Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 576/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1167/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Januar 2007 sowie der Bescheid vom 20. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2006 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über den Antrag des Klägers auf Rückerstattung freiwilliger Krankenversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 1. April 1993 bis 16. September 1996 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung von freiwilligen Krankenversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 01.04.1993 bis zum 16.09.1996.
Der 1955 geborene Kläger war im streitbefangenen Zeitraum freiwillig bei der Beklagten krankenversichert. Als selbständig tätiger Rechtsanwalt übte er ab dem 01.04.1993 zugleich eine Tätigkeit als Dozent für Rechts- und Berufskunde an der Fachschule für Heilerziehungspflege bzw. an der Altenpflegeschule der J.-A. M. aus.
Mit Schreiben vom 07.05.1993 teilte die Beklagte den J.-A. mit, dass aufgrund des Dienstvertrages vom 01.04.1993 keine Sozialversicherungsbeiträge anfielen. Der Kläger sei hauptberuflich selbständig und deshalb in der Nebenbeschäftigung als Dozent krankenversicherungsfrei, auch bestehe keine Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit. Er habe Anfang des Monats April bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA - jetzt Deutsche Rentenversicherung B.) einen Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gestellt, weil er Mitglied der Anwaltsversorgung sei. Es sei davon auszugehen, dass diesem Antrag entsprochen werde. Nach einer Bescheinigung der BfA vom 29.06.1993 war der Kläger nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit worden (Bescheid vom 29.06.1993).
Im Juni 1999 gab der Kläger seine Rechtsanwaltstätigkeit auf.
Diesen Sachverhalt und sein Ausscheiden aus dem Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg zum 30.06.1999 teilte der Kläger im März 2000 der BfA mit, die mit Bescheid vom 13.04.2000 die Befreiung von der Versicherungspflicht zum 30.06.1999 aufhob. Ab dem 1. März 2000 bescheinigt ihm die J.-A., er sei hauptberuflich tätig (Nachtrag vom 24. März 2000).
Am 15.12.2000 beantragte der Kläger bei der Clearingstelle der BfA die Feststellung seiner Versicherungspflicht während seiner Tätigkeit bei den J.-A. M ... Das Arbeitsverhältnis habe am 01.04.1994 mit einer Teilzeittätigkeit mit 40 % (23,5 Wochenstunden) begonnen. Daneben sei zunächst noch die selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt ausgeübt worden. Ab 17.06.1999 (Aufgabe der selbständigen Tätigkeit) habe nur noch das Arbeitsverhältnis bei den J.-A. M. bestanden. Eine Dozententätigkeit sei nur noch in geringem Umfang mit durchschnittlich 4 Wochenstunden ausgeübt worden. Zumindest ab Juli 1999 habe eine versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen. Der Kläger legte den Dienstvertrag vom 01.04.1993 vor.
Nach zuvor durchgeführter Anhörung vom 10.05.2001 stellte die Clearingstelle mit Bescheiden vom 06.07.2001 die Versicherungspflicht des Klägers dem Grunde nach fest.
Der Widerspruch der J.-A. wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.09.2002 zurückgewiesen. Die Erwerbstätigkeit als Dozent wäre im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses durchgeführt worden. Ob im Hinblick auf die Befreiung oder aufgrund der hauptberuflichen Selbständigkeit als Anwalt überhaupt Beiträge anfielen, sei nicht Gegenstand der Prüfung.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 12.12.2002 stellte die BfA fest, dass die Versicherungspflicht dem Grunde nach in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aufgrund des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als Dozent bei dem Arbeitgeber J.-A. M. mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung am 01.04.1993 beginne.
Dieser Bescheid wurde der BKK A.-L.-P., bei der der Kläger krankenversichert war, übersandt.
Der Beklagten ging der an die J.-A. M. gerichtete Statusfeststellungsbescheid vom 06.07.2001 im Juli 2001 zu, eine Nachforderung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung erfolgte nicht. Der Kläger wies die Beklagte im Februar 2004 auf die im Statusfeststellungsverfahren festgestellte Versicherungspflicht (Bescheid vom 12.12.2002) und die Einziehung der daraus resultierenden rückständigen Beiträge bei den J.-A. hin. Das insoweit zu seinen Gunsten entstehende Guthaben könne mit der Forderung der Beklagten verrechnet werden.
Mit Schreiben vom 05.09.2005 erinnerte der Kläger die Beklagte an die verbindliche Feststellung der Clearingstelle vom 06.07.2001 und 12.12.2002 hinsichtlich der Versicherungspflicht dem Grunde nach in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung seit 01.04.1993. Die Beklagte wäre deshalb dazu verpflichtet gewesen, die dadurch rückständigen Beiträge von den J.-A. einzuziehen und die freiwilligen Beiträge an ihn zu erstatten bzw. mit rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen zu verrechnen.
Die Beklagte wandte sich deshalb an die J.-A., die die Unterlagen bezüglich des Statusfeststellungsverfahrens, die frühere Entscheidung der Beklagten aus dem Jahr 1993 sowie die Befreiung von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung durch die BfA vorlegten, ferner ein Schreiben des Klägers an die J.-A. vom August 1993, mit dem er um Korrektur der Gehaltsabrechnung wegen Befreiung von der Versicherungspflicht bat, ein Schreiben der J.-A. an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte vom Juli 1994, demzufolge die Beiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile) ab April 1993 nachentrichtet würden (Monatseinkommen unter der Bemessungsgrenze), ein Schreiben des Versorgungswerks vom September 1994 an den Kläger, einen Aktenvermerk der J.-A. vom April 1997, ein Schreiben der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes B. vom November 1994 und den Nachtrag zum Dienstvertrag vom November 1994 (Entfallen der zusätzlichen Altersversorgung zum 01.04.1993), ein Schreiben des Klägers an die J.-A. vom April 1993, wonach die Einkünfte aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt erheblich über der Vergütung als Dozent lägen, den Bescheid der BfA vom 29.06.1993 über die Befreiung von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung ab 01.04.1993 sowie den Bescheid der DAK vom 06.10.2004/Widerspruchsbescheid vom 23.03.2005 an die J.-A. bezüglich der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung in der Zeit vom 01.11.1996 bis 28.02.1998.
