Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 3 KR 19/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 B 107/08 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 07. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren um Versorgung mit dem Arzneimittel Remicade (Wirkstoff Infliximab) zur Behandlung des Pyoderma gangraenosum.
Der 1974 geborene Antragsteller, der bei der Antragsgegnerin versichert ist, leidet an einer Pyoderma gangraenosum, einer seltenen nichtinfektiösen Erkrankung der Haut, bei der es vermutlich bedingt durch eine überschießende Reaktion des Immunsystems zu schmerzhaften und schlecht heilenden Geschwürsbildungen (Ulzerationen) kommt, im Bereich der rechten unteren Extremität bei Colitis ulcerosa.
Im Dezember 2007 beantragte für den Antragsteller Prof. Dr. R, Arzt am Klinikum für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der C B, Kostenübernahme für die Therapie mit dem Wirkstoff Infliximab. Therapien mit Cyclosporin A und mit Glukokortikoiden hätten keine ausreichende Befundbesserung erbracht. In der Literatur fänden sich Hinweise für eine gute Wirksamkeit von Infliximab. In Anbetracht der nebenbefundlich bestehenden Colitis ulcerosa seien zusätzliche Synergismen durch diese Therapie zu erwarten.
Das Arzneimittel Remicade mit dem Wirkstoff Infliximab ist unter anderem zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven Colitis ulcerosa bei Patienten zugelassen, die auf eine konventionelle Therapie, einschließlich Kortikosteroide und 6 MP oder AZA, unzureichend angesprochen haben, oder die eine Unverträglichkeit oder medizinische Gegenanzeige für solche Therapien haben. Eine Zulassung zur Behandlung des Pyoderma gangraenosum besteht nicht. Zur (symptomatischen) Behandlung des Pyoderma gangraenosum sind allerdings Kortisonpräparate zugelassen.
Nachdem die Antragsgegnerin die Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) des Dr. B vom 15. Januar 2008 eingeholt hatte, lehnte sie die entsprechende Versorgung mit Bescheid vom 24. Januar 2008 ab: Es fehlten aussagekräftige Daten aus höherwertigen klinischen Studien zum möglichen Nutzen der Behandlung.
Am 30. Januar 2008 hat der Antragsteller Versorgung mit dem begehrten Arzneimittel im Wege einer einstweiligen Anordnung beantragt.
Er hat vorgetragen, eine andere Therapie sei nicht verfügbar. Eine Behandlung insbesondere mit Kortikoiden sei wegen Unverträglichkeit nicht erfolgreich gewesen. Aufgrund der eingeleiteten Therapie mit Remicade seien Behandlungserfolge bereits erzielt worden. Ein Aussetzen der Behandlungsintervalle führe zu nachhaltigen Beeinträchtigungen der Gesamttherapie. Die nächste Infusion sei für den 08. Februar 2008 geplant. Ohne die Versorgung mit dem Arzneimittel Remicade bestehe die unmittelbare Gefahr einer nachhaltigen Verschlechterung seiner Erkrankung.
Der Antragsteller hat nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen beantragt,
die Antragsgegnerin bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 24. Januar 2008, längstens jedoch für die Dauer eines Jahres, zu verpflichten, ihn im Rhythmus von acht Wochen mit dem Arzneimittel Remicade (Wirkstoff Infliximab) in einer Dosis von ca. 5 mg/kg Körpergewicht zu versorgen.
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht gewesen, dass ein Anordnungsanspruch nicht bestehe. Die Voraussetzungen des so genannten Off label use seien nach der beigefügt gewesenen Stellungnahme des MDK des Dr. B vom 04. Februar 2008 nicht erfüllt. Die beim Antragsteller bestehende Hauterkrankung sei zwar als schwerwiegend im Sinne von der Lebensqualität nachhaltig einschränkend einzustufen, für die bislang eine Standardtherapie nicht etabliert sei. Kasuistiken und Studien kleiner Fallzahl lieferten Hinweise darauf, dass Infliximab die Abheilung von Geschwüren beschleunigen könne. Aufgrund der verfügbaren Datenlage aus klinischen Untersuchungen, die weit von einem zulassungsreifen Niveau entfernt sei, sei allerdings eine verlässliche Nutzen-Risiko-Bewertung nicht möglich. Da es sich beim Pyoderma gangraenosumn darüber hinaus auch nicht um eine singuläre Erkrankung oder um eine lebensbedrohliche beziehungsweise regelmäßig tödliche Erkrankung handele, lasse sich eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht begründen.
Das Sozialgericht hat den Befundbericht des Prof. Dr. R vom 01. Februar 2008 und die eidesstattliche Erklärung des Antragstellers zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen eingeholt.
Mit Beschluss vom 07. Februar 2008 hat das Sozialgericht die Antragsgegnerin antragsgemäß verpflichtet: Da im vorliegenden Fall das Grundrecht des Antragstellers auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz GG ) tangiert sei, entscheide das Gericht aufgrund einer Folgenabwägung. Diese falle zugunsten des Antragstellers aus. Wie sich aus dem Befundbericht des Prof. Dr. R ergebe, stelle sich das Pyoderma gangraenosum als schmerzhaftes, entzündliches, teils extrem übel riechendes Ulcus dar, das die Lebensqualität qualitativ beeinträchtige und zudem eine Eintrittspforte für alle möglichen Keime darstelle, die zu schwerwiegenden Komplikationen bis hin zur Sepsis (Blutvergiftung) führen könnten. Ohne die Behandlung mit dem Wirkstoff Infliximab wäre die durch die dreimalige stationäre Verabreichung dieses Wirkstoffes eingetretene Verbesserung im Gesundheitszustand des Antragstellers zunichte gemacht. Es wäre mit einem Rezidiv zu rechnen. Die körperliche Unversehrtheit des Antragstellers wäre massiv gefährdet. Demgegenüber drohten der Antragsgegnerin lediglich fiskalische Nacheile. Je Fusion entstünden Kosten in Höhe von 1 500,00 EUR. Diese für ca. ein Jahr im Rhythmus von acht Wochen anfallenden Kosten könne der Antragsteller nach seiner eidesstattlichen Erklärung aus seinem Einkommen oder Vermögen nicht tragen. Nur ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass auch eine Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben (Hinweis auf Bundesverfassungsgericht BVerfGE 115, 25) zum gleichen Ergebnis gelange.
Gegen den ihr am 12. Februar 2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 15. Februar 2008 eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.
Sie meint, es lägen weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vor. Es existierten weder veröffentlichte Studien der Phase III, die eine Erweiterung der Zulassung erwarten ließen, noch außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene vergleichbare Aussagen. Die Rechtsprechung des BVerfG führe gleichfalls zu keinem anderen Ergebnis, denn die Gefahr einer Sepsis durch mögliche offene und schlecht heilende Wunden stelle keine akut lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Krankheitssituation dar. Eine Güterabwägung könne daher nicht zu Lasten der Antragsgegnerin ausfallen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Potsdam vom 07. Februar 2008 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen. Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht eine einstweilige Anordnung erlassen.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (so genannte Regelungsanordnung). Voraussetzung sind ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund, welche glaubhaft zu machen sind (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO). Sie sind glaubhaft gemacht, wenn das Vorliegen der insoweit beweisbedürftigen Tatsachen überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. Zoeller, Zivilprozessordnung, 25. Auflage, § 920 Rdnr. 8, § 294 Rdnrn. 1 und 6; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 65. Auflage, § 920 Rdnr. 11, § 294 Rdnr. 1).
Daraus folgt: Besteht kein Anordnungsanspruch oder ist er nicht überwiegend wahrscheinlich, ist eine einstweilige Anordnung nicht zu erlassen, denn der begehrte Anspruch könnte auch im Hauptsacheverfahren nicht festgestellt werden. Ist hingegen der Anordnungsanspruch überwiegend wahrscheinlich, genügt dies für eine einstweilige Anordnung nicht, wenn nicht zugleich ein Anordnungsgrund vorliegt und dieser überwiegend wahrscheinlich ist. Selbst wenn der Anordnungsanspruch sicher feststeht, entfällt die Notwendigkeit eines Anordnungsgrundes nicht; die Anforderungen hinsichtlich der wesentlichen Nachteile, die überwiegend wahrscheinlich sein müssen, können jedoch geringer sein. Im Übrigen kann ausnahmsweise eine einstweilige Anordnung in Betracht kommen, wenn dem Antragsteller unter Abwägung seiner Interessen und der öffentlichen Interessen nicht zuzumuten ist, eine Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Dies gilt insbesondere, wenn ein Anordnungsanspruch zumindest möglich erscheint sowie wesentliche Nachteile eintreten und nicht mehr vollständig rückgängig gemacht werden können, weil das Leben, die Gesundheit oder die wirtschaftliche Existenz betroffen sind. Eine Vorwegnahme der Hauptsache darf durch eine einstweilige Anordnung grundsätzlich nicht stattfinden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Auflage, § 86 b Rdnr. 31). Insoweit ist allerdings der in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) niedergelegte Grundsatz des Gebotes eines effektiven Rechtsschutzes zu beachten. Daher kann der Entscheidung in der Hauptsache vorgegriffen werden, wenn ansonsten ein Rechtsschutz nicht erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) begegnet es in gerichtlichen Eilverfahren grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Fachgerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren. Allerdings ist in den Fällen, in denen es um existenziell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Die Gerichte haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (Beschlüsse des BVerfG vom 06. Februar 2007 1 BvR 3101/06 und vom 22. November 2002 1 BvR 1586/02 , abgedruckt in NJW 2003, 1236). Erforderlich ist hierbei eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage (BVerfG, Beschluss vom 19. März 2004 1 BvR 131/04 , abgedruckt in NJW 2004, 246). Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 06. Februar 2007 1 BvR 3101/06 ).
Wie das Sozialgericht zutreffend erkannt hat, ist vorliegend anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage kommt nicht in Betracht, denn der Antragsteller leidet an einer die Lebensqualität nachhaltig einschränkenden Erkrankung, wie auch von der Antragsgegnerin eingeräumt wird. Damit wird die körperliche Unversehrtheit des Antragstellers in wesentlichem Umfang berührt, die den Schutz des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG genießt. Eine abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage dahingehend, dass der geltend gemachte Anspruch im Eilverfahren geklärt werden könnte, scheidet aus. Es bedarf insoweit der Beweiserhebung mittels Sachverständigengutachten, denn es kann insbesondere nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass die Voraussetzungen eines so genannten Off label use vorliegen.
Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sind Präparate, die als Fertigarzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) von der Grunddefinition des § 2 Abs. 1 AMG erfasst werden und nach § 21 Abs. 1 AMG der Arzneimittelzulassungspflicht unterliegen, grundsätzlich als Arzneimittel im Sinne der §§ 27, 31 SGB V anzusehen (BSG, Urteil vom 27. September 2005 - B 1 KR 6/04 R m. w. N.). Wenn ein bestimmtes Arzneimittel nach den Regelungen des Arzneimittelrechts einer Zulassung bedarf und diese Zulassung nicht besteht, mangelt es zugleich an der krankenversicherungsrechtlichen Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit, so dass ein solches Arzneimittel nicht gewährt werden darf. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Zu Qualität und Wirkungsweise eines Arzneimittels muss es zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist. Dieser Wirksamkeitsnachweis ist im Rahmen eines Arzneimittelzulassungsverfahrens zu erbringen, so dass aus einer nicht bestehenden Zulassung auf eine nicht vorhandene Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit geschlossen werden kann (BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 B 1 KR 21/02 R ; BSG, Urteil vom 27. September 2005 B 1 KR 6/04 R ).
Das Arzneimittel Remicade ist nicht zur Behandlung des Pyoderma gangraenosum zugelassen, so dass es grundsätzlich nicht nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V beansprucht werden kann. Etwas anderes gilt ausnahmsweise, wenn die von der Rechtsprechung aus Gründen eines unabweisbaren Bedürfnisses nach entsprechender Behandlung entwickelten Voraussetzungen erfüllt sind. Es handelt sich um die Fälle des so genannten Off label use, der Seltenheitserkrankungen (singuläre Krankheitsfälle) und der lebensbedrohlichen oder vorhersehbar tödlich verlaufenden Krankheit.
Eine zulassungsüberschreitende Anwendung (Off label use) von Arzneimitteln ist in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ausnahmslos ausgeschlossen. Wegen des Vorrangs des Arzneimittelrechts, das dazu dient, Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von Arzneimitteln sicherzustellen (§ 1 AMG), muss ein Off label use aber auf solche Fälle beschränkt bleiben, in denen einerseits ein unabweisbarer und anders nicht zu befriedigender Bedarf an der Arzneimitteltherapie besteht und andererseits die therapeutische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlung hinreichend belegt sind. Die Verordnung eines Arzneimittels in einem anderen von der Zulassung nicht umfassten Anwendungsgebiet kommt deshalb nur in Betracht, wenn 1) es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2) keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3) aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann. Damit Letzteres angenommen werden kann, müssen Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann. Davon kann ausgegangen werden, wenn a) die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt worden ist und die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht worden sind und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder b) außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht sind, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen und aufgrund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne besteht (BSG, Urteil vom 19. März 2002 B 1 KR 37/00 R , abgedruckt in SozR 3 2500 § 31 Nr. 8; BSG, Urteile vom 26. September 2006 B 1 KR 1/06 R und B 1 KR 14/06 R ).
Nach dem gegenwärtigen Sachstand ist unklar, ob aufgrund der Datenlage zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet vorliegen. Das Sozialgericht hat darauf hingewiesen, dass eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie und eine evidenzbasierte Studie mit 350 Patienten veröffentlicht wurden. Es hat sich hierbei auf die Literaturangaben in der MDK Stellungnahme des Dr. B vom 15. Januar 2008 gestützt. Die weitere MDK Stellungnahme des Dr. B vom 04. Februar 2008, die dem Sozialgericht vorgelegt worden ist, ist insoweit teilweise unvollständig. Mit der Beschwerde ist die Antragsgegnerin auf diese Ausführungen des Sozialgerichts nicht weiter eingegangen; sie ist ihnen insbesondere nicht entgegen getreten. Unabhängig davon ist den MDK Stellungnahmen nicht zu entnehmen, welche konkreten Erkenntnisse die vom MDK als nicht ausreichend erachteten Veröffentlichungen bezogen auf Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet beinhalten. Es gibt somit hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen eines Off label use gegeben sein könnten. Zur Auswertung der insoweit vorhandenen Veröffentlichungen bedarf es eines Sachverständigengutachtens.
Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, dass es sich bei dem Pyoderma gangraenosum um eine Seltenheitserkrankung handelt. Dafür mögen zwar die vom Sozialgericht angeführten Veröffentlichungen nicht sprechen, denn wenn die entsprechenden Studien aufgrund einer ausreichenden Anzahl von betroffenen Personen durchgeführt werden konnten, erscheint eine systematische wissenschaftliche Untersuchung möglich. Allerdings wird in der MDK Stellungnahme des Dr. B vom 04. Februar 2008 das Pyoderma gangraenosum als eine sehr seltene Erkrankung der Haut angesprochen.
Das BSG hat im Urteil vom 19. Oktober 2004 B 1 KR 27/02 R seine Rechtsprechung zum Off label use hinsichtlich so genannter Seltenheitserkrankungen (singulärer Krankheitsfälle) modifiziert. Grund dafür ist, dass sich eine solche Erkrankung wegen ihrer Seltenheit regelmäßig einer systematischen wissenschaftlichen Untersuchung entzieht und für sie daher keine wissenschaftlich auf ihre Wirkung überprüfte Behandlungsmethode zur Verfügung stehen wird. Das Krankenversicherungsrecht, das bei der Arzneimittelversorgung anders als bei den übrigen Leistungen der Krankenbehandlung weitgehend auf eigene Vorschriften zur Qualitätssicherung verzichtet und insoweit an das Arzneimittelrecht anknüpft, das für Fertigarzneimittel eine staatliche Zulassung vorschreibt und deren Erteilung vom Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels abhängig macht (vgl. BSG, Urteil vom 19. März 2002 B 1 KR 37/00 R ), kann bei einer Seltenheitserkrankung keine befriedigende Lösung bieten, weil die Regeln des Arzneimittelzulassungsverfahrens in einem solchen Fall versagen.
Voraussetzung für die Leistungspflicht eines (nach innerstaatlichem Recht) nicht zugelassenen Arzneimittels ist nach dem Urteil des BSG vom 19. Oktober 2004 B 1 KR 27/02 R , dass 1. es sich um eine einzigartige Erkrankung handelt, die weltweit nur extrem selten auftritt, und die 2. deshalb im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden kann, 3. eine notstandsähnliche Situation vorliegt, also eine schwerwiegende lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung behandelt werden soll, für die keine andere Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung steht, 4. zuverlässige pharmakologisch-toxische Daten und aussagekräftige Studien vorliegen müssen, die Unbedenklichkeit und therapeutische Wirksamkeit des Mittels zumindest für andere Krankheiten belegen, und 5. die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse die Annahme rechtfertigen müssen, dass der voraussichtliche Nutzen des Arzneimittels die möglichen Risiken überwiegen wird, wobei anders als nach den Grundsätzen für einen Off label use im Urteil des BSG vom 19. März 2002 B 1 KR 37/00 R bei einer unerforschbaren singulären Erkrankung positive Forschungsergebnisse beziehungsweise einem bestimmten Standard entsprechende wissenschaftliche Fachveröffentlichungen nicht vorzuliegen brauchen.
Der Senat geht davon aus, dass eine Erkrankung zu den Seltenheitserkrankungen rechnet, wenn von ihr nicht mehr als fünf von 10 000 Personen betroffen sind. Das BSG hat zwar in seiner Entscheidung vom 19. Oktober 2004 B 1 KR 27/02 R offen gelassen, bei welcher Prävalenzrate von einer einzigartigen Erkrankung auszugehen ist. Es hat allerdings in seiner Entscheidung auf Art. 3 Abs. 1 Buchstabe a Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden (ABl. Nr. L 18 vom 22. Januar 2000 Seite 1) hingewiesen. Die Erwägung (Abs. 5 des Vorspanns der Verordnung [EG] Nr. 141/2000), die für die Festlegung des genannten Schwellenwertes im Rahmen dieser EG Verordnung geführt hat, kann in gleicher Weise für die Bestimmung des Vorliegens einer Seltenheitserkrankung herangezogen werden. Danach wird eine Prävalenz von nicht mehr als fünf von 10 000 Personen allgemein als geeigneter Schwellenwert angesehen.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die genannten Voraussetzungen zur Behandlung einer Seltenheitserkrankung vorliegen. Eine konkrete Prävalenzrate wird in der MDK Stellungnahme des Dr. B vom 04. Februar 2008 nicht genannt. Soweit dort ausgeführt wird, es handele sich nicht um eine singuläre Erkrankung im Sinne der Rechtsprechung des BSG, kann dies wegen fehlender Zahlen gerade nicht nachvollzogen werden. Auch insoweit kommt eine Sachverhaltsaufklärung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens in Betracht.
Damit kann im Eilverfahren nicht zeitnah abschließend über den Anordnungsanspruch entschieden werden, so dass die Entscheidung anhand einer Folgenabwägung zu erfolgen hat. Diese Folgenabwägung fällt, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, zugunsten des Antragstellers aus. Der Senat folgt dem Sozialgericht insoweit in vollem Umfang. Mit der Beschwerde wird eingeräumt, dass die Erkrankung des Antragstellers als schwerwiegend im Sinne von der Lebensqualität nachhaltig einschränkend einzustufen ist. Das Vorliegen einer akut lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheitssituation vermag die Antragsgegnerin, sicherlich zu Recht, nicht zu erkennen. Insoweit dürfte sich wohl entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ein Anordnungsanspruch nicht aus der Rechtsprechung des BVerfG unter Berücksichtigung der dazu ergangenen Urteile des BSG (Urteile vom 04. April 2006 B 1 KR 7/05 R und B 1 KR 12/04 R ; Urteil vom 14. Dezember 2006 B 1 KR 12/06 R , Urteile vom 27. März 2007 B 1 KR 17/06 R und B 1 KR 30/06 R ) herleiten lassen. Im Rahmen der Folgenabwägung kommt es jedoch nicht darauf an, ob die für den Anordnungsanspruch notwendige notfallähnliche Lage gegeben ist. Die körperliche Unversehrtheit, die zur Folgenabwägung zwingt, wird nicht erst dann berührt, wenn ein unmittelbarer lebensbedrohlicher Zustand besteht, sondern bereits dann, wenn eine Erkrankung mit erheblicher Gesundheitsschädigung vorliegt. Im Hinblick auf die erhebliche Gesundheitsschädigung haben im Rahmen der Folgenabwägung die finanziellen Interessen der Antragsgegnerin zurückzustehen.
Sollte sich die einstweilige Anordnung als von Anfang an ungerechtfertigt erweisen, ist der Antragsteller verpflichtet, der Antragsgegnerin den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Vollziehung entsteht (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 945 ZPO). Die Antragsgegnerin hat damit die Möglichkeit, die Kosten, die sie durch die Arzneimittelversorgung des Antragstellers aufgrund dieser einstweiligen Anordnung hat, vom Antragsteller als Schadensersatz zurückzuerlangen, wenn sich herausstellen sollte, dass kein Fall des so genannten Off label use, der Seltenheitserkrankung oder der lebensbedrohlichen beziehungsweise vorhersehbar tödlich verlaufenden Krankheit vorliegt und damit kein Anspruch auf Versorgung mit dem Arzneimittel Remicade begründet ist. Mit dem vorliegenden Beschluss wird nämlich nicht – wie vielleicht der Antragsteller meinen könnte – darüber entschieden, ob der geltend gemachte Anspruch (endgültig) zusteht.
Die Beschwerde muss daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Verfahrens.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG).
