Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 18 KN 2/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KN 7/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen, soweit das Sozialgericht die Vor-aussetzungen für die Anwendbarkeit des § 237 a Abs. 3 SGB VI verneint und insoweit die Rechtmäßigkeit des Rentenabschlags bestätigt hat. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin beansprucht die Berücksichtigung eines höheren Zugangsfaktors bei der Rentenberechnung.
Die im April 1942 geborene Klägerin war bis August 1994 bei der Kali & Salz GmbH, Sondershausen, beschäftigt. Im Rahmen der Kontenklärung bei der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) füllte sie unter dem 13. September 1999 den "Fragebogen zur Anhebung der Altersgrenzen für Versicherte, die in der Zeit vom 01.01.1937 bis 07.05.1944 geboren sind (Vertrauensschutz)" aus. Bei den Angaben zur Prüfung der Vertrauensschutzregelungen für Altersrenten für Frauen, die in der Zeit vom 01.01.1940 bis 07.05.1944 geboren sind, bejahte sie die Frage, ob sie aufgrund einer Maßnahme nach Art. 56 § 2 Buchstabe b des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS-V), die vor dem 07.05.1996 genehmigt worden sei, aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschieden sei. Dazu bemerkte sie in einem Anschreiben vom 12. Sep-tember 1999, betreffend das Ausscheiden aus der Montanindustrie gehe sie davon aus, dass ihre "betriebsbedingte Kündigung bei der Kali und Salz AG so einzuordnen" sei. "Auch diese Unterlagen" lägen bei der BfA vor.
Im Rahmen einer Rentenauskunft vom 10. Dezember 1999 (nach Angaben der Klägerin vom 23. September 1999) gab die BfA der Klägerin u. a. den Hinweis, aus den gesetzlichen Regelungen zu den Rentenabschlägen ergebe sich für sie bei einer ab 1. September 2002 beginnenden Altersrente für Frauen aufgrund der Vertrauensschutzregelung kein Rentenab-schlag. Derselbe Hinweis findet sich in einer Rentenauskunft der Beklagten vom 15. März 2000. Den Auskünften war eine Prüfung der Vertrauensschutzregelungen anhand eines Prüfbogens vorausgegangen, den der Bearbeiter der BfA fehlerhaft ausgefüllt und so – unabhängig von der Frage der Zugehörigkeit des Arbeitgeberbetriebes zur Montanindustrie – zum Ergebnis gekommen war, dass Vertrauensschutz bestehe.
Durch Bescheid vom 20. August 2002 bewilligte die Beklagte der Klägerin antragsgemäß Altersrente für Frauen vom 1. September 2002 an, jedoch mit einem Abschlag für 24 Monate vorzeitig in Anspruch genommener Rente (Zugangsfaktor 0,928 statt 1,0). Dem lag zugrunde, dass die Klägerin nach näherer Prüfung durch die Beklagte nicht unter die Vertrauensschutz-regelung fiel, wonach sich eine Anhebung der Altersgrenze von 60 Jahren bei der Altersrente für Frauen im Falle des Geburtsjahres und -monats der Klägerin lediglich um 4 (statt um 28) Monate ergab. Die Beklagte hatte festgestellt, dass der Betrieb Kali & Salz GmbH, Sondershausen, nicht zu den Betrieben der Montanindustrie gehörte.
Mit dem Widerspruch wandte sich die Klägerin gegen den Rentenabschlag entgegen dem "Bescheid" vom 15. März 2002. Durch Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Rentenabschlag entspreche dem Gesetz. Die Klägerin hätte aufgrund ihres Geburtsdatums nur dann unter die Vertrauensschutzregelung fallen können, wenn sie aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschieden wäre. Das sei jedoch nicht der Fall. Auf die Rentenauskünfte könne sie sich nicht berufen. Diese seien unverbindlich.
Mit der Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin machte die Klägerin geltend, die zum Vertrauens-schutz getroffene "Entscheidung" im Rahmen der Rentenauskünfte stelle sehr wohl einen feststellenden Verwaltungsakt dar. Dieser sei auch nicht zurückgenommen worden und hätte auch nicht zurückgenommen werden können.
Das SG wies die auf Rentengewährung unter Zugrundelegung des Zugangsfaktors 1,0 gerichtete Klage durch Urteil vom 19. Juli 2004 ab. Die Forderung könne sich nicht auf geltendes Recht stützen. Der Klägerin sei eine Rente ohne Rentenabschlag auch nicht durch Verwaltungsakt zugesichert worden. Die diesbezüglichen Auskünfte (Greifen des Ver-trauensschutzes) ließen aus der Sicht eines objektiven Adressaten keinen Willen der Behörden erkennen, eine Eigenbindung an den Inhalt der Auskünfte für zukünftige Rentenbescheide zu begründen. Dies folge auch nicht aus der Formulierung und dem Kontext der Auskünfte.