Mit Bescheid vom 20.10.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, aufgrund seiner eigenen Angaben gegenüber den J.-A. sei er während dem Zeitraum, in welchem die Beklagte Einzugsstelle der Gesamtsozialversicherungsbeiträge gewesen sei, nämlich vom 01.04.1993 bis 16.09.1996, in seiner Beschäftigung bei den Johannes-Anstalten hauptberuflich selbständig und damit nach § 5 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) krankenversicherungsfrei gewesen. Die Rentenversicherungsbeiträge seien aufgrund des Befreiungsbescheides der BfA an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte abgeführt worden. Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit habe nach dem damals geltenden Recht aufgrund der Kurzzeitigkeit der Beschäftigung ebenfalls nicht bestanden.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, die Clearingstelle der BfA habe mit den Bescheiden vom 06.07.2001 und 12.12.2002 auch für die Beklagte verbindlich festgestellt, dass Versicherungspflicht dem Grunde nach seit dem 01.04.1993 bestehe. Der Kläger legte die Einkommensteuerbescheide für 1995 und 1996 vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.01.2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Nach § 26 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) seien zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden seien, Leistungen erbracht oder zu erbringen habe. Die Verjährung trete innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres ein, in dem die Beiträge entrichtet worden seien (§ 27 Abs. 2 SGB IV). Unabhängig von der Frage, ob der Kläger in der Zeit vom 01.04.1993 bis 16.09.1996 Leistungen in Anspruch genommen habe und deshalb eine Erstattung ausscheide, seien die Regelungen über die Verjährung zu beachten. Der letzte zu entrichtende Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung für September 1996 sei am 15.10.1996 fällig gewesen. Dies bedeute, mit Ablauf des Kalenderjahres 1996 beginne die Verjährungsfrist zu laufen. Der geltend gemacht Erstattungsanspruch sei deshalb mit Ablauf des Jahres 2000 verjährt gewesen. Ab 01.01.2001 sei die Beklagte deshalb berechtigt gewesen, die Einrede der Verjährung zu erheben. Der vermeintliche Erstattungsanspruch sei bereits zu dem Zeitpunkt verjährt gewesen, als die BfA in dem Statusfeststellungsverfahren entschieden habe.
Deswegen erhob der Kläger am 20.02.2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG), mit der er nochmals auf die bestandskräftigen Feststellungen der Clearingstelle Bezug nahm. Die Versicherungspflicht resultiere aus der Tatsache, dass durch seine Tätigkeit als Dozent an der Fachschule für Sozialpädagogik der J.-A. M. das zum Lebensunterhalt verwendete Einkommen erzielt worden und die selbständige Tätigkeit gegenüber der abhängigen Beschäftigung gegenüber der abhängigen Beschäftigung weitaus geringer gewesen sei. Mit der Tätigkeit als Rechtsanwalt sei nur ein geringfügiges zusätzliches Einkommen erzielt worden. Er habe die Beklagte mit Schreiben vom 06.02.2004 darum gebeten, die rückständigen Pflichtversicherungsbeiträge bei seinem früheren Arbeitgeber anzufordern bzw. sein Rückerstattungsguthaben mit seinen Beitragsschulden zu verrechnen. Die Berufung auf die Verjährungseinrede sei rechtsmissbräuchlich, denn die Beklagte sei offenkundig in das Verfahren der Clearingstelle obligatorisch einbezogen gewesen, so dass die Verjährung gehemmt sei. Jedenfalls sei auch die gegen ihn gerichtete Beitragsforderung der Beklagten verjährt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und wies unter Beifügung der Vollstreckungsakten darauf hin, dass nach wie vor Beiträge zur Sozialversicherung vom 01.02. bis 30.06.2000 in Höhe von 4.309,93 EUR zzgl. Säumniszuschläge und Vollstreckungskosten offen seien. Seitens der J.-A. M. seien keine Beiträge für die Zeit vom 01.04.1993 bis 16.09.1996 nachgewiesen und entrichtet worden. Das Statusfeststellungsverfahren durch die Deutsche Rentenversicherung B. habe sich nur auf die Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschränkt. Konkrete Sondervorschriften im Hinblick auf den Eintritt der Versicherungspflicht seien in diesem Zusammenhang von der Einzugsstelle zu beachten. Der Kläger selbst habe den J.-A. gegenüber am 02.04.1993 erklärt, dass die Einkünfte aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt erheblich über der Vergütung als Dozent lägen. Daraus werde deutlich, dass der Kläger in dem streitigen Zeitraum hauptberuflich selbständig tätig gewesen sei. Dies schließe in der Krankenversicherung die Versicherungspflicht aus. Demzufolge habe er sich freiwillig versichert. Von der Rentenversicherungspflicht sei der Kläger befreit gewesen, bedingt durch den Beschäftigungsumfang sei auch in der Arbeitslosenversicherung nicht von Versicherungspflicht auszugehen. Unabhängig von den Aspekten der Verjährung sei mithin auch in tatsächlicher Hinsicht Versicherungspflicht aus den genannten Gründen abzulehnen.
Mit Urteil vom 25.01.2007, dem Kläger zugestellt am 10.02.2007, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im Wesentlichen aus, der Anspruch des Klägers auf Rückerstattung der seinerzeit gezahlten Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung sei gemäß § 27 Abs. 2 SGB IV verjährt. Eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung sei nicht eingetreten. Aus den aktenkundigen Unterlagen ergebe sich kein Hinweis darauf, dass die Beklagte tatsächlich damals an dem Verwaltungsverfahren der Clearingstelle beteiligt gewesen sei. Dies hätte auf den Verlauf der Verjährungsfrist ohnehin keinen Einfluss gehabt. Ein Antrag auf Erstattung sei innerhalb des 4-Jahreszeitraums bei der Beklagten nicht gestellt worden. Vielmehr habe der Kläger ihn erstmals im September 2005 eingereicht. Zu diesem Zeitpunkt sei die Forderung bereits verjährt gewesen. Darüber hinaus liege ein Hemmungstatbestand nach § 203 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) offensichtlich nicht vor. Es sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, dass sich die Beklagte auf die Verjährung berufe. Wenn die Erhebung der Verjährungseinrede im Ermessen des zuständigen Leistungsträgers stehe, sei es durchaus zutreffend, dass aus dem Gebot, Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben, folge, dass der Verjährungseinwand in der Regel zu erheben sei. Etwas anderes könne nur gelten, wenn dies rechtsmissbräuchlich erscheine. Hiervon könne vorliegend aber nicht ausgegangen werden. Die ursprüngliche Einschätzung der Beklagten, die Tätigkeit bei den J.-A. sei versicherungsfrei gewesen, habe auf den eigenen Angaben des Klägers beruht. Er habe mehrfach zu verstehen gegeben, dass er seinen Lebensunterhalt schwerpunktmäßig aus seiner Anwaltstätigkeit bestreite. Etwas anderes folge auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte nach Erteilung der Bescheide der Clearingstelle keinerlei Bemühungen unternommen habe, die rückständigen Pflichtversicherungsbeiträge beim ehemaligen Arbeitgeber des Klägers einzufordern. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass die Beklagte den Bescheid vom Juli 2001 zeitnah erhalten habe, ergebe sich jedoch, dass schon damals die Beitragsansprüche gegen den Arbeitgeber verjährt gewesen seien, denn auch hier gelte eine vierjährige Verjährungsfrist. Für ein vorsätzliches Vorenthalten der Beiträge seitens der J.-A. bestehe kein Anhaltspunkt. Vor diesem Hintergrund sei es nach Auffassung des Gerichts unerheblich, dass die Beklagte davon abgesehen habe, die Pflichtversicherungsbeiträge beim Arbeitgeber des Klägers einzufordern, denn es habe auf der Hand gelegen, dass dem Arbeitgeber der Verjährungseinwand zur Seite stehen würde.
