L 32 B 616/08 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 121 AS 5016/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 B 616/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt, ihr Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch SGB II ohne Anrechnung der Hinterbliebenenrente nach dem Berliner Gesetz über die Anerkennung und Versorgung der politisch, rassisch oder religiös Verfolgten des Nationalsozialismus PrVG zu gewähren.

Sie trägt vor, ohne eine derartige Anrechnung müsse sie die von ihr bewohnte Dreizimmerwohnung aufgeben. Sie ist der Auffassung, auch die Hinterbliebenenrente nach dem PrVG enthalte einen anrechnungsfreien Grundrentenanteil.

Die Antragstellerin hat beim Sozialgericht Berlin daher beantragt, dem Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihr ab Antragstellung bei Gericht und bis zum Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung der Hinterbliebenenrente gemäß den Bestimmungen des PrVG zu gewähren.

Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 12. Februar 2008 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anordnungsgrund bestünde nicht, da der Klägerin keine wesentlichen Nachteile durch das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache entstünden. Sie sei in der Lage, mit der Hinterbliebenenrente und der vom Antragsgegner bewilligten Leistung ihren Lebensunterhalt zu decken. Sie sei krankenversichert und nicht von Wohnungslosigkeit bedroht.

Gegen diesen den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 14. Februar 2008 zugestellten Beschluss richtet sich deren Beschwerde vom 13. März 2008, zu deren Begründung sie die Auffassung vertreten, auch die Witwenrente nach § 17 PrVG enthalte ebenso wie die Rente des Verfolgten selbst nach den §§ 13, 13 a PrVG einen Grundrentenanteil, da sie sich aus der Rente des Verfolgten ableite.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierbei dürfen Entscheidungen grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache gestützt werden. Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (ständige Rechtsprechung des Senats, siehe auch Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 1 BvR 596/05 ).

Im vorliegenden Fall führt die Einschätzung der Erfolgsaussicht zur Überzeugung des Senats dazu, dass ein Anordnungsanspruch nicht gegeben ist, da die Hinterbliebenenrente nach dem PrVG keinen Grundrentenanteil enthält. Dies zeigt der Wortlaut des Gesetzes, seine Systematik und entspricht seinem Sinn und Zweck.

Nach § 13 Abs. 1 PrVG setzt sich die monatliche Rente aus einer Grundrente von 305,24 EUR und einer Ausgleichsrente für Alleinstehende von 671,35 EUR und für Verheiratete oder Verfolgte in bestehender Lebenspartnerschaft von 793,52 EUR zusammen. Die Regelung ist in dem 1. Abschnitt des PrVG unter der Überschrift "Rentenversorgung" im 1. Titel enthalten. Der 2. Titel trägt die Überschrift "Hinterbliebenenrente - Sterbegeld". Dort regelt § 15 Abs. 2, dass verwitwete Ehegatten von anerkannten Verfolgten, die nicht selbst als Hinterbliebene von Verfolgten nach diesem Gesetz anerkannt sind, Anspruch auf Rentenversorgung haben, sofern die Ehe mindestens fünf Jahre bestanden hat. § 17 PrVG bestimmt, dass die monatliche Rente für Witwen 733,19 EUR beträgt. Vorschriften über einen Grundrentenanteil enthält der 2. Teil des 1. Abschnitts nicht. Dass dem Gesetzgeber die Problematik einer Regelung bezüglich einer Grundrente in Bezug auf die Anrechnung bekannt war, zeigt § 13 PrVG. Wenn er dann in § 17 PrVG keine Grundrente erwähnt hat, zeigt dies im Umkehrschluss, dass eine solche für die Hinterbliebenen, die nicht selbst Verfolgte sind, nicht gewollt war. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes, da die Grundrenten einen anrechnungsfreien Ausgleich für das Verfolgungsschicksal und die physischen und psychischen bleibenden Schäden der Verfolgung darstellen sollen, die die Witwe, die nicht selbst Verfolgte ist, nicht oder allenfalls sekundär treffen. Von daher ist es folgerichtig und dem Zweck des Gesetzes entsprechend, hier keine Grundrente anzuordnen. Dass die Überlegung der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin, der Gesetzgeber habe lediglich, um Wiederholungen zu vermeiden, in § 17 PrVG keine Grundrente angeordnet, nicht überzeugen kann, zeigt bereits die Tatsache, dass, wenn dies richtig wäre, nicht feststünde, wie hoch der Grundrentenanteil wäre. Denn in § 13 PrVG wird eine Grundrente und eine Ausgleichsrente gewährt, in § 17 PrVG jedoch lediglich eine einheitliche Rente. Wäre aber, wie die Antragstellerin unter Umständen meint, der Grundrentenanteil des § 13 Abs. 1 PrVG für die Rente aus § 17 Abs. 1 Ziffer 1 PrVG zu übernehmen, so führte dies zu dem sinnwidrigen Ergebnis, dass für die Witwe der Grundrentenanteil fast die Hälfte der Gesamtversorgung ausmachte, während er für den Verfolgten selbst lediglich zirka ein Drittel ausmacht, obwohl beim Verfolgten selbst ein Körper- oder psychischer Schaden nahe liegt, beim Hinterbliebenen hingegen, der nicht selbst Verfolgter ist, eher nicht. Darüber hinaus zeigt § 13 Abs. 1 PrVG, dass für verheiratete Verfolgte lediglich der Ausgleichsbetrag, nicht aber die Grundrente erhöht wird. Wollte der Gesetzgeber aber auch den Ehegatten der Verfolgten eine Grundrente gewähren, so leuchtete nicht ein, dass diese Vergünstigung auch des nicht verfolgten Ehegatten nicht bereits zu Lebzeiten des Verfolgten, sondern erst nach dessen Ableben erfolgen soll.

Die Beschwerde kann daher mit der Kostenfolge aus § 193 Abs. 1 SGG keinen Erfolg haben.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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