstermin erklärt hat, er habe die Schäden an der Feuerungsanlage in Eigenleistung beseitigt, führt dies zu keiner anderen rechtlichen Bewertung, da soweit ersichtlich bisher keine Freigabe der Anlage durch das zuständige Landratsamt erfolgte.
C Entsprechend der durch vorläufigen Bescheid vom 30.11.2017 (Bl. 192 ff. der Verwaltungsakte) in Ausführung des Beschlusses im einstweiligen Rechtschutz erfolgten Bewilligung haben die Kläger unter Berücksichtigung ihres sonstigen Einkommens aus Kindergeld (bis 12/2017 monatlich insgesamt 1.028,- EUR ab 01/2018 monatlich 1.038,- EUR) und Elterngeld der Klägerin zu 1 (monatlich 375,- EUR) für den Zeitraum November und Dezember 2017 Anspruch auf monatlich 656,- EUR und für den Zeitraum 01.01. bis 28.02.2018 in Höhe von monatlich 677,02 EUR (&8721; 2.666,04 EUR für den im Streit stehenden Zeitraum). Der dem Kläger zu 1) am 09.02.2018 zugeflossene Lohn für Januar 2018 in Höhe von 43,63 EUR (53,04 EUR brutto, Bl. 267, 268 der Verwaltungsakte) unterfällt vollständig dem Freibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II und ist nicht zu berücksichtigen. Sonstige Einkommenszuflüsse mit Ausnahme des Kindergeldes sind nicht erfolgt (Bl. 325 der Verwaltungsakte).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Für den Beklagten ist das Rechtsmittel der Berufung eröffnet. Für die Kläger ist die Beschwerde über die Nichtzulassung der Berufung gegeben, da Gründe für eine Zulassung nicht vorliegen. Die für den streitigen Zeitraum geltend gemachten Heizkosten betragen nur 44,71 EUR (Bl. 206 ff. der Verwaltungsakte), §§ 143, 144 SGG.
Tatbestand:
Im Streit steht die Fortzahlung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.11.2017 bis zum 28.02.2018. Die Kläger standen zuvor durch endgültige Festsetzung vom 02.10.2017 (Bl. 137 ff. der Verwaltungsakte) aufgrund der Regelungen der §§ 7 Abs. 1 SGB II, § 2 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU – FreizügG/EU) im Leistungsbezug bei dem Beklagten.
Die Kläger zu 1), 3) bis 7) sind niederländische Staatsangehörige, die Klägerin zu 2) ist mit dem Kläger zu 1) verheiratet und kroatische Staatsangehörige. Die Kläger zu 1) bis 5) leben seit dem 25.04.2014 in Deutschland. Die Kläger zu 1) und 2) sind die sorgeberechtigten Eltern der 2009, 2001, 2013, 2015 und 2017 geborenen und im Kindergeldbezug stehenden Kläger zu 3) bis 7). Die Klägerin zu 3) besuchte im streitigen Zeitraum die Klasse 1b der Grundschule in 0000 A ... (Bl. 11 der Gerichtsakte). Neben dem Kindergeld für die minderjährigen Kläger bezog die Klägerin zu 2 Elterngeld in Höhe von monatlich 375,- EUR. Der Kläger zu 1) war zuletzt vom 01.05.2017 bis 10.05.2017 bei der Firma B. GmbH Personaldienstleistungen", 00000 D. sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die wöchentliche Arbeitszeit betrug 35 Stunden. Das Arbeitsverhältnis endete am 10.05.2017 durch ordentliche Kündigung der Arbeitgeberin, der Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 24.05.2017 eine unfreiwillige Arbeitslosigkeit nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU (Bl. 1116 der Verwaltungsakte).
Die Kläger zu 1) und 2) sind Eigentümer des von ihnen und den übrigen Klägern bewohnten Mehrfamilienhauses in A ... Durch sofort vollziehbare Verfügung des Landkreises Mittelsachsen vom 09.02.2017 (Bl. 1026 ff. der Verwaltungsakte) wurde wegen erheblicher Mängel die Nutzung der Feuerungsanlage einschließlich der Schornsteine im Haus der Kläger untersagt.
Mit Bescheid vom 09.10.2017 (Bl. 158 der Verwaltungsakte) lehnte der Beklagte den Weiterbewilligungsantrag der Kläger vom 11.09.2017 ab dem 01.11.2017 ab. Zur Begründung führte er sinngemäß aus, dass aufgrund des Arbeitsplatzverlusts die Freizügigkeitsberechtigung des Klägers zu 1) ab dem 11.11.2017 entfallen sei und der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b SGB II greife.
Den hiergegen am 17.10.2017 erhobenen Widerspruch (W 0000/17) hat der Beklagte mit gleicher Begründung durch Widerspruchsbescheid vom 03.01.2018 zurückgewiesen.
Mit rechtskräftigen Beschluss des Gerichts vom 20.11.2017 wurde der Beklagte verpflichtet, den Klägern im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes vorläufig Leistungen bis längstens 30.04.2018 zu gewähren (S 22 AS 4349/17 ER).
Die Kläger sind der Auffassung, dass weiter Leistungen zu gewähren seien. Das Aufenthaltsrecht der Kläger ergebe sich aufgrund des bescheinigten Schulbesuchs der Klägerin zu 3) aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (VO 492/11/EU). Die entgegenstehende Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c SGB II in der ab dem 29.12.2016 geltenden Fassung sei europarechtswidrig und daher nicht anwendbar. Darüber hinaus bestehe auch unabhängig von einer Nutzungsuntersagung der bestehenden Feuerungsanlage Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für die Beschaffung von Brennstoffen.
Vom 29.01.2018 bis zum 10.03.2018 war der Kläger zu 1) erneut sozialversicherungspflichtig beschäftigt, so dass der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 14.03.2018 (Bl. 45 ff. der Gerichtsakte) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.06.2018 (Bl. 352 der Verwaltungsakte) für den Zeitraum März und April 2018 Leistungen vorläufig in Höhe von monatlich 499,20 EUR (März 2018) und 978,63 EUR (April 2018) gewährte. Bezüglich des Zeitraumes vom 01.03.2018 bis 30.04.2018 haben die Kläger mit Schriftsatz vom 09.08.2018 das Verfahren für erledigt erklärt.
Die Kläger beantragen sinngemäß ausgelegt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09.10.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2018 zu verurteilen, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum 01.11.2017 bis 28.02.2018 in gesetzlicher Höhe einschließlich der Aufwendungen für selbstbeschaffte Brennstoffe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass aufgrund des Arbeitsplatzverlusts des Klägers zu 1) das Aufenthaltsrecht aller Kläger entfallen sei. Aus dem Schulbesuch der Klägerin zu 3) lasse sich nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung kein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen herleiten.
Das Gericht hat den Rechtstreit mit den Beteiligten am 13.06.2018 erörtert. Die Verwaltungsakte des Beklagten lag vor. Diese sowie die in der Klageakte enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten waren Gegenstand des Verfahrens. Hierauf sowie auf das Protokoll des Erörterungstermins vom 13.06.2018 wird zur Ergänzung des Tatbestands verwiesen. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, § 124 Abs. 2 SGG.
II.
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
Der Beschied des Beklagten vom 09.10.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2018 ist, soweit er Grundsicherungsleistungen dem Grunde nach gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c SGB II ablehnt, rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 54 Abs. 1 und 2 SGG (A).
Der Höhe nach haben die Kläger keinen Anspruch nach § 22 Abs. 1 SGB II auf Kostenübernahme der Aufwendungen für die Beschaffung von Brennstoffen (B).
A Aufgrund des Schulbesuchs verfügt die Klägerin zu 3) über ein materielles Aufenthaltsrecht aus Art. 10 VO 492/11/EU. Der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c SGB II ab dem 29.12.2016 normierte Leistungsausschluss ist nach Überzeugung der Kammer wegen des in Art. 7 Abs. 2 VO 492/11/EU normierten Diskriminierungsverbots und der Nichtanwendbarkeit der Schrankenregelung in § 24 Abs. 2 der Richtlinie 2008/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Unionsbürgerrichtlinie) mit europäischem Recht nicht vereinbar.
a) Die Kläger bilden zusammen eine Bedarfsgemeinschaft, die Kläger zu 1) und 2) haben das 15. Lebensjahr vollendet, sind erwerbsfähig und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte üben die Kläger zu 1) und 2) das Sorgerecht für die minderjährigen Kläger zu 3) bis 7) gemeinsam aus. Aus dem vorhandenen Einkommen und Vermögen können die Kläger ihren Bedarf nicht decken.
b) Die Kläger haben durch Vorlage der Schulbescheinigung der Klägerin zu 3 in ausreichender Weise nachgewiesen, dass diese eine allgemeinbildende Schule besucht. Nach Art. 10 VO 492/11/EU können die Kinder eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats wohnen, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen. Die Vorschrift verleiht den Kindern eines Arbeitnehmers ein eigenes Recht auf Zugang zum Unterricht und damit ein nicht vom Aufenthaltsrecht seiner Eltern abhängiges, eigenständiges Aufenthaltsrecht. Es gilt für Kinder von Arbeitnehmern wie auch für die Kinder ehemaliger Arbeitnehmer. Art. 10 VO 492/11/EU verlangt nur, dass das Kind mit seinem Eltern und seinem Elternteil in der Zeit in einem Mitgliedsstaat lebte, in der dort zumindest ein Elternteil als Arbeitnehmer wohnte (vgl. EuGH, Urteile vom 13.06.2013 - C 45/12 -, vom 14.06.2012 - C-542/09 -, vom 06.09.2012 Czop und Punakova - C-147/11/148/11 - und vom 23.02.2010 Ibrahim - C 310/08 - und Teixeira - C-480/08). Der Kläger zu 1) war bis einschließlich 10.05.2017 als Arbeitnehmer beschäftigt, der Arbeitsplatzverlust erfolgte entsprechend der Bescheinigung des Beklagten unfreiwillig, so dass bis einschließlich 10.11.2017 eine nachwirkende Freizügigkeitsberechtigung des Klägers zu 1) nach § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU bestand. In diese Zeit fällt der von der Grundschule A ... bestätigte Schulbesuch der Klägerin zu 3).
c) Aufgrund dieses schulbedingten Aufenthaltsrechts der Klägerin zu 3) haben auch die Eltern als Sorgeberechtigte ein davon abgeleitetes Aufenthaltsrechtsrecht, da nur so gewährleistet wird, dass das minderjährige Kind tatsächlich seine Ausbildung absolvieren kann und sein Aufenthaltsrecht nicht ausgehöhlt wird (vgl. dazu BSG Urteil 03.12.2015 – B 4 AS 43/15 Rz. 31 juris unter Verweis auf EuGH Urteil vom 13.6.2013 - Rs C-45/12 (Hadj Ahmed) - EAS Teil C VO (EWG) Nr 1408/71 Art 1 Nr 16, juris RdNr 46; EuGH Urteil vom 23.2.2010 - Rs C-480/08 (Teixeira) - Slg 2010, I-1107, juris RdNr 36, 53, 86; LSG Sachsen, Beschluss vom 21.10.2016 – L 7 AS 973/16 Rz. 33). Dieses Aufenthaltsrecht umfasst schließlich auch die weiteren minderjährigen Kläger zu 4) bis 7), da ihr Aufenthaltsrecht wiederum an das ihrer sorgeberechtigten Eltern geknüpft ist. d) Der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II normierte Ausschluss beeinträchtigt das nach Art. 10 VO 492/11/EU zustehende Ausbildungsrecht dahingehend, dass ein Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II faktisch zu einer Aushöhlung dieser Norm führt und mit Art. 7 Abs. 2 VO 492/11/EU im Sinne eines Diskriminierungsverbots nicht vereinbar