L 19 AS 1034/18

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 33 AS 646/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 1034/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 9/20 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 2) wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 14.06.2018 insoweit geändert, dass der Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 25.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2017 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 12.09.2019 verurteilt wird, dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung eines Einkommens des Klägers zu 1) für die Zeit vom 01.06.2016 bis 30.09.2016 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. Der Beklagte trägt die Kosten des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 2). Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) begehren die Gewährung höherer Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06.2016 bis 30.09.2016.

Der 1982 geborene Kläger zu 1) ist deutscher Staatsangehöriger. Im Jahr 2016 war er abhängig beschäftigt. In der Zeit vom 20.04.2016 bis 04.12.2017 befand er sich in Elternzeit. Die monatliche Bruttowarmmiete seiner Wohnung belief sich bis zum 30.09.2016 auf 343,28 EUR. Das Warmwasser wurde zentral erzeugt.

Am 08.02.2016 reisten die drei Kinder des Klägers, die Kläger zu 2) bis zu 4) (geboren 2001, 2009, 2013), in die Bundesrepublik ein. Ab April 2016 bezog der Kläger zu 1) laufend Kindergeld i.H.v. insgesamt 576,00 EUR monatlich. Weiterhin erhielt er monatliche Leistungen nach dem UhVorschG für den Kläger zu 3) i.H.v. 194,00 EUR sowie für den Kläger zu 4) i.H.v. 145,00 EUR.

Der Kläger zu 1) verfügte über zwei Girokonten und hatte im Jahr 2015 einen Ratenkredit aufgenommen. Auf beiden Girokonten war ihm ein Dispositionskredit bis zum 30.09.2016 eingeräumt. Beide Girokonten wiesen im Jahr 2016 durchgehend ein Debet auf. Am 07.03.2016 erfolgte die Gutschrift einer Einkommensrückerstattung i.H.v. 2.382,92 EUR auf das Girokonto des Klägers zu 1) bei der D-bank. Nach der Gutschrift wies das Girokonto ein Debet von 356,92 EUR auf. Die Kontostände auf dem Girokonto bei der D-bank betrugen:

31.05 - 1.472,12 EUR
30.06 - 2.314,52 EUR
31.07 - 2.262,26 EUR
31.08 - 2.673,34 EUR

Dem Kläger zu 1) war für dieses Konto ein Dispositionskredit i.H.v. 3.100,00 EUR eingeräumt. Der Zinssatz für die Inanspruchnahme eines Dispositionskredits belief sich auf 12,55 %. Der Zinssatz für die Inanspruchnahme eines Dispositionskredits bei der Postbank betrug im Jahr 2016 10,55 % p.a.

Mit Bescheid vom 11.05.2016 bewilligte der Beklagte den Klägern abschließend Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.02.2016 bis 31.03.2016 i.H.v. insgesamt 963,83 EUR, für April 2016 i.H.v. 0,00 EUR und für Mai 2016 i.H.v. insgesamt 762,57 EUR. Auf den Gesamtbedarf der Kläger rechnete der Beklagte u.a. in der Zeit vom 01.04.2016 bis 31.05.2016 die Steuererstattung i.H.v. 367,15 EUR (397,15 EUR - 30,00 EUR) monatlich als sonstiges Einkommen an.

Mit Bescheid vom 25.05.2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) unter Berufung auf § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 328 Abs. 2 SGB III vorläufig Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.06.2016 bis 30.09.2016 i.H.v. insgesamt 423,57 EUR monatlich, für Oktober 2016 i.H.v. 478,45 EUR und für November 2016 i.H.v. 0,00 EUR. Auf den Bedarf der beiden Kläger rechnete der Beklagte u. a. als sonstiges Einkommen die Steuererstattung i.H.v. 397,15 EUR monatlich für die Zeit vom 01.06.2016 bis 30.09.2016 an.