Hiergegen richtet sich die am 04.03.2007 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen und führt ergänzend aus, er bezweifle, dass die Beklagte tatsächlich nicht in das Verfahren der Clearingstelle einbezogen gewesen sei. Unabhängig davon könne sich die Beklagte auf die Verjährung bereits deshalb nicht berufen, da sie insoweit treuwidrig handle. Die J.-A. M. als ehemaliger Arbeitgeber hätten spätestens seit seinem Antrag auf Statusfeststellung Kenntnis von der möglichen Versicherungspflicht erhalten. Die Feststellung des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sei dann mit Bescheid vom 12.12.2002 erfolgt und zwar rückwirkend ab dem 01.04.1993. Da er gegenüber den J.-A. stets die Ansicht vertreten habe, dass es sich um eine versicherungspflichtige Beschäftigung handle, sei hinsichtlich der Verjährung § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV anzuwenden. Obwohl die Beklagte bei ordnungsgemäßer Sachbearbeitung die Möglichkeit gehabt habe, die Beiträge einzuziehen, habe sie dies treuwidrig unterlassen. Unabhängig von den späteren Feststellungen der Clearingstelle habe sich bereits seinerzeit die Versicherungspflicht aus den Einkommensverhältnissen ergeben. Der Verjährungseinwand der Beklagten sei mithin rechtsmissbräuchlich. Sie sei als Einzugsstelle dazu verpflichtet gewesen, die Pflichtbeiträge nachträglich einzuziehen. Im übrigen verletze die Handhabung rechtsstaatliche Grundsätze und den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Artikel 3 Grundgesetz (GG).
Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Januar 2007 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2006 zu verurteilen, an ihn freiwillige Krankenversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 01. April 1993 bis zum 16. September 1996 zurückzuerstatten, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Januar 2007 und des Bescheides vom 20. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2006 zu verurteilen, über seinen Antrag auf Rückerstattung freiwilliger Krankenversicherungsbeiträge für den Zeitraum 1. April 1993 bis zum 16. September 1996 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Berichterstatterin hat den Rechtsstreit am 13.03.2008 mit den Beteiligten erörtert und darauf hingewiesen, dass eine fehlende Ermessensausübung durch die Beklagte in einem Bescheid, der Gegenstand des Berufungsverfahrens werden würde, nachgeholt werden könne.
Die Beklagte hat daraufhin ein an den Kläger gerichtetes Schreiben vom 25.03.2008 vorgelegt, in dem sie die Einrede der Verjährung damit begründet hat, die Versicherungsträger seien nach § 76 Abs. 1 SGB VI gehalten, Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben. Diese Verpflichtung erfasse alle zur Realisierung bestehender Ansprüche notwendigen Maßnahmen. Im Rahmen dessen sei sie von Amts wegen gehalten, den Eintritt der Verjährung von Amts wegen zu beachten. Der Kläger habe gegenüber den J.-A. M. ausdrücklich bestätigt, dass seine Tätigkeit als Rechtsanwalt erheblich über der Vergütung als Dozent läge. Anlass für eine versicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit habe sich deshalb für die Beklagte nicht ergeben, auch sei sie in das vom Kläger eingeleitete Statusfeststellungsverfahren nicht eingebunden gewesen. Erstmals mit Schreiben vom Februar 2004 habe sie Kenntnis über das Statusfeststellungsverfahren erhalten. Von der Entscheidung der BfA habe sie keine Kenntnis erlangt. Der Kläger sei nicht gehindert gewesen, die vermeintlichen Beitragsansprüche rechtzeitig geltend zu machen. Der Kläger habe selbst durch sein Verhalten dazu beigetragen, dass der frühere Arbeitgeber einer Beitragsforderung der Beklagten den Verjährungseinwand entgegenhalten könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die Akten der Deutschen Rechtenversicherung B. sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft im Sinne des § 144 SGG, denn der Kläger verfolgt die Erstattung freiwilliger Beiträge für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren. Sie ist damit insgesamt zulässig und mit dem Hilfsantrag auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2006 ist wegen fehlender Ermessensausübung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Dem Kläger steht zwar kein Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der in dem Zeitraum vom 1. April 1993 bis 16. September 1996 entrichteten freiwilligen Krankenversicherungsbeiträgen gemäß §§ 26 Abs. 2, 27 Abs. 2 SGB IV zu, denn diese Beiträge sind verjährt, worauf sich die Beklagten berufen hat. Er hat jedoch Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Beklagten. Daran fehlt es hier.
Zu Unrecht entrichtete Beiträge sind zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezuges von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten (§ 26 Abs. 2 SGB IV). Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Die Verjährungsfrist beginnt mit dem ersten Tag des Kalenderjahres, das dem Kalenderjahr der Beitragsentrichtung folgt. Der Erstattungsanspruch der vor dem 01.01.1997 fälligen und damit auch der bis September 1996 entrichteten Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung war damit nach Ablauf von vier Jahren am 01.01.2001 verjährt, bevor der Kläger ihn erstmals im Jahr 2004 geltend gemacht hat.
Gründe für eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung liegen nicht vor. Insbesondere hat das vom Kläger im Dezember 2000 beantragte Verfahren vor der Clearingstelle die Verjährung nicht gehemmt oder unterbrochen. Die von § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB IV in Bezug genommenen Bestimmungen des BGB, die vorliegend in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden sind (Art. 229 § 6 EGBGB), sehen eine Hemmung bzw. Unterbrechung der Verjährung nur in den in §§ 202 f. bzw. §§ 208 f. BGB geregelten Fällen - die hier nicht gegeben sind - vor. Der Ablauf der Verjährungsfrist als solcher hat für das Bestehen des Erstattungsanspruchs keinen Einfluss. Vielmehr ist der Versicherungsträger lediglich berechtigt, die Erstattung zu verweigern (vgl. § 222 BGB; Einrede der Verjährung).
Die Verjährungseinrede der Beklagten ist zulässig. Von der Verjährungseinrede wäre nur dann abzusehen, wenn die Beitragsentrichtung deshalb zu Unrecht erfolgt ist, weil sie auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Beklagten beruhte (BSG, Urteil vom 26.06.1986 - 7 RAR 121/84 -). Dies ist hier nicht der Fall, denn die freiwillige Mitgliedschaft ab 01.04.1993 beruhte auf den Angaben des Klägers, wonach die Einkünfte als Rechtsanwalt erheblich über der Vergütung als Dozent lägen. Die Erhebung der Verjährungseinrede stellt auch keine unzulässige Rechtsausübung dar.
