L 16 AL 1076/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 12 AL 582/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 AL 1076/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 06. Juli 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 12. Mai 2004 bis 21. Februar 2006 unter Anrechnung gezahlter Arbeitslosenhilfe (Alhi) in Anspruch.

Die Klägerin, geboren 1947, war vom 01. März 1982 bis 31. Dezember 1999 als kaufmännische Angestellte bei der S G K versicherungspflichtig beschäftigt. Am 02. Dezember 1999 hatte sie sich mit Wirkung zum 01. Januar 2000 arbeitslos gemeldet. Die Beklagte bewilligte ihr mit Bescheid vom 18. Januar 2000 Alg für die Zeit ab 01. Januar 2000 für die Anspruchsdauer von 780 Kalendertagen. Nach einer versicherungspflichtigen Zwischenbeschäftigung vom 17. Januar bis zum 30. April 2000 als Disponentin bei der P A G und erneuter Arbeitslosmeldung gewährte die Beklagte Alg ab 01. Mai 2000 für die Restanspruchsdauer von 764 Kalendertagen. Wegen der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit wurde die Leistungsbewilligung ab 10. Juni 2000 aufgehoben. Zum 31. Dezember 2003 gab die Klägerin diese selbständige Tätigkeit auf, nachdem sie sich am 16. Dezember 2003 mit Wirkung zum 01. Januar 2004 arbeitslos gemeldet hatte. Mit Bescheid vom 16. Januar 2004 bewilligte die Beklagte Alg ab 01. Januar 2004 für die Restanspruchsdauer von 724 Kalendertagen. Diese Leistungsbewilligung hob die Beklagte mit – bestandskräftigem – Aufhebungsbescheid (ohne Datum) für die Zeit ab 16. März 2004 auf, weil die Klägerin am 16. März 2004 eine Kurmaßnahme antrat, der sie sich bis zum 13. April 2004 unterzog. Die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) zahlte für diese Zeit der Klägerin ein Übergangsgeld. Vom 14. April 2004 bis zum 11. Mai 2004 war die Klägerin arbeitsunfähig krank geschrieben und bezog von der Techniker Krankenkasse (TK) Krankengeld. Am 12. Mai 2004 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten erneut arbeitslos und erhielt bis 31. Oktober 2004 Alhi. Vom 01. November 2004 bis zum 28. Februar 2005 war die Klägerin im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) als Koordinatorin beschäftigt. Leistungen zur Grundsicherung wurden für die Zeit ab 01. März 2005 wegen des anzurechnenden Einkommens des Ehemannes der Klägerin abgelehnt (Bescheid des Landkreises Oder-Spree – Amt für Grundsicherung und Beschäftigung – vom 27. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2006).

Den Antrag auf Gewährung von Alg für die Zeit ab 12. Mai 2004 hatte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Juni 2004 abgelehnt. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2004).

Die Klage, mit der die Klägerin beantragt hat, den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2004 (richtig gestellt: 16. Juni 2004) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Alg ab 12. Mai 2004 zu bewilligen, hat das Sozialgericht (SG) Frankfurt (Oder) mit Urteil vom 06. Juli 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Die Klägerin habe zurzeit der erneuten Arbeitslosmeldung am 12. Mai 2004 nicht die erforderliche Anwartschaftszeit als Voraussetzung für einen Anspruch auf Alg erfüllt. Die Rahmenfrist umfasse die Zeit vom 11. Mai 2004 bis 12. Mai 2002. In dieser Zeit sei die Klägerin vom 12. Mai 2002 bis 31. Dezember 2003 selbständig gewesen, habe vom 01. Januar 2004 bis 15. März 2004 Alg, vom 16. März 2004 bis 13. April 2004 Übergangsgeld und vom 14. April 2004 bis 11. Mai 2004 Krankengeld bezogen. Lediglich im Zeitraum vom 16. März 2004 bis 11. Mai 2004 sei die Klägerin nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) versicherungspflichtig gewesen. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Alg auch nicht aufgrund des am 01. Januar 2000 entstandenen Stammrechts geltend machen können. Zwar habe sie lediglich vom 01. Januar bis 16. Januar 2000, vom 14. April bis 09. Juni 2000 und vom 01. Januar 2004 bis 15. März 2004 Alg bezogen, sodass dieser Anspruch zum 12. Mai 2004 lediglich um 221 Tage gemindert gewesen sei. Die Inanspruchnahme der restlichen Anspruchsdauer von 649 Tagen sei aber am 12. Mai 2004 nach § 147 Abs. 2 SGB III ausgeschlossen gewesen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) habe die Verfallsregelung eine Ausschlussfrist zum Inhalt, die ohne Hemmungs- oder Unterbrechungsmöglichkeit kalendermäßig ablaufe. Der Ablauf der Ausschlussfrist habe das Untergehen der gesamten Anspruchsberechtigung zur Folge. Die Erlöschensfrist werde auch nicht etwa durch die Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme verlängert. Auch Härten im Einzelfall seien nach der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht über eine Verlängerung der Ausschlussfrist ausgleichbar. Auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch komme nicht in Betracht. Der Herstellungsanspruch könne einen Versicherungsträger nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, das rechtlich zulässig sei. Bei der von der Klägerin begehrten Nichtbeachtung der in § 147 Abs. 2 SGB III geregelten Frist würde indes ein rechtwidriger Zustand hergestellt werden, weil die Anspruchsberechtigung der Klägerin mit der Aufhebung der Leistungsbewilligung ab 16. März 2004 untergegangen sei. Im Übrigen fehle es an einem Beratungsfehler seitens der Beklagten. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt zur Begründung vor: Sie habe sich mit ihrer Arbeitslosmeldung zum 01. Januar 2004 auf jeden Fall erst einmal ihren Anspruch auf Alg bewahrt. Sie sehe nunmehr auch, dass sie den Anspruch auf Alg nicht verloren hätte, wenn sie insgesamt nur für eine Zeit bis maximal sechs Wochen infolge der von der BfA bewilligten Kurmaßnahme und anschließender "Nachkur" der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden hätte. Sie sei insoweit auch grundsätzlich richtig von der Beklagten informiert worden. Allerdings sei dieser Hinweis insoweit unvollständig und damit fehlerhaft gewesen, als die Beklagte nicht darauf hingewiesen habe, dass der Anspruch auf Alg nur für einen Zeitraum von maximal sechs Wochen fortbestehe. Bei einem vollständigen Hinweis auf die maßgebliche Rechtslage hätte sie sich entscheiden können, ob sie die Kurmaßnahme überhaupt in Anspruch genommen hätte. Zumindest hätte sie die Krankschreibung eigenverantwortlich aufgeben und sich bei der Beklagten als weiterhin arbeitslos der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellen können. Aufgrund der fehlerhaften Beratung und Information stehe ihr daher ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch mit der Folge zu, dass ihr Alg ab 28. April 2004, spätestens aber ab 12. Mai 2004 zu gewähren sei. Weiterhin zu prüfen sei, ob die Regelung des § 147 Abs. 2 SGB III gegen Artikel 14 des Grundgesetzes (GG) verstoße.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 06. Juli 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld vom 12. Mai 2004 bis 21. Februar 2006 unter Anrechnung der gezahlten Arbeitslosenhilfe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt u.a. vor: Sie gehe nach wie vor davon aus, dass die Klägerin tatsächlich arbeitsunfähig gewesen sei. Wenn die Klägerin aber tatsächlich arbeitsunfähig gewesen sei, habe sie der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden und sei nicht arbeitslos gewesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Befundberichte von den die Klägerin in der Zeit vom 14. April bis 11. Mai 2004 behandelnden Ärzten erstatten lassen, und zwar von den Fachärzten für Allgemeinmedizin U vom 07. Januar 2008 und von den Fachärzten für Orthopädie B vom 29. Januar 2008. Außerdem ist der Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums BS vom 16. April 2004 beigezogen worden.

