Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
56
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 56 AS 875/07
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Übernahme von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum 1.7.2006 – 30.9.2006.
Der 1980 geborene Kläger beantragte im Oktober 2005 bei der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Zu diesem Zeitpunkt wohnte er im X-Redder. In seinem Antrag gab er an, dort keine Mietkosten zu haben. Mit Bescheid vom 7.11.2005 bewilligte die Beklagte für den Zeitraum 14.10.2005 – 30.4.2006 Leistungen, ohne dabei Unterkunftskosten zu berücksichtigen.
In seinem Fortzahlungsantrag vom 4.5.2006 gab der Kläger als neue Adresse den Y-Weg an. Er sei zwar weiter im X-Redder gemeldet, wohne aber im Y-Weg bei seinem Bruder und zahle dort keine Miete. Am 11.5.2006 bewilligte die Beklagte ihm für den Zeitraum 1.5.2006 – 31.10.2006 Leistungen, wiederum ohne Berücksichtigung von Unterkunftskosten.
Am 29.6.2006 meldete sich der Kläger beim zuständigen Bezirksamt für die Wohnung Y-Weg an. Dabei gab er an, dort seit dem 1.6.2006 zu wohnen. Ebenfalls am 29.6.2006 sprach der Kläger persönlich bei der Beklagten vor. Er teilte mit, er könne ab sofort in eine Wohngemeinschaft im Z-Weg ziehen und benötige eine Zusicherung der Beklagten zu den Unterkunftskosten. Daraufhin übergab ihm die Beklagte ein mit "Zur Vorlage beim Vermieter" überschriebenes Schreiben, in dem sie "für die eventuelle Anmietung der Wohnung Z-Weg" bescheinigte, dass "die Wohnungskosten in Höhe von zur Zeit monatlich 211,00 EUR (1/2 Anteil) einschl. aller Betriebs- und Nebenkosten zzgl. der Heizungskosten bei der Berechnung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) berücksichtigt werden". Weiter heißt es dort "Rechtsansprüche gegen die Hamburger Arbeitsgemeinschaft SGB II können aus dieser Bescheinigung nicht abgeleitet werden".
Am 19.7.2006 übersandte der Kläger der Beklagten Unterlagen bezüglich einer Wehrübung. Auf seinem Schreiben gab er als Absender "Y-Weg" an.
In seinem Fortzahlungsantrag vom 24.10.2006 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass bezüglich der Unterkunftskosten eine Änderung eingetreten sei. Er reichte einen Untermietvertrag bezüglich der Wohnung Z-Weg ein, der zwischen der Hauptmieterin, der Zeugin H., und ihm geschlossen worden war. Der Untermietvertrag trägt das Datum 30.6.2006, Mietbeginn sollte der 1.7.2006 sein. Vereinbart war eine Miete in Höhe von 211,- EUR zuzüglich 45,- EUR Nebenkosten für Heizung und Warmwasser und 43,50 EUR für Strom, Wasser und Abwasser. Der Kläger reichte ferner eine auf den 11.10.2006 datierte Untermietgenehmigung des Vermieters, eine Ummeldebescheinigung vom 18.10.2006, die als Tag des Einzugs den 19.10.2006 auswies, sowie von der Zeugin H. unterzeichnete Quittungen über Mietzahlungen in Höhe von jeweils 299,50 EUR für die Monate Juli bis Oktober 2006 ein.
Eine Anfrage der Beklagten bei dem Vermieter ergab, dass dieser keine Kenntnis darüber habe, dass der Kläger bereits vor Oktober 2006 in der Wohnung gewohnt habe. Die Wohnung sei von dem Vermieter zum 31.1.2007 gekündigt worden. Daraufhin bewilligte die Beklagte mit zwei Bescheiden vom 27.10.2006 Leistungen für die Zeit 1.10.2006 – 31.1.2007 unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten.
Am 27.11.2006 erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er unter anderem geltend machte, Unterkunftskosten seien auch für den Zeitraum 1.7. – 30.9.2006 zu gewähren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.3.2007 wies die Beklagte den Widerspruch insoweit zurück. Für die Zeit vor Oktober 2006 seien keine Unterkunftskosten zu berücksichtigen, da nicht plausibel gemacht worden sei, dass der Kläger in diesem Zeitraum tatsächlich im Z-Weg gewohnt habe. Er habe nämlich noch in seinem Schreiben an die ARGE vom 19.7.2006 als Adresse den Y-Weg angegeben. Er habe sich auch erst zum 1.6.2006 in den Y-Weg umgemeldet. Die Ummeldung in den Z-Weg und die Untermietgenehmigung des Vermieters datierten erst aus Oktober.