Ob der Versicherungsträger von der Einrede der Verjährung Gebrauch macht, liegt jedoch in seinem pflichtgemäßen Ermessen (BSGE 58. 154, 159; BSGE 61, 226 = SozR 1200 § 39 Nr. 5). Das Ermessen ist entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und dabei sind die Grenzen des Ermessens einzuhalten. Der Betroffene hat hierauf einen Rechtsanspruch (§ 39 Abs. 1 SGB I). Die Ermessensentscheidung der Beklagten ist lediglich in den Grenzen der §§ 39 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), 54 Abs. 2 Satz 2 SGG gerichtlich überprüfbar. Die Gerichte sind gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG darauf beschränkt zu kontrollieren, ob der Leistungsträger seiner Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist (Ermessensnichtgebrauch), mit seiner Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, d.h. eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt hat (Ermessensüberschreitung) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Abwägungsdefizit und Ermessensmissbrauch). Ein Ermessensnichtgebrauch liegt vor, wenn der Leistungsträger keine Ermessenserwägungen anstellt und damit unrichtigerweise so handelt, als sei er durch die betreffende Norm ohne Ermessensspielraum gebunden (Seewald in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 1, § 39 Rdnr. 7). Für die Frage, ob die Beklagte überhaupt eine Ermessensentscheidung getroffen und - falls ja - auch diese rechtmäßig war, kommt es auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides, insbesondere auf seine Begründung an. Diese muss nicht nur erkennen lassen, dass die Beklagte eine Ermessensentscheidung treffen wollte und getroffen hat, sondern auch diejenigen Gesichtspunkte, von denen sie bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist (§ 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X).
Weder der Bescheid vom 20. Oktober 2005 noch der Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2006 lassen erkennen, dass sich die Beklagte ihres Ermessensspielraum überhaupt bewusst war, geschweige denn ergeben sich Hinweise für eine Ermessensentscheidung. Der Senat kann offen lassen, ob aus dem Gebot, Einnahmen rechtzeitig oder vollständig zu erheben (§ 76 Abs. 1 SGB IV) folgt, dass der Verjährungseinwand in der Regel zu erheben sei, denn auf dieses Gebot wird weder im Bescheid noch im Widerspruchsbescheid Bezug genommen oder hingewiesen. Die Bescheide sind jedenfalls im Hinblick auf die Ermessensausübung nicht hinreichend begründet. Wie bei einer gebundenen Entscheidung müssen Ermessensentscheidungen die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe anführen, darüber hinaus (auch) müssen sie die Gründe für die darauf beruhende und somit erst daran anschließende Ausübung des Ermessens erkennen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 18.04.2000 - B 2 U 19/99 R -).
Von einer Ermessensreduzierung auf Null kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Zwar darf auf einen Ermessensfehler nur geschlossen werden, wenn eine Begründung überhaupt geboten war (BSG, Urteil vom 24.02.1987 - 11 b RAR 24/86 = SozR 1300 § 35 Nr. 3; BSG, Urteil vom 25.01.1994 - 4 RA 16/92 -). Einer Begründung nach § 35 Abs. 2 Nr. 2 SGB X bedarf es dann nicht, wenn dem Adressaten des Verwaltungsaktes die Auffassung der Behörde bereits bekannt oder auch ohne schriftliche Begründung ohne weiteres erkennbar ist. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben, denn es gab keine Schreiben der Beklagten, aus denen der Kläger deren Auffassung hätte entnehmen können. Dass die ursprüngliche Einschätzung, die Tätigkeit bei den J.-A. sei versicherungsfrei, auf den eigenen Angaben des Klägers im Jahr 1993 beruhte, lässt zwar die Verjährungseinrede nicht rechtsmissbräuchlich erscheinen, entbindet die Beklagte aber nicht von einer Ermessensentscheidung, zumal sich aus den von der Beklagten von den J.-A. und vom Kläger beigezogenen Unterlagen Hinweise auf eine Änderung im Versicherungsstatus des Klägers - auch im hier streitbefangenen Zeitraum - ergaben. Auch dass etwaige Beitragsansprüche der Beklagten gegen den Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Entscheidung der Clearingstelle (Bescheid vom 06.07.2001/Widerspruchsbescheid vom 09.09.2002) bereits verjährt waren, führt nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null. Vielmehr handelt es sich um Ermessensgesichtspunkte, die aber in der angefochtenen Entscheidung hätten zum Ausdruck kommen müssen.
Dieser Ermessensnichtgebrauch ist nicht nach § 41 Abs. 2 SGB X heilbar (so auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2007 - L 10 R 5254/05 -; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. Januar 2006 - L 29 B 1104/05 ASER). Fehlende Ermessenserwägungen im angefochtenen Bescheid können zwar nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGB X bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Damit ist jedoch kein Nachschieben im Verwaltungsverfahren nicht erwogener Gründe erlaubt, sondern nur die nachträgliche Mitteilung der für den Erlass des Verwaltungsaktes aus damaliger Sicht der Behörde maßgebenden Gründe (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, a.a.O., § 41 Rdnr. 14, § 45 Rdnr. 63). Holt die Behörde während des Gerichtsverfahrens eine fehlende Ermessensentscheidung unter Aufhebung der ursprünglichen Entscheidung in einem Bescheid nach, der nach § 96 SGG zum Gegenstand des Verfahrens, so war und ist dies jedoch zulässig (von Wulffen, Kommentar zum SGB X, § 41 Rdnr. 7; BSG Großer Senat, Beschluss vom 06.10.1994 - GS 1/91 -).
Die Beklagte hat zwar unter dem 25.03.2008 das ihr eingeräumte Ermessen nachträglich im Sinne von § 41 Abs. 2 Nr. 2 SGB X für eine im ursprünglichen Bescheid getroffene, aber nicht begründete Ermessensentscheidung ausgeübt, was jedoch nicht erlaubt ist. Vielmehr hätte die Beklagte die erstmalige Ausübung des Ermessens, worauf sie hingewiesen wurde, in Form eines Bescheides, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden wäre, ausüben müssen. Nur in einem neuen Bescheid, nicht durch eine (Ergänzung des bisherigen Bescheides) kann das Ermessen erstmalig ausgeübt werden, denn eine Ermessensentscheidung ist gegenüber einer gebundenen Entscheidung, wie sie die Beklagte zunächst getroffen hat, ein Aliud (vgl. Wiesner in von Wulffen, SGB X a.a.O).