Die Akte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Alg ab 12. Mai 2004 bis zum 21. Februar 2006 unter Anrechnung der für die Zeit vom 12. Mai 2004 bis 31. Oktober 2004 gezahlten Alhi. Für den 20. und 21. Februar 2006 gilt dies schon deshalb, weil der Restanspruch auf Alg von 649 Kalendertagen (= Restanspruch am 01. Januar 2004 = 724 Kalendertage abzüglich des Alg-Bezuges vom 01. Januar 2004 bis 15. März 2004 = 75 Kalendertage) sich nur auf die Zeit vom 12. Mai 2004 bis 19. Februar 2006 erstrecken kann.

Für einen – neu entstandenen – Anspruch auf Alg ab 12. Mai 2004 fehlt es – insoweit besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit – an der Erfüllung der dafür maßgebenden gesetzlichen Voraussetzungen. Die Klägerin hatte nicht die dafür erforderliche Anwartschaftszeit erfüllt, weil sie in der Rahmenfrist nicht mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hatte (§ 123 Satz 1 SGB III in der seit 01. Januar 2004 geltenden Fassung des 3. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 – BGBl I, 2848). Entgegen der vom SG vertretenen Rechtsauffassung erstreckt sich die nach § 124 Abs. 2 SGB III zu bemessende Rahmenfrist allerdings nicht auf den Zeitraum vom 11. Mai 2004 bis 12. Mai 2002. § 124 SGB III ist vielmehr gemäß § 434 j Abs. 3 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung anzuwenden, sodass eine dreijährige Rahmenfrist anzusetzen ist, die nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinreicht und die um die Zeiten der selbständigen Tätigkeit der Klägerin zu verlängern ist; die Rahmenfrist umfasst mithin die Zeit vom 01. Januar 2000 bis 11. Mai 2004. In dieser Zeit hatte die Klägerin Versicherungspflichtzeiten nur vom 17. Januar 2000 bis 30. April 2000 aufgrund ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Projekt AKC GmbH, vom 16. März 2004 bis 13. April 2004 wegen des Bezuges von Übergangsgeld während einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation (§ 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III) und vom 14. April 2004 bis 11. Mai 2004 wegen des Bezuges von Krankengeld (§ 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III) zurückgelegt. Auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2004 wird im Übrigen Bezug genommen (§§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Auch der zum 01. Januar 2000 erworbene Anspruch auf Alg, der der Klägerin am 01. Januar 2004 noch für eine Restanspruchsdauer von 724 Kalendertagen und am 12. Mai 2004 für eine Restanspruchsdauer von 649 Kalendertagen zustand, vermag der Klägerin nicht – mehr – zu einem Leistungsanspruch ab 12. Mai 2004 zu verhelfen. Denn dieser Restanspruch war am 12. Mai 2004 nach § 147 Abs. 2 SGB III kraft Gesetzes erloschen. Diese Vorschrift regelt, dass der Anspruch auf Alg nicht mehr geltend gemacht werden kann, wenn nach seiner Entstehung vier Jahre verstrichen sind. Der Anspruch der Klägerin war am 01. Januar 2000 entstanden; an diesem Tag erfüllte die Klägerin alle Anspruchsvoraussetzungen iS von § 117 SGB III. Aus § 147 Abs. 2 SGB III ergibt sich, dass die Klägerin diesen Anspruch bzw. verbliebene Restansprüche auf Alg nur bis zum 01. Januar 2004 realisieren konnte. Zwar hatte sich die Klägerin am 16. Dezember 2003 mit Wirkung zum 01. Januar 2004 bei der Beklagten arbeitslos gemeldet und damit noch innerhalb der Erlöschensfrist des § 147 Abs. 2 SGB III ihren Restanspruch auf Alg von 724 Kalendertagen geltend gemacht. Sie war dann aber wegen der ihr von der BfA bewilligten Leistung zur medizinischen Rehabilitation aus dem Leistungsbezug ab 16. März 2004 wieder ausgeschieden, weil sie die Kurmaßnahme angetreten hatte. Da der Zeitraum vom 16. März 2004 bis zum 11. Mai 2004 einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen umfasst, war die Wirkung der Arbeitslosmeldung vom 16. Dezember 2003 zum 1. Januar 2004 gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III erloschen mit der Folge, dass am 12. Mai 2004 wiederum alle Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung von Alg zu prüfen sind. An diesem Tag war aber die Verfallsfrist des § 147 Abs. 2 SGB III abgelaufen. Diese Frist ist eine gesetzliche Ausschlussfrist, die ohne Hemmungs- oder Unterbrechungsmöglichkeiten kalendermäßig abläuft und nicht verlängert werden kann (vgl. BSG SozR 4100 § 125 Nr. 3 zu der Vorläuferregelung des § 125 AFG). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 147 Abs. 2 SGB III im Hinblick auf den nach Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG bestehenden Eigentumsschutz bestehen entgegen der von der Klägerin vertretenen Rechtsauffassung nicht (siehe dazu im Einzelnen: BSG SozR 4100 § 107 Nr. 4). Der durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Anspruch auf Alg ist vielmehr bereits zurzeit seiner Entstehung mit dieser Verfallsfrist belastet. Darin liegt eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Inhaltsbestimmung iS von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (BSG aaO).