Am 19.4.2007 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, er sei tatsächlich schon zum 1.7.2006 in die Wohnung im Z-Weg gezogen. Dem stehe nicht entgegen, dass er zunächst weiter den Y-Weg als Post- und Briefanschrift benutzt hat. Dies sei insbesondere deshalb geschehen, um die Kontinuität von Posteingängen trotz der häufig wechselnden Wohnadresse zu gewährleisten. Außerdem habe er zu dieser Zeit viele Schulden gehabt und nicht gewollt, dass die Gläubiger an seiner neuen Adresse auftauchen. Ferner habe es zunächst Unklarheiten bezüglich der rechtlichen Gestaltung des Mietverhältnisses im Z-Weg gegeben. So sei zunächst beabsichtigt gewesen, den Kläger als Hauptmieter mit aufzunehmen. Dies sei jedoch daran gescheitert, dass die hierfür erforderliche Zustimmung der vorherigen Mitbewohnerin der Zeugin H., Frau S. S1 (nicht mit dem Kläger verwandt), nicht herbeigeführt werden konnte, da Frau S1 unbekannt verzogen war. Bei seiner Ummeldung am 18.10.2006 habe der Kläger angegeben, dass er bereits seit dem 1.7.2006 im Z-Weg wohne. Der Sachbearbeiter habe ihm jedoch mitgeteilt, dass das Computersystem dies nicht annehmen würde.
Der Kläger trägt weiter vor, das Geld für die der Zeugin H. gezahlte Miete habe er von seiner Mutter geliehen. Eine schriftliche Vereinbarung hierüber sei nicht geschlossen worden, inzwischen habe er das Geld jedoch an seine Mutter zurückgezahlt.
Der Kläger beantragt, den Änderungsbescheid der Beklagten vom 27.10.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 22.3.2007 dahin abzuändern, dass dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung auch für den Zeitraum vom 1.7.2006 bis 30.9.2006 bewilligt werden und zu zahlen sind.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf den Inhalt ihrer Leistungsakte sowie die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das Gericht die Leistungsakte der Beklagten beigezogen und die Kontoauszüge des Klägers aus dem Zeitraum Juni – Oktober 2006 angefordert. Das Gericht hat ferner im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.2.2008 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin H ... Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Akten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat für den Zeitraum 1.7.2006 bis 30.9.2006 keinen Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.
Zwar hat das Gericht den übereinstimmenden Vortrag des Klägers und der Zeugin H. geglaubt, dass der Kläger bereits seit Juli 2006 in der Wohnung im Z-Weg gewohnt und der Zeugin H. auch Miete gezahlt hat. Ein Anspruch auf Leistungen für die Kosten dieser Unterkunft für die Zeit vor Oktober ergibt sich dennoch nicht.
Der Kläger hat seinen – zum damaligen Zeitpunkt grundsätzlich bestehenden – Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten nicht geltend gemacht, sondern seinen Bedarf an Unterkunftskosten auf anderem Wege – nämlich durch ein Darlehen seiner Mutter – gedeckt. Der Kläger hat der Beklagten erstmals mit dem Neufeststellungsantrag vom 24.10.2006 mitgeteilt, dass er umgezogen ist und nunmehr Aufwendung für seine Unterkunft hat. Zuvor ist eine solche Mitteilung nicht erfolgt, insbesondere nicht bei der persönlichen Vorsprache des Klägers bei der Beklagten am 29.6.2006. Anlässlich dieser hat der Kläger zwar um die Erteilung einer Bescheinigung über die Übernahme der Unterkunftskosten gebeten. Er hat jedoch lediglich mitgeteilt, dass er in die Wohnung im Z-Weg einziehen kann und hierfür eine Bescheinigung benötigt. Zu diesem Zeitpunkt war aber keinesfalls sicher, dass der Umzug auch tatsächlich erfolgen würde, auch ein Mietvertrag war noch nicht unterschrieben.
Hat der Kläger also zunächst seinen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung gegenüber der Beklagten nicht geltend gemacht, so kann er nicht rückwirkend entsprechenden Leistungen verlangen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Leistungen nach dem SGB II werden nur auf Antrag und nicht für Zeiten vor der Antragstellung gewährt, § 37 SGB II. Zwar findet diese Norm vorliegend nicht direkt Anwendung, da der Kläger grundsätzlich einen Antrag auf Leistungen gestellt hatte. Dennoch ist die ihr zugrunde liegende Wertung zu beachten, dass eine Pflicht des Leistungsträgers zum Tätigwerden nur eingreift, wenn der Leistungsberechtigte selbst die Initiative ergreift (vgl. hierzu Wagner, in: juris PK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 37 Rn. 8). Gleichzeitig bringt § 37 SGB II mit dem Ausschluss von Leistungen für die Zeit vor Antragstellung zum Ausdruck, dass Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nur gegenwärtigen Zwecken dienen sollen. Das Erfordernis einer Eigeninitiative des Leistungsempfängers kommt auch in § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I zum Ausdruck. Diese Norm begründet eine Mitwirkungspflicht dahin gehend, dass der Empfänger von Sozialleistungen Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen hat. Zu berücksichtigen ist ferner, dass es jeder Person, die einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat, auch freisteht, diesen nicht geltend zu machen und ihren Bedarf – ohne hierzu verpflichtet zu sein – anderweitig zu decken.
Diese Grundsätze stehen einem Anspruch des Klägers auf Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vor Oktober 2006 entgegen. Der Kläger hat zunächst gerade keine höheren Leistungen bei der Beklagten geltend gemacht. Statt den Umzug und die daraus folgenden Aufwendungen für seine Unterkunft der Beklagten mitzuteilen, hat der Kläger sich in der Zeit bis Oktober 2006 dafür entschieden, die Unterkunftskosten anders, nämlich durch ein Darlehen von seiner Mutter, zu finanzieren. Er hat damit eine andere Form der Bedarfsdeckung als die Inanspruchnahme von Leistungen der Beklagten gewählt, ohne hierzu durch eine ablehnende Entscheidung der Beklagten gezwungen gewesen zu sein. Hierdurch hat der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass er der Hilfe der Beklagten nicht bedurfte. Der Ausschluss einer rückwirkenden Bewilligung von Leistungen gilt in dieser Konstellation umso mehr, als auch kein gegenwärtiger Bedarf des Klägers mehr besteht, da er seinen eigenen Angaben zufolge das Darlehen vollständig zurückgezahlt hat. Insofern kann dahin gestellt bleiben, ob im Fall fortbestehender Schulden eine andere Beurteilung zu treffen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Übernahme von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum 1.7.2006 – 30.9.2006.
Der 1980 geborene Kläger beantragte im Oktober 2005 bei der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Zu diesem Zeitpunkt wohnte er im X-Redder. In seinem Antrag gab er an, dort keine Mietkosten zu haben. Mit Bescheid vom 7.11.2005 bewilligte die Beklagte für den Zeitraum 14.10.2005 – 30.4.2006 Leistungen, ohne dabei Unterkunftskosten zu berücksichtigen.
In seinem Fortzahlungsantrag vom 4.5.2006 gab der Kläger als neue Adresse den Y-Weg an. Er sei zwar weiter im X-Redder gemeldet, wohne aber im Y-Weg bei seinem Bruder und zahle dort keine Miete. Am 11.5.2006 bewilligte die Beklagte ihm für den Zeitraum 1.5.2006 – 31.10.2006 Leistungen, wiederum ohne Berücksichtigung von Unterkunftskosten.
Am 29.6.2006 meldete sich der Kläger beim zuständigen Bezirksamt für die Wohnung Y-Weg an. Dabei gab er an, dort seit dem 1.6.2006 zu wohnen. Ebenfalls am 29.6.2006 sprach der Kläger persönlich bei der Beklagten vor. Er teilte mit, er könne ab sofort in eine Wohngemeinschaft im Z-Weg ziehen und benötige eine Zusicherung der Beklagten zu den Unterkunftskosten. Daraufhin übergab ihm die Beklagte ein mit "Zur Vorlage beim Vermieter" überschriebenes Schreiben, in dem sie "für die eventuelle Anmietung der Wohnung Z-Weg" bescheinigte, dass "die Wohnungskosten in Höhe von zur Zeit monatlich 211,00 EUR (1/2 Anteil) einschl. aller Betriebs- und Nebenkosten zzgl. der Heizungskosten bei der Berechnung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) berücksichtigt werden". Weiter heißt es dort "Rechtsansprüche gegen die Hamburger Arbeitsgemeinschaft SGB II können aus dieser Bescheinigung nicht abgeleitet werden".
Am 19.7.2006 übersandte der Kläger der Beklagten Unterlagen bezüglich einer Wehrübung. Auf seinem Schreiben gab er als Absender "Y-Weg" an.
In seinem Fortzahlungsantrag vom 24.10.2006 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass bezüglich der Unterkunftskosten eine Änderung eingetreten sei. Er reichte einen Untermietvertrag bezüglich der Wohnung Z-Weg ein, der zwischen der Hauptmieterin, der Zeugin H., und ihm geschlossen worden war. Der Untermietvertrag trägt das Datum 30.6.2006, Mietbeginn sollte der 1.7.2006 sein. Vereinbart war eine Miete in Höhe von 211,- EUR zuzüglich 45,- EUR Nebenkosten für Heizung und Warmwasser und 43,50 EUR für Strom, Wasser und Abwasser. Der Kläger reichte ferner eine auf den 11.10.2006 datierte Untermietgenehmigung des Vermieters, eine Ummeldebescheinigung vom 18.10.2006, die als Tag des Einzugs den 19.10.2006 auswies, sowie von der Zeugin H. unterzeichnete Quittungen über Mietzahlungen in Höhe von jeweils 299,50 EUR für die Monate Juli bis Oktober 2006 ein.
Eine Anfrage der Beklagten bei dem Vermieter ergab, dass dieser keine Kenntnis darüber habe, dass der Kläger bereits vor Oktober 2006 in der Wohnung gewohnt habe. Die Wohnung sei von dem Vermieter zum 31.1.2007 gekündigt worden. Daraufhin bewilligte die Beklagte mit zwei Bescheiden vom 27.10.2006 Leistungen für die Zeit 1.10.2006 – 31.1.2007 unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten.
Am 27.11.2006 erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er unter anderem geltend machte, Unterkunftskosten seien auch für den Zeitraum 1.7. – 30.9.2006 zu gewähren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.3.2007 wies die Beklagte den Widerspruch insoweit zurück. Für die Zeit vor Oktober 2006 seien keine Unterkunftskosten zu berücksichtigen, da nicht plausibel gemacht worden sei, dass der Kläger in diesem Zeitraum tatsächlich im Z-Weg gewohnt habe. Er habe nämlich noch in seinem Schreiben an die ARGE vom 19.7.2006 als Adresse den Y-Weg angegeben. Er habe sich auch erst zum 1.6.2006 in den Y-Weg umgemeldet. Die Ummeldung in den Z-Weg und die Untermietgenehmigung des Vermieters datierten erst aus Oktober.
Am 19.4.2007 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, er sei tatsächlich schon zum 1.7.2006 in die Wohnung im Z-Weg gezogen. Dem stehe nicht entgegen, dass er zunächst weiter den Y-Weg als Post- und Briefanschrift benutzt hat. Dies sei insbesondere deshalb geschehen, um die Kontinuität von Posteingängen trotz der häufig wechselnden Wohnadresse zu gewährleisten. Außerdem habe er zu dieser Zeit viele Schulden gehabt und nicht gewollt, dass die Gläubiger an seiner neuen Adresse auftauchen. Ferner habe es zunächst Unklarheiten bezüglich der rechtlichen Gestaltung des Mietverhältnisses im Z-Weg gegeben. So sei zunächst beabsichtigt gewesen, den Kläger als Hauptmieter mit aufzunehmen. Dies sei jedoch daran gescheitert, dass die hierfür erforderliche Zustimmung der vorherigen Mitbewohnerin der Zeugin H., Frau S. S1 (nicht mit dem Kläger verwandt), nicht herbeigeführt werden konnte, da Frau S1 unbekannt verzogen war. Bei seiner Ummeldung am 18.10.2006 habe der Kläger angegeben, dass er bereits seit dem 1.7.2006 im Z-Weg wohne. Der Sachbearbeiter habe ihm jedoch mitgeteilt, dass das Computersystem dies nicht annehmen würde.
Der Kläger trägt weiter vor, das Geld für die der Zeugin H. gezahlte Miete habe er von seiner Mutter geliehen. Eine schriftliche Vereinbarung hierüber sei nicht geschlossen worden, inzwischen habe er das Geld jedoch an seine Mutter zurückgezahlt.
Der Kläger beantragt, den Änderungsbescheid der Beklagten vom 27.10.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 22.3.2007 dahin abzuändern, dass dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung auch für den Zeitraum vom 1.7.2006 bis 30.9.2006 bewilligt werden und zu zahlen sind.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf den Inhalt ihrer Leistungsakte sowie die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das Gericht die Leistungsakte der Beklagten beigezogen und die Kontoauszüge des Klägers aus dem Zeitraum Juni – Oktober 2006 angefordert. Das Gericht hat ferner im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.2.2008 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin H ... Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Akten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat für den Zeitraum 1.7.2006 bis 30.9.2006 keinen Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.
Zwar hat das Gericht den übereinstimmenden Vortrag des Klägers und der Zeugin H. geglaubt, dass der Kläger bereits seit Juli 2006 in der Wohnung im Z-Weg gewohnt und der Zeugin H. auch Miete gezahlt hat. Ein Anspruch auf Leistungen für die Kosten dieser Unterkunft für die Zeit vor Oktober ergibt sich dennoch nicht.
Der Kläger hat seinen – zum damaligen Zeitpunkt grundsätzlich bestehenden – Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten nicht geltend gemacht, sondern seinen Bedarf an Unterkunftskosten auf anderem Wege – nämlich durch ein Darlehen seiner Mutter – gedeckt. Der Kläger hat der Beklagten erstmals mit dem Neufeststellungsantrag vom 24.10.2006 mitgeteilt, dass er umgezogen ist und nunmehr Aufwendung für seine Unterkunft hat. Zuvor ist eine solche Mitteilung nicht erfolgt, insbesondere nicht bei der persönlichen Vorsprache des Klägers bei der Beklagten am 29.6.2006. Anlässlich dieser hat der Kläger zwar um die Erteilung einer Bescheinigung über die Übernahme der Unterkunftskosten gebeten. Er hat jedoch lediglich mitgeteilt, dass er in die Wohnung im Z-Weg einziehen kann und hierfür eine Bescheinigung benötigt. Zu diesem Zeitpunkt war aber keinesfalls sicher, dass der Umzug auch tatsächlich erfolgen würde, auch ein Mietvertrag war noch nicht unterschrieben.
Hat der Kläger also zunächst seinen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung gegenüber der Beklagten nicht geltend gemacht, so kann er nicht rückwirkend entsprechenden Leistungen verlangen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Leistungen nach dem SGB II werden nur auf Antrag und nicht für Zeiten vor der Antragstellung gewährt, § 37 SGB II. Zwar findet diese Norm vorliegend nicht direkt Anwendung, da der Kläger grundsätzlich einen Antrag auf Leistungen gestellt hatte. Dennoch ist die ihr zugrunde liegende Wertung zu beachten, dass eine Pflicht des Leistungsträgers zum Tätigwerden nur eingreift, wenn der Leistungsberechtigte selbst die Initiative ergreift (vgl. hierzu Wagner, in: juris PK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 37 Rn. 8). Gleichzeitig bringt § 37 SGB II mit dem Ausschluss von Leistungen für die Zeit vor Antragstellung zum Ausdruck, dass Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nur gegenwärtigen Zwecken dienen sollen. Das Erfordernis einer Eigeninitiative des Leistungsempfängers kommt auch in § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I zum Ausdruck. Diese Norm begründet eine Mitwirkungspflicht dahin gehend, dass der Empfänger von Sozialleistungen Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen hat. Zu berücksichtigen ist ferner, dass es jeder Person, die einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat, auch freisteht, diesen nicht geltend zu machen und ihren Bedarf – ohne hierzu verpflichtet zu sein – anderweitig zu decken.
Diese Grundsätze stehen einem Anspruch des Klägers auf Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vor Oktober 2006 entgegen. Der Kläger hat zunächst gerade keine höheren Leistungen bei der Beklagten geltend gemacht. Statt den Umzug und die daraus folgenden Aufwendungen für seine Unterkunft der Beklagten mitzuteilen, hat der Kläger sich in der Zeit bis Oktober 2006 dafür entschieden, die Unterkunftskosten anders, nämlich durch ein Darlehen von seiner Mutter, zu finanzieren. Er hat damit eine andere Form der Bedarfsdeckung als die Inanspruchnahme von Leistungen der Beklagten gewählt, ohne hierzu durch eine ablehnende Entscheidung der Beklagten gezwungen gewesen zu sein. Hierdurch hat der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass er der Hilfe der Beklagten nicht bedurfte. Der Ausschluss einer rückwirkenden Bewilligung von Leistungen gilt in dieser Konstellation umso mehr, als auch kein gegenwärtiger Bedarf des Klägers mehr besteht, da er seinen eigenen Angaben zufolge das Darlehen vollständig zurückgezahlt hat. Insofern kann dahin gestellt bleiben, ob im Fall fortbestehender Schulden eine andere Beurteilung zu treffen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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