Nachdem es an einem die ursprüngliche angefochtene Entscheidung der Beklagten ersetzenden Verwaltungsakt mit fehlerfreier Ausübung des Ermessens fehlt, war zu entscheiden wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung von freiwilligen Krankenversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 01.04.1993 bis zum 16.09.1996.
Der 1955 geborene Kläger war im streitbefangenen Zeitraum freiwillig bei der Beklagten krankenversichert. Als selbständig tätiger Rechtsanwalt übte er ab dem 01.04.1993 zugleich eine Tätigkeit als Dozent für Rechts- und Berufskunde an der Fachschule für Heilerziehungspflege bzw. an der Altenpflegeschule der J.-A. M. aus.
Mit Schreiben vom 07.05.1993 teilte die Beklagte den J.-A. mit, dass aufgrund des Dienstvertrages vom 01.04.1993 keine Sozialversicherungsbeiträge anfielen. Der Kläger sei hauptberuflich selbständig und deshalb in der Nebenbeschäftigung als Dozent krankenversicherungsfrei, auch bestehe keine Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit. Er habe Anfang des Monats April bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA - jetzt Deutsche Rentenversicherung B.) einen Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gestellt, weil er Mitglied der Anwaltsversorgung sei. Es sei davon auszugehen, dass diesem Antrag entsprochen werde. Nach einer Bescheinigung der BfA vom 29.06.1993 war der Kläger nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit worden (Bescheid vom 29.06.1993).
Im Juni 1999 gab der Kläger seine Rechtsanwaltstätigkeit auf.
Diesen Sachverhalt und sein Ausscheiden aus dem Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg zum 30.06.1999 teilte der Kläger im März 2000 der BfA mit, die mit Bescheid vom 13.04.2000 die Befreiung von der Versicherungspflicht zum 30.06.1999 aufhob. Ab dem 1. März 2000 bescheinigt ihm die J.-A., er sei hauptberuflich tätig (Nachtrag vom 24. März 2000).
Am 15.12.2000 beantragte der Kläger bei der Clearingstelle der BfA die Feststellung seiner Versicherungspflicht während seiner Tätigkeit bei den J.-A. M ... Das Arbeitsverhältnis habe am 01.04.1994 mit einer Teilzeittätigkeit mit 40 % (23,5 Wochenstunden) begonnen. Daneben sei zunächst noch die selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt ausgeübt worden. Ab 17.06.1999 (Aufgabe der selbständigen Tätigkeit) habe nur noch das Arbeitsverhältnis bei den J.-A. M. bestanden. Eine Dozententätigkeit sei nur noch in geringem Umfang mit durchschnittlich 4 Wochenstunden ausgeübt worden. Zumindest ab Juli 1999 habe eine versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen. Der Kläger legte den Dienstvertrag vom 01.04.1993 vor.
Nach zuvor durchgeführter Anhörung vom 10.05.2001 stellte die Clearingstelle mit Bescheiden vom 06.07.2001 die Versicherungspflicht des Klägers dem Grunde nach fest.
Der Widerspruch der J.-A. wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.09.2002 zurückgewiesen. Die Erwerbstätigkeit als Dozent wäre im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses durchgeführt worden. Ob im Hinblick auf die Befreiung oder aufgrund der hauptberuflichen Selbständigkeit als Anwalt überhaupt Beiträge anfielen, sei nicht Gegenstand der Prüfung.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 12.12.2002 stellte die BfA fest, dass die Versicherungspflicht dem Grunde nach in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aufgrund des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als Dozent bei dem Arbeitgeber J.-A. M. mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung am 01.04.1993 beginne.
Dieser Bescheid wurde der BKK A.-L.-P., bei der der Kläger krankenversichert war, übersandt.
Der Beklagten ging der an die J.-A. M. gerichtete Statusfeststellungsbescheid vom 06.07.2001 im Juli 2001 zu, eine Nachforderung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung erfolgte nicht. Der Kläger wies die Beklagte im Februar 2004 auf die im Statusfeststellungsverfahren festgestellte Versicherungspflicht (Bescheid vom 12.12.2002) und die Einziehung der daraus resultierenden rückständigen Beiträge bei den J.-A. hin. Das insoweit zu seinen Gunsten entstehende Guthaben könne mit der Forderung der Beklagten verrechnet werden.
Mit Schreiben vom 05.09.2005 erinnerte der Kläger die Beklagte an die verbindliche Feststellung der Clearingstelle vom 06.07.2001 und 12.12.2002 hinsichtlich der Versicherungspflicht dem Grunde nach in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung seit 01.04.1993. Die Beklagte wäre deshalb dazu verpflichtet gewesen, die dadurch rückständigen Beiträge von den J.-A. einzuziehen und die freiwilligen Beiträge an ihn zu erstatten bzw. mit rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen zu verrechnen.
Die Beklagte wandte sich deshalb an die J.-A., die die Unterlagen bezüglich des Statusfeststellungsverfahrens, die frühere Entscheidung der Beklagten aus dem Jahr 1993 sowie die Befreiung von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung durch die BfA vorlegten, ferner ein Schreiben des Klägers an die J.-A. vom August 1993, mit dem er um Korrektur der Gehaltsabrechnung wegen Befreiung von der Versicherungspflicht bat, ein Schreiben der J.-A. an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte vom Juli 1994, demzufolge die Beiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile) ab April 1993 nachentrichtet würden (Monatseinkommen unter der Bemessungsgrenze), ein Schreiben des Versorgungswerks vom September 1994 an den Kläger, einen Aktenvermerk der J.-A. vom April 1997, ein Schreiben der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes B. vom November 1994 und den Nachtrag zum Dienstvertrag vom November 1994 (Entfallen der zusätzlichen Altersversorgung zum 01.04.1993), ein Schreiben des Klägers an die J.-A. vom April 1993, wonach die Einkünfte aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt erheblich über der Vergütung als Dozent lägen, den Bescheid der BfA vom 29.06.1993 über die Befreiung von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung ab 01.04.1993 sowie den Bescheid der DAK vom 06.10.2004/Widerspruchsbescheid vom 23.03.2005 an die J.-A. bezüglich der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung in der Zeit vom 01.11.1996 bis 28.02.1998.