Der Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Alg ab 12. Mai 2004 ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu rechtfertigen. Eine etwaige falsche Beratung z. B durch eine Mitarbeiterin der Beklagten dahin gehend, dass die Klägerin auch im Falle der Durchführung einer Kur weiterhin Alg würde beanspruchen können, ist schon deshalb auszuschließen, weil eine Beratung mit diesem Inhalt der Rechtslage entsprochen hätte. Denn bei einer Unterbrechung der bestehenden Arbeitslosigkeit bis zu sechs Wochen wäre die Klägerin unter Berücksichtigung der in § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III getroffenen Regelung ihres Anspruchs auf Alg nicht verlustig gegangen. Einer erneuten Arbeitslosmeldung hätte es dann nämlich nicht bedurft (BSG, Urteil vom 25. Mai 2005 – B 11a/11 AL 61/04 R - = SozR 4-4300 § 147 Nr. 4). Eine Beratung seitens der Beklagten mit dem Inhalt, dass die Kur sich nicht anspruchsausschließend auswirken würde, weil eine Heilkur in der Regel drei Wochen umfasst, ist auch nicht, wie die Klägerin meint, als lückenhaft anzusehen. Denn ohne konkrete Anhaltspunkte ergibt sich keine Beratungspflicht für die Beklagte unter Berücksichtigung jedweder Gestaltungsmöglichkeit. Für eine längerfristige Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bestand aber vor der Kur keinerlei Anhalt, da die Arbeitsunfähigkeit erst während der Kur aufgrund einer aktuellen Symptomatik u.a. im Bereich des linken Knies eingetreten war. Das ergibt sich aus dem Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums B S vom 16. April 2004; danach "erfolgte die Entlassung aufgrund der aktuellen Symptomatik hinsichtlich des linken Knies und der HWS in arbeitsunfähigem Zustand".

Selbst wenn man aber eine fehlerhafte Beratung seitens der Beklagten unterstellt, lässt sich eine erneute Arbeitslosigkeit der Klägerin vor Ablauf der Sechswochenfrist des § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III nicht aufgrund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs konstruieren. Denn weder die objektive noch die subjektive Verfügbarkeit des Arbeitslosen iS des § 119 SGB III lassen sich nachträglich durch eine Amtshandlung der Beklagten ersetzen ( BSG, Urteil vom 31. Januar 2006 – B 11a AL 15/05 R – veröff. in juris; siehe dazu auch: BSG SozR 3-8825 § 2 Nr 3; SozR 4100 § 103 Nr 36).