Mit der Berufung tritt die Klägerin dem entgegen. Der Rentenauskunft sei ein Verfahren vorausgegangen, in dem sie unter Verwendung eines amtlichen Vordruckes zur Frage des Vertrauensschutzes entsprechende Angaben gemacht habe. Aufgrund dessen habe sie davon ausgehen können, dass die Voraussetzungen des Vertrauensschutzes geprüft worden seien, sodass sich die Rentenauskunft insoweit als verbindliche Zusicherung darstelle.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juli 2004 aufzuheben sowie den Bescheid vom 20. August 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2002 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr höhere Altersrente unter Berücksichtigung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akte des SG - S 18 KN 2/03 -) und Beklagtenakten () verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist im Umfang des Urteilstenors unbegründet. Insoweit war durch Teilurteil zu entscheiden.
Die Klägerin erfüllt die Vertrauensschutzvoraussetzungen des § 237 a Sozialgesetzbuch (SGB) VI weder in der ab 1. Januar 1997 noch in der ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung, und zwar jedenfalls deshalb, weil sie nicht aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschieden ist. Die bewilligte Rente entspricht deshalb hinsichtlich der Altersgrenze, der daraus folgenden vor-zeitigen Inanspruchnahme der Rente und des Zugangsfaktors der Gesetzeslage (§ 237 a Absatz 2 SGB VI in der ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung, zur Zeit der Rentenauskünfte § 41 Abs. 2 SGB VI in der ab 1. Januar 1997 geltenden Fassung, jeweils i. V. m. Anlage 20 zum SGB VI und § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a (SGB VI). Die Rentenauskunft war insoweit falsch. All dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Die Rentenauskunft als solche (§ 109 SGB VI - Fassung bis 31. Dezember 2003 -) ist kein Verwaltungsakt, der in Bindung erwachsen und folglich Anspruchsvoraussetzungen begründen kann. Sie ist keine Willenserklärung sondern eine (bloße) Wissenserklärung und deshalb unverbindlich (so ausdrücklich § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB VI in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung). Auch das ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Streitig ist allein, ob sich die Rentenauskunft hinsichtlich des Vertrauensschutzes unter Berücksichtigung der – etwa – besonderen Umstände, unter denen sie ergangen ist, nicht ausnahmsweise doch als Willens-erklärung und damit als Verwaltungsakt (sei es als feststellender Verwaltungsakt, sei es als Zusicherung) darstellt, d. h. ob die Klägerin als Empfängerin sie nicht so – als verbindliche Willenserklärung – verstehen musste oder doch konnte (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch). Dies ist zu verneinen. Die Voraussetzungen für die Annahme eines solchen Ausnahmefalles (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 31. Januar 1980 - 11 RA 2/79 - = SozR 2200 § 1251 Nr. 75 mit weiteren Nachweisen; KassKomm-Polster SGB VI § 109 Rz 19) liegen hier nicht vor.
Es fehlt an den hierfür erforderlichen Besonderheiten. Im von der Klägerin ausgefüllten Fragebogen zum Vertrauensschutz heißt es: "Bei Erfüllung bestimmter gesetzlich festgelegter Voraussetzungen werden die jeweiligen Altersgrenzen (60., 63. Lebensjahr) nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt (langsame Anhebung) angehoben. Um prüfen zu können, ob diese Vertrauensschutzregelungen für Sie Anwendung finden (bzw. finden werden), bitten wir Sie, die nachfolgenden Fragen zu beantworten, damit wir danach Ihr Versicherungskonto entsprechend kennzeichnen können". Die Klägerin hat den Fragebogen ausgefüllt, dabei die "zusätzliche(n) Angaben zur Montanindustrie" bejaht und im Anschreiben dazu zum Ausdruck gebracht, davon auszugehen, dass ihre betriebsbedingte Kündigung bei der Kali und Salz AG so einzuordnen sei. Richtig ist, dass die Klägerin danach davon ausgehen konnte, die Beklagte werde die Vertrauensschutzvoraussetzungen prüfen, was sie auch getan hat.