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren um Versorgung mit dem Arzneimittel Remicade (Wirkstoff Infliximab) zur Behandlung des Pyoderma gangraenosum.
Der 1974 geborene Antragsteller, der bei der Antragsgegnerin versichert ist, leidet an einer Pyoderma gangraenosum, einer seltenen nichtinfektiösen Erkrankung der Haut, bei der es vermutlich bedingt durch eine überschießende Reaktion des Immunsystems zu schmerzhaften und schlecht heilenden Geschwürsbildungen (Ulzerationen) kommt, im Bereich der rechten unteren Extremität bei Colitis ulcerosa.
Im Dezember 2007 beantragte für den Antragsteller Prof. Dr. R, Arzt am Klinikum für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der C B, Kostenübernahme für die Therapie mit dem Wirkstoff Infliximab. Therapien mit Cyclosporin A und mit Glukokortikoiden hätten keine ausreichende Befundbesserung erbracht. In der Literatur fänden sich Hinweise für eine gute Wirksamkeit von Infliximab. In Anbetracht der nebenbefundlich bestehenden Colitis ulcerosa seien zusätzliche Synergismen durch diese Therapie zu erwarten.
Das Arzneimittel Remicade mit dem Wirkstoff Infliximab ist unter anderem zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven Colitis ulcerosa bei Patienten zugelassen, die auf eine konventionelle Therapie, einschließlich Kortikosteroide und 6 MP oder AZA, unzureichend angesprochen haben, oder die eine Unverträglichkeit oder medizinische Gegenanzeige für solche Therapien haben. Eine Zulassung zur Behandlung des Pyoderma gangraenosum besteht nicht. Zur (symptomatischen) Behandlung des Pyoderma gangraenosum sind allerdings Kortisonpräparate zugelassen.
Nachdem die Antragsgegnerin die Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) des Dr. B vom 15. Januar 2008 eingeholt hatte, lehnte sie die entsprechende Versorgung mit Bescheid vom 24. Januar 2008 ab: Es fehlten aussagekräftige Daten aus höherwertigen klinischen Studien zum möglichen Nutzen der Behandlung.
Am 30. Januar 2008 hat der Antragsteller Versorgung mit dem begehrten Arzneimittel im Wege einer einstweiligen Anordnung beantragt.
Er hat vorgetragen, eine andere Therapie sei nicht verfügbar. Eine Behandlung insbesondere mit Kortikoiden sei wegen Unverträglichkeit nicht erfolgreich gewesen. Aufgrund der eingeleiteten Therapie mit Remicade seien Behandlungserfolge bereits erzielt worden. Ein Aussetzen der Behandlungsintervalle führe zu nachhaltigen Beeinträchtigungen der Gesamttherapie. Die nächste Infusion sei für den 08. Februar 2008 geplant. Ohne die Versorgung mit dem Arzneimittel Remicade bestehe die unmittelbare Gefahr einer nachhaltigen Verschlechterung seiner Erkrankung.
Der Antragsteller hat nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen beantragt,
die Antragsgegnerin bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 24. Januar 2008, längstens jedoch für die Dauer eines Jahres, zu verpflichten, ihn im Rhythmus von acht Wochen mit dem Arzneimittel Remicade (Wirkstoff Infliximab) in einer Dosis von ca. 5 mg/kg Körpergewicht zu versorgen.
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht gewesen, dass ein Anordnungsanspruch nicht bestehe. Die Voraussetzungen des so genannten Off label use seien nach der beigefügt gewesenen Stellungnahme des MDK des Dr. B vom 04. Februar 2008 nicht erfüllt. Die beim Antragsteller bestehende Hauterkrankung sei zwar als schwerwiegend im Sinne von der Lebensqualität nachhaltig einschränkend einzustufen, für die bislang eine Standardtherapie nicht etabliert sei. Kasuistiken und Studien kleiner Fallzahl lieferten Hinweise darauf, dass Infliximab die Abheilung von Geschwüren beschleunigen könne. Aufgrund der verfügbaren Datenlage aus klinischen Untersuchungen, die weit von einem zulassungsreifen Niveau entfernt sei, sei allerdings eine verlässliche Nutzen-Risiko-Bewertung nicht möglich. Da es sich beim Pyoderma gangraenosumn darüber hinaus auch nicht um eine singuläre Erkrankung oder um eine lebensbedrohliche beziehungsweise regelmäßig tödliche Erkrankung handele, lasse sich eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht begründen.
Das Sozialgericht hat den Befundbericht des Prof. Dr. R vom 01. Februar 2008 und die eidesstattliche Erklärung des Antragstellers zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen eingeholt.
Mit Beschluss vom 07. Februar 2008 hat das Sozialgericht die Antragsgegnerin antragsgemäß verpflichtet: Da im vorliegenden Fall das Grundrecht des Antragstellers auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz GG ) tangiert sei, entscheide das Gericht aufgrund einer Folgenabwägung. Diese falle zugunsten des Antragstellers aus. Wie sich aus dem Befundbericht des Prof. Dr. R ergebe, stelle sich das Pyoderma gangraenosum als schmerzhaftes, entzündliches, teils extrem übel riechendes Ulcus dar, das die Lebensqualität qualitativ beeinträchtige und zudem eine Eintrittspforte für alle möglichen Keime darstelle, die zu schwerwiegenden Komplikationen bis hin zur Sepsis (Blutvergiftung) führen könnten. Ohne die Behandlung mit dem Wirkstoff Infliximab wäre die durch die dreimalige stationäre Verabreichung dieses Wirkstoffes eingetretene Verbesserung im Gesundheitszustand des Antragstellers zunichte gemacht. Es wäre mit einem Rezidiv zu rechnen. Die körperliche Unversehrtheit des Antragstellers wäre massiv gefährdet. Demgegenüber drohten der Antragsgegnerin lediglich fiskalische Nacheile. Je Fusion entstünden Kosten in Höhe von 1 500,00 EUR. Diese für ca. ein Jahr im Rhythmus von acht Wochen anfallenden Kosten könne der Antragsteller nach seiner eidesstattlichen Erklärung aus seinem Einkommen oder Vermögen nicht tragen. Nur ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass auch eine Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben (Hinweis auf Bundesverfassungsgericht BVerfGE 115, 25) zum gleichen Ergebnis gelange.
Gegen den ihr am 12. Februar 2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 15. Februar 2008 eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.
Sie meint, es lägen weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vor. Es existierten weder veröffentlichte Studien der Phase III, die eine Erweiterung der Zulassung erwarten ließen, noch außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene vergleichbare Aussagen. Die Rechtsprechung des BVerfG führe gleichfalls zu keinem anderen Ergebnis, denn die Gefahr einer Sepsis durch mögliche offene und schlecht heilende Wunden stelle keine akut lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Krankheitssituation dar. Eine Güterabwägung könne daher nicht zu Lasten der Antragsgegnerin ausfallen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Potsdam vom 07. Februar 2008 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen. Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht eine einstweilige Anordnung erlassen.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (so genannte Regelungsanordnung). Voraussetzung sind ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund, welche glaubhaft zu machen sind (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO). Sie sind glaubhaft gemacht, wenn das Vorliegen der insoweit beweisbedürftigen Tatsachen überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. Zoeller, Zivilprozessordnung, 25. Auflage, § 920 Rdnr. 8, § 294 Rdnrn. 1 und 6; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 65. Auflage, § 920 Rdnr. 11, § 294 Rdnr. 1).
Daraus folgt: Besteht kein Anordnungsanspruch oder ist er nicht überwiegend wahrscheinlich, ist eine einstweilige Anordnung nicht zu erlassen, denn der begehrte Anspruch könnte auch im Hauptsacheverfahren nicht festgestellt werden. Ist hingegen der Anordnungsanspruch überwiegend wahrscheinlich, genügt dies für eine einstweilige Anordnung nicht, wenn nicht zugleich ein Anordnungsgrund vorliegt und dieser überwiegend wahrscheinlich ist. Selbst wenn der Anordnungsanspruch sicher feststeht, entfällt die Notwendigkeit eines Anordnungsgrundes nicht; die Anforderungen hinsichtlich der wesentlichen Nachteile, die überwiegend wahrscheinlich sein müssen, können jedoch geringer sein. Im Übrigen kann ausnahmsweise eine einstweilige Anordnung in Betracht kommen, wenn dem Antragsteller unter Abwägung seiner Interessen und der öffentlichen Interessen nicht zuzumuten ist, eine Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Dies gilt insbesondere, wenn ein Anordnungsanspruch zumindest möglich erscheint sowie wesentliche Nachteile eintreten und nicht mehr vollständig rückgängig gemacht werden können, weil das Leben, die Gesundheit oder die wirtschaftliche Existenz betroffen sind. Eine Vorwegnahme der Hauptsache darf durch eine einstweilige Anordnung grundsätzlich nicht stattfinden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Auflage, § 86 b Rdnr. 31). Insoweit ist allerdings der in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) niedergelegte Grundsatz des Gebotes eines effektiven Rechtsschutzes zu beachten. Daher kann der Entscheidung in der Hauptsache vorgegriffen werden, wenn ansonsten ein Rechtsschutz nicht erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) begegnet es in gerichtlichen Eilverfahren grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Fachgerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren. Allerdings ist in den Fällen, in denen es um existenziell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Die Gerichte haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (Beschlüsse des BVerfG vom 06. Februar 2007 1 BvR 3101/06 und vom 22. November 2002 1 BvR 1586/02 , abgedruckt in NJW 2003, 1236). Erforderlich ist hierbei eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage (BVerfG, Beschluss vom 19. März 2004 1 BvR 131/04 , abgedruckt in NJW 2004, 246). Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 06. Februar 2007 1 BvR 3101/06 ).
Wie das Sozialgericht zutreffend erkannt hat, ist vorliegend anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage kommt nicht in Betracht, denn der Antragsteller leidet an einer die Lebensqualität nachhaltig einschränkenden Erkrankung, wie auch von der Antragsgegnerin eingeräumt wird. Damit wird die körperliche Unversehrtheit des Antragstellers in wesentlichem Umfang berührt, die den Schutz des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG genießt. Eine abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage dahingehend, dass der geltend gemachte Anspruch im Eilverfahren geklärt werden könnte, scheidet aus. Es bedarf insoweit der Beweiserhebung mittels Sachverständigengutachten, denn es kann insbesondere nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass die Voraussetzungen eines so genannten Off label use vorliegen.
Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sind Präparate, die als Fertigarzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) von der Grunddefinition des § 2 Abs. 1 AMG erfasst werden und nach § 21 Abs. 1 AMG der Arzneimittelzulassungspflicht unterliegen, grundsätzlich als Arzneimittel im Sinne der §§ 27, 31 SGB V anzusehen (BSG, Urteil vom 27. September 2005 - B 1 KR 6/04 R m. w. N.). Wenn ein bestimmtes Arzneimittel nach den Regelungen des Arzneimittelrechts einer Zulassung bedarf und diese Zulassung nicht besteht, mangelt es zugleich an der krankenversicherungsrechtlichen Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit, so dass ein solches Arzneimittel nicht gewährt werden darf. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Zu Qualität und Wirkungsweise eines Arzneimittels muss es zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist. Dieser Wirksamkeitsnachweis ist im Rahmen eines Arzneimittelzulassungsverfahrens zu erbringen, so dass aus einer nicht bestehenden Zulassung auf eine nicht vorhandene Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit geschlossen werden kann (BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 B 1 KR 21/02 R ; BSG, Urteil vom 27. September 2005 B 1 KR 6/04 R ).
Das Arzneimittel Remicade ist nicht zur Behandlung des Pyoderma gangraenosum zugelassen, so dass es grundsätzlich nicht nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V beansprucht werden kann. Etwas anderes gilt ausnahmsweise, wenn die von der Rechtsprechung aus Gründen eines unabweisbaren Bedürfnisses nach entsprechender Behandlung entwickelten Voraussetzungen erfüllt sind. Es handelt sich um die Fälle des so genannten Off label use, der Seltenheitserkrankungen (singuläre Krankheitsfälle) und der lebensbedrohlichen oder vorhersehbar tödlich verlaufenden Krankheit.
Eine zulassungsüberschreitende Anwendung (Off label use) von Arzneimitteln ist in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ausnahmslos ausgeschlossen. Wegen des Vorrangs des Arzneimittelrechts, das dazu dient, Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von Arzneimitteln sicherzustellen (§ 1 AMG), muss ein Off label use aber auf solche Fälle beschränkt bleiben, in denen einerseits ein unabweisbarer und anders nicht zu befriedigender Bedarf an der Arzneimitteltherapie besteht und andererseits die therapeutische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlung hinreichend belegt sind. Die Verordnung eines Arzneimittels in einem anderen von der Zulassung nicht umfassten Anwendungsgebiet kommt deshalb nur in Betracht, wenn 1) es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2) keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3) aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann. Damit Letzteres angenommen werden kann, müssen Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann. Davon kann ausgegangen werden, wenn a) die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt worden ist und die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht worden sind und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder b) außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht sind, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen und aufgrund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne besteht (BSG, Urteil vom 19. März 2002 B 1 KR 37/00 R , abgedruckt in SozR 3 2500 § 31 Nr. 8; BSG, Urteile vom 26. September 2006 B 1 KR 1/06 R und B 1 KR 14/06 R ).
Nach dem gegenwärtigen Sachstand ist unklar, ob aufgrund der Datenlage zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet vorliegen. Das Sozialgericht hat darauf hingewiesen, dass eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie und eine evidenzbasierte Studie mit 350 Patienten veröffentlicht wurden. Es hat sich hierbei auf die Literaturangaben in der MDK Stellungnahme des Dr. B vom 15. Januar 2008 gestützt. Die weitere MDK Stellungnahme des Dr. B vom 04. Februar 2008, die dem Sozialgericht vorgelegt worden ist, ist insoweit teilweise unvollständig. Mit der Beschwerde ist die Antragsgegnerin auf diese Ausführungen des Sozialgerichts nicht weiter eingegangen; sie ist ihnen insbesondere nicht entgegen getreten. Unabhängig davon ist den MDK Stellungnahmen nicht zu entnehmen, welche konkreten Erkenntnisse die vom MDK als nicht ausreichend erachteten Veröffentlichungen bezogen auf Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet beinhalten. Es gibt somit hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen eines Off label use gegeben sein könnten. Zur Auswertung der insoweit vorhandenen Veröffentlichungen bedarf es eines Sachverständigengutachtens.
Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, dass es sich bei dem Pyoderma gangraenosum um eine Seltenheitserkrankung handelt. Dafür mögen zwar die vom Sozialgericht angeführten Veröffentlichungen nicht sprechen, denn wenn die entsprechenden Studien aufgrund einer ausreichenden Anzahl von betroffenen Personen durchgeführt werden konnten, erscheint eine systematische wissenschaftliche Untersuchung möglich. Allerdings wird in der MDK Stellungnahme des Dr. B vom 04. Februar 2008 das Pyoderma gangraenosum als eine sehr seltene Erkrankung der Haut angesprochen.
Das BSG hat im Urteil vom 19. Oktober 2004 B 1 KR 27/02 R seine Rechtsprechung zum Off label use hinsichtlich so genannter Seltenheitserkrankungen (singulärer Krankheitsfälle) modifiziert. Grund dafür ist, dass sich eine solche Erkrankung wegen ihrer Seltenheit regelmäßig einer systematischen wissenschaftlichen Untersuchung entzieht und für sie daher keine wissenschaftlich auf ihre Wirkung überprüfte Behandlungsmethode zur Verfügung stehen wird. Das Krankenversicherungsrecht, das bei der Arzneimittelversorgung anders als bei den übrigen Leistungen der Krankenbehandlung weitgehend auf eigene Vorschriften zur Qualitätssicherung verzichtet und insoweit an das Arzneimittelrecht anknüpft, das für Fertigarzneimittel eine staatliche Zulassung vorschreibt und deren Erteilung vom Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels abhängig macht (vgl. BSG, Urteil vom 19. März 2002 B 1 KR 37/00 R ), kann bei einer Seltenheitserkrankung keine befriedigende Lösung bieten, weil die Regeln des Arzneimittelzulassungsverfahrens in einem solchen Fall versagen.
Voraussetzung für die Leistungspflicht eines (nach innerstaatlichem Recht) nicht zugelassenen Arzneimittels ist nach dem Urteil des BSG vom 19. Oktober 2004 B 1 KR 27/02 R , dass 1. es sich um eine einzigartige Erkrankung handelt, die weltweit nur extrem selten auftritt, und die 2. deshalb im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden kann, 3. eine notstandsähnliche Situation vorliegt, also eine schwerwiegende lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung behandelt werden soll, für die keine andere Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung steht, 4. zuverlässige pharmakologisch-toxische Daten und aussagekräftige Studien vorliegen müssen, die Unbedenklichkeit und therapeutische Wirksamkeit des Mittels zumindest für andere Krankheiten belegen, und 5. die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse die Annahme rechtfertigen müssen, dass der voraussichtliche Nutzen des Arzneimittels die möglichen Risiken überwiegen wird, wobei anders als nach den Grundsätzen für einen Off label use im Urteil des BSG vom 19. März 2002 B 1 KR 37/00 R bei einer unerforschbaren singulären Erkrankung positive Forschungsergebnisse beziehungsweise einem bestimmten Standard entsprechende wissenschaftliche Fachveröffentlichungen nicht vorzuliegen brauchen.
Der Senat geht davon aus, dass eine Erkrankung zu den Seltenheitserkrankungen rechnet, wenn von ihr nicht mehr als fünf von 10 000 Personen betroffen sind. Das BSG hat zwar in seiner Entscheidung vom 19. Oktober 2004 B 1 KR 27/02 R offen gelassen, bei welcher Prävalenzrate von einer einzigartigen Erkrankung auszugehen ist. Es hat allerdings in seiner Entscheidung auf Art. 3 Abs. 1 Buchstabe a Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden (ABl. Nr. L 18 vom 22. Januar 2000 Seite 1) hingewiesen. Die Erwägung (Abs. 5 des Vorspanns der Verordnung [EG] Nr. 141/2000), die für die Festlegung des genannten Schwellenwertes im Rahmen dieser EG Verordnung geführt hat, kann in gleicher Weise für die Bestimmung des Vorliegens einer Seltenheitserkrankung herangezogen werden. Danach wird eine Prävalenz von nicht mehr als fünf von 10 000 Personen allgemein als geeigneter Schwellenwert angesehen.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die genannten Voraussetzungen zur Behandlung einer Seltenheitserkrankung vorliegen. Eine konkrete Prävalenzrate wird in der MDK Stellungnahme des Dr. B vom 04. Februar 2008 nicht genannt. Soweit dort ausgeführt wird, es handele sich nicht um eine singuläre Erkrankung im Sinne der Rechtsprechung des BSG, kann dies wegen fehlender Zahlen gerade nicht nachvollzogen werden. Auch insoweit kommt eine Sachverhaltsaufklärung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens in Betracht.
Damit kann im Eilverfahren nicht zeitnah abschließend über den Anordnungsanspruch entschieden werden, so dass die Entscheidung anhand einer Folgenabwägung zu erfolgen hat. Diese Folgenabwägung fällt, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, zugunsten des Antragstellers aus. Der Senat folgt dem Sozialgericht insoweit in vollem Umfang. Mit der Beschwerde wird eingeräumt, dass die Erkrankung des Antragstellers als schwerwiegend im Sinne von der Lebensqualität nachhaltig einschränkend einzustufen ist. Das Vorliegen einer akut lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheitssituation vermag die Antragsgegnerin, sicherlich zu Recht, nicht zu erkennen. Insoweit dürfte sich wohl entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ein Anordnungsanspruch nicht aus der Rechtsprechung des BVerfG unter Berücksichtigung der dazu ergangenen Urteile des BSG (Urteile vom 04. April 2006 B 1 KR 7/05 R und B 1 KR 12/04 R ; Urteil vom 14. Dezember 2006 B 1 KR 12/06 R , Urteile vom 27. März 2007 B 1 KR 17/06 R und B 1 KR 30/06 R ) herleiten lassen. Im Rahmen der Folgenabwägung kommt es jedoch nicht darauf an, ob die für den Anordnungsanspruch notwendige notfallähnliche Lage gegeben ist. Die körperliche Unversehrtheit, die zur Folgenabwägung zwingt, wird nicht erst dann berührt, wenn ein unmittelbarer lebensbedrohlicher Zustand besteht, sondern bereits dann, wenn eine Erkrankung mit erheblicher Gesundheitsschädigung vorliegt. Im Hinblick auf die erhebliche Gesundheitsschädigung haben im Rahmen der Folgenabwägung die finanziellen Interessen der Antragsgegnerin zurückzustehen.
Sollte sich die einstweilige Anordnung als von Anfang an ungerechtfertigt erweisen, ist der Antragsteller verpflichtet, der Antragsgegnerin den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Vollziehung entsteht (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 945 ZPO). Die Antragsgegnerin hat damit die Möglichkeit, die Kosten, die sie durch die Arzneimittelversorgung des Antragstellers aufgrund dieser einstweiligen Anordnung hat, vom Antragsteller als Schadensersatz zurückzuerlangen, wenn sich herausstellen sollte, dass kein Fall des so genannten Off label use, der Seltenheitserkrankung oder der lebensbedrohlichen beziehungsweise vorhersehbar tödlich verlaufenden Krankheit vorliegt und damit kein Anspruch auf Versorgung mit dem Arzneimittel Remicade begründet ist. Mit dem vorliegenden Beschluss wird nämlich nicht – wie vielleicht der Antragsteller meinen könnte – darüber entschieden, ob der geltend gemachte Anspruch (endgültig) zusteht.
Die Beschwerde muss daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Verfahrens.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG).
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