Mit Bescheid vom 20.10.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, aufgrund seiner eigenen Angaben gegenüber den J.-A. sei er während dem Zeitraum, in welchem die Beklagte Einzugsstelle der Gesamtsozialversicherungsbeiträge gewesen sei, nämlich vom 01.04.1993 bis 16.09.1996, in seiner Beschäftigung bei den Johannes-Anstalten hauptberuflich selbständig und damit nach § 5 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) krankenversicherungsfrei gewesen. Die Rentenversicherungsbeiträge seien aufgrund des Befreiungsbescheides der BfA an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte abgeführt worden. Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit habe nach dem damals geltenden Recht aufgrund der Kurzzeitigkeit der Beschäftigung ebenfalls nicht bestanden.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, die Clearingstelle der BfA habe mit den Bescheiden vom 06.07.2001 und 12.12.2002 auch für die Beklagte verbindlich festgestellt, dass Versicherungspflicht dem Grunde nach seit dem 01.04.1993 bestehe. Der Kläger legte die Einkommensteuerbescheide für 1995 und 1996 vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.01.2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Nach § 26 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) seien zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden seien, Leistungen erbracht oder zu erbringen habe. Die Verjährung trete innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres ein, in dem die Beiträge entrichtet worden seien (§ 27 Abs. 2 SGB IV). Unabhängig von der Frage, ob der Kläger in der Zeit vom 01.04.1993 bis 16.09.1996 Leistungen in Anspruch genommen habe und deshalb eine Erstattung ausscheide, seien die Regelungen über die Verjährung zu beachten. Der letzte zu entrichtende Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung für September 1996 sei am 15.10.1996 fällig gewesen. Dies bedeute, mit Ablauf des Kalenderjahres 1996 beginne die Verjährungsfrist zu laufen. Der geltend gemacht Erstattungsanspruch sei deshalb mit Ablauf des Jahres 2000 verjährt gewesen. Ab 01.01.2001 sei die Beklagte deshalb berechtigt gewesen, die Einrede der Verjährung zu erheben. Der vermeintliche Erstattungsanspruch sei bereits zu dem Zeitpunkt verjährt gewesen, als die BfA in dem Statusfeststellungsverfahren entschieden habe.
Deswegen erhob der Kläger am 20.02.2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG), mit der er nochmals auf die bestandskräftigen Feststellungen der Clearingstelle Bezug nahm. Die Versicherungspflicht resultiere aus der Tatsache, dass durch seine Tätigkeit als Dozent an der Fachschule für Sozialpädagogik der J.-A. M. das zum Lebensunterhalt verwendete Einkommen erzielt worden und die selbständige Tätigkeit gegenüber der abhängigen Beschäftigung gegenüber der abhängigen Beschäftigung weitaus geringer gewesen sei. Mit der Tätigkeit als Rechtsanwalt sei nur ein geringfügiges zusätzliches Einkommen erzielt worden. Er habe die Beklagte mit Schreiben vom 06.02.2004 darum gebeten, die rückständigen Pflichtversicherungsbeiträge bei seinem früheren Arbeitgeber anzufordern bzw. sein Rückerstattungsguthaben mit seinen Beitragsschulden zu verrechnen. Die Berufung auf die Verjährungseinrede sei rechtsmissbräuchlich, denn die Beklagte sei offenkundig in das Verfahren der Clearingstelle obligatorisch einbezogen gewesen, so dass die Verjährung gehemmt sei. Jedenfalls sei auch die gegen ihn gerichtete Beitragsforderung der Beklagten verjährt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und wies unter Beifügung der Vollstreckungsakten darauf hin, dass nach wie vor Beiträge zur Sozialversicherung vom 01.02. bis 30.06.2000 in Höhe von 4.309,93 EUR zzgl. Säumniszuschläge und Vollstreckungskosten offen seien. Seitens der J.-A. M. seien keine Beiträge für die Zeit vom 01.04.1993 bis 16.09.1996 nachgewiesen und entrichtet worden. Das Statusfeststellungsverfahren durch die Deutsche Rentenversicherung B. habe sich nur auf die Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschränkt. Konkrete Sondervorschriften im Hinblick auf den Eintritt der Versicherungspflicht seien in diesem Zusammenhang von der Einzugsstelle zu beachten. Der Kläger selbst habe den J.-A. gegenüber am 02.04.1993 erklärt, dass die Einkünfte aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt erheblich über der Vergütung als Dozent lägen. Daraus werde deutlich, dass der Kläger in dem streitigen Zeitraum hauptberuflich selbständig tätig gewesen sei. Dies schließe in der Krankenversicherung die Versicherungspflicht aus. Demzufolge habe er sich freiwillig versichert. Von der Rentenversicherungspflicht sei der Kläger befreit gewesen, bedingt durch den Beschäftigungsumfang sei auch in der Arbeitslosenversicherung nicht von Versicherungspflicht auszugehen. Unabhängig von den Aspekten der Verjährung sei mithin auch in tatsächlicher Hinsicht Versicherungspflicht aus den genannten Gründen abzulehnen.
Mit Urteil vom 25.01.2007, dem Kläger zugestellt am 10.02.2007, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im Wesentlichen aus, der Anspruch des Klägers auf Rückerstattung der seinerzeit gezahlten Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung sei gemäß § 27 Abs. 2 SGB IV verjährt. Eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung sei nicht eingetreten. Aus den aktenkundigen Unterlagen ergebe sich kein Hinweis darauf, dass die Beklagte tatsächlich damals an dem Verwaltungsverfahren der Clearingstelle beteiligt gewesen sei. Dies hätte auf den Verlauf der Verjährungsfrist ohnehin keinen Einfluss gehabt. Ein Antrag auf Erstattung sei innerhalb des 4-Jahreszeitraums bei der Beklagten nicht gestellt worden. Vielmehr habe der Kläger ihn erstmals im September 2005 eingereicht. Zu diesem Zeitpunkt sei die Forderung bereits verjährt gewesen. Darüber hinaus liege ein Hemmungstatbestand nach § 203 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) offensichtlich nicht vor. Es sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, dass sich die Beklagte auf die Verjährung berufe. Wenn die Erhebung der Verjährungseinrede im Ermessen des zuständigen Leistungsträgers stehe, sei es durchaus zutreffend, dass aus dem Gebot, Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben, folge, dass der Verjährungseinwand in der Regel zu erheben sei. Etwas anderes könne nur gelten, wenn dies rechtsmissbräuchlich erscheine. Hiervon könne vorliegend aber nicht ausgegangen werden. Die ursprüngliche Einschätzung der Beklagten, die Tätigkeit bei den J.-A. sei versicherungsfrei gewesen, habe auf den eigenen Angaben des Klägers beruht. Er habe mehrfach zu verstehen gegeben, dass er seinen Lebensunterhalt schwerpunktmäßig aus seiner Anwaltstätigkeit bestreite. Etwas anderes folge auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte nach Erteilung der Bescheide der Clearingstelle keinerlei Bemühungen unternommen habe, die rückständigen Pflichtversicherungsbeiträge beim ehemaligen Arbeitgeber des Klägers einzufordern. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass die Beklagte den Bescheid vom Juli 2001 zeitnah erhalten habe, ergebe sich jedoch, dass schon damals die Beitragsansprüche gegen den Arbeitgeber verjährt gewesen seien, denn auch hier gelte eine vierjährige Verjährungsfrist. Für ein vorsätzliches Vorenthalten der Beiträge seitens der J.-A. bestehe kein Anhaltspunkt. Vor diesem Hintergrund sei es nach Auffassung des Gerichts unerheblich, dass die Beklagte davon abgesehen habe, die Pflichtversicherungsbeiträge beim Arbeitgeber des Klägers einzufordern, denn es habe auf der Hand gelegen, dass dem Arbeitgeber der Verjährungseinwand zur Seite stehen würde.
