L 11 AS 204/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 AS 234/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 204/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 20.06.2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Übernahme seiner Mietschulden durch die Beklagte.

Der Kläger beantragte erstmals am 08.11.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Darüber hinaus begehrte er die Übernahme seiner seit Mai 2006 aufgelaufenen Mietschulden.

Der Vermieter des Klägers bescheinigte, dass dieser seit 01.05.2006 die angemietete Wohnung (52 qm) bewohne und bisher weder die Kaution noch die Miete gezahlt habe. Nach dem Mietvertrag vom 19.04.2006 betrug die Miete 450,00 EUR (einschließlich Tiefgaragenstellplatz 25,00 EUR). Für Nebenkosten (einschließlich Heizung und Warmwasser) war ein Betrag von 100,00 EUR vereinbart.

Mit Bescheid vom 20.11.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg II (Zeitraum 08.11.2006 bis 31.05.2007) in Höhe von 862,20 EUR monatlich (Regelleistung: 345,00 EUR; Kosten der Unterkunft: 517,20 EUR). In Bezug auf die Unterkunftskosten berücksichtigte die Beklagte die Miete in Höhe von 425,00 EUR (ohne TG-Stellplatz 25,00 EUR) sowie Nebenkosten in Höhe 50,60 EUR (Betriebskosten ohne Heizung und Warmwasser) und eine Heizkostenpauschale in Höhe von 41,60 EUR. Zugleich mit dem Bescheid forderte die Beklagte den Kläger auch auf, sich eine kostengünstigere Wohnung zu beschaffen, denn die Wohnung sei - unter Hinweis auf die Wohngeldobergrenze - unangemessen. Die laufenden Kosten der Unterkunft überwies die Beklagte direkt an den Vermieter.

Mit Bescheid vom 29.11.2006 lehnte es die Beklagte ab, die Mietschulden des Klägers zu übernehmen. Dies sei nicht gerechtfertigt, weil die Wohnung unangemessen teuer und damit nicht erhaltenswert sei.

Der Kläger machte mit seinem Widerspruch geltend, dass die Mietschulden zumindest in Höhe der angemessenen Unterkunftskosten von 300,00 EUR monatlich zu übernehmen seien.

Am 28.02.2007 endete der Leistungsbezug des Klägers (Bescheid vom 14.02.2007), nachdem dieser als erwerbsunfähig angesehen und ihm Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) durch den örtlichen Sozialhilfeträger bewilligt worden waren.

Den Widerspruch vom 19.12.2006 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2007 zurück. Die Wohnung des Klägers sei nicht angemessen, so dass die Übernahme der Mietschulden nicht gerechtfertigt sei. Die Angemessenheit einer Unterkunft sei nach der Wohngeldtabelle zu beurteilen. Auch drohe keine Wohnungslosigkeit, weil der Umzug des Klägers in eine andere Wohnung möglich sei.

Mit der hiergegen zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage vom 20.03.2007 hat der Kläger - unter Verweis auf die Begründung seines Widerspruches - die Überprüfung der Entscheidung beantragt. Es werde um rasche Entscheidung gebeten, da anderenfalls Wohnungslosigkeit drohe.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20.06.2007 abgewiesen, weil die Übernahme der Mietschulden nicht gerechtfertigt sei, denn die Wohnung des Klägers sei nach Standard und Wohnlage unangemessen. Dies ergebe sich aus der Höhe des Mietzinses je Quadratmeter. Im Übrigen gebe es hinreichend Möglichkeiten für den Kläger angemessenen Wohnraum anzumieten.

Mit der hiergegen zum Bayer. Landessozialgericht am 03.07.2007 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Er beantragt sinngemäß: Das Urteil des Sozialgerichtes Würzburg vom 20.06.2007 und der Bescheid der Beklagten vom 19.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2007 werden aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die bestehenden Mietschulden für seine Wohnung (Schiestlstr. 25c; 97080 Würzburg) zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 20.06.2007 zurückzuweisen.

Sie hält dem entgegen, dass nach einer telefonischen Rückfrage des derzeit zuständigen Sozialhilfeträgers beim Vermieter des Klägers der Vermieter bestätigt habe, dass derzeit keine Mietrückstände bestünden. Im Übrigen halte sie die Entscheidung des SG für zutreffend.

Auf eine schriftliche Anfrage des Senates hat der Vermieter des Klägers mitgeteilt, dass er für die Zeit von Mai 2006 bis November 2006 keine Mietzahlungen erhalten habe.

Zum Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestandes wird im übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Beklagtenakte, die Akten des Sozialgerichtes Würzburg und des Bayer. Landessozialgerichtes sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerechte Berufung ist zulässig, §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache aber unbegründet.

Das Urteil des Sozialgerichtes Würzburg ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Übernahme von Mietschulden durch die Beklagte, denn diese ist als Leistungsträger nicht mehr zuständig, seitdem der Kläger als erwerbsunfähig angesehen wird und Leistungen nach dem SGB XII bezieht.

Sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht, 22 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB II (idF des Gesetzes vom 24.03.2006, BGBl. I S. 558 mWv 1.4.2006).

Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger ersichtlich nicht vor, denn die Beklagte erbringt bereits seit dem 01.03.2007 keine Leistungen mehr an den Kläger.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung einer Klage ist im Falle einer Verpflichtungs- und Leistungsklage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz, soweit es wie vorliegend um die Beurteilung von Tatsachenfragen geht (vgl. st Rspr BSGE 41, 38; 43, 1; 89, 294).

Grundlage für die Übernahme der Mietschulden durch die Beklagte ist der zeitgleiche Bezug von Leistungen nach dem SGB II oder zumindest ein hierauf bestehender Anspruch (vgl. Berlit in LPK- SGB II, 2. Auflage 2007, § 22 Rdnr 111). Soweit - wie im Falle des Klägers - jedoch die Zuständigkeit des Leistungsträgers wegen der fehlenden Erwerbsfähigkeit wechselt, kann allenfalls ein Anspruch nach § 34 SGB XII bestehen, der jedoch gegen den Sozialhilfeträger geltend zu machen und nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist.

Darüber hinaus gibt es auch keinen allgemeinen Grundsatz, Kläger so zu stellen, wie wenn von vornherein rechtmäßig entschieden worden wäre (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 54 Rdnr 34).

Im Ergebnis ist die Berufung daher zurückzuweisen, so dass es nicht mehr darauf ankommt, dass die von der Beklagten festgelegten Mietobergrenzen unter Heranziehung der Höchstbeträge der Wohngeldtabelle nach § 8 Abs 2 Wohngeldgesetz (WoGG) keinen geeigneten Maßstab darstellen, um die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten beurteilen zu können (vgl. hierzu BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und folgt aus dem Unterliegen des Klägers.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved