Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 63 AS 23911/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 710/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 31. Oktober 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu erstatten.
Gründe:
Über die von den Antragstellerinnen eingelegte Beschwerde war in der Sache zu entscheiden, obwohl das Sozialgericht nach Zurückverweisung der Sache mit Beschluss des erkennenden Senats vom 25. Januar 2008 eine (erneute) Entscheidung nach § 174 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht getroffen hat. Denn § 174 SGG ist durch Art. 1 Nr. 30 des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) mit Wirkung vom 1. April 2008 aufgehoben worden.
Die Beschwerde, mit der die Antragstellerinnen ihr Begehren weiter verfolgen, den Antragsgegner im Wege einer gerichtlichen Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu verpflichten, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab 2. Oktober 2007 zu gewähren (vgl. Schriftsatz vom 3. Dezember 2007), und mit der sie sich zudem gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten für das erstinstanzliche Verfahren wenden, ist nicht begründet.
Soweit die Antragstellerinnen die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – SGB II) geltend machen, fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund. Denn eine Wohnungs- oder gar Obdachlosigkeit der Antragstellerinnen ist nicht zu besorgen. Die Unterkunft der Antragstellerinnen ist einstweilen gesichert. Diese leben gemeinsam mit dem Vater der Antragstellerin zu 2. – M A (im Folgenden: A.) - in einer Wohnung, deren alleiniger Mieter A. ist und die A. bereits seit 1. Oktober 1996 bewohnt. Da die Antragstellerinnen zudem nicht Mietvertragspartei sind, fallen für sie "tatsächliche Aufwendungen" im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gar nicht an, so dass auch ein Anordnungsanspruch insoweit schon von vornherein ausscheidet.
Hinsichtlich der begehrten Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 20 Abs. 2, 28 SGB II) ist ein Anordnungsanspruch nicht gegeben. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Personen Leistungen nach dem SGB II, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Ungeachtet dessen, dass die Antragstellerinnen über eine Bescheinigung nach § 5 Abs. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) und damit einen Aufenthaltstitel verfügen, ist die Antragstellerin zu 1. derzeit nicht erwerbsfähig. Damit entfällt auch ein Leistungsanspruch der Antragstellerin zu 2. auf Sozialgeld nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II, der voraussetzt, dass ein nicht erwerbsfähiger Angehöriger mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft lebt. Nach den §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 8 Abs. 2 SGB II sind Ausländer nur dann erwerbsfähig, wenn sie überhaupt erwerbstätig sein können, d.h. ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Dies aber ist bei der Antragstellerin zu 1. nicht der Fall. Denn während Unionsbürger grundsätzlich privilegierten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt genießen und ihnen, wie sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU ergibt, die Aufnahme einer Beschäftigung generell erlaubt ist, gilt dies für die Antragstellerin zu 1. als polnische Staatsbürgerin nicht. Vielmehr bestimmt § 13 FreizügG/EU ausdrücklich, dass in den Fällen, in denen nach Maßgabe des Vertrages vom 16. April 2003 über den Beitritt u.a. der Republik Polen zur Europäischen Union (BGBl. 2003 II S. 1408) abweichende Regelungen anwendbar sind, das FreizügG/EU nur Anwendung findet, wenn die Beschäftigung durch die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 284 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) genehmigt wurde. Nach dem Vertrag vom 16. April 2003 ist es den alten EU-Mitgliedsstaaten gerade möglich, im Interesse einer Anpassung ihrer arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischen Lage an die erweiterte Union die Freizügigkeit gegenüber den Staatsangehörigen der neuen Mitgliedsstaaten – mit Ausnahme der Staatsangehörigen Maltas und Zyperns – zu beschränken, wovon die Bundesrepublik Deutschland nach derzeitigem Stand bis zum 30. April 2009 Gebrauch gemacht hat (vgl. Material zur Information: Verlängerung der Übergangsregelungen bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit bis 2009, abrufbar unter www.bmas.bund.de). Hieraus folgt, dass eine Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin zu 1. nur dann bejaht werden könnte, wenn ihr eine Arbeitsgenehmigung-EU durch die Bundesagentur für Arbeit nach § 284 Abs. 1 SGB III erteilt worden wäre (vgl. Schumacher in Oestreicher, SGB XII/ SGB II, Stand: September 2007, § 8 SGB II Rn. 11; vgl. auch Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 22.03.2007 – L 19 B 21/07 AS ER– veröffentlicht in juris m.w.N.). Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Antragstellerin zu 1. könnte auch eine Arbeitserlaubnis-EU nach den §§ 284 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 39 Abs. 2 bis 4, Abs. 6 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) derzeit nicht erteilt werden. Dies würde nämlich voraussetzen, dass ansonsten keine vermittlungsfähigen Arbeitnehmer zur Verfügung stehen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG), was bei Arbeitsuchenden ohne abgeschlossene Berufsausbildung wie der Antragstellerin und einer hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland gerade bei den Geringqualifizierten auszuschließen sein dürfte (vgl. hierzu auch: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Dezember 2007 – L 5 B 2073/07 AS ER – veröffentlicht in juris). Zudem fehlt es an einem konkreten Arbeitsplatzangebot, das überhaupt Gegenstand einer entsprechenden Prüfung sein könnte. Bei dieser Sach- und Rechtslage hat das SG die Bewilligung von PKH unter Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten im Ergebnis mangels ausreichender Erfolgsaussichten zu Recht abgelehnt (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. mit § 114 Zivilprozessordnung – ZPO -). Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Für das PKH-Beschwerdeverfahren sind Kosten kraft Gesetzes nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO). Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Über die von den Antragstellerinnen eingelegte Beschwerde war in der Sache zu entscheiden, obwohl das Sozialgericht nach Zurückverweisung der Sache mit Beschluss des erkennenden Senats vom 25. Januar 2008 eine (erneute) Entscheidung nach § 174 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht getroffen hat. Denn § 174 SGG ist durch Art. 1 Nr. 30 des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) mit Wirkung vom 1. April 2008 aufgehoben worden.
