Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 178/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 90/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. November 2007 wird abgeändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 25. April 2007 verurteilt der Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis 31. August 2007 monatlich weitere 2,00 EUR und für die Zeit vom 1. September 2007 bis 12. September 2007 1,00 EUR zu zahlen. Der Bescheid vom 28. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Januar 2008 in der Fassung des Bescheides vom 11. Januar 2008 wird aufgehoben, soweit der Erstattungsbetrag auf mehr als 207,00 EUR festgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und ihre Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Die 1958 geborene Klägerin ist ledig (allein stehend). Sie bewohnt eine 1958 bezugsfertig gewordene Wohnung mit einer Wohnfläche von 55 m² (2 Räume, 1 Küche und 1 Bad). Die Miete beträgt monatlich 193 EUR zuzüglich Heizkosten in Höhe von monatlich 16 EUR. Sie bezog bis 31.12.2004 Wohngeld in Höhe von monatlich 69 EUR. Eigenes Einkommen und verwertbares Vermögen hat die Klägerin nicht.
Die Klägerin bezog ab 01.01.2005 von der Beklagten Regelleistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 345 EUR. Daneben bezog sie vom Rhein-Neckar-Kreis Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II. In der Zeit vom 18.02.2006 bis 02.03.2006 befand sich die Klägerin in Haft, weswegen die Beklagte für diesen Zeitraum mit Bescheid vom 11.04.2006 die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 161,00 EUR zunächst aufhob und die in diesem Zeitraum erbrachten Leistungen von der Klägerin zurückforderte. Ein Antrag der Klägerin auf Überprüfung des Bescheides vom 11.04.2006 gemäß § 44 SGB X wurde mit Bescheid vom 19.09.2006 abgelehnt. Wegen dieser Bescheide kam es beim Sozialgericht Mannheim (SG) zu zwei Klageverfahren, die durch Rücknahme (S 4 AS 2704/06) bzw. Vergleich (S 7 AS 57/07) endeten. Mit Bescheid vom 09.03.2007 hob die Beklagte den Bescheid vom 11.04.2006 schließlich auf.
Der Klägerin wurden von der Beklagten Regelleistungen mit Bescheiden vom 03.05.2006 für die Zeit vom 01.06.2006 bis 30.11.2006, vom 28.11.2006 für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.05.2007 und vom 25.04.2007 für die Zeit vom 01.06.2007 bis 30.11.2007 jeweils in Höhe von monatlich 345 EUR bewilligt.
Inzwischen hatte die Klägerin der Beklagten am 30.05.2006 eine ärztliche Bescheinigung zur Anerkennung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung von Dr. W./Dr. B. vom 29.05.2006 vorgelegt, in der bescheinigt wurde, dass die Klägerin wegen einer Konservierungsstoffallergie ausschließlich biologische Kost von Biobauern benötige. Die Beklagte holte hierzu die Stellungnahme ihres ärztlichen Dienstes von Dr. A. vom 13.11.2006 ein, der wegen der angegebenen Gesundheitsstörung keinen Mehrbedarf für erforderlich hielt. Mit Bescheid vom 21.12.2006 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag der Klägerin auf Gewährung eines Mehrbedarfes wegen kostenaufwändiger Ernährung ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 04.01.2007 Widerspruch ein. Sie machte geltend, sie habe durch das ärztliche Attest vom 29.05.2006 nachgewiesen, dass sie auf herkömmliche Lebensmittel aus Supermärkten bzw. Lebensmittelläden wegen der festgestellten Konservierungsstoffallergie nicht zurückgreifen könne. Sie benötige unkonservierte Nahrungsmittel, die sie mit erheblichen Mehrkosten in Bioläden einkaufen müsse. Die Mehrkosten könne sie mit der Regelleistung nicht bewältigen. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2007 wurde der Widerspruch durch die Beklagte abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, wegen der Konservierungsstoffsensibilisierung sei laut Feststellung des Ärztlichen Dienstes kein Mehrbedarf erforderlich.
Am 15.01.2007 erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.01.2007 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage. Sie machte geltend, wegen ihrer nachgewiesenen Allergie könne sie keine Lebensmittel in Supermärkten und Einkaufsläden kaufen, weswegen sie täglich eine kostenaufwändige Ernährung benötige.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte die Klägerin in der nichtöffentlichen Sitzung am 09.02.2007 an. Sie machte unter Vorlage von zwei Allergiepässen vom 31.05.1996 und 23.08.1996 Mehrkosten für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von mindestens monatlich 200 EUR geltend. Auf die Niederschrift des SG vom 09.02.2007 wird verwiesen.
Mit Urteil vom 28.11.2007 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.
Ab 13.09.2007 bis 16.12.2007 befand sich die Klägerin erneut in Haft, weswegen die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II mit Bescheid vom 28.09.2007 mit Wirkung vom 13.09.2007 aufhob. Hiergegen legte die Klägerin am 20.12.2007 Widerspruch ein. Sie machte geltend, die Beklagte sei von der JVA rechtzeitig über ihre Haft informiert worden. Aus der Informationsbroschüre "Rechte und Pflichten" gehe nicht hervor, dass Alg II nicht weiterbezahlt werde. Aufgrund ihrer Allergie sei der ihr zustehende Regelsatz während der Dauer der Haft bei weitem nicht gedeckt gewesen. Nach Anhörung der Klägerin (Anhörungsschreiben vom 20.12.2007) wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2008 der Widerspruch der Klägerin gegen den "Bescheid vom 16.09.2007" als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen erhob die Klägerin am 28.01.2008 Klage beim SG (S 8 AS 278/08), über die noch nicht entschieden wurde.
Mit Bescheid vom 20.12.2007 wurden der Klägerin von der Beklagten Regelleistungen nach dem SGB II für die Zeit von 17.12.2007 bis 31.05.2008 in Höhe von monatlich 347 EUR weiterbewilligt (für Dezember 2007 anteilig 173,50 EUR).
Außerdem hob die Beklagte mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 11.01.2008 die Entscheidung vom 26.04.2007 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II vom 01.09.2007 bis 30.09.2007 wegen Inhaftierung gemäß § 48 Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X in Höhe von 208,20 EUR auf und forderte von der Kläger diesen Betrag gemäß § 50 SGB X zurück.
Gegen das der Klägerin am 30.11.2007 zugestellte Urteil hat sie mit einem am 27.12.2007 beim SG eingegangenen Schreiben Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung geltend gemacht, die eingeholte Stellungnahme des Dr. A. sei kein medizinisches Gutachten. Er gehe auf ihre Allergie nicht ein. Sie beantrage die Einholung eines ärztlichen Gutachtens. Die in Supermärkten und Lebensmittelgeschäften erhältlichen Produkte seien durch verschiedene Methoden haltbar gemacht und kostengünstiger als unbehandelte Naturprodukte. Durch die Umstellung ihrer Ernährung laut Allergiepass benötige sie eine kostenaufwändige teuere Ernährung. Sie habe aufgrund ihrer Allergie keine genügende Auswahlmöglichkeit bzw könne nicht Alternativprodukte zurückgreifen. Sie müsse sich ausschließlich von naturbelassenen Produkten ohne chemische Zusätze wie z.B. Fette oder Öle ernähren. Auf einen bei der Krankenkasse gestellten Antrag sei sie von der Krankenkasse an die Beklagte verwiesen worden. Ein Mehrbedarf sei unstreitig. Sie hat sich weiter auf ihre in der nichtöffentlichen Sitzung des SG am 09.02.2007 gemachten Angaben bezogen. In ihrer Sache gehe es nicht um den Streitpunkt der Nahrungsketten, worauf das Gerichtsverfahren letztlich hinauslaufe. Eine Preisgegenüberstellung konservierter und nicht konservierter Nahrungsmittel sei vorzunehmen. Ihre bereits bei früheren Untersuchungen durch die AA vorgelegten Allergieausweise seien nicht zur Kenntnis genommen und nicht beschieden worden. Sie hat weiter am 08.05.2008 einen Artikel des "Ratgeber Gesundheit - Kaum zu glauben, was alles in unseren Lebensmitteln steckt - Essen kann gefährlich sein" in Kopie übersandt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte zur verurteilen, ihr unter Abänderung der für den Zeitraum vom 30. Mai 2006 bis 31. Mai 2008 ergangenen Bewilligungsbescheide ab dem 30. Mai 2006 einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von monatlich 200 EUR zu gewähren sowie den Bescheid vom 28. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Januar 2008 in der Fassung des Bescheides vom 11. Januar 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die gutachtliche Stellungnahme von Dr. A. vom 13.11.2006 zum von der Klägerin geltend gemachten Anspruch sei nicht zu beanstanden.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung der Klägerin konnte der Senat trotz des Nichterscheinens der Klägerin verhandeln und entscheiden, da die Klägerin auf diese Möglichkeit in der Ladung hingewiesen worden ist.
Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; die Klägerin macht höhere Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr geltend. Die Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden und damit insgesamt zulässig.
Der Senat hat den Berufungsantrag der Klägerin nach ihrem im Laufe des gerichtlichen Verfahrens zum Ausdruck gebrachten Begehren im Wege der Auslegung sachdienlich gefasst.
Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf höhere Leistungen wegen Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung für die Zeit vom 30.05.2006 bis zum 31.05.2008. Die Beklagte war nicht berechtigt, mit Bescheid vom 21.12.2006 und Widerspruchsbescheid vom 08.01.2007 isoliert über einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Mehrbedarfs zu entscheiden. Dies folgt daraus, dass zur Berechnung der individuellen Leistungsansprüche der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft und das Gesamteinkommen der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu ermitteln sind. Der Gesamtbedarf ist anhand der gesetzlich vorgesehenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 19ff SGB II zu bestimmen (BSG, Urteil vom 23.11.2006, B 11b AS 1/06 R, SozR 4 4200 § 20 Nr 3). Dabei sind die Leistungsansprüche unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen. Bei einem Streit um höhere Leistungen nach dem SGB II sind deshalb alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG, Urteil vom 16.05.2007, B 11b AS 29/06 R, mwN., zitiert nach juris). Eine Beschränkung des Streitgegenstandes hat das BSG nur für zulässig erachtet, wenn es sich um abtrennbare Verfügungen eines Gesamtbescheides, d.h. um eigenständige Regelungen iSd § 31 SGB X handelt. Dies wurde bislang nur angenommen bei der Entscheidung über Kosten der Unterkunft und Heizung einerseits und den übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts andererseits (BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 1). Die Beklagte war daher nicht berechtigt, mit Bescheid vom 21.12.2006 und Widerspruchsbescheid vom 08.01.2007 isoliert über einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Mehrbedarfs - ohne zeitliche Begrenzung - zu entscheiden.
Mit den Bescheiden vom 03.05.2006, 28.11.2006, 25.04.2007 und 20.12.2007 wurden über die der Klägerin zustehenden Leistungen für die Zeit vom 01.06.2006 bis zum 31.05.2008 entschieden, wobei die Frage des Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung (faktisch) ausgeklammert blieb. Diese Bescheide sowie der Bescheid vom 21.12.2007 bilden deshalb eine Einheit und sind ebenfalls Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites, wobei der Senat hinsichtlich des Bescheides vom 20.12.2007 auf Klage der Klägerin entscheidet. Dies gilt auch für die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 28.09.2007 und 11.01.2008, die den Bescheid vom 25.04.2007 teilweise abändern und damit gemäß § 96 SGG ebenfalls Gegenstand des Rechtsstreites geworden sind, worüber vom Senat ebenfalls auf Klage der Klägerin zu entscheiden ist.
Die Berufung und die Klage sind jedoch nur zu einem geringen Teil begründet. Der Klägerin stehen für die Zeit vom 01.07.2007 bis 12.09.2007 an Regelleistungen statt der bewilligten monatlich 345 EUR monatlich 347 EUR zu und die im Zeitraum vom 13.09.2007 bis 30.09.2007 von der Klägerin zu erstattende Leistung beträgt lediglich 207,00 EUR statt 208,20 EUR. Im Übrigen sind sind die Berufung und die Klage der Klägerin jedoch nicht begründet.
Der Klägerin wurden von der Beklagten mit Bescheid vom 25.04.2007 für den Zeitraum vom 01.06.2007 bis 30.11.2007 Regelleistungen in Höhe von monatlich 345,00 EUR bewilligt. Dass die Beklagte der Klägerin die aufgrund der durch Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II vom 18.06.2007 (BGBl. I S. 1139) für die Zeit ab 01.07.2007 auf 347 EUR erhöhte Regelleistung ab dem 01.07.2007 gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X nachbewilligt hat, lässt sich der dem Senat vorliegenden Akte der Beklagten nicht entnehmen. Insoweit hat die Berufung der Klägerin für die Zeit vom 01.07.2007 bis 31.08.2007 in Höhe von monatlich 2,00 EUR und für die Zeit vom 01.09.2007 bis 12.09.2007 in Höhe von - gerundet - 1,00 EUR teilweise Erfolg.
Die Klägerin hat dagegen im streitigen Zeitraum vom 30.05.2006 bis 31.05.2008 keinen Anspruch auf höhere Leistungen wegen eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung. Der Senat schließt sich zur Vermeidung von Wiederholungen voll umfänglich den Entscheidungsgründen des SG im angefochtenen Urteil an, auf die er zur Begründung seiner eigenen Entscheidung Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG). Neue Gesichtspunkt, die eine andere Entscheidung rechtfertigen, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht vorgetragen. Sie hat vielmehr im Wesentlichen ihre bisherige Ansicht wiederholt, die das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ausführlich und mit zutreffenden Erwägungen gewürdigt hat. Im Übrigen wird die Ansicht des SG im angefochtenen Urteil auch durch eine vom SG telefonisch eingeholte Auskunft von Dr. T., M., bestätigt. Nach dessen Auskunft vom 27.03.2007 ist das Allergen "paraben mix" in Fertiglebensmitteln in Dosen, Gläser und Flaschen enthalten. Alle anderen Lebensmittel können von der Klägerin konsumiert werden. Aus der Sicht des Dr. T. lässt sich dieses Allergen gut vermeiden. Der Senat hält den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt für geklärt, weshalb kein Anlass zu weiteren Ermittlungen, insbesondere durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, besteht.
Ergänzend zu den Entscheidungsgründen des SG im angefochtenen Urteil bleibt auszuführen:
Dass das SG nur über den Bescheid vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2007 entschieden hat, hindert den Senat nicht, über die weiteren streitgegenständlichen Bescheide auf die Berufung der Klägern mit zu entscheiden (sogenanntes Heraufholen von Prozessresten, vgl. hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 15.02.2008 - L 8 AL 3748/05 -) bzw. soweit sie nach dem Ergehen des Urteils erlassen wurden, auf Klage der Klägerin zu entscheiden.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung und Rückforderung erbrachter Leistungen durch die Bescheide vom 28.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.01.2008 in der Fassung des Bescheides vom 11.01.2008 ist § 40 Abs. 1 SGB II iVm. § 48 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Abs. 1 Satz 1). Dies hat - rückwirkend - ab dem Zeitpunkt dieser Änderung zu erfolgen, soweit u.a. (Abs. 1 Satz 2 Nr. 2) der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Hierbei ist nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II iVm. § 330 Abs. 3 SGB III auch bei atypischen Fällen kein Ermessen auszuüben, sondern eine gebundene Entscheidung zu treffen. Die in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vorgeschriebene Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen, die nach Erlass des Verwaltungsaktes eingetreten sind und sich für den Betroffenen nachteilig auswirken, ergibt sich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I. Eine rückwirkende Aufhebung hat ferner zu erfolgen, wenn der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X).
Diese Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung sind bei der Klägerin erfüllt.
Bei der Klägerin ist dadurch eine wesentliche Änderung iSd § 48 SGB X eingetreten, dass sie sich in der Zeit vom 13.09.2007 bis 16.12.2007 in der Justizvollzugsanstalt Heidelberg (JVA) in Haft befunden hat, wie sich aus der Mitteilung der JVA vom 14.09.2007 an die Beklagte ergibt und was nicht bestritten ist. Nach § 7 Absatz 4 Satz 1, 2 SGB II (in der mit Wirkung vom 01.08.2006 durch Gesetz vom 20.07.2006 - BGBl. I S. 1706 - geltenden Fassung) standen der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ihrer Haft in der JVA nicht zu, weshalb die Beklagte ab dem Beginn der Haft (13.09.2007) die bewilligte Leistung zu Recht aufgehoben hat.
Die Beklagte war auch berechtigt, die Leistungsbewilligung rückwirkend ab dem 13.09.2007 aufzuheben. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin entweder wusste, dass ihr Anspruch auf die Regelleistung nach dem SGB II mit dem Antritt der Haft am 13.09.2007 weggefallen ist, oder, falls sie dies nicht wusste, dass ihre Unkenntnis jedenfalls auf grober Fahrlässigkeit beruht, weil sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Ausweislich der vom SG im Klageverfahren der Klägerin S 7 AS 57/07 gefertigten Niederschrift vom 09.02.2007 muss davon ausgegangen werden, dass die Klägerin davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass für die Zeit einer Haft in einer JVA keine Leistungsansprüche nach dem SGB II (jedenfalls die Regelleistung betreffend) gegeben sind. Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin ausweislich der Niederschrift erklärt hat, bei Haftantritt sei ihr nicht klar gewesen, dass sie während der Haft keinen Anspruch auf Leistungen habe. Die Klägerin kann sich damit im vorliegenden Rechtsstreit nicht mehr mit Erfolg auf Unkenntnis berufen.
Ob die Klägerin außerdem ihrer Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für sie nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder jedenfalls grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, kann offen bleiben.
Die Jahresfrist nach §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt.
Die Bescheide vom 28.09.2007 und vom 11.01.2008 sind auch nicht formell wegen eines Anhörungsfehlers rechtswidrig. Zwar ist der Bescheid vom 28.09.2007 ohne die nach § 24 SGB X notwendige vorherige Anhörung der Klägerin ergangen. Dieser Mangel ist jedoch im Widerspruchsverfahren durch das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 20.12.2007 geheilt worden.
Aus der rückwirkenden Aufhebung der Leistungsbewilligung folgt die Verpflichtung der Klägerin, die ihr im Zeitraum vom 13.09.2007 bis 30.09.2007 überzahlte Leistungen zurückzuzahlen (§ 50 Abs. 1 SGB X). Ein Ausnahmetatbestand des § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II liegt nicht vor.
Den Rückforderungsbetrag hat die Beklagte jedoch zum Nachteil der Klägerin unzutreffend berechnet. Die Beklagte geht im Bescheid von einer Pflicht der Klägerin zur Erstattung erbrachter Leistungen für die Zeit vom 13.09.2007 bis 30.09.2007 (= 18 Tage) in Höhe von 208,20EUR (= 347 EUR: 30 Tage x 18 Tage ) aus. Dass an die Klägerin in diesem Zeitraum tatsächlich eine Regelleistung in Höhe von monatlich 347 EUR gezahlt wurde, lässt sich der vorliegenden Akte der Beklagten indes nicht entnehmen. Mit Bewilligungsbescheid vom 25.04.2007 wurden der Klägerin von der Beklagten für den Zeitraum vom 01.06.2007 bis 30.11.2007 vielmehr lediglich monatlich 345,00 EUR bewilligt. Hiervon ausgehend ergibt sich für den genannten Zeitraum ein zu erstattender Betrag von 207,00 EUR (= 345 EUR: 30 Tage x 18 Tage). Insoweit hat die Klage der Klägerin Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das geringfügige Obsiegen der Klägerin rechtfertigt es nicht, der Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Klägerin (teilweise) aufzuerlegen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und ihre Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Die 1958 geborene Klägerin ist ledig (allein stehend). Sie bewohnt eine 1958 bezugsfertig gewordene Wohnung mit einer Wohnfläche von 55 m² (2 Räume, 1 Küche und 1 Bad). Die Miete beträgt monatlich 193 EUR zuzüglich Heizkosten in Höhe von monatlich 16 EUR. Sie bezog bis 31.12.2004 Wohngeld in Höhe von monatlich 69 EUR. Eigenes Einkommen und verwertbares Vermögen hat die Klägerin nicht.
Die Klägerin bezog ab 01.01.2005 von der Beklagten Regelleistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 345 EUR. Daneben bezog sie vom Rhein-Neckar-Kreis Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II. In der Zeit vom 18.02.2006 bis 02.03.2006 befand sich die Klägerin in Haft, weswegen die Beklagte für diesen Zeitraum mit Bescheid vom 11.04.2006 die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 161,00 EUR zunächst aufhob und die in diesem Zeitraum erbrachten Leistungen von der Klägerin zurückforderte. Ein Antrag der Klägerin auf Überprüfung des Bescheides vom 11.04.2006 gemäß § 44 SGB X wurde mit Bescheid vom 19.09.2006 abgelehnt. Wegen dieser Bescheide kam es beim Sozialgericht Mannheim (SG) zu zwei Klageverfahren, die durch Rücknahme (S 4 AS 2704/06) bzw. Vergleich (S 7 AS 57/07) endeten. Mit Bescheid vom 09.03.2007 hob die Beklagte den Bescheid vom 11.04.2006 schließlich auf.
Der Klägerin wurden von der Beklagten Regelleistungen mit Bescheiden vom 03.05.2006 für die Zeit vom 01.06.2006 bis 30.11.2006, vom 28.11.2006 für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.05.2007 und vom 25.04.2007 für die Zeit vom 01.06.2007 bis 30.11.2007 jeweils in Höhe von monatlich 345 EUR bewilligt.
Inzwischen hatte die Klägerin der Beklagten am 30.05.2006 eine ärztliche Bescheinigung zur Anerkennung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung von Dr. W./Dr. B. vom 29.05.2006 vorgelegt, in der bescheinigt wurde, dass die Klägerin wegen einer Konservierungsstoffallergie ausschließlich biologische Kost von Biobauern benötige. Die Beklagte holte hierzu die Stellungnahme ihres ärztlichen Dienstes von Dr. A. vom 13.11.2006 ein, der wegen der angegebenen Gesundheitsstörung keinen Mehrbedarf für erforderlich hielt. Mit Bescheid vom 21.12.2006 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag der Klägerin auf Gewährung eines Mehrbedarfes wegen kostenaufwändiger Ernährung ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 04.01.2007 Widerspruch ein. Sie machte geltend, sie habe durch das ärztliche Attest vom 29.05.2006 nachgewiesen, dass sie auf herkömmliche Lebensmittel aus Supermärkten bzw. Lebensmittelläden wegen der festgestellten Konservierungsstoffallergie nicht zurückgreifen könne. Sie benötige unkonservierte Nahrungsmittel, die sie mit erheblichen Mehrkosten in Bioläden einkaufen müsse. Die Mehrkosten könne sie mit der Regelleistung nicht bewältigen. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2007 wurde der Widerspruch durch die Beklagte abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, wegen der Konservierungsstoffsensibilisierung sei laut Feststellung des Ärztlichen Dienstes kein Mehrbedarf erforderlich.
Am 15.01.2007 erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.01.2007 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage. Sie machte geltend, wegen ihrer nachgewiesenen Allergie könne sie keine Lebensmittel in Supermärkten und Einkaufsläden kaufen, weswegen sie täglich eine kostenaufwändige Ernährung benötige.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte die Klägerin in der nichtöffentlichen Sitzung am 09.02.2007 an. Sie machte unter Vorlage von zwei Allergiepässen vom 31.05.1996 und 23.08.1996 Mehrkosten für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von mindestens monatlich 200 EUR geltend. Auf die Niederschrift des SG vom 09.02.2007 wird verwiesen.
Mit Urteil vom 28.11.2007 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.
Ab 13.09.2007 bis 16.12.2007 befand sich die Klägerin erneut in Haft, weswegen die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II mit Bescheid vom 28.09.2007 mit Wirkung vom 13.09.2007 aufhob. Hiergegen legte die Klägerin am 20.12.2007 Widerspruch ein. Sie machte geltend, die Beklagte sei von der JVA rechtzeitig über ihre Haft informiert worden. Aus der Informationsbroschüre "Rechte und Pflichten" gehe nicht hervor, dass Alg II nicht weiterbezahlt werde. Aufgrund ihrer Allergie sei der ihr zustehende Regelsatz während der Dauer der Haft bei weitem nicht gedeckt gewesen. Nach Anhörung der Klägerin (Anhörungsschreiben vom 20.12.2007) wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2008 der Widerspruch der Klägerin gegen den "Bescheid vom 16.09.2007" als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen erhob die Klägerin am 28.01.2008 Klage beim SG (S 8 AS 278/08), über die noch nicht entschieden wurde.
Mit Bescheid vom 20.12.2007 wurden der Klägerin von der Beklagten Regelleistungen nach dem SGB II für die Zeit von 17.12.2007 bis 31.05.2008 in Höhe von monatlich 347 EUR weiterbewilligt (für Dezember 2007 anteilig 173,50 EUR).
Außerdem hob die Beklagte mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 11.01.2008 die Entscheidung vom 26.04.2007 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II vom 01.09.2007 bis 30.09.2007 wegen Inhaftierung gemäß § 48 Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X in Höhe von 208,20 EUR auf und forderte von der Kläger diesen Betrag gemäß § 50 SGB X zurück.
Gegen das der Klägerin am 30.11.2007 zugestellte Urteil hat sie mit einem am 27.12.2007 beim SG eingegangenen Schreiben Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung geltend gemacht, die eingeholte Stellungnahme des Dr. A. sei kein medizinisches Gutachten. Er gehe auf ihre Allergie nicht ein. Sie beantrage die Einholung eines ärztlichen Gutachtens. Die in Supermärkten und Lebensmittelgeschäften erhältlichen Produkte seien durch verschiedene Methoden haltbar gemacht und kostengünstiger als unbehandelte Naturprodukte. Durch die Umstellung ihrer Ernährung laut Allergiepass benötige sie eine kostenaufwändige teuere Ernährung. Sie habe aufgrund ihrer Allergie keine genügende Auswahlmöglichkeit bzw könne nicht Alternativprodukte zurückgreifen. Sie müsse sich ausschließlich von naturbelassenen Produkten ohne chemische Zusätze wie z.B. Fette oder Öle ernähren. Auf einen bei der Krankenkasse gestellten Antrag sei sie von der Krankenkasse an die Beklagte verwiesen worden. Ein Mehrbedarf sei unstreitig. Sie hat sich weiter auf ihre in der nichtöffentlichen Sitzung des SG am 09.02.2007 gemachten Angaben bezogen. In ihrer Sache gehe es nicht um den Streitpunkt der Nahrungsketten, worauf das Gerichtsverfahren letztlich hinauslaufe. Eine Preisgegenüberstellung konservierter und nicht konservierter Nahrungsmittel sei vorzunehmen. Ihre bereits bei früheren Untersuchungen durch die AA vorgelegten Allergieausweise seien nicht zur Kenntnis genommen und nicht beschieden worden. Sie hat weiter am 08.05.2008 einen Artikel des "Ratgeber Gesundheit - Kaum zu glauben, was alles in unseren Lebensmitteln steckt - Essen kann gefährlich sein" in Kopie übersandt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte zur verurteilen, ihr unter Abänderung der für den Zeitraum vom 30. Mai 2006 bis 31. Mai 2008 ergangenen Bewilligungsbescheide ab dem 30. Mai 2006 einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von monatlich 200 EUR zu gewähren sowie den Bescheid vom 28. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Januar 2008 in der Fassung des Bescheides vom 11. Januar 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die gutachtliche Stellungnahme von Dr. A. vom 13.11.2006 zum von der Klägerin geltend gemachten Anspruch sei nicht zu beanstanden.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung der Klägerin konnte der Senat trotz des Nichterscheinens der Klägerin verhandeln und entscheiden, da die Klägerin auf diese Möglichkeit in der Ladung hingewiesen worden ist.
Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; die Klägerin macht höhere Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr geltend. Die Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden und damit insgesamt zulässig.
Der Senat hat den Berufungsantrag der Klägerin nach ihrem im Laufe des gerichtlichen Verfahrens zum Ausdruck gebrachten Begehren im Wege der Auslegung sachdienlich gefasst.
Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf höhere Leistungen wegen Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung für die Zeit vom 30.05.2006 bis zum 31.05.2008. Die Beklagte war nicht berechtigt, mit Bescheid vom 21.12.2006 und Widerspruchsbescheid vom 08.01.2007 isoliert über einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Mehrbedarfs zu entscheiden. Dies folgt daraus, dass zur Berechnung der individuellen Leistungsansprüche der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft und das Gesamteinkommen der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu ermitteln sind. Der Gesamtbedarf ist anhand der gesetzlich vorgesehenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 19ff SGB II zu bestimmen (BSG, Urteil vom 23.11.2006, B 11b AS 1/06 R, SozR 4 4200 § 20 Nr 3). Dabei sind die Leistungsansprüche unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen. Bei einem Streit um höhere Leistungen nach dem SGB II sind deshalb alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG, Urteil vom 16.05.2007, B 11b AS 29/06 R, mwN., zitiert nach juris). Eine Beschränkung des Streitgegenstandes hat das BSG nur für zulässig erachtet, wenn es sich um abtrennbare Verfügungen eines Gesamtbescheides, d.h. um eigenständige Regelungen iSd § 31 SGB X handelt. Dies wurde bislang nur angenommen bei der Entscheidung über Kosten der Unterkunft und Heizung einerseits und den übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts andererseits (BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 1). Die Beklagte war daher nicht berechtigt, mit Bescheid vom 21.12.2006 und Widerspruchsbescheid vom 08.01.2007 isoliert über einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Mehrbedarfs - ohne zeitliche Begrenzung - zu entscheiden.
Mit den Bescheiden vom 03.05.2006, 28.11.2006, 25.04.2007 und 20.12.2007 wurden über die der Klägerin zustehenden Leistungen für die Zeit vom 01.06.2006 bis zum 31.05.2008 entschieden, wobei die Frage des Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung (faktisch) ausgeklammert blieb. Diese Bescheide sowie der Bescheid vom 21.12.2007 bilden deshalb eine Einheit und sind ebenfalls Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites, wobei der Senat hinsichtlich des Bescheides vom 20.12.2007 auf Klage der Klägerin entscheidet. Dies gilt auch für die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 28.09.2007 und 11.01.2008, die den Bescheid vom 25.04.2007 teilweise abändern und damit gemäß § 96 SGG ebenfalls Gegenstand des Rechtsstreites geworden sind, worüber vom Senat ebenfalls auf Klage der Klägerin zu entscheiden ist.
Die Berufung und die Klage sind jedoch nur zu einem geringen Teil begründet. Der Klägerin stehen für die Zeit vom 01.07.2007 bis 12.09.2007 an Regelleistungen statt der bewilligten monatlich 345 EUR monatlich 347 EUR zu und die im Zeitraum vom 13.09.2007 bis 30.09.2007 von der Klägerin zu erstattende Leistung beträgt lediglich 207,00 EUR statt 208,20 EUR. Im Übrigen sind sind die Berufung und die Klage der Klägerin jedoch nicht begründet.
Der Klägerin wurden von der Beklagten mit Bescheid vom 25.04.2007 für den Zeitraum vom 01.06.2007 bis 30.11.2007 Regelleistungen in Höhe von monatlich 345,00 EUR bewilligt. Dass die Beklagte der Klägerin die aufgrund der durch Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II vom 18.06.2007 (BGBl. I S. 1139) für die Zeit ab 01.07.2007 auf 347 EUR erhöhte Regelleistung ab dem 01.07.2007 gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X nachbewilligt hat, lässt sich der dem Senat vorliegenden Akte der Beklagten nicht entnehmen. Insoweit hat die Berufung der Klägerin für die Zeit vom 01.07.2007 bis 31.08.2007 in Höhe von monatlich 2,00 EUR und für die Zeit vom 01.09.2007 bis 12.09.2007 in Höhe von - gerundet - 1,00 EUR teilweise Erfolg.
Die Klägerin hat dagegen im streitigen Zeitraum vom 30.05.2006 bis 31.05.2008 keinen Anspruch auf höhere Leistungen wegen eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung. Der Senat schließt sich zur Vermeidung von Wiederholungen voll umfänglich den Entscheidungsgründen des SG im angefochtenen Urteil an, auf die er zur Begründung seiner eigenen Entscheidung Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG). Neue Gesichtspunkt, die eine andere Entscheidung rechtfertigen, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht vorgetragen. Sie hat vielmehr im Wesentlichen ihre bisherige Ansicht wiederholt, die das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ausführlich und mit zutreffenden Erwägungen gewürdigt hat. Im Übrigen wird die Ansicht des SG im angefochtenen Urteil auch durch eine vom SG telefonisch eingeholte Auskunft von Dr. T., M., bestätigt. Nach dessen Auskunft vom 27.03.2007 ist das Allergen "paraben mix" in Fertiglebensmitteln in Dosen, Gläser und Flaschen enthalten. Alle anderen Lebensmittel können von der Klägerin konsumiert werden. Aus der Sicht des Dr. T. lässt sich dieses Allergen gut vermeiden. Der Senat hält den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt für geklärt, weshalb kein Anlass zu weiteren Ermittlungen, insbesondere durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, besteht.
Ergänzend zu den Entscheidungsgründen des SG im angefochtenen Urteil bleibt auszuführen:
Dass das SG nur über den Bescheid vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2007 entschieden hat, hindert den Senat nicht, über die weiteren streitgegenständlichen Bescheide auf die Berufung der Klägern mit zu entscheiden (sogenanntes Heraufholen von Prozessresten, vgl. hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 15.02.2008 - L 8 AL 3748/05 -) bzw. soweit sie nach dem Ergehen des Urteils erlassen wurden, auf Klage der Klägerin zu entscheiden.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung und Rückforderung erbrachter Leistungen durch die Bescheide vom 28.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.01.2008 in der Fassung des Bescheides vom 11.01.2008 ist § 40 Abs. 1 SGB II iVm. § 48 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Abs. 1 Satz 1). Dies hat - rückwirkend - ab dem Zeitpunkt dieser Änderung zu erfolgen, soweit u.a. (Abs. 1 Satz 2 Nr. 2) der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Hierbei ist nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II iVm. § 330 Abs. 3 SGB III auch bei atypischen Fällen kein Ermessen auszuüben, sondern eine gebundene Entscheidung zu treffen. Die in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vorgeschriebene Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen, die nach Erlass des Verwaltungsaktes eingetreten sind und sich für den Betroffenen nachteilig auswirken, ergibt sich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I. Eine rückwirkende Aufhebung hat ferner zu erfolgen, wenn der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X).
Diese Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung sind bei der Klägerin erfüllt.
Bei der Klägerin ist dadurch eine wesentliche Änderung iSd § 48 SGB X eingetreten, dass sie sich in der Zeit vom 13.09.2007 bis 16.12.2007 in der Justizvollzugsanstalt Heidelberg (JVA) in Haft befunden hat, wie sich aus der Mitteilung der JVA vom 14.09.2007 an die Beklagte ergibt und was nicht bestritten ist. Nach § 7 Absatz 4 Satz 1, 2 SGB II (in der mit Wirkung vom 01.08.2006 durch Gesetz vom 20.07.2006 - BGBl. I S. 1706 - geltenden Fassung) standen der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ihrer Haft in der JVA nicht zu, weshalb die Beklagte ab dem Beginn der Haft (13.09.2007) die bewilligte Leistung zu Recht aufgehoben hat.
Die Beklagte war auch berechtigt, die Leistungsbewilligung rückwirkend ab dem 13.09.2007 aufzuheben. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin entweder wusste, dass ihr Anspruch auf die Regelleistung nach dem SGB II mit dem Antritt der Haft am 13.09.2007 weggefallen ist, oder, falls sie dies nicht wusste, dass ihre Unkenntnis jedenfalls auf grober Fahrlässigkeit beruht, weil sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Ausweislich der vom SG im Klageverfahren der Klägerin S 7 AS 57/07 gefertigten Niederschrift vom 09.02.2007 muss davon ausgegangen werden, dass die Klägerin davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass für die Zeit einer Haft in einer JVA keine Leistungsansprüche nach dem SGB II (jedenfalls die Regelleistung betreffend) gegeben sind. Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin ausweislich der Niederschrift erklärt hat, bei Haftantritt sei ihr nicht klar gewesen, dass sie während der Haft keinen Anspruch auf Leistungen habe. Die Klägerin kann sich damit im vorliegenden Rechtsstreit nicht mehr mit Erfolg auf Unkenntnis berufen.
Ob die Klägerin außerdem ihrer Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für sie nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder jedenfalls grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, kann offen bleiben.
Die Jahresfrist nach §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt.
Die Bescheide vom 28.09.2007 und vom 11.01.2008 sind auch nicht formell wegen eines Anhörungsfehlers rechtswidrig. Zwar ist der Bescheid vom 28.09.2007 ohne die nach § 24 SGB X notwendige vorherige Anhörung der Klägerin ergangen. Dieser Mangel ist jedoch im Widerspruchsverfahren durch das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 20.12.2007 geheilt worden.
Aus der rückwirkenden Aufhebung der Leistungsbewilligung folgt die Verpflichtung der Klägerin, die ihr im Zeitraum vom 13.09.2007 bis 30.09.2007 überzahlte Leistungen zurückzuzahlen (§ 50 Abs. 1 SGB X). Ein Ausnahmetatbestand des § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II liegt nicht vor.
Den Rückforderungsbetrag hat die Beklagte jedoch zum Nachteil der Klägerin unzutreffend berechnet. Die Beklagte geht im Bescheid von einer Pflicht der Klägerin zur Erstattung erbrachter Leistungen für die Zeit vom 13.09.2007 bis 30.09.2007 (= 18 Tage) in Höhe von 208,20EUR (= 347 EUR: 30 Tage x 18 Tage ) aus. Dass an die Klägerin in diesem Zeitraum tatsächlich eine Regelleistung in Höhe von monatlich 347 EUR gezahlt wurde, lässt sich der vorliegenden Akte der Beklagten indes nicht entnehmen. Mit Bewilligungsbescheid vom 25.04.2007 wurden der Klägerin von der Beklagten für den Zeitraum vom 01.06.2007 bis 30.11.2007 vielmehr lediglich monatlich 345,00 EUR bewilligt. Hiervon ausgehend ergibt sich für den genannten Zeitraum ein zu erstattender Betrag von 207,00 EUR (= 345 EUR: 30 Tage x 18 Tage). Insoweit hat die Klage der Klägerin Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das geringfügige Obsiegen der Klägerin rechtfertigt es nicht, der Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Klägerin (teilweise) aufzuerlegen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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