Hiergegen richtet sich die am 04.03.2007 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen und führt ergänzend aus, er bezweifle, dass die Beklagte tatsächlich nicht in das Verfahren der Clearingstelle einbezogen gewesen sei. Unabhängig davon könne sich die Beklagte auf die Verjährung bereits deshalb nicht berufen, da sie insoweit treuwidrig handle. Die J.-A. M. als ehemaliger Arbeitgeber hätten spätestens seit seinem Antrag auf Statusfeststellung Kenntnis von der möglichen Versicherungspflicht erhalten. Die Feststellung des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sei dann mit Bescheid vom 12.12.2002 erfolgt und zwar rückwirkend ab dem 01.04.1993. Da er gegenüber den J.-A. stets die Ansicht vertreten habe, dass es sich um eine versicherungspflichtige Beschäftigung handle, sei hinsichtlich der Verjährung § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV anzuwenden. Obwohl die Beklagte bei ordnungsgemäßer Sachbearbeitung die Möglichkeit gehabt habe, die Beiträge einzuziehen, habe sie dies treuwidrig unterlassen. Unabhängig von den späteren Feststellungen der Clearingstelle habe sich bereits seinerzeit die Versicherungspflicht aus den Einkommensverhältnissen ergeben. Der Verjährungseinwand der Beklagten sei mithin rechtsmissbräuchlich. Sie sei als Einzugsstelle dazu verpflichtet gewesen, die Pflichtbeiträge nachträglich einzuziehen. Im übrigen verletze die Handhabung rechtsstaatliche Grundsätze und den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Artikel 3 Grundgesetz (GG).
Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Januar 2007 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2006 zu verurteilen, an ihn freiwillige Krankenversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 01. April 1993 bis zum 16. September 1996 zurückzuerstatten, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Januar 2007 und des Bescheides vom 20. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2006 zu verurteilen, über seinen Antrag auf Rückerstattung freiwilliger Krankenversicherungsbeiträge für den Zeitraum 1. April 1993 bis zum 16. September 1996 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Berichterstatterin hat den Rechtsstreit am 13.03.2008 mit den Beteiligten erörtert und darauf hingewiesen, dass eine fehlende Ermessensausübung durch die Beklagte in einem Bescheid, der Gegenstand des Berufungsverfahrens werden würde, nachgeholt werden könne.
Die Beklagte hat daraufhin ein an den Kläger gerichtetes Schreiben vom 25.03.2008 vorgelegt, in dem sie die Einrede der Verjährung damit begründet hat, die Versicherungsträger seien nach § 76 Abs. 1 SGB VI gehalten, Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben. Diese Verpflichtung erfasse alle zur Realisierung bestehender Ansprüche notwendigen Maßnahmen. Im Rahmen dessen sei sie von Amts wegen gehalten, den Eintritt der Verjährung von Amts wegen zu beachten. Der Kläger habe gegenüber den J.-A. M. ausdrücklich bestätigt, dass seine Tätigkeit als Rechtsanwalt erheblich über der Vergütung als Dozent läge. Anlass für eine versicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit habe sich deshalb für die Beklagte nicht ergeben, auch sei sie in das vom Kläger eingeleitete Statusfeststellungsverfahren nicht eingebunden gewesen. Erstmals mit Schreiben vom Februar 2004 habe sie Kenntnis über das Statusfeststellungsverfahren erhalten. Von der Entscheidung der BfA habe sie keine Kenntnis erlangt. Der Kläger sei nicht gehindert gewesen, die vermeintlichen Beitragsansprüche rechtzeitig geltend zu machen. Der Kläger habe selbst durch sein Verhalten dazu beigetragen, dass der frühere Arbeitgeber einer Beitragsforderung der Beklagten den Verjährungseinwand entgegenhalten könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die Akten der Deutschen Rechtenversicherung B. sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft im Sinne des § 144 SGG, denn der Kläger verfolgt die Erstattung freiwilliger Beiträge für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren. Sie ist damit insgesamt zulässig und mit dem Hilfsantrag auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2006 ist wegen fehlender Ermessensausübung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Dem Kläger steht zwar kein Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der in dem Zeitraum vom 1. April 1993 bis 16. September 1996 entrichteten freiwilligen Krankenversicherungsbeiträgen gemäß §§ 26 Abs. 2, 27 Abs. 2 SGB IV zu, denn diese Beiträge sind verjährt, worauf sich die Beklagten berufen hat. Er hat jedoch Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Beklagten. Daran fehlt es hier.
Zu Unrecht entrichtete Beiträge sind zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezuges von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten (§ 26 Abs. 2 SGB IV). Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Die Verjährungsfrist beginnt mit dem ersten Tag des Kalenderjahres, das dem Kalenderjahr der Beitragsentrichtung folgt. Der Erstattungsanspruch der vor dem 01.01.1997 fälligen und damit auch der bis September 1996 entrichteten Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung war damit nach Ablauf von vier Jahren am 01.01.2001 verjährt, bevor der Kläger ihn erstmals im Jahr 2004 geltend gemacht hat.
Gründe für eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung liegen nicht vor. Insbesondere hat das vom Kläger im Dezember 2000 beantragte Verfahren vor der Clearingstelle die Verjährung nicht gehemmt oder unterbrochen. Die von § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB IV in Bezug genommenen Bestimmungen des BGB, die vorliegend in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden sind (Art. 229 § 6 EGBGB), sehen eine Hemmung bzw. Unterbrechung der Verjährung nur in den in §§ 202 f. bzw. §§ 208 f. BGB geregelten Fällen - die hier nicht gegeben sind - vor. Der Ablauf der Verjährungsfrist als solcher hat für das Bestehen des Erstattungsanspruchs keinen Einfluss. Vielmehr ist der Versicherungsträger lediglich berechtigt, die Erstattung zu verweigern (vgl. § 222 BGB; Einrede der Verjährung).
Die Verjährungseinrede der Beklagten ist zulässig. Von der Verjährungseinrede wäre nur dann abzusehen, wenn die Beitragsentrichtung deshalb zu Unrecht erfolgt ist, weil sie auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Beklagten beruhte (BSG, Urteil vom 26.06.1986 - 7 RAR 121/84 -). Dies ist hier nicht der Fall, denn die freiwillige Mitgliedschaft ab 01.04.1993 beruhte auf den Angaben des Klägers, wonach die Einkünfte als Rechtsanwalt erheblich über der Vergütung als Dozent lägen. Die Erhebung der Verjährungseinrede stellt auch keine unzulässige Rechtsausübung dar.