Mit Bescheid vom 25.10.2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.06.2016 bis 30.09.2016 i.H.v. 423,57 EUR monatlich, sowie für die Zeit vom 01.10.2016 bis zum 30.11.2016 i.H.v. insgesamt 320,72 EUR monatlich. Auf den Gesamtbedarf rechnete der Beklagte als Einkommen des Klägers zu 1) überschießendes Kindergeld i.H.v. 46,36 EUR sowie einen Betrag i.H.v. 367,15 EUR monatlich als sonstiges Einkommen für die Zeit vom 01.06.2016 bis 30.09.2016 an.

Gegen die Höhe der bewilligten Leistungen legten die Kläger Widerspruch ein. Sie wandten sich gegen die Berücksichtigung der Steuererstattung als einmalige Einnahme im Zeitraum vom 01.06.2016 bis 30.09.2016. Die Steuererstattung sei in diesem Zeitraum schon verbraucht gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2017 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, durch die Auszahlung der Steuererstattung seien die Kläger im Zuflussmonat nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II gewesen. Deshalb sei eine Anrechnung in einer Summe im Folgemonat nach dem Einkommenszufluss nicht möglich gewesen. Die einmalige Einnahme sei ab dem 01.04.2016 über sechs Monate hinweg aufzuteilen und binnen einem monatlichen Teilbetrag auf die Leistungen der Kläger anzurechnen gewesen. Es errechne sich ein monatlicher Anrechnungsbetrag i.H.v. 397,15 EUR (2.382,90 EUR: 6 Monate = 397,15 EUR - 30,00 EUR Versicherungspauschale). Unerheblich sei, dass die Steuererstattung bereits verbraucht sei. Entscheidend sei, dass das Einkommen ab dem Zufluss tatsächlich zur Verfügung gestanden habe.

Am 28.02.2017 haben die Kläger Klage erhoben.

Sie haben vorgetragen, das Guthaben aus der Steuererstattung sei zu Beginn des Bewilligungszeitraumes, dem 01.06.2016, verbraucht gewesen. Der Kläger zu 1) habe im Zusammenhang mit dem Zuzug seiner Kinder erhebliche Aufwendungen gehabt, die er letztlich durch die Steuererstattung finanziert habe. Er habe allerdings nicht erkannt, dass die Steuererstattung auf die laufenden Grundsicherungsleistungen anzurechnen sei. Er habe die Steuererstattung nicht bösgläubig verbraucht.

Mit Gerichtsbescheid vom 14.06.2018 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen die Klage abgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Gegen den am 18.06.2018 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 22.06.2018 Berufung eingelegt.

Die Kläger vertreten die Auffassung, dass ihnen die Einkommenssteuererstattung für die Zeit ab Juli 2016 nicht mehr als bereites Mittel zur Verfügung gestanden habe. Mit dem Zufluss der Einkommenssteuererstattung habe der Kläger zu 1) sein Debet bei der D-bank deutlich reduziert. Das Steuerguthaben sei sofort unmittelbar zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwendet worden. Deshalb hätten ab dem 01.04.2016 und erst Recht ab dem 01.06.2016 die Beträge nicht mehr als bereite Mittel zur Verfügung gestanden.

Die Kläger zu 3) und zu 4) haben in der mündlichen Verhandlung am 12.09.2019 die Berufung zurückgenommen.

Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 12.09.2019 anerkannt, dass er den Klägern zu 1) und der Klägerin zu 2) unter Abänderung des Bescheides vom 25.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2017 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06.2016 bis 30.09.2016 unter Anrechnung eines Einkommens des Klägers zu 1) i.H.v. 355,25 EUR monatlich nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften gewährt. Der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) haben das Teilanerkenntnis angenommen.

Der Bevollmächtigte des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 2) beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 14.06.2018 zu ändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 25.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2017 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 12.09.2019 zu verurteilen, dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06.2016 bis 30.09.2016 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 2) ist begründet.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 25.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2017, mit dem der Beklagte dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) u.a. Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06.2016 bis 30.09.2016 unter Anrechnung von überschießendem Kindergeld und einer einmaligen Einnahme des Klägers zu 1) abschließend nach § 41a Abs. 3 SGB II festgesetzt hat. Die Kläger begehren die Gewährung von höheren Grundsicherungsleistungen ohne Anrechnung eines Einkommens des Klägers zu 1) für die Zeit vom 01.06.2016, bis 30.09.2016. und haben damit ihr Begehren zeitlich beschränkt. Die Kläger zu 3) und zu 4) haben die Berufung in der mündlichen Verhandlung vom 12.09.2019 zurückgenommen. Insoweit ist der klageabweisende Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 14.06.2018 rechtskräftig.

Das Sozialgericht hat die Klage der beiden Kläger zu Unrecht abgewiesen.

Der Kläger zu 1) und der die Klägerin zu 2) sind durch den Bescheid vom 25.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2017 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 12.09.2019 beschwert i.S.d. § 54 Abs. 2 SGG.

Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig. Dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) steht gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen ohne Anrechnung eines Einkommens des Klägers zu 1) zu.

Der Beklagte ist berechtigt gewesen, mit dem Bescheid vom 25.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2017 die Höhe der an den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) zu gewährenden Grundsicherungsleistungen nach § 41a Abs. 3 S. 1 SGB II für die Zeit vom 01.06.2016 bis 30.11.2016 abschließend festzustellen. Denn der Beklagte hatte mit Bescheid vom 25.05.2016 den beiden Klägern für diesen Zeitraum Ansprüche vorläufig unter Berufung auf § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II (in der Neufassung des SGB II vom 13.05.2011, BGBl I 850 - a.F.) i.V.m. § 328 Abs. 3 S. 2 Halbs. 1 SGB III (i.d.F. des Gesetzes vom 24.04.2006, BGBl I 926) bewilligt. Da der Bewilligungszeitraum am 01.08.2016 noch nicht beendet gewesen ist, findet nach § 80 Abs. 2 Nr. 2 SGB II die Vorschrift des § 41a SGB II Anwendung.

Dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) steht gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen als abschließend festgesetzt zu. Der Beklagte ist nicht berechtigt gewesen, auf den Gesamtbedarf der beiden Kläger ein Einkommen des Klägers zu 1) anzurechnen.

Im streitbefangenen Zeitraum hat der Kläger zu 1) die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II erfüllt. Er hat das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht (Nr. 1), seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt (Nr. 4), ist erwerbsfähig (Nr. 2) und nach Maßgabe der weiteren Ausführungen hilfebedürftig i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB II (Nr. 3) gewesen. Die Voraussetzungen für die Leistungsausschlüsse nach § 7 Abs. 1 S. 2, Abs. 4, Abs. 4a und Abs. 5 SGB haben nicht vorgelegen.

Als monatlicher Bedarf des Klägers zu 1) ist im streitbefangenen Zeitraum monatlich ein Regelbedarf von 404,00 EUR als Alleinstehender i.S.v. § 20 Abs. 2 SGB II (i.d.F. des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011, BGBl I 453 und RBBeK 2016 vom 22.10.2015, BGBl I 1792), ein Mehrbedarf als Alleinerziehender nach § 21 Abs. 3 SGB II i.H.v. 145,44 EUR sowie ein Viertel der Unterkunftskosten i.H.v. 85,82 EUR (343,28 EUR: 4) entsprechend dem anzuwendenden Kopfteilprinzip zu berücksichtigen. Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer Mehrbedarfe i.S.v. § 21 SGB II ergeben sich weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vortrag des Klägers zu 1). Damit hat sich der monatliche Bedarf des Klägers zu 1) auf insgesamt 635,26 EUR belaufen.

Auf den Bedarf des Klägers zu 1) ist kein Einkommen nach § 9 Abs. 1, 11 SGB II anzurechnen. Nach § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge und mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen. Dabei ist Einkommen i.S.d. § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält (vgl. hierzu BSG Urteil vom 19.08.2015 - B 14 AS 43/14 R m.w.N.).

Das überschießende Kindergeld für die Kläger zu 3) und 4) i.H.v. insgesamt 46,36 EUR stellt zwar ein Einkommen des Klägers zu 1) dar. Denn der Bedarf des Klägers zu 3) i.H.v. insgesamt 355,82 EUR (270,00 EUR Regelbedarf + 85,82 EUR (1/4 der Kosten für Unterkunft und Heizung)) monatlich sowie der Klägerin zu 4) i.H.v. 322,82 EUR (237,00 EUR Regelbedarf + 85,82 EUR (1/4 der Kosten für Unterkunft und Heizung)) monatlich wird durch deren eigenes Einkommen in Form von Leistungen nach dem UhVorschG - 194,00 EUR bzw. 145,00 EUR - und Kindergeld (§ 11 Abs. 1 S. 5 SGB II) - 190,00 EUR bzw. 196,00 EUR - im streitbefangenen Zeitraum gedeckt. Soweit das Kindergeld nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts des Klägers zu 3) - ([383,00 EUR Einkommen des Klägers zu 3) - 355,82 EUR Bedarf] = 28,18 EUR - bzw. des Klägers zu 4) ([341,00 EUR Einkommen der Klägerin zu 4) - 322,82 EUR Bedarf]) = 18,18 EUR - benötigt wurde, ist das Kindergeld für diese beiden Kindern als Einkommen des Klägers zu 1) zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 1 S. 1 SGB II). Von diesem Einkommen ist die Versicherungspauschale nach § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 AlgII-V sowie als weiterer Absetzbetrag der Beitrag zur Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung als Beitrag zu einer gesetzlich vorgeschriebenen Versicherung i.S.v. § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II (vgl. BSG Urteil vom 25.10.2017 - B 14 AS 35/16 R; siehe Dienstanweisung der Bundesagentur für Arbeit zu § 11 SGB II Rn. 11.16) i.H.v. 58,26 EUR (174,77 EUR vierteljährlich: 3 Monate) abzusetzen. Mithin beläuft sich das nach §§ 11 Abs. 1 S. 1, 11b SGB II anrechenbare Einkommen auf 0,00 EUR.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist kein weiteres fiktives Einkommen i.H.v. 397,15 EUR monatlich auf den Bedarf des Klägers anzurechnen.

Zwar handelt es sich bei der dem Kläger zu 1) im März zugeflossenen Einkommenssteuererstattung um eine einmalige Einnahme i.S.v. § 11 Abs. 3 SGB II (in der Neufassung des SGB II vom 13.05.2011, BGBl I 850). Entgegen der Auffassung der Kläger ist keine Minderung kein Verbrauch dieser Einnahme durch die Rückführung des Debets auf dem Girokonto des Klägers zu 1) i.H.v. 2.382,92 EUR, im Zeitpunkt des Zuflusses der Einkommenssteuererstattung eingetreten. In Höhe des Kontosolls hat eine Verbindlichkeit, eine Schuld, des Klägers zu 1) gegenüber seiner Bank - der D-bank - bestanden, die durch Verrechnung seitens der Bank im Rahmen einer Kontokorrentabrede mit dem Kläger zu 1) getilgt worden ist. Es kommt für die Berücksichtigung der Einkommenssteuerrückerstattung als Einkommen rechtlich lediglich auf deren Zufluss an. Es ist unerheblich, ob und in welchem Umfang sich aufgrund der Gutschrift der 2.382,92 EUR auf dem Konto des Klägers zu 1) das Debet auf diesem Konto verringert hat (vgl. hierzu BSG Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 10/14 R). Der Kläger zu 1) hat insoweit einen wertmäßigen Zuwachs um diesen Betrag erlangt.

Dieses Einkommen ist nach den Vorgaben des § 11 Abs. 3 S. 4 SGB II auf sechs Monate, beginnend ab dem 01.04.2016 (§ 11b Abs. 3 S. 3 SGB II), aufzuteilen, wobei letztlich in den jeweiligen Monaten eine fiktive Einkommensanrechnung erfolgt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 20.02.2014 - B 14 AS 53/12 R). Denn die Einkommenssteuererstattung ist während eines laufenden Bewilligungsabschnittes - Zeitraum vom 01.02.2016 bis 30.05.2016 (Bescheid vom 16.02.2016 über vorläufige Bewilligung von Grundsicherungsleistungen an die Kläger für die Zeit vom 01.02.2016 bis 30.05.2016) - dem Kläger zu 1) zugeflossen und hätte den Gesamtbedarf der vier Kläger i.H.v. insgesamt 1.705,22 EUR (404,00 EUR + 145,44 +EUR + 308,00 EUR + 270,00 EUR + 237,00 + 343,28 EUR) im Monat März 2016 auch nach Abzug eines Absetzbetrages i.H.v. 88,26 EUR (30,00 EUR + 58,26 EUR) nach § 11b Abs. 1 SGB II vollständig gedeckt.

Jedoch hat den beiden Klägern dieses einmalige Einkommen zu Beginn des neuen Bewilligungszeitraums, dem 01.06.2016, als "bereites Mittel" i.H.v. 397,15 EUR monatlich nicht mehr zur Verfügung gestanden. Denn eine einmalige Einnahme kann im Verteilzeitraum - vorliegend vom 01.04.2016 bis 30.09.2016 - bei Beginn eines neuen Bewilligungsabschnittes als fiktives Einkommen nicht mehr bedarfsmindernd berücksichtigt werden, soweit der Leistungsberechtigte sie bereits zu anderen Zwecken als zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage verwendet hat und sie daher als bereites Mittel nicht mehr geeignet ist, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken (vgl. BSG Urteil vom 20.02.2014 - B 14 AS 53/12 R m.w.N.). Zwar muss der erwerbsfähige Leistungsberechtigte sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden, wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen. Dementsprechend ist er bei Zufluss einer einmaligen Einnahme gehalten, das Geld nicht zur Schuldendeckung zu verwenden, sondern über den Verteilzeitraum hinweg zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen. Wenn die einmalige Einnahme, deren Berücksichtigung als Einkommen in Rede steht, tatsächlich aber nicht (mehr) uneingeschränkt zur Verfügung steht, ist ein Leistungsanspruch nicht ausgeschlossen. Die Verweigerung existenzsichernder Leistungen aufgrund einer unwiderleglichen Annahme, dass die Hilfebedürftigkeit bei bestimmtem wirtschaftlichen Verhalten - hier dem Verbrauch der einmaligen Einnahme in bestimmten monatlichen Teilbeträgen - (teilweise) abzuwenden gewesen wäre, ist mit Art 1 GG i.V.m. Art 20 GG nicht vereinbar (BSG Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 73/12 R m.w.N.)

Der Kläger zu 1) hat die Einkommenssteuererstattung zur Schuldentilgung - Rückführung des Debets auf dem Girokonto bei der D-bank aufgrund einer Kontokorrentabrede - verwandt. Dem Kläger hat damit diese einmalige Einnahme nicht mehr uneingeschränkt zur Deckung seines Lebensunterhalts ab dem 01.06.2016 zur Verfügung gestanden, so dass ihm keine bereiten Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden haben.

Zwar ist dem Kläger zu 1) ab Beginn des neuen Bewilligungsabschnittes rechtlich eine Inanspruchnahme des von der D-bank eingeräumten Dispositionskredits i.H.v. 397,15 EUR monatlich möglich gewesen. Denn die D-bank hat ihm im Zeitraum vom 01.06.2016 bis 30.09.2016 einen Dispositionskredit i.H.v. 3.100,00 EUR eingeräumt, der Kläger zu 1) hatte den Kreditrahmen nach Zufluss der Einkommenssteuererstattung und Verringerung des Debets auf dem Konto nicht reduziert. Er hat den Dispositionskredit auch in dem Zeitraum vom 01.06.2016 bis 30.09.2016 - wie aus der wechselnden Höhe der Kontostände am den Ende des jeweiligen Monats hervorgeht - in Anspruch genommen, aber den Kreditrahmen gewahrt. Dabei hat der Kläger aus dem Girokonto zumindest teilweise den Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft bestritten.

Jedoch kann ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter nicht auf die Inanspruchnahme eines Dispositionskredits aufgrund einer weiterbestehenden Kontokorrentabrede zur Bestreitung seines Lebensunterhalts als "bereites Mittel" verwiesen werden, wenn er zuvor zugeflossenes Einkommen zur Rückführung des Solls auf diesem Konto verwandt hat (offengelassen in BSG Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 10/14 R). Denn die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Dispositionskredits zur Bestreitung des Lebensunterhalts verbunden mit einer erhöhten Zinsbelastung stellt keine uneingeschränkte Verfügungsmöglichkeit über eine einmalige Einnahme und damit kein "bereites" Mittel dar, auch wenn der Betroffene nach dem Zufluss einer einmaligen Einnahme und der damit verbundenen Schuldentilgung aufgrund einer Kontokorrentabrede den eingeräumten Dispositionskreditrahmen nicht reduziert und damit die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Dispositionskredits aufrechterhalten hat. Die Inanspruchnahme des Dispositionskreditrahmens ist mit einer Zinsbelastung - vorliegend mit einem Zinssatz von 12,55 % - verbunden, so dass zur Abwendung einer existenzgefährdenden Notlage ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter neue Schulden eingehen müsste und damit die Mittel nicht uneingeschränkt, sondern mit der Belastung einer Zinsforderung zur Verfügung stehen. Auch unter dem Gesichtspunkt der von einem Betroffenen in § 2 Abs. 2 S. 1 SGB II geforderten Selbsthilfe - der Pflicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts aus eigenen Mitteln - und dem Aspekt, dass es sich bei den Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II um steuerfinanzierte Leistungen handelt, ist es mit dem Grundrecht auf ein menschwürdiges Existenzminimum aus Art. 1 GG i.V.m. Art. 20 GG nicht vereinbar, einen Betroffenen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf eine rechtlich bestehende Möglichkeit zur Kreditaufnahme verbunden mit einer erhöhten Zinsbelastung zu verweisen.

Der Kläger zu 1) hat auch über kein zu berücksichtigendes Vermögen i.S.v. §§ 9 Abs. 1 S.1, 12 SGB II verfügt.

Die Grundsicherungsleistungen sind dem Kläger zu 1) als Zuschuss zu gewähren. Die Vorschrift des § 24 Abs. 4 S. 2 SGB II (eingeführt durch das Gesetz vom 26.07.2016, BGBl I 1824), wonach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen erbracht werden können, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Abs. 3 S. 4 SGB II vorzeitig verbraucht haben, findet vorliegend keine Anwendung. Denn diese Vorschrift ist erst zum 01.01.2017 in Kraft getreten.

Streitgegenstand des Verfahrens ist auch nicht Frage, ob dem Beklagten aufgrund der Verwendung der Einkommenssteuerrückerstattung zur Schuldentilgung ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II gegenüber dem Kläger zu 1) zusteht.

Die Klägerin zu 2) hat mit dem Kläger zu 1) im streitbefangenen Zeitraum eine Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II gebildet, da sie als minderjähriges Kind dem Haushalt ihres Vaters - dem Kläger zu 1) - angehört hat und die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts i.H.v. 391,82 EUR (306,00 EUR Regelbedarf + 85,82 EUR (1/4 der Kosten für Unterkunft und Heizung)) monatlich nur teilweise durch eigenes Einkommen - 190,00 EUR Kindergeld (§ 11 Abs. 1 S. 5 SGB II) - decken konnte. Mithin hat die Klägerin zu 2) Anspruch auf Grundsicherungsleistungen in Form des Sozialgelds nach §§19 Abs. 1 S. 2, 7 Abs. 1 S. 2 SGB II gegenüber dem Beklagten, da kein Einkommen des Klägers zu 1) nach § 9 Abs. 2 S. 2 SGB II zu berücksichtigen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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