Die Beschwerde, mit der die Antragstellerinnen ihr Begehren weiter verfolgen, den Antragsgegner im Wege einer gerichtlichen Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu verpflichten, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab 2. Oktober 2007 zu gewähren (vgl. Schriftsatz vom 3. Dezember 2007), und mit der sie sich zudem gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten für das erstinstanzliche Verfahren wenden, ist nicht begründet.
Soweit die Antragstellerinnen die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – SGB II) geltend machen, fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund. Denn eine Wohnungs- oder gar Obdachlosigkeit der Antragstellerinnen ist nicht zu besorgen. Die Unterkunft der Antragstellerinnen ist einstweilen gesichert. Diese leben gemeinsam mit dem Vater der Antragstellerin zu 2. – M A (im Folgenden: A.) - in einer Wohnung, deren alleiniger Mieter A. ist und die A. bereits seit 1. Oktober 1996 bewohnt. Da die Antragstellerinnen zudem nicht Mietvertragspartei sind, fallen für sie "tatsächliche Aufwendungen" im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gar nicht an, so dass auch ein Anordnungsanspruch insoweit schon von vornherein ausscheidet.
Hinsichtlich der begehrten Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 20 Abs. 2, 28 SGB II) ist ein Anordnungsanspruch nicht gegeben. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Personen Leistungen nach dem SGB II, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Ungeachtet dessen, dass die Antragstellerinnen über eine Bescheinigung nach § 5 Abs. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) und damit einen Aufenthaltstitel verfügen, ist die Antragstellerin zu 1. derzeit nicht erwerbsfähig. Damit entfällt auch ein Leistungsanspruch der Antragstellerin zu 2. auf Sozialgeld nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II, der voraussetzt, dass ein nicht erwerbsfähiger Angehöriger mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft lebt. Nach den §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 8 Abs. 2 SGB II sind Ausländer nur dann erwerbsfähig, wenn sie überhaupt erwerbstätig sein können, d.h. ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Dies aber ist bei der Antragstellerin zu 1. nicht der Fall. Denn während Unionsbürger grundsätzlich privilegierten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt genießen und ihnen, wie sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU ergibt, die Aufnahme einer Beschäftigung generell erlaubt ist, gilt dies für die Antragstellerin zu 1. als polnische Staatsbürgerin nicht. Vielmehr bestimmt § 13 FreizügG/EU ausdrücklich, dass in den Fällen, in denen nach Maßgabe des Vertrages vom 16. April 2003 über den Beitritt u.a. der Republik Polen zur Europäischen Union (BGBl. 2003 II S. 1408) abweichende Regelungen anwendbar sind, das FreizügG/EU nur Anwendung findet, wenn die Beschäftigung durch die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 284 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) genehmigt wurde. Nach dem Vertrag vom 16. April 2003 ist es den alten EU-Mitgliedsstaaten gerade möglich, im Interesse einer Anpassung ihrer arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischen Lage an die erweiterte Union die Freizügigkeit gegenüber den Staatsangehörigen der neuen Mitgliedsstaaten – mit Ausnahme der Staatsangehörigen Maltas und Zyperns – zu beschränken, wovon die Bundesrepublik Deutschland nach derzeitigem Stand bis zum 30. April 2009 Gebrauch gemacht hat (vgl. Material zur Information: Verlängerung der Übergangsregelungen bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit bis 2009, abrufbar unter www.bmas.bund.de). Hieraus folgt, dass eine Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin zu 1. nur dann bejaht werden könnte, wenn ihr eine Arbeitsgenehmigung-EU durch die Bundesagentur für Arbeit nach § 284 Abs. 1 SGB III erteilt worden wäre (vgl. Schumacher in Oestreicher, SGB XII/ SGB II, Stand: September 2007, § 8 SGB II Rn. 11; vgl. auch Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 22.03.2007 – L 19 B 21/07 AS ER– veröffentlicht in juris m.w.N.). Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Antragstellerin zu 1. könnte auch eine Arbeitserlaubnis-EU nach den §§ 284 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 39 Abs. 2 bis 4, Abs. 6 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) derzeit nicht erteilt werden. Dies würde nämlich voraussetzen, dass ansonsten keine vermittlungsfähigen Arbeitnehmer zur Verfügung stehen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG), was bei Arbeitsuchenden ohne abgeschlossene Berufsausbildung wie der Antragstellerin und einer hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland gerade bei den Geringqualifizierten auszuschließen sein dürfte (vgl. hierzu auch: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Dezember 2007 – L 5 B 2073/07 AS ER – veröffentlicht in juris). Zudem fehlt es an einem konkreten Arbeitsplatzangebot, das überhaupt Gegenstand einer entsprechenden Prüfung sein könnte. Bei dieser Sach- und Rechtslage hat das SG die Bewilligung von PKH unter Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten im Ergebnis mangels ausreichender Erfolgsaussichten zu Recht abgelehnt (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. mit § 114 Zivilprozessordnung – ZPO -). Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Für das PKH-Beschwerdeverfahren sind Kosten kraft Gesetzes nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO). Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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