Ob der Versicherungsträger von der Einrede der Verjährung Gebrauch macht, liegt jedoch in seinem pflichtgemäßen Ermessen (BSGE 58. 154, 159; BSGE 61, 226 = SozR 1200 § 39 Nr. 5). Das Ermessen ist entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und dabei sind die Grenzen des Ermessens einzuhalten. Der Betroffene hat hierauf einen Rechtsanspruch (§ 39 Abs. 1 SGB I). Die Ermessensentscheidung der Beklagten ist lediglich in den Grenzen der §§ 39 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), 54 Abs. 2 Satz 2 SGG gerichtlich überprüfbar. Die Gerichte sind gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG darauf beschränkt zu kontrollieren, ob der Leistungsträger seiner Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist (Ermessensnichtgebrauch), mit seiner Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, d.h. eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt hat (Ermessensüberschreitung) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Abwägungsdefizit und Ermessensmissbrauch). Ein Ermessensnichtgebrauch liegt vor, wenn der Leistungsträger keine Ermessenserwägungen anstellt und damit unrichtigerweise so handelt, als sei er durch die betreffende Norm ohne Ermessensspielraum gebunden (Seewald in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 1, § 39 Rdnr. 7). Für die Frage, ob die Beklagte überhaupt eine Ermessensentscheidung getroffen und - falls ja - auch diese rechtmäßig war, kommt es auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides, insbesondere auf seine Begründung an. Diese muss nicht nur erkennen lassen, dass die Beklagte eine Ermessensentscheidung treffen wollte und getroffen hat, sondern auch diejenigen Gesichtspunkte, von denen sie bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist (§ 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X).
Weder der Bescheid vom 20. Oktober 2005 noch der Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2006 lassen erkennen, dass sich die Beklagte ihres Ermessensspielraum überhaupt bewusst war, geschweige denn ergeben sich Hinweise für eine Ermessensentscheidung. Der Senat kann offen lassen, ob aus dem Gebot, Einnahmen rechtzeitig oder vollständig zu erheben (§ 76 Abs. 1 SGB IV) folgt, dass der Verjährungseinwand in der Regel zu erheben sei, denn auf dieses Gebot wird weder im Bescheid noch im Widerspruchsbescheid Bezug genommen oder hingewiesen. Die Bescheide sind jedenfalls im Hinblick auf die Ermessensausübung nicht hinreichend begründet. Wie bei einer gebundenen Entscheidung müssen Ermessensentscheidungen die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe anführen, darüber hinaus (auch) müssen sie die Gründe für die darauf beruhende und somit erst daran anschließende Ausübung des Ermessens erkennen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 18.04.2000 - B 2 U 19/99 R -).
Von einer Ermessensreduzierung auf Null kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Zwar darf auf einen Ermessensfehler nur geschlossen werden, wenn eine Begründung überhaupt geboten war (BSG, Urteil vom 24.02.1987 - 11 b RAR 24/86 = SozR 1300 § 35 Nr. 3; BSG, Urteil vom 25.01.1994 - 4 RA 16/92 -). Einer Begründung nach § 35 Abs. 2 Nr. 2 SGB X bedarf es dann nicht, wenn dem Adressaten des Verwaltungsaktes die Auffassung der Behörde bereits bekannt oder auch ohne schriftliche Begründung ohne weiteres erkennbar ist. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben, denn es gab keine Schreiben der Beklagten, aus denen der Kläger deren Auffassung hätte entnehmen können. Dass die ursprüngliche Einschätzung, die Tätigkeit bei den J.-A. sei versicherungsfrei, auf den eigenen Angaben des Klägers im Jahr 1993 beruhte, lässt zwar die Verjährungseinrede nicht rechtsmissbräuchlich erscheinen, entbindet die Beklagte aber nicht von einer Ermessensentscheidung, zumal sich aus den von der Beklagten von den J.-A. und vom Kläger beigezogenen Unterlagen Hinweise auf eine Änderung im Versicherungsstatus des Klägers - auch im hier streitbefangenen Zeitraum - ergaben. Auch dass etwaige Beitragsansprüche der Beklagten gegen den Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Entscheidung der Clearingstelle (Bescheid vom 06.07.2001/Widerspruchsbescheid vom 09.09.2002) bereits verjährt waren, führt nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null. Vielmehr handelt es sich um Ermessensgesichtspunkte, die aber in der angefochtenen Entscheidung hätten zum Ausdruck kommen müssen.
Dieser Ermessensnichtgebrauch ist nicht nach § 41 Abs. 2 SGB X heilbar (so auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2007 - L 10 R 5254/05 -; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. Januar 2006 - L 29 B 1104/05 ASER). Fehlende Ermessenserwägungen im angefochtenen Bescheid können zwar nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGB X bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Damit ist jedoch kein Nachschieben im Verwaltungsverfahren nicht erwogener Gründe erlaubt, sondern nur die nachträgliche Mitteilung der für den Erlass des Verwaltungsaktes aus damaliger Sicht der Behörde maßgebenden Gründe (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, a.a.O., § 41 Rdnr. 14, § 45 Rdnr. 63). Holt die Behörde während des Gerichtsverfahrens eine fehlende Ermessensentscheidung unter Aufhebung der ursprünglichen Entscheidung in einem Bescheid nach, der nach § 96 SGG zum Gegenstand des Verfahrens, so war und ist dies jedoch zulässig (von Wulffen, Kommentar zum SGB X, § 41 Rdnr. 7; BSG Großer Senat, Beschluss vom 06.10.1994 - GS 1/91 -).
Die Beklagte hat zwar unter dem 25.03.2008 das ihr eingeräumte Ermessen nachträglich im Sinne von § 41 Abs. 2 Nr. 2 SGB X für eine im ursprünglichen Bescheid getroffene, aber nicht begründete Ermessensentscheidung ausgeübt, was jedoch nicht erlaubt ist. Vielmehr hätte die Beklagte die erstmalige Ausübung des Ermessens, worauf sie hingewiesen wurde, in Form eines Bescheides, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden wäre, ausüben müssen. Nur in einem neuen Bescheid, nicht durch eine (Ergänzung des bisherigen Bescheides) kann das Ermessen erstmalig ausgeübt werden, denn eine Ermessensentscheidung ist gegenüber einer gebundenen Entscheidung, wie sie die Beklagte zunächst getroffen hat, ein Aliud (vgl. Wiesner in von Wulffen, SGB X a.a.O).
Nachdem es an einem die ursprüngliche angefochtene Entscheidung der Beklagten ersetzenden Verwaltungsakt mit fehlerfreier Ausübung des Ermessens fehlt, war zu entscheiden wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
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