Im Übrigen verkennt die Klägerin bei ihrer Argumentation die Pflichtenlage eines Arbeitslosen, die es gerade nicht erlaubt, gebotene Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abzulehnen (vgl. § 125 Abs. 2 SGB III). Insofern dürfte schon zweifelhaft sein, ob überhaupt eine Verpflichtung der Beklagten anzuerkennen ist, eine kurwillige Arbeitnehmerin, die ihre Erwerbsfähigkeit durch eine vom Rentenversicherungsträger geförderte Kurmaßnahme verbessern möchte, auf einen etwaigen Anspruchsverlust hinzuweisen und sie dadurch ggf. von einer erfolgversprechenden Maßnahme abzuhalten (siehe dazu BSG, Urteil vom 31. Januar 2006 – B 11a AL 15/05 R -).

Die Klägerin stand auch vor dem 12. Mai 2004, also ggf. noch innerhalb der Sechswochenfrist des § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III, nicht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, sodass die Arbeitslosigkeit mehr als sechs Wochen unterbrochen war. Dagegen, dass sie trotz der Krankschreibung bei der Entlassung aus der Kur am 13. April 2004 im Rahmen eines etwaigen Restleistungsvermögens tatsächlich noch zur Verrichtung einer Beschäftigung im Umfang von mindestens 15 Wochenstunden in der Lage gewesen sein könnte (vgl. § 119 Abs. 3 SGB III), spricht jedenfalls die von den Kurärzten diagnostizierte aktuelle Symptomatik u.a. im Bereich des linken Knies, die nach der dem Befundbericht der seinerzeit behandelnden Orthopäden B vom 29. Januar 2008 beigefügten Anamnese auch am 27. April 2004 noch nicht abgeklungen war. Weiterer Feststellungen zur objektiven Verfügbarkeit der Klägerin bedurfte es indes nicht; denn die Klägerin stand der Arbeitsvermittlung jedenfalls subjektiv nicht zur Verfügung. Der Umstand, dass die Klägerin am 16. April 2004 die zuständige Arbeitsagentur aufgesucht hatte, lässt sich insoweit nicht anspruchsbegründend heranziehen. Die Klägerin war nämlich gerade nicht dort erschienen, um sich arbeitslos zu melden, sondern - nach ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - ausschließlich um ihre Krankschreibung abzugeben. Daraus folgt zur vollen Überzeugung des Senats, dass die Klägerin sich zu diesem Zeitpunkt gerade nicht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung hatte stellen wollen, sondern sich aufgrund der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit an jeglicher Arbeitsaufnahme gehindert sah.

Für die Zeit ab 01. November 2004 war überdies – das verkennt die Klägerin – jedweder Anspruch auf Alg und auch auf Alhi bis zum 28. Februar 2005 ausgeschlossen, weil die Klägerin im Rahmen einer ABM beschäftigt war. Arbeitslosigkeit i. S. des § 119 SGB III konnte wegen der Inanspruchnahme durch diese Beschäftigung nicht bestehen, weil die Klägerin der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stand. Ein tatsächlicher Geschehensablauf wie eine Beschäftigung im Rahmen einer ABM lässt sich indes im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht ungeschehen machen. Für die Zeit ab 01. März 2005 steht der Klägerin gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Alhi zu. Seit 01. Januar 2005 fehlt es für Ansprüche auf Alhi bereits an der dafür erforderlichen Rechtsgrundlage. Der Bescheid des Landkreises Oder-Spree - Amt für Grundsicherung und Beschäftigung - vom 27. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2006 ist auch nicht gemäß § 96 Abs. 1 SGG in das Verfahren einzubeziehen. Diese Verwaltungsentscheidungen betreffen Ansprüche der Klägerin auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II), die im Verhältnis zu Leistungsansprüchen nach den Vorschriften des SGB III ein rechtliches "aliud" darstellen und deshalb weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung von § 96 Abs. 1 SGG in das Verfahren einzubeziehen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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