Dabei kann indes dahinstehen, wie der Zweck der Prüfung ("entsprechende Kennzeichnung des Versicherungskontos") zu verstehen war. Tatsache ist, dass sich diese Prüfung lediglich in einer Rentenauskunft, in "Hinweise(n) zum maßgeblichen Lebensalter für Altersrenten" niedergeschlagen hat. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass Auskünfte bzw. Hinweise auch falsch sein können. Der Umstand allein, dass der Auskunft eine Prüfung vorausgegangen ist, lässt sie noch nicht als Willenserklärung erscheinen, denn eine Auskunft jedenfalls der hier vorliegenden Art war ohne vorherige Befragung und Prüfung gar nicht möglich. Auch hat die Klägerin keine Beweismittel vorgelegt, die ihre Erwartung hätte rechtfertigen können, die Beklagte werde den Vertrauensschutz mit dem Ergebnis einer bindenden Feststellung abschließend prüfen. Sie hat zwar in ihrem Anschreiben vom 12. September 1999 auf bei der BfA vorliegende Unterlagen hingewiesen. Die Akten enthalten aber keine Unterlagen betreffend die Voraussetzungen der maßgeblichen Vorschrift des § 237 a Satz 1 Nr. 2 SGB VI Fassung bis 31. Dezember 1999 = § 237 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VI - Fassung ab 1. Januar 2000 -). Danach muss schon unklar bleiben, was mit den angeblich vorliegenden Unterlagen überhaupt gemeint war.
Ist der Rentenabschlag im angefochtenen Bescheid von daher nicht zu beanstanden, bleibt allerdings die Frage, ob die Berufung nicht insofern Erfolg haben könnte, als der Klägerin höhere Altersrente unter Berücksichtigung eines Zugangsfaktors von 1,0 aus verfasssungs- rechtlichen Gründen von dem Zeitpunkt an zustehen könnte, von dem an die Vorteile aus der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente durch den Abschlag vom Zugangsfaktor ausgeglichen sind. Insoweit war das Verfahren im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des BSG vom 23. August 2005 – B 4 RA 28/03 R – und das daraufhin beim Bundesverfassungsgericht anhängig gewordene Verfahren 1 BvL 1/06 auszusetzen.
Die Kostenentscheidung nach § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entspricht dem Ergebnis der Hauptsacheentscheidung sowie dem Umstand, dass die Klägerin das Verfahren nicht unter dem Gesichtspunkt von Verfassungsverstößen betrieben hat. Dabei hat der Senat allerdings übersehen, dass das SG trotz Klageabweisung aus Gründen der Klageveranlassung durch die Beklagte eine positive Kostenentscheidung getroffen hatte. Aufgrund dessen erfolgte keine Beschränkung der Kostenentscheidung auf die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin beansprucht die Berücksichtigung eines höheren Zugangsfaktors bei der Rentenberechnung.
Die im April 1942 geborene Klägerin war bis August 1994 bei der Kali & Salz GmbH, Sondershausen, beschäftigt. Im Rahmen der Kontenklärung bei der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) füllte sie unter dem 13. September 1999 den "Fragebogen zur Anhebung der Altersgrenzen für Versicherte, die in der Zeit vom 01.01.1937 bis 07.05.1944 geboren sind (Vertrauensschutz)" aus. Bei den Angaben zur Prüfung der Vertrauensschutzregelungen für Altersrenten für Frauen, die in der Zeit vom 01.01.1940 bis 07.05.1944 geboren sind, bejahte sie die Frage, ob sie aufgrund einer Maßnahme nach Art. 56 § 2 Buchstabe b des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS-V), die vor dem 07.05.1996 genehmigt worden sei, aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschieden sei. Dazu bemerkte sie in einem Anschreiben vom 12. Sep-tember 1999, betreffend das Ausscheiden aus der Montanindustrie gehe sie davon aus, dass ihre "betriebsbedingte Kündigung bei der Kali und Salz AG so einzuordnen" sei. "Auch diese Unterlagen" lägen bei der BfA vor.
Im Rahmen einer Rentenauskunft vom 10. Dezember 1999 (nach Angaben der Klägerin vom 23. September 1999) gab die BfA der Klägerin u. a. den Hinweis, aus den gesetzlichen Regelungen zu den Rentenabschlägen ergebe sich für sie bei einer ab 1. September 2002 beginnenden Altersrente für Frauen aufgrund der Vertrauensschutzregelung kein Rentenab-schlag. Derselbe Hinweis findet sich in einer Rentenauskunft der Beklagten vom 15. März 2000. Den Auskünften war eine Prüfung der Vertrauensschutzregelungen anhand eines Prüfbogens vorausgegangen, den der Bearbeiter der BfA fehlerhaft ausgefüllt und so – unabhängig von der Frage der Zugehörigkeit des Arbeitgeberbetriebes zur Montanindustrie – zum Ergebnis gekommen war, dass Vertrauensschutz bestehe.
Durch Bescheid vom 20. August 2002 bewilligte die Beklagte der Klägerin antragsgemäß Altersrente für Frauen vom 1. September 2002 an, jedoch mit einem Abschlag für 24 Monate vorzeitig in Anspruch genommener Rente (Zugangsfaktor 0,928 statt 1,0). Dem lag zugrunde, dass die Klägerin nach näherer Prüfung durch die Beklagte nicht unter die Vertrauensschutz-regelung fiel, wonach sich eine Anhebung der Altersgrenze von 60 Jahren bei der Altersrente für Frauen im Falle des Geburtsjahres und -monats der Klägerin lediglich um 4 (statt um 28) Monate ergab. Die Beklagte hatte festgestellt, dass der Betrieb Kali & Salz GmbH, Sondershausen, nicht zu den Betrieben der Montanindustrie gehörte.
Mit dem Widerspruch wandte sich die Klägerin gegen den Rentenabschlag entgegen dem "Bescheid" vom 15. März 2002. Durch Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Rentenabschlag entspreche dem Gesetz. Die Klägerin hätte aufgrund ihres Geburtsdatums nur dann unter die Vertrauensschutzregelung fallen können, wenn sie aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschieden wäre. Das sei jedoch nicht der Fall. Auf die Rentenauskünfte könne sie sich nicht berufen. Diese seien unverbindlich.
Mit der Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin machte die Klägerin geltend, die zum Vertrauens-schutz getroffene "Entscheidung" im Rahmen der Rentenauskünfte stelle sehr wohl einen feststellenden Verwaltungsakt dar. Dieser sei auch nicht zurückgenommen worden und hätte auch nicht zurückgenommen werden können.
Das SG wies die auf Rentengewährung unter Zugrundelegung des Zugangsfaktors 1,0 gerichtete Klage durch Urteil vom 19. Juli 2004 ab. Die Forderung könne sich nicht auf geltendes Recht stützen. Der Klägerin sei eine Rente ohne Rentenabschlag auch nicht durch Verwaltungsakt zugesichert worden. Die diesbezüglichen Auskünfte (Greifen des Ver-trauensschutzes) ließen aus der Sicht eines objektiven Adressaten keinen Willen der Behörden erkennen, eine Eigenbindung an den Inhalt der Auskünfte für zukünftige Rentenbescheide zu begründen. Dies folge auch nicht aus der Formulierung und dem Kontext der Auskünfte.
Mit der Berufung tritt die Klägerin dem entgegen. Der Rentenauskunft sei ein Verfahren vorausgegangen, in dem sie unter Verwendung eines amtlichen Vordruckes zur Frage des Vertrauensschutzes entsprechende Angaben gemacht habe. Aufgrund dessen habe sie davon ausgehen können, dass die Voraussetzungen des Vertrauensschutzes geprüft worden seien, sodass sich die Rentenauskunft insoweit als verbindliche Zusicherung darstelle.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juli 2004 aufzuheben sowie den Bescheid vom 20. August 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2002 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr höhere Altersrente unter Berücksichtigung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akte des SG - S 18 KN 2/03 -) und Beklagtenakten () verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist im Umfang des Urteilstenors unbegründet. Insoweit war durch Teilurteil zu entscheiden.
Die Klägerin erfüllt die Vertrauensschutzvoraussetzungen des § 237 a Sozialgesetzbuch (SGB) VI weder in der ab 1. Januar 1997 noch in der ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung, und zwar jedenfalls deshalb, weil sie nicht aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschieden ist. Die bewilligte Rente entspricht deshalb hinsichtlich der Altersgrenze, der daraus folgenden vor-zeitigen Inanspruchnahme der Rente und des Zugangsfaktors der Gesetzeslage (§ 237 a Absatz 2 SGB VI in der ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung, zur Zeit der Rentenauskünfte § 41 Abs. 2 SGB VI in der ab 1. Januar 1997 geltenden Fassung, jeweils i. V. m. Anlage 20 zum SGB VI und § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a (SGB VI). Die Rentenauskunft war insoweit falsch. All dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Die Rentenauskunft als solche (§ 109 SGB VI - Fassung bis 31. Dezember 2003 -) ist kein Verwaltungsakt, der in Bindung erwachsen und folglich Anspruchsvoraussetzungen begründen kann. Sie ist keine Willenserklärung sondern eine (bloße) Wissenserklärung und deshalb unverbindlich (so ausdrücklich § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB VI in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung). Auch das ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Streitig ist allein, ob sich die Rentenauskunft hinsichtlich des Vertrauensschutzes unter Berücksichtigung der – etwa – besonderen Umstände, unter denen sie ergangen ist, nicht ausnahmsweise doch als Willens-erklärung und damit als Verwaltungsakt (sei es als feststellender Verwaltungsakt, sei es als Zusicherung) darstellt, d. h. ob die Klägerin als Empfängerin sie nicht so – als verbindliche Willenserklärung – verstehen musste oder doch konnte (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch). Dies ist zu verneinen. Die Voraussetzungen für die Annahme eines solchen Ausnahmefalles (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 31. Januar 1980 - 11 RA 2/79 - = SozR 2200 § 1251 Nr. 75 mit weiteren Nachweisen; KassKomm-Polster SGB VI § 109 Rz 19) liegen hier nicht vor.
