Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 584/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der der Klägerin in der Zeit vom 01.04.2016 bis zum 30.09.2016 zustehenden Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grund-sicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) in Gestalt des Arbeitslosengeldes II gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 19 a Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I).
Die Klägerin, geboren am 00.00.1966, bezieht von der Beklagten seit mehreren Jahren unter Anrechnung einer von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung Arbeitslosengeld II. Sie leidet u.a. an einer Fib-romyalgie mit zusätzlicher Depression. Darüber hinaus sind bei ihr eine degenerative Ver-änderung der Halswirbelsäule mit Belastungseinschränkungen sowie eine retropatellare Chondromalazie diagnostiziert. Sie bewohnte seit den frühen 2000er Jahren bis zum 31.07.2015 eine Wohnung in dem Gebäudekomplex "A.S.C.00" in N ... Dieser stellt einen landläufig sog. sozialen Brennpunkt in der Stadt N. dar. Seit mehreren Jahren kommt es dort jedenfalls zu vermehrten Polizeieinsätzen u.a. wegen Ruhestörungen und Sachbe-schädigungen. Es werden (illegale) Drogen sowohl konsumiert als auch an- und verkauft. Die Polizei N. wird darüber hinaus in regelmäßigen Abständen wegen angezeigter Körper-verletzungsdelikte vorstellig. Die Klägerin selbst ist jedoch in der Zeit bis Juli 2015 kein Opfer einer Körperverletzung geworden.
Am 08.05.2015 beantragte sie bei der Beklagten die Erteilung der Zustimmung zum Woh-nungswechsel. Ihr Bruder habe in der "E. Straße 00" ein Haus gekauft und betreibe dort eine Fahrradwerkstatt. Sie beabsichtige, dort gemeinsam mit einem Mitbewohner eine Wohnung anzumieten und zu beziehen. Die übersteigenden Kosten im Verhältnis zur bis-her bewohnten Wohnung beliefen sich auf ca. 54,00 Euro pro Monat. Dieses Ansinnen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 15.06.2015 bestandskräftig ab.
Zum 01.08.2015 zog die Klägerin gemeinsam mit einem Mitbewohner in die avisierte Wohnung ("E. Straße 00") ein, in der beide bis heute noch leben.
Mit Bescheid vom 15.03.2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin auf der Grundlage von § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in der damals geltenden Fassung in Verbindung mit § 328 Sozial-gesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2016 bis zum 30.06.2016. Dabei legte sie im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II die bisherigen Miet- und Nebenkosten der Wohnung "A.S.C.00" zugrunde und kürzte die zu übernehmenden Kosten der Unterkunft und Heizung um 54,00 Euro monatlich. Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 11.04.2016 Widerspruch.
Unter dem 27.04.2016 beantragte sie darüber hinaus die Übernahme der Mietkaution für die Wohnung "E. Straße 00". Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2016 ab. Die dagegen erhobene Klage nahm die Klägerin nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe durch Beschluss des Sozialge-richts (SG) Münster vom 03.01.2017 zurück (Az.: S 11 AS 585/16).
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2016 wies die Beklagte den Widerspruch vom 11.04.2016 gegen den Bescheid vom 15.03.2016 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 18.08.2016 Klage erhoben. Sie habe sowohl aus sozialen als auch aus gesundheitlichen Gründen die Wohnung "A.S.C.00" verlassen müssen. Ein wei-terer Verbleib in diesem Gebäudekomplex sei unzumutbar gewesen.
Mit Bescheid vom 27.01.2017 hat die Beklagte das Arbeitslosengeld II der Klägerin für die Zeit vom 01.04.2016 bis zum 30.09.2016 endgültig festgesetzt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2016 in der Fassung des Festset-zungsbescheides vom 27.01.2017 zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 431,40 Euro zu gewähren, hilfsweise die Berufung zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Berufung zuzulassen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid weiterhin für rechtmäßig. Hinsichtlich ihrer Rechts-auffassung verweist sie im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 15.07.2016.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten der die Klägerin behandelnden Ärzte sowie durch Einbeziehung der ärztlichen Gutachten im Antragsver-fahren bei der DRV Bund.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des übrigen Vorbrin-gens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwal-tungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Ver-handlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 15.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2016 in der Fassung des Festsetzungsbescheides vom 27.01.2017 nicht gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die Bescheide sind nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat gegen die Beklagte in der Zeit vom 01.04.2016 bis zum 30.09.2016 keinen höheren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Gestalt des Arbeitslosengeldes II (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II).
Insbesondere hat sie keinen höheren Anspruch auf Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Dem steht die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II entgegen.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen an-erkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II).
Die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II schafft – ausweislich der Gesetzesbegrün-dung (siehe BT-Drs. 16/1410, S. 23) – eine individuelle Angemessenheitsgrenze für die Fälle, in denen der Hilfebedürftige von einer zuvor angemessenen in eine neuere, eben-falls (noch) angemessene Unterkunft umzieht. Hierdurch soll der Ausschöpfung der durch den jeweiligen kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenze entgegengewirkt werden. Die Frage, wann ein Umzug erforderlich ist, ist im Gesetz nicht geregelt. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/1410, S. 23) ist dies insbesondere der Fall, wenn ein Wohnungswechsel zur Eingliederung in Arbeit oder aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen erforderlich sei. Nach herrschender Meinung (vgl. dazu nur Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 24.11.2011, Az.: B 14 AS 1007/10 R sowie Luik, in: Eicher/Luik, Kom-mentar zum SGB II, 4. Auflage, 2017, § 22, Rn. 122) kann von einem erforderlichen Um-zug gesprochen werden, wenn für diesen ein plausibler, nachvollziehbarer und verständli-cher Anlass vorliegt, von dem sich ein Nichthilfeempfänger hätte leiten lassen und der nicht zumutbar auf andere Weise beseitigt werden kann.
In diesem Sinne war der Umzug der Klägerin von der Wohnung "A.S.C.00" in die "E. Stra-ße 00" nicht erforderlich.
Zunächst kann die Kammer hierfür keine gesundheitlichen Gründe erkennen. Dabei hat sie durchaus berücksichtigt, dass die Klägerin sowohl an körperlichen als auch an psychi-schen Erkrankungen leidet. Diese sind jedoch nach Auswertung der Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte und Therapeuten nicht derart gravierend, dass sie den Bezug einer teureren Wohnung in einem anderen Stadtviertel rechtfertigten. Jedenfalls lassen die seitens des Gerichts eingeholten Befundberichte keine Notwendigkeit des Um-zugs aus medizinischen Gründen erkennen. Allein eine Verbesserung der Gemütslage durch einen Umzug in einen "besseren" Stadtteil ist kein medizinisch relevanter Gesichts-punkt.
Auch soziale Gründe für die Notwendigkeit eines Umzugs liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor. Insbesondere kann der Wunsch der Klägerin, aus einem (etwaigen) sog. sozialen Brennpunkt der Stadt N. in einen anderen Stadtteil zu ziehen, nicht zu einer Notwendigkeit des Umzugs im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II führen. Zwar gibt es auch in der Stadt N. Stadtviertel und Straßenzüge, die durch eine erhöhte Kriminalität, ei-ne ungünstige bzw. problematische Bevölkerungsstruktur und bauliche Mängel der Woh-nungen gekennzeichnet sind. Des Weiteren ist gerichtsbekannt, dass das Wohnen in dem Objekt "A.S.C.00" durch vielfältige soziale Probleme der dort lebenden Menschen beein-trächtigt ist. Allerdings gibt es – möglicherweise anders als in anderen Metropolen und Großstädten Nordrhein-Westfalens – keine sog. No-go-Areas in N ... Ein angemessenes und menschenwürdiges Wohnen ist in N. – zumindest dem Grunde nach – in jedem Stadt-teil und Straßenzug gewährleistet. Die Klägerin muss sich – nach der gesetzgeberischen Konzeption des SGB II – als Angehörige der unteren 20 Prozent der Einkommensschich-ten mit Personen vergleichen lassen, deren Einkommen nur geringfügig über dem Regel-bedarf des SGB II liegt und die deshalb kein Arbeitslosengeld II oder sonstige staatliche Existenzsicherungsleistungen beziehen. Angesichts eines Unterschiedsbetrages von 54,00 Euro monatlich hält es die Kammer für nicht wahrscheinlich, dass diese Personen eine teurere Wohnung angemietet hätten, wenn sie dies (allein) mit ihrem geringen Einkommen hätten finanzieren müssen. Die Kammer anerkennt durchaus den Wunsch der Klägerin, ihr bisher schwieriges Wohnumfeld zu verlassen. Allerdings hält sie es nicht für sachge-recht, dieses Ansinnen mit Steuermitteln zu finanzieren. Dies käme allenfalls in Betracht, wenn ein Umzug die Wahrscheinlichkeit einer Integration in den Arbeitsmarkt erhöhte. Dies ist bei der Klägerin jedoch nicht der Fall.
Wegen der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II der Klägerin in der hier streitge-genständlichen Zeit im Übrigen verweist die Kammer auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 15.07.2016 sowie im Festsetzungsbescheid vom 27.01.2017. Zweifel gegen die Berechnung der Beklagten hat die Kammer nicht, werden jedoch von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Der Sache kommt im Besonderen keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der der Klägerin in der Zeit vom 01.04.2016 bis zum 30.09.2016 zustehenden Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grund-sicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) in Gestalt des Arbeitslosengeldes II gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 19 a Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I).
Die Klägerin, geboren am 00.00.1966, bezieht von der Beklagten seit mehreren Jahren unter Anrechnung einer von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung Arbeitslosengeld II. Sie leidet u.a. an einer Fib-romyalgie mit zusätzlicher Depression. Darüber hinaus sind bei ihr eine degenerative Ver-änderung der Halswirbelsäule mit Belastungseinschränkungen sowie eine retropatellare Chondromalazie diagnostiziert. Sie bewohnte seit den frühen 2000er Jahren bis zum 31.07.2015 eine Wohnung in dem Gebäudekomplex "A.S.C.00" in N ... Dieser stellt einen landläufig sog. sozialen Brennpunkt in der Stadt N. dar. Seit mehreren Jahren kommt es dort jedenfalls zu vermehrten Polizeieinsätzen u.a. wegen Ruhestörungen und Sachbe-schädigungen. Es werden (illegale) Drogen sowohl konsumiert als auch an- und verkauft. Die Polizei N. wird darüber hinaus in regelmäßigen Abständen wegen angezeigter Körper-verletzungsdelikte vorstellig. Die Klägerin selbst ist jedoch in der Zeit bis Juli 2015 kein Opfer einer Körperverletzung geworden.
Am 08.05.2015 beantragte sie bei der Beklagten die Erteilung der Zustimmung zum Woh-nungswechsel. Ihr Bruder habe in der "E. Straße 00" ein Haus gekauft und betreibe dort eine Fahrradwerkstatt. Sie beabsichtige, dort gemeinsam mit einem Mitbewohner eine Wohnung anzumieten und zu beziehen. Die übersteigenden Kosten im Verhältnis zur bis-her bewohnten Wohnung beliefen sich auf ca. 54,00 Euro pro Monat. Dieses Ansinnen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 15.06.2015 bestandskräftig ab.
Zum 01.08.2015 zog die Klägerin gemeinsam mit einem Mitbewohner in die avisierte Wohnung ("E. Straße 00") ein, in der beide bis heute noch leben.
Mit Bescheid vom 15.03.2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin auf der Grundlage von § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in der damals geltenden Fassung in Verbindung mit § 328 Sozial-gesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2016 bis zum 30.06.2016. Dabei legte sie im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II die bisherigen Miet- und Nebenkosten der Wohnung "A.S.C.00" zugrunde und kürzte die zu übernehmenden Kosten der Unterkunft und Heizung um 54,00 Euro monatlich. Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 11.04.2016 Widerspruch.
Unter dem 27.04.2016 beantragte sie darüber hinaus die Übernahme der Mietkaution für die Wohnung "E. Straße 00". Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2016 ab. Die dagegen erhobene Klage nahm die Klägerin nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe durch Beschluss des Sozialge-richts (SG) Münster vom 03.01.2017 zurück (Az.: S 11 AS 585/16).
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2016 wies die Beklagte den Widerspruch vom 11.04.2016 gegen den Bescheid vom 15.03.2016 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 18.08.2016 Klage erhoben. Sie habe sowohl aus sozialen als auch aus gesundheitlichen Gründen die Wohnung "A.S.C.00" verlassen müssen. Ein wei-terer Verbleib in diesem Gebäudekomplex sei unzumutbar gewesen.
Mit Bescheid vom 27.01.2017 hat die Beklagte das Arbeitslosengeld II der Klägerin für die Zeit vom 01.04.2016 bis zum 30.09.2016 endgültig festgesetzt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2016 in der Fassung des Festset-zungsbescheides vom 27.01.2017 zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 431,40 Euro zu gewähren, hilfsweise die Berufung zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Berufung zuzulassen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid weiterhin für rechtmäßig. Hinsichtlich ihrer Rechts-auffassung verweist sie im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 15.07.2016.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten der die Klägerin behandelnden Ärzte sowie durch Einbeziehung der ärztlichen Gutachten im Antragsver-fahren bei der DRV Bund.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des übrigen Vorbrin-gens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwal-tungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Ver-handlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 15.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2016 in der Fassung des Festsetzungsbescheides vom 27.01.2017 nicht gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die Bescheide sind nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat gegen die Beklagte in der Zeit vom 01.04.2016 bis zum 30.09.2016 keinen höheren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Gestalt des Arbeitslosengeldes II (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II).
Insbesondere hat sie keinen höheren Anspruch auf Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Dem steht die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II entgegen.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen an-erkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II).
Die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II schafft – ausweislich der Gesetzesbegrün-dung (siehe BT-Drs. 16/1410, S. 23) – eine individuelle Angemessenheitsgrenze für die Fälle, in denen der Hilfebedürftige von einer zuvor angemessenen in eine neuere, eben-falls (noch) angemessene Unterkunft umzieht. Hierdurch soll der Ausschöpfung der durch den jeweiligen kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenze entgegengewirkt werden. Die Frage, wann ein Umzug erforderlich ist, ist im Gesetz nicht geregelt. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/1410, S. 23) ist dies insbesondere der Fall, wenn ein Wohnungswechsel zur Eingliederung in Arbeit oder aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen erforderlich sei. Nach herrschender Meinung (vgl. dazu nur Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 24.11.2011, Az.: B 14 AS 1007/10 R sowie Luik, in: Eicher/Luik, Kom-mentar zum SGB II, 4. Auflage, 2017, § 22, Rn. 122) kann von einem erforderlichen Um-zug gesprochen werden, wenn für diesen ein plausibler, nachvollziehbarer und verständli-cher Anlass vorliegt, von dem sich ein Nichthilfeempfänger hätte leiten lassen und der nicht zumutbar auf andere Weise beseitigt werden kann.
In diesem Sinne war der Umzug der Klägerin von der Wohnung "A.S.C.00" in die "E. Stra-ße 00" nicht erforderlich.
Zunächst kann die Kammer hierfür keine gesundheitlichen Gründe erkennen. Dabei hat sie durchaus berücksichtigt, dass die Klägerin sowohl an körperlichen als auch an psychi-schen Erkrankungen leidet. Diese sind jedoch nach Auswertung der Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte und Therapeuten nicht derart gravierend, dass sie den Bezug einer teureren Wohnung in einem anderen Stadtviertel rechtfertigten. Jedenfalls lassen die seitens des Gerichts eingeholten Befundberichte keine Notwendigkeit des Um-zugs aus medizinischen Gründen erkennen. Allein eine Verbesserung der Gemütslage durch einen Umzug in einen "besseren" Stadtteil ist kein medizinisch relevanter Gesichts-punkt.
Auch soziale Gründe für die Notwendigkeit eines Umzugs liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor. Insbesondere kann der Wunsch der Klägerin, aus einem (etwaigen) sog. sozialen Brennpunkt der Stadt N. in einen anderen Stadtteil zu ziehen, nicht zu einer Notwendigkeit des Umzugs im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II führen. Zwar gibt es auch in der Stadt N. Stadtviertel und Straßenzüge, die durch eine erhöhte Kriminalität, ei-ne ungünstige bzw. problematische Bevölkerungsstruktur und bauliche Mängel der Woh-nungen gekennzeichnet sind. Des Weiteren ist gerichtsbekannt, dass das Wohnen in dem Objekt "A.S.C.00" durch vielfältige soziale Probleme der dort lebenden Menschen beein-trächtigt ist. Allerdings gibt es – möglicherweise anders als in anderen Metropolen und Großstädten Nordrhein-Westfalens – keine sog. No-go-Areas in N ... Ein angemessenes und menschenwürdiges Wohnen ist in N. – zumindest dem Grunde nach – in jedem Stadt-teil und Straßenzug gewährleistet. Die Klägerin muss sich – nach der gesetzgeberischen Konzeption des SGB II – als Angehörige der unteren 20 Prozent der Einkommensschich-ten mit Personen vergleichen lassen, deren Einkommen nur geringfügig über dem Regel-bedarf des SGB II liegt und die deshalb kein Arbeitslosengeld II oder sonstige staatliche Existenzsicherungsleistungen beziehen. Angesichts eines Unterschiedsbetrages von 54,00 Euro monatlich hält es die Kammer für nicht wahrscheinlich, dass diese Personen eine teurere Wohnung angemietet hätten, wenn sie dies (allein) mit ihrem geringen Einkommen hätten finanzieren müssen. Die Kammer anerkennt durchaus den Wunsch der Klägerin, ihr bisher schwieriges Wohnumfeld zu verlassen. Allerdings hält sie es nicht für sachge-recht, dieses Ansinnen mit Steuermitteln zu finanzieren. Dies käme allenfalls in Betracht, wenn ein Umzug die Wahrscheinlichkeit einer Integration in den Arbeitsmarkt erhöhte. Dies ist bei der Klägerin jedoch nicht der Fall.
Wegen der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II der Klägerin in der hier streitge-genständlichen Zeit im Übrigen verweist die Kammer auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 15.07.2016 sowie im Festsetzungsbescheid vom 27.01.2017. Zweifel gegen die Berechnung der Beklagten hat die Kammer nicht, werden jedoch von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Der Sache kommt im Besonderen keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu.
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