ist, da der Ausschluss ausschließlich an die fehlende deutsche Staatsangehörigkeit anknüpft (vgl. dazu Devetzi, jurisPR-SozR 21/2017 Anm. 1; Buchstabe C). Das abgeleitete Aufenthaltsrecht der Kläger zu 1) und 2) besteht nämlich auch unabhängig von ausreichenden Mitteln zur Deckung ihres Lebensunterhalts oder ausreichenden Krankenversicherungsschutzes oder sonstiger aufenthaltseinschränkender Bestimmungen (EuGH, Urteil vom 23.02.2010 Rz. 55 Ibrahim – C 310/08, LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.04.2016 – L 4 AS 182/16 B ER, Rz. 37, juris). Daraus schlussfolgernd ist die Kammer mit der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur der Überzeugung, dass die Schrankenregelung des § 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG (Rechtfertigung eines Leistungsausschlusses bei einem Aufenthaltsrecht ausschließlich zur Arbeitssuche) zwar Leistungsansprüche nach dem SGB II für Personen deren Aufenthalt sich nach dieser Richtlinie bestimmt ausschließen kann, eine Anwendung dieser einschränkenden Regelung auf das eigenständige Aufenthaltsrecht nach der VO (EU) 492/2011 aber nicht in Betracht kommt (LSG Essen Beschluss vom 01.08.2017 – L 6 AS 860/17 B ER, Rz. 26; Beschluss vom 26.09.2017 – L 6 AS 380/17 B ER Rz. 39; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17. Februar 2017 – L 6 AS 11/17 B ER, Rz. 23, in der Literatur: Leopold in: Schlegel/Völzke, jurisPK SGB II, 4. Aufl., Stand 16.06.2017 § 7 Rz. 99.16; Korte in: LPK 6. Aufl. § 7 Rz. 31 a.E.; G ... Becker in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 7 Rz. 50; ebenso die Stellungnahmen von Groth, Harich und Berlit im Gesetzgebungsverfahren, BT-Ausschuss für Arbeit und Soziales, Ausschussdrucksache 18(11)851, S. 13 (Groth), 25 (Harisch) und 58 (Berlit). Das LSG Berlin-Brandenburg stützt in seiner gegenteiligen Entscheidung vom 23.10.2017 (L 31 AS 2007/17 B ER; Rz. 20, juris) einen Leistungsausschluss auch für die Fälle eines Aufenthaltsrechts nach Art. 10 VO 492/11/EU darauf, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Verfahren Alimanovic (EuGH Urteil vom 15.09.2015 C-67/14) der Argumentation des Generalanwalts in seinem Schlussvortrag (Schlussanträge des GA Wathelet vom 26.03.2015, Rz. 117 ff), dass Aufenthaltsrecht nach Art. 10 VO 492/11/EU zu beachten, nicht gefolgt sei. Dies überzeugt aus Rechtsgründen nicht, da der EuGH an die Beantwortung der ihm gestellten abstrakten Rechtsfragen durch das BSG gebunden war und daher die Prüfung eines (weiteren) Leistungsausschlusses nach Art. 10 VO 492/11/EU nicht zu prüfen hatte (so Berlit a.a.O.). Eine eindeutige Positionierung des EUGH zur Frage, ob möglicherweise auch bei einem Aufenthaltsrecht nach Art. 10 VO 492/11/EU Sozialleistungen durch den nationalen Gesetzgeber entzogen werden können und ob die Schrankenregelung des § 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG entsprechend anzuwenden ist, liegt bisher nicht vor. Da die Entscheidung des erkennenden Gerichts mit nationalen Rechtsmitteln (§§ 143, 144 SGG) anfechtbar ist, ist eine Vorlage nach Art. 267 AEUV EUGH nicht veranlasst.
B Der Höhe nach haben die Kläger nur Anspruch auf den Regelbedarf/Sozialgeld nach den §§ 20, 23 SGB II unter Berücksichtigung des zugeflossenen Kindergeldes für die Kläger zu 3 bis 7. Kosten für die Unterkunft wurden nicht geltend gemacht, ein Anspruch nach § 22 Abs. 1 SGB II auf Übernahme der Kosten für die Beschaffung von festen Brennstoffen (Bl. 134, 206 ff. der Verwaltungsakte) besteht nicht, da die Nutzung der Feuerungsanlagen brandpolizeilich untersagt ist.
Nach §§ 22 Abs. 1 SGB II haben die Kläger grundsätzlich Anspruch auf Übernahme der zu Beheizung der Unterkunft notwendigen Kosten. Diese sind in dem Monat als laufender Bedarf zu übernehmen, in dem die Brennstoffe erworben wurden (BSG, Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 36/12 R).
Leistungen nach § 22 SGB II sind grundsätzlich auch in den Fällen zu gewähren, in denen die Nutzung der Wohnung privat und/oder öffentlich rechtlich eingeschränkt oder unzulässig ist, da das SGB II auf den tatsächlichen Bedarf (konkrete Hilfebedürftigkeit) abstellt und es den Grundsicherungsträgern und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit im Regelfall verwehrt ist, eigenständige ordnungsrechtliche Prüfungen vorzunehmen und sich an die Stelle der Sonderordnungsbehörde zu setzen (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 – B 14 AS 79/09 R, Rz. 10, juris, für den Fall der straßenrechtlich unzulässigen Nutzung eines Wohnmobils als Wohnung). Das BSG hat aber gleichzeitig klargestellt, dass etwas anders gelten könne, wenn die zuständige Behörde die Nutzung tatsächlich untersagt hat. Diese Rechtsprechung ist auch auf die Nutzbarkeit der Heizungsanlage übertragbar, da die Kosten für Unterkunft und Heizung tatsächlich und rechtlich (§22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) miteinander verknüpft sind.
Aufgrund der sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagung vom 09.02.2017 war den Klägern bereits unabhängig von einer Bewertung durch den Beklagten von der zuständigen Ordnungsbehörde nach den §§ 1, 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG); 2 Abs. 1 Buchstabe f) des Gesetzes über die Zuständigkeiten nach dem Schornsteinfeger-Handwerksgesetz und dem Schornsteinfegergesetz im Freistaat Sachen (SächsSchfHwGzuG) die Nutzung der Heizungsanlage verboten.
Zu Recht weist das LSG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 12.10.2007 – L 19 B 1700/07 AS ER, Rz. 6, juris) darauf hin, dass im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung eine Leistungsgewährung aus öffentlichen Mitteln in Fällen verfehlt ist, wenn dadurch ein der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zuwiderlaufender Zustand gefördert wird. Soweit der Kläger zu 1) im Erörterungstermin erklärt hat, er habe die Schäden an der Feuerungsanlage in Eigenleistung beseitigt, führt dies zu keiner anderen rechtlichen Bewertung, da soweit ersichtlich bisher keine Freigabe der Anlage durch das zuständige Landratsamt erfolgte.
C Entsprechend der durch vorläufigen Bescheid vom 30.11.2017 (Bl. 192 ff. der Verwaltungsakte) in Ausführung des Beschlusses im einstweiligen Rechtschutz erfolgten Bewilligung haben die Kläger unter Berücksichtigung ihres sonstigen Einkommens aus Kindergeld (bis 12/2017 monatlich insgesamt 1.028,- EUR ab 01/2018 monatlich 1.038,- EUR) und Elterngeld der Klägerin zu 1 (monatlich 375,- EUR) für den Zeitraum November und Dezember 2017 Anspruch auf monatlich 656,- EUR und für den Zeitraum 01.01. bis 28.02.2018 in Höhe von monatlich 677,02 EUR (&8721; 2.666,04 EUR für den im Streit stehenden Zeitraum). Der dem Kläger zu 1) am 09.02.2018 zugeflossene Lohn für Januar 2018 in Höhe von 43,63 EUR (53,04 EUR brutto, Bl. 267, 268 der Verwaltungsakte) unterfällt vollständig dem Freibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II und ist nicht zu berücksichtigen. Sonstige Einkommenszuflüsse mit Ausnahme des Kindergeldes sind nicht erfolgt (Bl. 325 der Verwaltungsakte).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Für den Beklagten ist das Rechtsmittel der Berufung eröffnet. Für die Kläger ist die Beschwerde über die Nichtzulassung der Berufung gegeben, da Gründe für eine Zulassung nicht vorliegen. Die für den streitigen Zeitraum geltend gemachten Heizkosten betragen nur 44,71 EUR (Bl. 206 ff. der Verwaltungsakte), §§ 143, 144 SGG.
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