Es fehlt an den hierfür erforderlichen Besonderheiten. Im von der Klägerin ausgefüllten Fragebogen zum Vertrauensschutz heißt es: "Bei Erfüllung bestimmter gesetzlich festgelegter Voraussetzungen werden die jeweiligen Altersgrenzen (60., 63. Lebensjahr) nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt (langsame Anhebung) angehoben. Um prüfen zu können, ob diese Vertrauensschutzregelungen für Sie Anwendung finden (bzw. finden werden), bitten wir Sie, die nachfolgenden Fragen zu beantworten, damit wir danach Ihr Versicherungskonto entsprechend kennzeichnen können". Die Klägerin hat den Fragebogen ausgefüllt, dabei die "zusätzliche(n) Angaben zur Montanindustrie" bejaht und im Anschreiben dazu zum Ausdruck gebracht, davon auszugehen, dass ihre betriebsbedingte Kündigung bei der Kali und Salz AG so einzuordnen sei. Richtig ist, dass die Klägerin danach davon ausgehen konnte, die Beklagte werde die Vertrauensschutzvoraussetzungen prüfen, was sie auch getan hat.
Dabei kann indes dahinstehen, wie der Zweck der Prüfung ("entsprechende Kennzeichnung des Versicherungskontos") zu verstehen war. Tatsache ist, dass sich diese Prüfung lediglich in einer Rentenauskunft, in "Hinweise(n) zum maßgeblichen Lebensalter für Altersrenten" niedergeschlagen hat. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass Auskünfte bzw. Hinweise auch falsch sein können. Der Umstand allein, dass der Auskunft eine Prüfung vorausgegangen ist, lässt sie noch nicht als Willenserklärung erscheinen, denn eine Auskunft jedenfalls der hier vorliegenden Art war ohne vorherige Befragung und Prüfung gar nicht möglich. Auch hat die Klägerin keine Beweismittel vorgelegt, die ihre Erwartung hätte rechtfertigen können, die Beklagte werde den Vertrauensschutz mit dem Ergebnis einer bindenden Feststellung abschließend prüfen. Sie hat zwar in ihrem Anschreiben vom 12. September 1999 auf bei der BfA vorliegende Unterlagen hingewiesen. Die Akten enthalten aber keine Unterlagen betreffend die Voraussetzungen der maßgeblichen Vorschrift des § 237 a Satz 1 Nr. 2 SGB VI Fassung bis 31. Dezember 1999 = § 237 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VI - Fassung ab 1. Januar 2000 -). Danach muss schon unklar bleiben, was mit den angeblich vorliegenden Unterlagen überhaupt gemeint war.
Ist der Rentenabschlag im angefochtenen Bescheid von daher nicht zu beanstanden, bleibt allerdings die Frage, ob die Berufung nicht insofern Erfolg haben könnte, als der Klägerin höhere Altersrente unter Berücksichtigung eines Zugangsfaktors von 1,0 aus verfasssungs- rechtlichen Gründen von dem Zeitpunkt an zustehen könnte, von dem an die Vorteile aus der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente durch den Abschlag vom Zugangsfaktor ausgeglichen sind. Insoweit war das Verfahren im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des BSG vom 23. August 2005 – B 4 RA 28/03 R – und das daraufhin beim Bundesverfassungsgericht anhängig gewordene Verfahren 1 BvL 1/06 auszusetzen.
Die Kostenentscheidung nach § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entspricht dem Ergebnis der Hauptsacheentscheidung sowie dem Umstand, dass die Klägerin das Verfahren nicht unter dem Gesichtspunkt von Verfassungsverstößen betrieben hat. Dabei hat der Senat allerdings übersehen, dass das SG trotz Klageabweisung aus Gründen der Klageveranlassung durch die Beklagte eine positive Kostenentscheidung getroffen hatte. Aufgrund dessen erfolgte keine Beschränkung der Kostenentscheidung auf die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved